Protocol of the Session on March 12, 2003

(Hufe (SPD): Ist das jetzt Subventionsabbau oder nicht?)

Nein, das ist eine klare Steuererhöhung. Daran gibt es überhaupt keinen Zweifel.

(Hufe (SPD): Das ist doch eindeutig Subventionsabbau!)

Es gibt keinen sachlichen Grund dafür, dass man von einem Prozent auf 1,5% und damit also um 50% höher geht. Das hat mit Vergünstigungen überhaupt nichts zu tun. Sie müssen sich mit der Steuersystematik einmal beschäftigen.

(Hufe (SPD): Das ist doch wie in anderen Bereichen auch einfach Subventionsabbau! – Frau Christine Stahl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wollen Sie nicht einen Finanzfachmann reden lassen?)

Diese Maßnahme führt zu einem Rückgang um Hunderttausende von Arbeitsplätzen. Daran werden Sie sich in den nächsten Monaten messen lassen müssen.

(Hufe (SPD): Genauso wie beim Dosenpfand! Da sind auch Hunderttausende von Arbeitsplätzen verloren gegangen!)

Hören Sie doch mit dem Dosenpfand auf. Sie haben noch genügend zu tun, bis Sie das hinbekommen.

(Hufe (SPD): Ich hätte Ihre Vorschläge dazu gerne gehört!)

Die hat mein Kollege Kaul längst gemacht.

(Frau Christine Stahl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Dann lassen Sie ihn halt dazu reden!)

Jetzt lassen Sie mich halt einmal reden. Sie haben immer noch die Gelegenheit, darauf zu antworten. Plärren Sie aber nicht ständig dazwischen.

Unter dem Etikett des Abbaus von Steuervergünstigungen wird der Betriebsausgabenabzug massiv eingeschränkt. Betriebsausgaben sind Ausgaben. Das hat mit Subvention nichts zu tun. Hier handelt es sich genauso wie bei der Verrechnung von Verlusten mit Gewinnen oder der Auflösung von Jubiläumsrückstellungen nicht um den Abbau von Steuervergünstigungen. Das sind massive Eingriffe in die Wirtschaft.

Der Eingriff in die Eigenheimzulage und die Verschlechterung der Abschreibungssätze im Wohnungsbau führen nach Einschätzung der Wohnungswirtschaft zu einem drastischen Rückgang an Investitionen in einer Höhe von 28 bis 30 Milliarden e und zum Verlust von 200000 Arbeitsplätzen. Dadurch kommt es wiederum zu Steuermindereinnahmen in Höhe von 10 Milliarden e und zu einem Mehrbedarf an Arbeitslosenunterstützung in Höhe von 4 Milliarden e. Ich kann nur sagen: Sie haben es ja. Sie werden schon sehen, wie Sie damit im Laufe des Jahres 2003 zurechtkommen.

Die Absenkung der Umsatzsteuerpauschale von 9% auf 7% und die gleichzeitige Erhöhung des Mehrwertsteuersatzes für den Betriebsaufwand für landwirtschaftliche Vorprodukte, Futtermittel, Viehzukauf und dergleichen von 7% auf 16% ist ein unverantwortlicher Schlag gegen bäuerliche Familienbetriebe.

(Hufe (SPD): Subventionsabbau!)

Die Vorsteuerpauschale wird um 2% gesenkt, obwohl sie aufgrund dieser Erhöhungen systematisch um 2% angehoben werden müsste. Für die deutsche Land- und Forstwirtschaft ergibt sich damit eine um rund 1 Milliarde e höhere Belastung. Die Landwirtschaft benötigt in der derzeit äußerst schwierigen Lage ein positives Signal für Wachstum und Beschäftigung im ländlichen Raum. Dieses Signal setzen Sie nicht. Die faktische Abschaffung der Umsatzsteuerpauschalierung, von der heute noch 90% aller landwirtschaftlichen Betriebe profitieren, ist auch der eindeutig falsche Weg, insbesondere in einer Zeit, in der wir Bürokratie abschaffen wollen. Gleiches gilt für die Erhöhung des Mehrwertsteuersatzes für Gartenbauprodukte von 7 auf 16%. Reden Sie einmal mit Gartenbaubetrieben.

