Martin Hahn
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Frau Präsidentin, liebe Kolle ginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Es ist mir eine große Ehre, zum ersten Volksantrag Baden-Württembergs heute hier reden zu dürfen. Ich muss sagen, ich glaube, dieje nigen, die dieses Element der direkten Demokratie vor unge fähr fünf Jahren miteinander entwickelt haben – bei uns in der Fraktion waren es Uli Sckerl, glaube ich, und unser jetziger Fraktionsvorsitzender Andreas Schwarz sowie viele andere, die daran mitgearbeitet haben –, haben ein gutes Element für Baden-Württemberg entwickelt.
Wir haben da ein neues Instrument, und wir haben den ersten Volksantrag vorliegen. Die Bäuerinnen und Bauern im Land haben dieses Instrument gut genutzt. Sie haben es geschafft, den Volksantrag zu stellen, zu mobilisieren und die erforder lichen Unterschriften zu sammeln, damit sich der Landtag da mit befasst. Dadurch haben sie eine ganz neue Öffentlichkeit geschaffen. Ich glaube, das ist das Wesentliche neben dem, dass wir heute das Geschäftsmäßige behandeln. Es ist wich tig, dass sich die Debatte, die durch diesen Volksantrag in die Bevölkerung kam, gewaschen hat und dass sie zu einem neu en Miteinander bezüglich dieser Themen, die für uns so wich tig sind, geführt hat.
Die Ausschussanhörung hat das schon gezeigt. Wir hatten dort auf Initiative der Bäuerinnen und Bauern, die den Antrag ge stellt haben, zu wesentlichen Teilen eine wissenschaftliche Anhörung durchgeführt. Diese hat uns gezeigt, wie breit und wie vielfältig das Feld ist. Ich glaube, da ist viel passiert.
Rückblickend muss man noch mal sehen: Was ist eigentlich letztes Jahr um diese Zeit und danach gewesen? Die Land
wirtschaft befand sich in einer schwierigen Debatte. Auf der einen Seite gab es viel Druck von der Öffentlichkeit, vonsei ten der Verbraucher, aber vor allem ökonomischen Druck. In vielen Sparten war die Situation hinsichtlich der Preise, der Wirtschaftlichkeit an den Märkten verheerend. Es gab eine schlechte Situation, die schon zu einer sehr schlechten Stim mung in der Landwirtschaft geführt hat. Das muss man ein fach noch mal rückblickend sehen.
Dann kam Ende Mai die Einreichung des Volksbegehrens hin zu. Dies führte zu einem neuen Druck auf die Landwirtschaft, auf die Bäuerinnen und Bauern, die in einer ökonomisch schwierigen Situation noch mehr aushalten mussten, noch mehr Anfragen bekamen.
Im Laufe des Sommers kam dann das Papier aus Berlin. Die beiden Minister haben noch einmal ein Papier vorgelegt, was dazu geführt hat, dass die Bäuerinnen und Bauern noch mehr Fragen hatten: Wollt ihr uns? Wie wollen wir zusammenarbei ten? Und wie sieht das zukünftige Wir zwischen Landwirt schaft und Gesellschaft aus? Ich glaube, das war der Grund, die Grundlage dafür, dass dieser Volksantrag entstehen konnte.
Für viele von uns war die Stimmung in der Bevölkerung sehr aufgeheizt. Meine fachpolitischen Kollegen in der eigenen Fraktion, aber auch in den anderen Fraktionen waren wie ich sehr froh über die Initiative des Ministerpräsidenten, der dann auch den Auftrag an seine Fachpolitiker, an seine Fachminis ter gab, diesen einen Kompromiss zu dem, was das Volksbe gehren wollte, vorzulegen. Dieser Kompromiss ist, glaube ich, gelungen. Darüber werden wir nachher reden.
Zeitgleich kommt der Volksantrag von Bäuerinnen und Bau ern. Da gibt es Synergien. Wenn wir den Volksantrag mit dem Eckpunktepapier vergleichen, das Grundlage der nachher zu fassenden Gesetzesbeschlüsse ist, dann kann man sagen: Zwei Initiativen völlig unterschiedlicher Herkunft haben fast die gleichen Themen – natürlich in Nuancen unterschiedlich – aufgerufen. Das hat uns beflügelt, die Vorlagen, die wir hat ten, neu zu diskutieren und den gesetzlichen Rahmen für das zu schaffen, was Bäuerinnen und Bauern heute als das neue Miteinander in der Gesellschaft bei Landwirtschaft und Er nährung bezeichnen.
