Protocol of the Session on July 10, 2019

Damit ist Punkt 3 der Tagesordnung erledigt.

(Unruhe)

Ich rufe Punkt 4 der Tagesordnung auf:

Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zum Neuerlass des Gesetzes über die Anerken nung von Kurorten und Erholungsorten und zur Ände rung des Finanzausgleichsgesetzes – Drucksache 16/6450

Zur Begründung darf ich das Wort Herrn Minister Guido Wolf erteilen.

Frau Prä sidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Geschichte Ba den-Württembergs als Urlaubsland ist eine Erfolgsgeschichte. Die Zahl der Gäste in unseren Hotels, Restaurants und Aus flugszielen wächst seit Jahren im Rekordtempo. Dieses Wachs tum braucht ein festes Fundament, braucht die richtigen Wei chenstellungen. Dazu gehört nicht nur die aktuelle Tourismus konzeption, die wir in diesen Tagen ins Ziel gebracht haben. Dazu gehört auch das Gesetz über die Anerkennung von Kur orten und Erholungsorten. Es schafft die Voraussetzungen für den Erfolg unserer Kultur- und Erholungsorte. Es sichert die hohe Qualität und stellt die richtigen Weichen. Heute geht es darum, dieses Gesetz zu modernisieren und damit den Erfolg unserer Kurorte und Bäderorte weiter zu sichern.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, fast jede vierte Über nachtung in Baden-Württemberg wird in einem Kur- und Er holungsort verbracht. Sie sehen, der Tourismus in den Kur- und Erholungsorten spielt eine bedeutende Rolle. Ich wage zu prognostizieren, dass diese Bedeutung immer größer wird. Schauen Sie sich die Trends bezüglich Achtsamkeit, Zeit in der Natur, Ich-Zeit und Erholung an. Dieser Markt hat großes Wachstumspotenzial. Aber nicht nur in Baden-Württemberg haben die Kur- und Erholungsorte ein Prestige. Im deutsch landweiten Vergleich können wir erfreulicherweise verkün den: Baden-Württemberg ist das Bäderland Nummer 1.

Das Gesetz über die Anerkennung von Kurorten und Erho lungsorten regelt die Vergabe des Prädikats „Kurort“ und da mit die Frage, welcher Ort sich offiziell Kurort nennen darf.

Baden-Württemberg hat bereits im Jahr 1972 als erstes Bun desland die Anforderungen für eine Prädikatisierung zum Kur- oder Erholungsort in einem Gesetz verankert. Dies zeigt zu einem frühen Zeitpunkt das Bewusstsein für diesen Zweig der Tourismusbranche.

Nun liegt das Jahr 1972 aber auch schon ein paar Jahrzehnte zurück. Zeit also für eine Novellierung, höchste Zeit für eine Novellierung.

Das Gesetz über die Anerkennung von Kurorten und Erho lungsorten bildet den rechtlichen Rahmen für die Prädikati sierung durch das Land. Die inhaltlichen Anforderungen an ein Prädikat als Kur- oder Erholungsort sind in den Begriffs bestimmungen des Deutschen Heilbäderverbands festgelegt. Diese einheitlichen Begriffsbestimmungen ermöglichen eine Vergleichbarkeit der Prädikate und sollen künftig besser über prüft werden – im Interesse unserer Gäste und der Kurorte selbst.

Getreu dem Motto „Gesicherte Qualität durch bessere Kont rollen“ sieht die Neufassung des Gesetzes eine spürbare Stär kung der Qualitätssicherung vor. Erstmals führen wir eine Überprüfung aller prädikatisierten Orte im Abstand von zehn Jahren ein. Bisher war in Baden-Württemberg für die Erho lungsorte nach Verleihung des Prädikats keine regelmäßige Überprüfung vorgesehen. Überprüft wurde nur anlassbezo gen, sozusagen wenn bereits augenscheinlich bestimmte Vor gaben nicht mehr erfüllt wurden.

