Protocol of the Session on May 8, 2019

Herr Minister, ich glaube, bis zum Sommer des vergangenen Jahres waren wir in Sachen Wasser eher einsam in der Bun desrepublik unterwegs; denn uns im Land der Sonderkulturen hat es mehrfach getroffen. Auch andere von Sonderkulturen geprägte Länder wie Rheinland-Pfalz hat es mehrfach getrof fen. In der breiten Landwirtschaft in ganz Deutschland war das jedoch kein so wirkliches Thema.

Das hat sich jetzt schlagartig geändert. Durch die extreme Dürre, die viele Bundesländer getroffen hat, ist die Situation heute so, dass wir, glaube ich, sagen können: Es hat sich viel geändert. Es hat sich sozusagen die Erkenntnis durchgesetzt, dass das, was Baden-Württemberg auf den Weg bringt und auf den Weg bringen will, keine Sonderlösung für Baden-Würt temberg ist, sondern dass das für die ganze Bundesrepublik notwendig ist und eine Voraussetzung dafür darstellt, dass Bäuerinnen und Bauern in einer, so sage ich mal, relativen Si cherheit, in einer relativen Absicherung weiterwirtschaften können, die es einfach braucht.

Das in Österreich praktizierte Modell einer Versicherungslö sung, die staatlich unterstützt wird, um eine breite Absiche rung gewährleisten zu können, welches ermöglicht, dass sich Betriebe in vielen Kulturen überhaupt erst Versicherungen leisten können, ist, glaube ich, ein wichtiges Modell. Denn es sorgt, wenn es umgesetzt ist, mittelfristig auch dafür, dass der Staat aus diesen sogenannten Ad-hoc-Hilfen herauskommt, weil dann eine Eigenvorsorge der Betriebe stattfinden kann. Das ist das wesentliche Argument, warum wir in Richtung dieser Versicherungslösung unterwegs sind. Wir glauben, dass diese Eigenhilfe, diese Selbstvorsorge die beste Vorsorge für die Betriebe in unserem Land, aber auch für das ganze Land ist. Denn Ad-hoc-Hilfen führen immer auch zu gesellschaft lichen Diskussionen, und es gibt natürlich oft auch nicht das breite Verständnis für das, was da passiert und was im Ernst fall notwendig ist.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der CDU)

Bis zum Jahr 2018 waren wir mit unseren Rufen noch sehr einsam. Jetzt haben wir breite Unterstützung, und jetzt stellt sich, wenn ich es richtig verstanden habe – ich sage es einmal so –, die Frage, ob Baden-Württemberg oder Bayern oder wir beide zusammen den Antrag in den Bundesrat einbringen, und jetzt werden wir auf fruchtbaren Boden treffen. Ich hoffe, dass

wir damit im Jahr 2019 die ersten Ansätze einer Versiche rungslösung auf den Weg bringen können, um gerade für die Sonderkulturbetriebe in Baden-Württemberg eine Produkti onssicherheit auf den Weg zu bringen.

Klar ist – wir haben das in der Geschichte gezeigt –: Wir las sen die Betriebe in unserem Land nicht allein. Wir unterstüt zen Bäuerinnen und Bauern im Wirtschaften, aber auch in der Nothilfe, und jetzt sorgen wir durch das Auf-den-Weg-Brin gen einer Versicherungslösung dafür, dass das Wirtschaften in diesen Spezialkulturen in ganz Baden-Württemberg wieder zukunftsfähig sein wird.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den Grünen und der CDU sowie des Abg. Klaus Hoher FDP/DVP – Zuruf: Jawohl!)

Für die CDU-Fraktion hat Herr Abg. Dr. Rapp das Wort.

(Zuruf von der CDU: Guter Mann!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir seitens der Unionsfrak tion sind dem Kollegen der Grünen-Fraktion dankbar dafür, dass wir uns heute im Parlament mit dem Thema „Risiko- und Schadensminimierung bei wetterbedingten Schadereignissen in Landwirtschaft, Obst-, Wein- und Gartenbau“ – ich ergän ze: aber auch in der Forstwirtschaft – beschäftigen können. Das gibt uns doch die Möglichkeit, die verschiedenen Ebe nen, die es bei diesem Thema zu beachten gilt, sachlich zu be leuchten.