Wir sind dann einen Schritt weiter gegangen und haben – das war uns wichtig – zur Umsetzung der Gesetze, die wir später verabschieden, und dessen, was wir zum Volksantrag disku tieren, bereits in den letzten Haushaltsberatungen die Grund lagen geschaffen. Dies war sehr wesentlich, denn ohne Geld ist alles nichts. Wenn wir nicht diese 60 Millionen € im Dop pelhaushalt bereitgestellt hätten, könnten wir heute nicht ru higen Gewissens darüber reden und den Bäuerinnen und Bau ern sowie den Verbrauchern sagen: Ja, wir haben Vorsorge ge troffen für das, was vor uns steht, nicht nur indem wir Geset ze vorbereitet haben, sondern auch indem der Landtag als Haushaltsgesetzgeber die finanziellen Mittel bereitgestellt hat, die notwendig sein werden für die Umsetzung dessen, was heute beschlossen werden soll.
Es ist wichtig, dass wir dies heute verabschieden können, dass wir vorangehen können in diese neue Welt. Ich will aber auch sagen: Es ist ein Anfang. Wir sind nicht am Schlusspunkt ei ner Debatte, sondern wir stehen am Anfang eines Prozesses, bei dem wir das Miteinander weiter gestalten wollen.
Darum sind wir, die grüne Fraktion, sehr froh, dass wir das, was der Ministerpräsident im zeitigen Frühjahr einen Gesell schaftsvertrag zu Landwirtschaft, Ernährung und Naturschutz genannt hat, aufrufen werden. Darüber müssen wir reden, weil es wichtig ist, dass wir die Ernährungsgrundlagen in unserem Land halten und gestalten wollen. Landwirtschaft bedeutet für uns Zukunft und Sicherheit, und die Art, wie wir unsere Le bensmittel produzieren und verantworten, wird auch entschei dend sein für die Generationen, die nach uns kommen.
Im Zusammenhang mit den Grundlagen, die wir geschaffen haben, will ich noch einen Blick nach Europa werfen. Denn mit den europäischen Initiativen in diesem Bereich, nament lich dem Green Deal und der „Farm to Fork“-Strategie, gab es in Europa einen ganz ähnlichen Prozess. Es wurde das auf genommen, was an Veränderung in der landwirtschaftlichen Debatte notwendig war. Es wurde ein Augenmerk darauf ge richtet, wie Landwirtschaft sein muss, aber auch was das We sen der Landwirtschaft bestimmt. Man hat realisiert, dass es ein Miteinander geben muss und dass Landwirtinnen und Landwirte das notwendige Auskommen brauchen, um so zu produzieren, wie wir, die Gesellschaft, es wollen, um also den Anforderungen der Gesellschaft nachzukommen.
Für mich ist diese Parallelität sehr schön.
Zum Schluss sage ich: Für mich ist es ein gutes Gefühl, dass wir Baden-Württemberger da in Europa ganz vorn stehen. Die Gesetze, die wir heute verabschieden, lassen sich nicht nur in der Bundesrepublik sehen, sondern suchen auch in Europa ih resgleichen. Darauf können wir stolz sein. Das ist ein gutes Signal an die Bäuerinnen und Bauern, an die Verbraucher und an die Naturschützer. Es ist ein guter Tag für Baden-Württem berg, ein guter Tag für die Bäuerinnen und Bauern und für al le, die davon leben, was diese Bäuerinnen und Bauern produ zieren.
Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Vielen Dank erst einmal an die CDUFraktion für diese umfassende Große Anfrage zur Landwirt schaft
und an das Ministerium für diese umfassende Situationsbe schreibung der Realität. Ich glaube, diese Große Anfrage hat sich gelohnt. Sie ist aber so umfassend, dass man eigentlich mehrere Stunden darüber diskutieren müsste,
um ihr wirklich gerecht zu werden.
Vorneweg ist es mir aber erst einmal ein Anliegen,
dass wir das, was hinter uns liegt, einmal anschauen. Für mich ist es sehr wichtig, was im Herbst passiert ist – das Volksbe gehren, das vor uns lag, welches das Potenzial hatte, unsere Gesellschaft zu spalten:
die Verbraucher, die Naturschützer, die Landbevölkerung ge gen die Stadtbevölkerung; all das war ein riesiges Konflikt potenzial.
