Protocol of the Session on March 21, 2000

Sie tun sich schwer damit, dass ich die Wahrheit sage.

(Odenbach (SPD): Dann sagen Sie doch bitte die Wahrheit!)

Sie sind ziemlich ins Hintertreffen geraten.

(Lachen bei der SPD)

Nun ein paar Sätze zu den bayerischen Schulen

(Zuruf des Abgeordneten Odenbach (SPD))

Bayerns Schulen können sich sehen lassen. Wir sind einem Vergleich mit anderen Bundesländern durchaus gewachsen. Derzeit haben wir in unseren 5000 Schulen 95000 Computer. 97% der Gymnasien, 87% der Realschulen, 73% der Hauptschulen und 89% der Berufschulen sind vernetzt.

(Frau Radermacher (SPD): Was heißt denn „vernetzt“?)

Bayern liegt bei der Ausstattung mit Computern mit an der Spitze. In den letzten Wochen wurde noch einmal nachgelegt. Ich erinnere an die HT-Offensive mit rund 60 Millionen DM, diese Mittel werden den Kommunen zur Verfügung gestellt. Ich erinnere an die Initiative Bayern Online, mit ihr brachten die Bürger-Netzvereine die Schulen ans Netz. Und, was sicherlich sehr wichtig war, das war die Lehrerbildung. Tausende Lehrer sind in dieser Technik fortgebildet worden.

(Frau Radermacher (SPD): Haben sich selbst fortgebildet!)

Sicherlich hätte das eine oder andere noch besser gemacht werden können. Das ist keine Frage. Ich erinnere aber daran, dass so mancher Lehrer hin und wieder mehr Initiative hätte aufbringen können. Man darf nicht vergessen, dass aus der 68er Zeit noch so manches Gedankengut herumschwirrt.

(Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Viele Jahre waren von Technikfeindlichkeit geprägt, die heute noch bei vielen Lehrern vorzufinden ist. Leider geht das zulasten unserer Schüler. Deshalb gibt es auch viele Schüler, die etwas weiter sind als manche Lehrer.

(Hufe (SPD): Das ist doch das Problem der Wirtschaft, die niemand eingestellt hat!)

1984 wurden die ersten Lehrpläne gemacht; ich war daran beteiligt. Damals haben Sie sich noch geweigert, sich mit IT und Computern zu beschäftigen. Damals weigerten sich Lehrer, die von den GRÜNEN und der SPD kamen, an den Lehrplänen überhaupt mitzuarbeiten. So war es 1984.

(Zurufe von der SPD und vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

(Unruhe)

Wir werden auf jeden Fall auch weiterhin zugunsten unserer Schüler Informationstechnologie an den Schulen unterrichten und dies über die Lehrpläne fördern. Ich wünsche mir auch, dass die Sachaufwandsträger die entsprechende Technik zur Verfügung stellen.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU – Zurufe von der SPD und vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Als nächster Redner hat Herr Kollege Wahnschaffe das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Abgesehen vom letzten Redebeitrag, hat es heute vonseiten der CSU-Fraktion doch bemerkenswerte Aussagen gegeben. Herr Kollege Dr. Stockinger, Sie haben sich zwar redlich bemüht, am Thema vorbeizureden; aber dann haben Sie es doch ausgespuckt: Wir stimmen der Maßnahme der Bundesregierung zu. – Das haben Sie gesagt. Diesen Satz muss man sich auf der Zunge zergehen lassen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Herr Staatsminister Dr. Zehetmair, wenn ich Sie richtig verstanden habe, waren Ihre Aussagen sehr differenziert. Sie haben es zwar nicht so deutlich gesagt; doch habe ich Folgendes herausgehört: Es hat in der Vergangenheit Versäumnisse gegeben. – Eine solche Andeutung von einem Mitglied der Staatsregierung ist auch bemerkenswert.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich nun einen Aspekt beleuchten, der bisher noch nicht zur Sprache gekommen ist, nämlich den Arbeitsmarkt. Angesichts der Tatsache, dass wir in Bayern 420000 Arbeitslose haben, stellt sich die brennende Frage: Können wir den Bedarf an hoch spezialisierten Kräften für die Computerund Telekommunikationsbranche nicht aus dem eigenen Angebot decken? Sehen wir uns einmal die Zahlen genau an. Herr Staatsminister, Sie werden gerade auf charmante Weise abgelenkt; trotzdem bitte ich Sie um Ihre besondere Aufmerksamkeit. Sie sagten, das Problem im dualen System könnten wir lösen. Da muss ich Ihnen widersprechen. Denn die Zahlen sprechen eine andere Sprache. Sehen Sie sich nur einmal die Arbeitsmarktdaten vom Februar 2000 an. Zu dieser Zeit hatten wir in Deutschland 31000 Stellensuchende. In Bayern waren es etwas mehr als 3000, denen hierzulande 12000 offene Stellen gegenüberstanden. Angesichts eines Verhältnisses von 1:3 müssten die offenen Stellen doch leicht zu besetzen gewesen sein. Leider ist das nicht so, obwohl sich die Vermittlungstätigkeit der Bundesanstalt für Arbeit gerade im Januar dieses Jahres außerordentlich verstärkt hat. Allein in jenem Monat wurden in Bayern 1400 Stellen vermittelt.