(Hufe (SPD): Haben wir gerade!)

Sie werden erfahren, dass viele jetzt nicht mehr mit ausländischen Anbietern mithalten können. Das wird allein in Gartenbaubetrieben in der Bundesrepublik zu einem Verlust von 8 000 bis 10000 Arbeitsplätzen führen.

(Hufe (SPD): Sie werden das doch im Bundesrat verhindern!)

Lassen Sie mich aber begründen, warum wir es verhindern werden!

Die Geduld vieler Unternehmen ist seit der Vorlage des Gesetzentwurfes erschöpft. Über 7% der Unternehmen haben nach einer aktuellen Umfrage bekundet, sie wollten ins Ausland umziehen. Ein weiteres Drittel der mittelständischen Unternehmen prüft ernsthaft den Wegzug ins Ausland. Dieses Ergebnis ist eine katastrophale Bilanz Ihrer Politik in den letzten Wochen und Monaten. Besonders schädlich für die Wirtschaft ist die Kumulation mehrerer belastender Maßnahmen. Ein Unternehmen trifft ja nicht nur eine Maßnahme.

(Hufe (SPD): 2005!)

Ich denke nur an die Kumulation von Einschränkungen bei den Abschreibungen mit dem Wegfall der gewerbe

steuerlichen Organschaft, dem Wegfall der Rückstellungen für Jubiläumszuwendungen, der Begrenzung der Verlustverrechnungsmöglichkeiten und mit anderem. Dieses Bündel zusammen macht es uns ungeheuer schwierig, noch ein Stück weit positiv in die Zukunft zu schauen. Das muss die Wirtschaft Ihnen vorhalten.

Die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen wird durch die überzogene Mindestbesteuerung empfindlich beeinträchtigt. Das ist ebenfalls sehr deutlich anzumerken. Bei der Unterstützung des Mittelstandes fehlt gerade jetzt ein massiver Anstoß.

Ein weiterer Punkt. In dem Maße, wie die Bundesregierung bei der Steuerfreistellung von Gewinnen aus der Veräußerung von Kapitalanteilen durch Kapitalgesellschaften über das Ziel hinausgeschossen ist, schießt sie auf der anderen Seite jetzt mit dem Wegfall der gewerbesteuerlichen Organschaft und der Mehr-Mütter-Organschaft über das Ziel hinaus. Die vorgesehenen Einschränkungen bei der Organschaft werden zu keiner dauerhaften Erhöhung der Gewerbesteuer führen, so wie Sie es immer wieder darstellen.

(Hufe (SPD): Das war doch schon1996 Kohl oder nicht!?)

Die Unternehmen werden durch aufwendige Änderungen der Konzernstrukturen steuerliche Mehrbelastungen vermeiden.

(Hufe (SPD): Also die Organschaft hat Kohl 96 gemacht!)

Die hieraus entstehenden Kosten gehen zulasten von Wachstum und Beschäftigung.

Was noch schlimmer ist: Inländische Joint-ventures werden weitgehend unattraktiv werden. Damit wird eine Entwicklung gebremst, die eigentlich gefördert werden müsste.

Nun, meine Damen und Herren, der Gesetzentwurf folgt wie vieles, das vorausgegangen ist, keinem erkennbaren Plan außer dem, dass Mehreinnahmen beschafft werden sollen. Was Sie anbieten, ist Willkür. Die Konzeptionslosigkeit des Gesetzesvorhabens ist offenkundig. Ich will Ihnen das an ein paar Beispielen deutlich machen: Noch vor einem Jahr hat die Bundesregierung das Altersvermögensgesetz als großartige Errungenschaft zur Förderung der Eigenvorsorge für das Alter gepriesen. Jetzt wird das Vertrauen der Bürger, dass der Staat eigenverantwortliche Altersvorsorge fördert und stützt, auf das Schwerste erschüttert. Die neue Wertzuwachssteuer auf Wertpapiere und Grundstücke ist ein Beleg dafür. Die Bürger sind in die Irre geführt worden, Vertrauen ist zerstört worden.