Ich muss sagen, Herr Ministerpräsident, ich bin sehr dankbar für Ihre Initiative im September, für die Beauftragung unse rer beiden Minister Hauk und Untersteller, diesen Konflikt zu lösen. Ich finde, diese Lösung ist mehr als gelungen. Herr Mi nisterpräsident, meine Herren Minister, herzlichen Dank für diese tolle Arbeit.
Das ist erst einmal deswegen wichtig, weil man, wenn man sieht, was Bäuerinnen und Bauern beantragen – der Volksan trag, der auf uns zukommt, und das Eckpunktepapier, das vor gelegt wurde –, dann feststellt, dass sich zehn von elf Punk ten überschneiden. Das heißt, das, was wir da veranlagen, ist mittendrin und trifft die Punkte genau im Detail. Das ist das Wichtige. Wir nehmen die Landwirtschaft mit und machen keine Politik gegen die Landwirtschaft.
Dasselbe Bild ergibt sich bei der Verabschiedung des Haus halts. Wir sehen, der Agrarhaushalt zeigt genau das auf, um was es in der Zukunft geht: Die Ökologisierung ist stark ab gebildet, die Regionalisierung und die Zukunftsabsicherung im Schadensfall ebenfalls. Darum ist auch der Agrarhaushalt genau das, was er sein muss: Er hilft und flankiert die Land wirtschaft auf dem Weg in diese etwas veränderte Zukunft.
In Bezug auf diese Parallelität der Entwicklung – man wuss te ja nicht genau, was auf uns zukommt – bin ich sehr froh da rüber, dass die Regierungskoalition diesen Haushalt so auf den Weg gebracht hat und damit die Situation in der Land wirtschaft gut flankiert. Das finde ich sehr bemerkenswert.
Wenn ich in die Themen hineinschaue, dann finde ich vier Stichworte, die für mich sehr wichtig sind. Das eine Stichwort ist die Stabilisierung der bäuerlichen Landwirtschaft in Ba den-Württemberg in all ihren Formen, das zweite ist die Re gionalisierung, das dritte ist die Qualifizierung und das vier te ist die Digitalisierung als Herausforderung für die Land wirtschaft in unserem Land und für alle Beteiligten.
Wir müssen die Stabilisierung der bäuerlichen Landwirtschaft ernst nehmen; denn darum geht es. Das hat auch die Debatte während des Volksbegehrens gezeigt. Eine wesentliche Grund lage für funktionierende Ökosysteme sind bäuerliche Struk turen, die das ermöglichen, was wir brauchen, um Artenviel falt und hohe biologische Qualität in der Natur zu gewährleis ten. Ohne Bäuerinnen und Bauern ist das so nicht möglich.
Der Weg der Qualifizierung ist fortgeschritten. Im Land ist Qualität im Maschinenbau selbstverständlich. Aber haben wir auch die besten Lebensmittel, sowohl ökologisch als auch konventionell, die sich sehen lassen können? Das zeigt uns das Monitoring, das zeigt all das, was unsere Lebensmittel wirtschaft hervorbringt. Wenn wir das ernst nehmen, dann wissen wir: Wir sind auf einem guten Weg und müssen jetzt dafür sorgen, dass Bäuerinnen und Bauern an dieser Wert schöpfung mehr partizipieren. Denn nur über mehr Wert schöpfung können sie ihre Betriebe auch in die Zukunft brin gen; ohne das ist alles nichts.
Es gehört natürlich auch eine Grunddemut dazu. Denn wir wissen natürlich genau, dass wir im Land nicht allein die Ag rarpolitik richten. Das, was aus Europa und aus dem Bund auf uns zukommt, wird uns stark tangieren. All unsere Aufmerk samkeit muss darauf gerichtet sein, die Agrarmittel aus der EU und aus dem Bund so auszurichten, dass sie mit unseren agrarpolitischen Zielen einhergehen und wir es in einem ge meinsamen Weg schaffen, diese Mittel so zu konzentrieren, dass sie dazu beitragen, bäuerliche Strukturen zu stützen und nicht industrielle Formen von Landwirtschaft zu forcieren.
In dieser Situation ist auch die Frage der Digitalisierung we sentlich. Die Antwort auf die Große Anfrage bietet bei 29 Fra gen natürlich viele Informationen.