Der Grund für die notwendige Diskussion über Risiko- und Schadensminimierung liegt zweifelsohne in den zunehmen den Extremwetterereignissen der vergangenen Jahre, aber auch in der notwendigen Klärung der Frage, wie die betroffe nen Branchen, wie die Politik, aber auch wie die Gesellschaft damit künftig umgehen können und umgehen müssen.

In jüngerer Vergangenheit haben wir heftige Starkregenereig nisse, Hagelniederschläge, Spätfrostereignisse, frühe oder zu frühe Blühbeginne oder auch Dürresommer – wie im vergan genen Jahr – mit Aus- und Folgewirkungen für die Branchen in Land- und Forstwirtschaft erlebt. Wir reden von Ernteaus fällen, dem Verlust von Marktanteilen bis hin zu existenzbe drohenden Situationen in den Betrieben.

Aber genauso komplex, wie die Probleme sind, und genauso unterschiedlich, wie sich die Herausforderungen darstellen, so wenig einfach und einschichtig werden hier die Lösungen sein. Wer dabei suggeriert, dass man mit ein paar politischen Festlegungen oder mit vereinfachten Aussagen eine Situati on, die über Jahrzehnte und aus unterschiedlichen Gründen entstanden ist, in wenigen Monaten wieder verbessern kann, der ist töricht

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ja!)

und hat die wesentlichen Zusammenhänge in Land- und Forst wirtschaft, bei den Sonderkulturen nicht erkannt, oder viel leicht ist er schlicht nicht in der Lage, dies zu tun.

(Beifall bei der CDU und der Abg. Martina Braun GRÜNE)

Um was geht es, und was sind die Ansätze, die für die Zukunft helfen, Schäden und Risiken zu minimieren und die Situati on langfristig wieder zu verbessern?

Eine erste Säule – Kollege Hahn hat es schon angesprochen – sind technische Lösungen, Vermeidungsstrategien in den be troffenen Branchen. Je nach Anbauform gibt es hier verschie dene einzelne Möglichkeiten, Schäden auch zu vermeiden. Wir reden über Hagelnetze, Hagelflugzeuge, mit Blick auf Frostereignisse über Frostberegnungsanlagen, wir reden be sonders bei den trockenen Standorten über die Frage der Be regnung, was mit Blick auf die Dürreperiode mehr als aktuell ist.

Mit Blick auf technische Lösungsansätze kann das Land Ba den-Württemberg, das zuständige Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz mit Förderprogrammen und Zu schüssen für die notwendigen Investitionen den Betrieben zur Seite stehen. Ich danke Peter Hauk und auch den regierungs tragenden Fraktionen ausdrücklich dafür. Denn wir in BadenWürttemberg tun dies bereits.

(Beifall bei der CDU und der Abg. Martina Braun GRÜNE)

Klar ist jedoch auch: Es handelt sich dabei um das Pflaster auf der Wunde, aber keineswegs um die Beseitigung der Wunde.

(Abg. Martin Hahn GRÜNE: Ja!)

Deswegen die zweite Säule. Auch diese hat Kollege Hahn schon angesprochen. Es ist die Frage: Wie können wir bei der Minimierung der betrieblichen Risiken vorgehen? Gerade in Baden-Württemberg mit einem Anteil kleiner Betriebe, fami liengeführter Betriebe von über 90 % ist dies von erheblicher Bedeutung. In der Land- und Forstwirtschaft wie auch im Son derkulturanbau haben diese Betriebe nicht die Größe, finan zielle Risiken in der Art, wie sie jetzt auf sie zukommen, zu stemmen.

Deswegen, aber auch aus gesellschaftlicher Verantwortung ist es wichtig, die Mehrgefahrenversicherungslösung so, wie sie auch in Österreich schon praktiziert wird, auf den Weg zu bringen. Ich bin unserem Minister Peter Hauk dankbar, dass er – auch in Kenntnis und unter Einbeziehung der Erfahrun gen anderer Länder – diesen Gedanken hier schon auf den Weg gebracht hat und wir auch für 2019 Lösungen für die Landwirte und Landwirtinnen in unserem Land anstreben kön nen.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Ein weiterer Punkt sind die Risikorücklagen. Hier ist der Bund gefragt: Welche finanziellen Spielräume können wir schaffen?