Der Gesetzentwurf enthält weitere Widersprüche. Einerseits soll die Umsatzsteuer auf Zahnersatzleistungen erhöht werden, was andererseits die Kosten der Krankenkassen erhöhen wird, sodass nichts zur Entlastung des Gesundheitswesens beigetragen wird, die Sie erreichen wollen. Man könnte die Beispiele fortsetzen, ich will es aber hierbei belassen.

Lassen Sie mich zum Schluss kommen. Die geplanten Maßnahmen, meine sehr verehrten Damen und Herren, sind wachstumshemmend, konjunkturschädigend und deshalb im Ergebnis arbeitsplatzvernichtend. Mit den veranschlagten Steuermehreinnahmen will die Bundesregierung die Haushaltslöcher schließen, die aufgrund einer verfehlten Wirtschafts-, Steuer- und Finanzpolitik in den letzten vier Jahren entstanden sind. Man löst das Problem aber nicht, indem man die Fehler fortschreibt, die zu diesem Problem geführt haben. Sie gehen einen falschen Weg. Wir brauchen jetzt keine höheren Steuern, sondern wir brauchen Reformen, die weiterführen, und wir brauchen keine zusätzlichen Steuern, die Reformen hinausschieben und den Reformbedarf verschleiern.

Die SPD hat einen Antrag vorgelegt mit der Überschrift „Modernisierung Deutschlands fortsetzen“. Ich sage Ihnen ganz offen, dass dies angesichts der desolaten Situation von Wirtschaft und Gesellschaft ein Hohn ist. Sie fahren in Berlin die Wirtschafts- und Sozialsysteme an die Wand und bezeichnen das als Modernisierung. Man muss viel Mut haben, solches den Menschen zuzumuten.

(Hufe (SPD): 1998 waren die Kosten und die Staatsquote höher!)

Wir sagen deshalb ganz klar: Dieser Antrag ist mit uns nicht zu machen. Wir werden ihn ablehnen.

Der Antrag der GRÜNEN geht von falschen Voraussetzungen aus. Man merkt, dass Sie sich mit diesem Thema schwer tun.

(Zuruf der Frau Abgeordneten Christine Stahl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Ihre Wortführerin Scheel in Berlin steht uns wesentlich näher als dem Koalitionspartner SPD. Deswegen greifen Sie auf die Vergangenheit zurück und wollen einiges glorifizieren, was nicht glorifiziert werden kann. Sie behaupten, wir würden Blockadepolitik machen. Ich sage: Das was Sie betreiben, ist Blockadepolitik,

(Frau Kellner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Machen Sie Vorschläge!)

indem Sie die Strukturreformen nicht voranbringen. Da der Antrag von falschen Voraussetzungen ausgeht, werden wir ihn ebenfalls ablehnen.

(Zuruf der Frau Abgeordneten Christine Stahl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Ich bitte Sie, unserem Antrag zuzustimmen, damit die Staatsregierung am Freitag mit dem Landtagsbeschluss im Rücken das Paket mit über 40 Steuererhöhungen ablehnen und damit einen ersten wirklichen Beitrag dazu liefern kann, damit unsere Wirtschaft wieder Hoffnung schöpft und es in Zukunft mit Wirtschaft und Arbeitsplätzen ein Stück weit aufwärts geht.

(Beifall bei der CSU – Frau Christine Stahl (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN): Sie wollen eine zusätzliche Verschlechterung!)

Die nächste Rednerin ist Frau Kollegin Kellner. Bitte schön.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Dinglreiter, Ihnen und der CSU kann man gar nicht näher treten, weil Sie keine Vorschläge vorlegen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wo nichts ist, kann man nicht über Inhalte diskutieren.

(Dinglreiter (CSU): Haben Sie unser Wahlprogramm gelesen?)