Aber ich will die Digitalisierung zum Schluss noch einmal he rausgreifen, weil sie zwei große Potenziale hat. Eine bessere Bewirtschaftung auf den Feldern – das ist die eine Seite –, dass Bäuerinnen und Bauern noch präziser ihre Arbeit tun können mit unterstützenden Systemen, die wir heute parat ha ben. Die zweite Seite der Digitalisierung ist, dass Bäuerinnen und Bauern separierte, differenzierte Märkte über das Inter net bedienen können, wie es seither nicht möglich war. Das sind große Chancen, die auf uns zukommen. Diese zu nutzen ist unsere Pflicht und Aufgabe. Dass wir die Bäuerinnen und Bauern auf diesem Weg unterstützen, zeigt die Aufteilung der Fördermittel in Baden-Württemberg.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, liebe Kolle ginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Der Klima wandel zeigt in den letzten Jahren ein sehr deutliches und scharfes Gesicht, vor allem für Landwirtinnen und Landwir te in Baden-Württemberg. Starke Wetterextreme, Starkregen, Hagel, Spätfrostereignisse, Frühblüten werden in der Land wirtschaft zu Risikofaktoren und prägen das Bild.
Solche Ereignisse hatten bereits erhebliche Auswirkungen. Dadurch sind große Schäden in unserem Land entstanden. Ich erinnere daran: 2011 betrugen die Schäden in Baden-Würt temberg schwerpunktmäßig im Bereich Weinbau rund 30 Mil lionen €, 2017 lagen sie durch eine Kombination aus Spätfrost und Frühblüte – eine extreme Situation – bei über 120 Milli onen €, und die Dürre im letzten Jahr verursachte in BadenWürttemberg Schäden in Höhe von über 50 Millionen €. Gleichzeitig sinken die Wasserpegel.
Die Situation spitzt sich zu. Ich glaube, es ist dringend gebo ten, dass die Politik handelt und Bäuerinnen und Bauern in dieser Situation unterstützt.
Erfahrungswerte zeigen: Die Landesregierung hat gehandelt. Wir haben 2011, 2017 und 2018 Ad-hoc-Hilfen geleistet, die für die Betriebe wieder eine Liquiditätsvorsorge ermöglicht haben. Wir haben dort unterstützt, wo es zwingend war, wo Existenzen gefährdet waren. Das war wichtig und notwendig, ist aber langfristig natürlich kein Ziel und hilft uns nicht aus dieser Situation heraus. Aber die Landesregierung hat das ge tan, was notwendig war. Ich glaube, im Namen der Bäuerin nen und Bauern kann man sich dafür herzlich bedanken.
Klimarisiken und Wetterrisiken gab es innerhalb der Land wirtschaft natürlich immer, aber früher war eines entschei dend anders: Dann, wenn Erntegut knapp wurde, weil Tro ckenheit im Land herrschte, weil verschiedene Ereignisse zu sammenkamen, haben sich die Preise erhöht. Das ist in einer globalisierten Welt Gott sei Dank nicht mehr so. Die Verbrau cherinnen und Verbraucher in unserem Land haben es mit re lativ stabilen Lebensmittelpreisen zu tun.
Wir reden schon von Erhöhungen und Schwierigkeiten, wenn es, sage ich mal, um eher kleine Probleme geht. Aber früher haben solche Situationen wie 2018 zu regionalen Hungersnö ten geführt. Das haben wir Gott sei Dank dadurch im Griff, dass globalisierter Handel möglich ist. Aber die Situation für die Unternehmer vor Ort ist deswegen besonders schwierig, weil sich hierdurch die Preise regional nicht erhöhen, die Ern ten aber gleichzeitig sehr, sehr gering ausfallen und kaum noch ein auskömmliches Wirtschaften ermöglichen.
Zeitgleich erleben wir eine Spezialisierung in der Landwirt schaft. Das Fremdkapital nimmt zu, Betriebe müssen sich im Bereich Obst, im Bereich Wein noch spezialisierter aufstel len. Die Betriebe verfügen nicht mehr über eine vielschichti ge und vielseitige Aufstellung, die sie unterstützt hat, die auch eine gewisse Sicherheit mit sich gebracht hat.