All diese Lösungen, die jetzt angesprochen worden sind, sind auf jeden Fall besser als immer wieder einsetzende Ad-hocKatastrophenhilfen des Landes. Denn letztendlich tragen die se auch nicht durch. Vielmehr müssen wir – das ist die dritte Säule – den Blick in die Zukunft richten.

Die dritte Säule sind wir, die Gesellschaft, und zwar in meh reren Rollen. Zum einen sind wir in jüngerer Zeit immer mehr Mitentscheider darüber, was in der Landnutzung mit den Flä chen passiert. Nicht selten verdichten wir mit unseren Forde

rungen und Ansprüchen die notwendige landwirtschaftliche Produktion auf immer weniger Fläche und haben damit natür lich auch ein Risikopotenzial mitzuverantworten. Ich verwei se nur auf den Umgang mit Lebensmitteln. 18 Millionen t weggeworfene Lebensmittel im Jahr sprechen für sich. Damit üben wir als Konsumenten direkten Einfluss auf die Rahmen bedingungen der landwirtschaftlichen Produktion aus.

Auch die Verkürzung auf den Lösungsansatz „Wir stellen al les um auf ökologische Betriebe“ ist nicht ganz korrekt. Pfei fendeckel! Auch die Ökobetriebe sind genauso wie alle ande ren Betriebe Konsumverhalten und Witterungseinflüssen glei chermaßen ausgesetzt.

Daher gilt es, diesen Mix aus technischen Maßnahmen, Ver sicherungslösungen und politischen Rahmensetzungen, aber eben auch einer Änderung des Bewusstseins von uns, den Ver brauchern, für den Wert landwirtschaftlicher Produkte und da mit auch das auskömmliche Honorieren der Arbeit der Land wirtinnen und Landwirte in Baden-Württemberg in Zukunft zu verbessern.

(Beifall bei der CDU)

Herr Kollege Rapp, kom men Sie bitte zum Schluss.

Wir müssen uns – damit kom me ich zum Schluss – über die sinnvollen, tragenden Maßnah men für die Zukunft Gedanken machen und dürfen nicht bei symbolhaften kurzfristigen politischen Forderungen stehen bleiben.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU – Zuruf von der CDU: Gut!)

Für die AfD hat Herr Abg. Palka das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsiden tin, sehr geehrte Kollegen! Würde den Grünen irgendetwas an Hilfe bei Wetterschäden liegen, dann hätten sie am 30. Mai 2016 unbürokratisch in Braunsbach geholfen.

(Beifall bei der AfD)

Zitat damals von Ministerpräsident Kretschmann in Brauns bach: „Ich habe keinen Sack voll Gold dabei. Ich bin ja nicht der Kaiser.“ Nein, das ist er nicht, aber der Ministerpräsident von Baden-Württemberg, einem Land mit elf Millionen Ein wohnern.

Wir von der AfD haben mit Gummistiefeln, Schaufeln und gesammelten Geldspenden geholfen.

(Oh-Rufe)

Würden die Grünen sich wirklich für Ernteschäden durch Un wetter interessieren, dann würden sie im Einzelfall Direkthil fe leisten. Das haben sie nicht getan, das tun sie nicht, das wer den sie nicht tun. Was tun sie stattdessen? Nur daherreden und so tun, als würde sie der ländliche Raum interessieren,

(Beifall bei der AfD)

und vor allem ihren Weltklimauntergangskult zelebrieren. Sie interessieren sich nicht für das Land, für den ländlichen Raum, geschweige denn für die Landwirte.

Das tun Sie in Wirklichkeit: Sie zerstören unsere wunderschö ne Kulturlandschaft durch Windräder und anderen ökologi schen Unsinn. Das Einzige, was Sie tun, ist, Ökobonzen noch reicher zu machen mit Zwangsstrom, den die kleinen Leute teuer bezahlen müssen.

Herr Kollege, lassen Sie eine Zwischenfrage der Abg. Braun zu?

Nein, jetzt nicht.

(Zuruf der Abg. Martina Braun GRÜNE)