Mit der Neuregelung bietet sich nun die Möglichkeit, Quali tätsverschlechterungen rechtzeitig aufzuspüren und zusam men mit den Kommunen durch Beratung und Hilfestellung

auch gegenzusteuern. Wir wollen sozusagen nicht nur verhin dern, dass das Kind in den Brunnen fällt, sondern wir wollen verhindern, dass sich das Kind dem Brunnen überhaupt nä hert.

Einen weiteren neuen Aspekt der Qualitätssicherung bildet die inhaltliche Erweiterung der Überprüfungen. Bisher war es bei der Überprüfung der Prädikate ausreichend, wenn die Kom munen ein Gutachten bezüglich Luftqualität und Bioklima vorlegten. Künftig wollen wir genauer und eben auch hier re gelmäßig hinschauen. Wir wollen gesichert gesunde Luft.

Daher sieht der aktuelle Gesetzentwurf eine regelmäßige Überprüfung aller relevanten Voraussetzungen für das Erlan gen des Prädikats im Turnus von zehn Jahren vor. So wird z. B. überprüft, ob Sportstätten, Kultureinrichtungen sowie Hotellerie und Gastronomie vorhanden sind. Damit leisten wir einen wichtigen Beitrag zur Steigerung der Qualität unserer Kurorte.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, der vorliegende Gesetzentwurf hilft dabei, unseren hohen qua litativen Anspruch an die Kur- und Erholungsorte im Land zu sichern. Mir war es zudem ein Anliegen, ein gut lesbares und für die Praxis nachvollziehbares Gesetz zu formulieren. Da her wurde im Zuge der Neufassung der Gesetzestext nicht nur aktualisiert und ergänzt, sondern auch besser systematisiert. Das Gesetz über die Anerkennung von Kurorten und Erho lungsorten ist damit fit für die Zukunft und die Aufgaben der kommenden Jahre.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Meine Damen und Herren, mir ist abschließend noch ein An liegen besonders wichtig: Dieses Gesetz kann noch so gut sein, die eigentliche Qualität der Kur- und Erholungsorte in unserem Land hängt vor allem auch mit der Dienstleistung der vielen dort tätigen Menschen zusammen.

(Abg. Thomas Blenke CDU: So ist es! Jawohl!)

Deshalb ist es mir wichtig, zum Abschluss der Einbringung dieses Gesetzentwurfs den vielen in diesem Bereich tätigen Kolleginnen und Kollegen, die tagtäglich Dienstleistung am Gast erbringen, von Herzen zu danken.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Sehr gut!)

Sie sind Herz und Seele der Qualität in unseren Kurorten.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen – Zuruf: Jawohl!)

Ich bitte Sie sehr herzlich darum, diesem Gesetzentwurf im weiteren Gesetzgebungsverfahren zuzustimmen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen – Abg. Thomas Blenke CDU: Das machen wir!)

Meine Damen und Her ren, für die Aussprache über diesen Gesetzentwurf hat das Prä sidium eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt.

Nun spricht für die Grünen Herr Abg. Pix.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Das Baden zum Ent spannen, Erholen und Gesunden hat eine sehr lange Traditi on in Baden-Württemberg. Unsere 2 000 Jahre alten römi schen Bäderruinen in Baden-Baden und in Badenweiler zeu gen davon.

Vor 200 Jahren hieß es in Ludwig Uhlands Gedicht „Der Überfall im Wildbad“

(Der Redner hält einen Ausdruck hoch.)

über den württembergischen Grafen Eberhard II.:

... ins Wildbad will er reiten, wo heiß ein Quell entspringt, der Sieche heilt und kräftigt, der Greise wieder jüngt.

Das war eine Begebenheit aus dem Jahr 1367.

Das Baden ist somit baden-württembergisches Kulturgut. Au ßerdem ist die erwiesenermaßen heilende und entspannende Wirkung der Heilbäder und Kurorte ein zentrales Standbein des Tourismusstandorts Baden-Württemberg.