Aber die Kräfte, die von der Wirtschaft nachgefragt werden – darauf hat der Bundeskanzler zu Recht hingewiesen – sind momentan auf dem Arbeitsmarkt nicht zu finden. Bei ihnen handelt es sich um hoch qualifizierte Arbeitskräfte, die vornehmlich eben nicht aus der dualen Ausbildung kommen, sondern aufgrund ihrer Berufserfahrung eine hohe Qualifikation mitbringen. Insofern ist die Angst unbegründet, ausländische Kräfte könnten deutschen Bewerbern Arbeitsplätze wegnehmen. Im Gegenteil: Nach den Erfahrungen der Industrie werden durch die Beschäftigung hoch qualifizierter Arbeitskräfte sogar Arbeitsplätze geschaffen. Das belegen alle Erfahrungen der letzten Jahre.

Nun muss man allerdings einen Aspekt ansprechen, den Sie nicht erwähnt haben, meine Damen und Herren von

der CSU, der aber Sorgen machen muss. In Bayern suchen 2400 Menschen einen Arbeitsplatz in den genannten Hightech-Branchen. Davon sind 1600, also etwa 66%, mehr als 35 Jahre alt. Diese Stellensuchenden sind praktisch ohne Chance. Heutzutage besteht in der Industrie gleichsam ein juveniler Zug: Arbeitskräfte, die mehr als 30 Jahre alt sind, werden als nicht mehr qualifiziert genug, als nicht mehr belastbar genug angesehen. Ich meine, wir alle müssen daran arbeiten, dass sich an dieser Einstellung in der Wirtschaft etwas ändert.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Es gibt aber auch positive Aspekte. Neben der Ankündigung der Bundesregierung, hochqualifizierte Leute für eine begrenzte Zeit ins Land zu lassen, ist festzuhalten, dass sich am Arbeitsmarkt etwas tut. Momentan sind 37000 Menschen in der Fortbildung, werden also qualifiziert. Dafür gibt die Bundesanstalt für Arbeit in diesem Jahr 1 Milliarde DM aus. Ich glaube, eine so hohe Summe wurde noch nie dafür aufgewandt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

13500 junge Menschen machen eine Ausbildung im dualen System. Für die muss natürlich auch mehr getan werden. Vor allen Dingen müssen mehr Arbeitsplätze geschaffen werden.

Herr Präsident, darf ich zum Schluss noch ganz kurz einen Gedanken anreißen? – Nicht nur von der Industrie, sondern allgemein wurde gefordert, so genannte Green Cards nicht nur für Computerspezialisten, sondern auch für Pflegekräfte und Gastronomiepersonal einzuführen. Das würde bedeuten: Arbeitserlaubnis auf Dauer. Namens meiner Fraktion kann ich davor nur warnen. Gerade für die Pflege haben wir in Deutschland bzw. in Bayern genügend qualifizierte Menschen. Doch fehlt es an gewissen Rahmenbedingungen. Es fehlt an entsprechender Bezahlung. Wenn es uns gelingt, die hiesigen Kräfte zu motivieren – es sind vor allem Frauen –, werden wir die Engpässe in der Pflege und möglicherweise auch die in der Gastronomie beseitigen können. Ganz anders stellt sich die Situation in den Hightech-Branchen dar.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Herr Kollege Dr. Waschler hat nun das Wort.