Ich glaube, das verschärft die ganze Situation. Deswegen ist es wichtig, dass wir für die Zukunft neue Handlungsagenden auf den Weg bringen.
Die erste Pflicht ist die Hilfe zur Selbsthilfe. Das machen wir. Das Land hat sofort gehandelt. Wir fördern Präventionsmaß nahmen im Bereich Hagelschutz, im Bereich Frostbewässe rung, wir fördern Vorsorgemaßnahmen für Wasser und Was serhaltesysteme. All dies wird von der Landesregierung schon seit Längerem unterstützt.
Auch die Landkreise sind unterwegs, erarbeiten Pläne für den Umgang mit Wasser. Denn – das ist, glaube ich, die entschei dende Frage – Wasser braucht es auf der einen Seite zur Be regnung, zum Gießen von Kulturen, aber im Frostfall braucht es auch erhebliche Wassermengen zur Frostberegnung. Dafür ist es zwingend erforderlich, dass Landkreise und Regional körperschaften daran arbeiten – ich nenne es mal so –, Mas
terpläne für Wasser bereitzustellen, um zukünftiges Wirtschaf ten von Landwirtinnen und Landwirten zu ermöglichen.
Auch der Bund ist natürlich gefordert. Die Frage der steuer lichen Risikorücklage ist eine wesentliche Frage. Auch das ist eine Hilfe zur Selbsthilfe, die es Betrieben ermöglicht, mit Li quidität Vorsorge für extreme Ernteausfälle und fehlende Er träge zu treffen. Da fehlt uns noch die Sicherheit, die wir vom Bund gern hätten. Da brauchen wir noch mehr für die Land wirtinnen und Landwirte in unserem Land. Dort muss etwas passieren.
Gleichzeitig stellt sich die Frage – und das ist die entschei dende Frage, die es heute für mich auch zu bearbeiten gilt – nach der Mehrgefahrenabsicherung. Das ist ja auch das zent rale Anliegen in diesem Antrag. Es geht darum: Wie gehen wir hier vor?
Herr Minister, ich glaube, bis zum Sommer des vergangenen Jahres waren wir in Sachen Wasser eher einsam in der Bun desrepublik unterwegs; denn uns im Land der Sonderkulturen hat es mehrfach getroffen. Auch andere von Sonderkulturen geprägte Länder wie Rheinland-Pfalz hat es mehrfach getrof fen. In der breiten Landwirtschaft in ganz Deutschland war das jedoch kein so wirkliches Thema.
Das hat sich jetzt schlagartig geändert. Durch die extreme Dürre, die viele Bundesländer getroffen hat, ist die Situation heute so, dass wir, glaube ich, sagen können: Es hat sich viel geändert. Es hat sich sozusagen die Erkenntnis durchgesetzt, dass das, was Baden-Württemberg auf den Weg bringt und auf den Weg bringen will, keine Sonderlösung für Baden-Würt temberg ist, sondern dass das für die ganze Bundesrepublik notwendig ist und eine Voraussetzung dafür darstellt, dass Bäuerinnen und Bauern in einer, so sage ich mal, relativen Si cherheit, in einer relativen Absicherung weiterwirtschaften können, die es einfach braucht.
Das in Österreich praktizierte Modell einer Versicherungslö sung, die staatlich unterstützt wird, um eine breite Absiche rung gewährleisten zu können, welches ermöglicht, dass sich Betriebe in vielen Kulturen überhaupt erst Versicherungen leisten können, ist, glaube ich, ein wichtiges Modell. Denn es sorgt, wenn es umgesetzt ist, mittelfristig auch dafür, dass der Staat aus diesen sogenannten Ad-hoc-Hilfen herauskommt, weil dann eine Eigenvorsorge der Betriebe stattfinden kann. Das ist das wesentliche Argument, warum wir in Richtung dieser Versicherungslösung unterwegs sind. Wir glauben, dass diese Eigenhilfe, diese Selbstvorsorge die beste Vorsorge für die Betriebe in unserem Land, aber auch für das ganze Land ist. Denn Ad-hoc-Hilfen führen immer auch zu gesellschaft lichen Diskussionen, und es gibt natürlich oft auch nicht das breite Verständnis für das, was da passiert und was im Ernst fall notwendig ist.