Baden-Württemberg ist das Bäderland Nummer 1 in Deutsch land mit 56 höher prädikatisierten Heilbädern und Kurorten, gut 12 Millionen Übernachtungen und über 3,5 Milliarden € Umsatz im Jahr. Diese Zahlen kommen nicht von ungefähr. Sie entstammen einer Broschüre, die, zeitlich genau richtig, vom Herrn Präsidenten des Heilbäderverbands, Fritz Link, he rausgegeben wurde.

(Der Redner hält eine Broschüre hoch.)

Es empfiehlt sich, einmal einen Blick hineinzuwerfen, um zu sehen, welch unglaubliche, wichtige Bedeutung diese Wirt schaftsbranche in Baden-Württemberg hat.

Dieser Bedeutung Rechnung tragend, hat Herr Minister Wolf im Jahr 2016 ein Gutachten zur Fortentwicklung des Heilbä der- und Kurortewesens in Baden-Württemberg in Auftrag ge geben. Die nun vorgelegte Neufassung des Gesetzes entspricht den Empfehlungen des Gutachtens.

Der alte Gesetzestext wird aktualisiert, ergänzt und vor allem systematisiert, während die materiellen Inhalte des Gesetzes nahezu unverändert bleiben. Das Gesetz selbst legt außerdem ein besonderes Augenmerk auf die Qualitätssicherung. Die Anerkennung als Heilbad oder Kurort stellt nämlich ein zen trales staatliches Qualitätssiegel dar. Es ist daher Aufgabe un seres Landes, die notwendigen Standards zu setzen und diese dann auch zu kontrollieren. Ein solches Vorgehen ist letztend lich im Sinne der Gäste und der Betreiber.

Vor diesem Hintergrund halten wir die Kontrolle der Einhal tung der Standards alle zehn Jahre, die Möglichkeit für die Behörden, gewisse Auflagen zu machen, und die Möglichkeit, im Extremfall eine Anerkennung auch zu widerrufen, für rich tig und werben um Zustimmung.

In dem von mir bereits angesprochenen Gutachten heißt es auch, ein Prädikat werde ganz überwiegend als Qualitätssie gel angesehen. Gleichzeitig wird darauf hingewiesen, dass

dies zu wenig vermarktet werde. Aus Marketinggesichtspunk ten möchte ich deswegen sagen, dass die neue Tourismuskon zeption genau dieser Tatsache Rechnung trägt. Darin wird ins besondere die Stärkung der Tourismus Marketing GmbH und der Heilbäder und Kurorte Marketing GmbH Baden-Würt temberg empfohlen. Dies ist ein aus meiner Sicht notwendi ger und längst überfälliger Schritt.

Erlauben Sie mir – ähnlich, wie es der Herr Minister getan hat – eine finale Anmerkung aus grüner Sicht. Gerade für viele Urlauber in Heilbädern und Kurorten sind die Natur und na turnahe Freizeitangebote ein zentraler Reisegrund. Dies gilt aber nicht nur für die Gemeinden mit Prädikat. Rund zwei Drittel aller Urlaubsreisen im Land haben einen Naturbezug. Es wird unser aller Aufgabe sein, unser größtes touristisches Kapital, nämlich intakte Landschaften und die Natur, zu schüt zen – für uns, für unsere Kinder, aber auch für unsere Gäste und deren Kinder.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den Grünen – Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Für die CDU darf ich Herrn Abg. Dr. Rapp ans Redepult bitten.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten heute das Ge setz zum Neuerlass des Gesetzes über die Anerkennung von Kurorten und Erholungsorten und zur Änderung des Finanz ausgleichgesetzes.

Herr Kollege Pix hat gerade mit einem Blick in die Geschich te begonnen. Aber ich denke, auch ein Blick in die Zukunft ist wichtig.

Mit diesem Gesetz wird den Empfehlungen des Gutachtens zur Fortentwicklung des Kurorte- und Bäderwesens in BadenWürttemberg entsprochen.