Verehrter Herr Präsident, Hohes Haus! Man muss der Opposition wirklich dankbar sein für diese Aktuelle Stunde.

(Beifall bei der SPD)

Lassen Sie mich den Gedanken ausführen. Man muss der Opposition für das Beispiel dankbar sein, wie man hier ein klassisches Eigentor schießen kann.

(Lachen bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich werde diese Aussage begründen, und zwar am Beispiel der Hochschulen. Ich darf vorab anhand einiger Fakten darstellen, weshalb sich Bayern im Zusammenhang mit dem nun zur Diskussion stehenden Thema mit seiner Hochschullandschaft nicht zu verstecken braucht. Nach den Beiträgen von Herrn Kollegen Dr. Dürr und anderen bin ich sicher, dass nun für so manchen einiges Neue kommen wird.

In Bayern haben wir derzeit 8200 Studierende der Informatik bzw. der Wirtschaftsinformatik. Die Zahl der Studienanfänger beläuft sich auf etwa 2700.

(Frau Radermacher (SPD): Was sagt das?)

Im Zuge der Ausweitung dieser Kapazitäten wurden 117 Stellen geschaffen. Die Absolventenzahl von derzeit 900 wird vor dem dargestellten Hintergrund erheblich steigen. Mittelfristiges Ziel sind insgesamt 4000 Studienanfänger. Das bedeutet: Eine Steigerung um 1300 Stellen ist anvisiert.

Dass dabei die Qualität eine entscheidende Rolle spielt, hat Herr Staatsminister Zehetmair vorhin eindrucksvoll dargestellt. Allein 30 Millionen DM werden für bedarfsgerechten Ausbau der Ausbildungskapazitäten in der Informatik bereitgestellt. Verehrte Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, es kann also wahrlich nicht von Versäumnissen bei der Ausbildung von Computerspezialisten in Bayern die Rede sein.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN))

Aus Zeitgründen möchte ich nur kursorisch einige Fakten aus der Hightech-Offensive erwähnen. Hierüber werden ab dem 1. Januar 2000 immerhin 270 Millionen DM allein für Aus- und Weiterbildung sowie Qualifizierungsmaßnahmen in der Informations- und Kommunikationstechnik zur Verfügung gestellt. Auch an die Zentren für die Anwendung der Informatik sei erinnert. Ich hoffe, dass dieses Konzept auch an der Passauer Universität zum Tragen kommen wird, und erwähne auch das des dortigen Campuszentrums für IT-Dienstleistungen, das in hervorragender, beispielgebender Kooperation mit der Wirtschaft betrieben wird. In ganz Bayern, in München, Würzburg und Augsburg – das ist eine hervorragende Streuung –, werden flächendeckende Angebote für interessierte Studierende geschaffen werden. Mein Fazit: Der Freistaat Bayern hat hier seine Hausaufgaben gemacht.

(Wahnschaffe (SPD): Dann bräuchten wir heute nicht zu diskutieren!)

Neben einer hervorragenden Infrastruktur für optimale Forschung und Lehre stehen ausgezeichnete Austauschmöglichkeiten zur Verfügung, Kontakte zu den Hightechzentren in aller Welt, und das bei entsprechender Förderung durch den Freistaat. Herr Kollege Dürr, angesichts dessen kann wahrlich nicht von Fremdenfeindlichkeit die Rede sein.

All diese Maßnahmen fallen auf einen gut bestellten Boden. Das zeigen regelmäßig die Spitzenergebnisse

bei den so genannten Hochschul-Rankings. Die werden selbstverständlich nicht vom „Bayernkurier“ gemacht, sondern von entsprechenden Organen. Wenn man, was die Qualität anbelangt, bei manchen dieser Rankings auch ein Fragezeichen machen kann, zeigen sie in der Summe doch eindeutig: Die bayerischen Hochschulen liegen an vorderster Position. Damit ist der Dringlichkeitsantrag der SPD in dieser Frage wohl als erledigt zu betrachten, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Hier sei ein kurzer Blick auf den Bund erlaubt: Es ist schon erstaunlich, wenn dieser „Medien-“ und „HighTech-Kanzler“ seinen Forschungsetat vom Vorjahr auf dieses Jahr um 340 Millionen DM kürzt.