Bis zum Jahr 2018 waren wir mit unseren Rufen noch sehr einsam. Jetzt haben wir breite Unterstützung, und jetzt stellt sich, wenn ich es richtig verstanden habe – ich sage es einmal so –, die Frage, ob Baden-Württemberg oder Bayern oder wir beide zusammen den Antrag in den Bundesrat einbringen, und jetzt werden wir auf fruchtbaren Boden treffen. Ich hoffe, dass
wir damit im Jahr 2019 die ersten Ansätze einer Versiche rungslösung auf den Weg bringen können, um gerade für die Sonderkulturbetriebe in Baden-Württemberg eine Produkti onssicherheit auf den Weg zu bringen.
Klar ist – wir haben das in der Geschichte gezeigt –: Wir las sen die Betriebe in unserem Land nicht allein. Wir unterstüt zen Bäuerinnen und Bauern im Wirtschaften, aber auch in der Nothilfe, und jetzt sorgen wir durch das Auf-den-Weg-Brin gen einer Versicherungslösung dafür, dass das Wirtschaften in diesen Spezialkulturen in ganz Baden-Württemberg wieder zukunftsfähig sein wird.
Herzlichen Dank.
Herzlichen Dank, Herr Minis ter, für die Klarstellung im Bereich ELR und „Bauen im länd lichen Bereich“. Ich glaube, das ist ein wichtiger Impuls.
Könnten Sie noch erläutern, wie sich das Wohnen im Alter im ländlichen Bereich, speziell auch in Dörfern – es gibt 3 000 kleinere Dörfer, wo eben genau im Ort auch Wohnen im Al ter ermöglicht wird – gestaltet und wie da der Bezug zum ELR aussieht? Das wäre mir ein wichtiges Anliegen.
Frau Präsidentin, liebe Kolle ginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Her ren! Ich möchte mich zuerst bei meiner Fraktion bedanken, dass wir so kurz nach dem Ende des landwirtschaftlichen Teils des Volksfests, des Landwirtschaftlichen Hauptfests, heute über das Thema „Ökologische Landwirtschaft“ sprechen kön nen. Ich glaube, es ist ein guter Zeitpunkt dafür.
Ich möchte zuerst noch einmal zurückblicken auf dieses Event, das wir jetzt hinter uns haben: neun Tage Präsentation von ökologischer und konventioneller Landwirtschaft mitten in der Landeshauptstadt. Ich glaube, es war sehr wertvoll, was sich da gezeigt hat, was dort präsentiert wurde. Das war ein wichtiger Schritt.
Ich denke, dafür gilt den Akteuren, unserem Ministerium, dem Herrn Minister an der Spitze, der Frau Staatssekretärin, unse ren Beamtinnen und Beamten, aber auch den Verbänden, die ehrenamtlich sehr viel zum Gelingen beigetragen haben, ein herzliches Dankeschön. Es war wichtig, dass es hier die Chan ce gab, dass Verbraucher und Landwirte wieder etwas mehr voneinander wissen – wissen konnten und gelernt haben. Das ist ein wichtiger Schritt, aufeinander zuzugehen.
Ich glaube, da ist es nur wichtig und richtig, zu betonen: Die ökologische Landwirtschaft in unserem Land hat ja einen Weg hinter sich von dem Zeitpunkt, als sie ein ganz kleiner Parti kel war, bis heute, wo sie – ich sage es mal so – in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist, wo 80 % aller Verbraucher immer wieder zu ökologisch produzierten Lebensmitteln grei fen, wo sie mittendrin ist.
Ich glaube, es ist richtig, heute darüber zu reden. Der ökolo gische Landbau ist auf der einen Seite eine wichtige ökologi sche Alternative; er schützt unser Klima und hilft, die Arten vielfalt bei uns zu unterstützen. Auf der anderen Seite bringt er wertvolle Lebensmittel hervor. Ich glaube, das ist eine Sym biose, die zu unserem Land passt und wertvoll für uns ist.
Aber auch die Volkswirtschaftler unter uns können, glaube ich, damit sehr zufrieden sein. Denn ökologische Landwirt schaft passt zu unserem Land. Hervorragende Verarbeitungs strukturen, Handwerker auf allen Ebenen, die diese Produkte weiterverarbeiten, machen die Stärke aus. Es gibt Gastrono minnen und Gastronomen, die mit diesen Lebensmitteln – und mit anderen – sehr gut umgehen können und an der Spitze ste hen, und natürlich darf man auch die Verbraucherinnen und Verbraucher nicht vergessen, die bereit sind, für gute Lebens mittel gutes Geld zu bezahlen. Das ist wichtig für unser Land, das ist wichtig für die ökologische Landwirtschaft. Ohne die se Verbraucherinnen und Verbraucher und ohne dieses Ge samtkonzert ginge es nicht so vorwärts, wie es vorwärtsgeht.
Das Ganze hat aus meiner Sicht auch in der Hinsicht einen großen Charme: Es ist einer der wenigen Wachstumsmärkte innerhalb der Landwirtschaft. Die Ökonomen unter uns schau en natürlich gezielt auf Wachstumsmärkte, denn dort wird sich die Zukunft abspielen. Dort spielt die Musik, dort wird das entwickelt, was die Generationen nach uns umtreibt.
Deswegen ist es mir ein Anliegen, einmal ganz kurz zurück zuschauen und zu fragen: Wie haben wir das denn in der letz ten Legislaturperiode gemacht? In der letzten Legislatur ist sehr viel in diese Richtung geschehen: die Verstetigung der MEKA-Mittel für die ökologische Landwirtschaft, die Um stellung auf das FAKT-Programm mit der Erhöhung der Prä mie pro Hektar und die Einführung der Umstellungsprämie für ökologische Landwirtschaft – die betriebswirtschaftlich notwendig ist, weil die Betriebe zwei Lückenjahre haben, mit denen sie nicht umgehen können. Die Einrichtung der Fach schule für Ökologischen Landbau in Emmendingen, aber auch der ökologische Versuchsbetrieb am Kompetenzzentrum Obst bau in Bavendorf, die Stärkung des ökologischen Anbaus in unserem neuen modularen Beratungssystem sind hier zu nen nen. Ich glaube, auch schon in der letzten Legislatur ist viel geschehen, das den Weg für diese steile Entwicklung bereitet hat.
Dann muss man natürlich auch der Ehrlichkeit halber sagen – Herr Minister, Sie nehmen mir das nicht krumm –, dass es für uns grüne Agrarpolitiker nicht ganz einfach war, als uns am Ende der Koalitionsverhandlungen das Haus sozusagen, parteilich gesehen, verlassen hat. Das war nicht ganz einfach. Aber ich glaube, Herr Minister, Frau Staatssekretärin, wir ha ben nach all den Schmerzen, die es da gab – darüber muss man auch reden; da muss man ehrlich sein –, gezeigt, dass das, was unser Ministerpräsident immer Komplementärkoa lition nennt, wirklich greift, dass hier das Beste von Grünen und CDU zusammengekommen ist.
Das drückt sich aus in den Erfolgen dieser Regierungsarbeit.
Das sage ich – ich glaube, das muss man auch klar sagen –, auch wenn der eine oder andere Funktionär, wie letzte Woche in einer der hiesigen Zeitungen zu lesen war, vor lauter Schmerzen – die er immer noch hat – vielleicht das Zählen verlernt hat. Zählen ist aber wichtig. Denn man sieht: Wenn man Politik wirklich bewerten will, muss man genau schau en, was passiert ist.
Das machen wir am Schluss.
Ja, genau.
Manche Fragen werden sich dann erübrigen. – Ich glaube, auch in dieser Legislaturperiode hat sich gezeigt, dass die Ein richtung der vier Bio-Musterregionen wichtig und wertvoll war, dass die Stärkung des Ökolandbaus im universitären Be reich an der Uni Hohenheim eine wichtige Maßnahme für die Fortschreibung der Entwicklung war, dass die Stärkung der Premiumtierhaltungsverfahren im Agrarförderprogramm Ba den-Württemberg eine wichtige Entwicklung für die Tierhal tungsfragen in der ökologischen Landwirtschaft war, dass die Einbeziehung des ökologischen Landbaus in die Ernährungs strategie Baden-Württembergs ein wichtiges Element war – da wird mit Verbraucherinnen und Verbrauchern kommuni ziert; da wird deutlich gemacht, um was es geht.
Die Fortschreibung der Ökomodellregionen ist gerade neu ausgeschrieben worden. Wir brauchen diese Reallabore für unser Land. Denn dort wird entwickelt, wie das, was wir in Zukunft anbieten, in der Breite wachsen kann. Deshalb brau chen wir diese Bio-Musterregionen als Reallabore. Das ist ei ne ganz wichtige Maßnahme.
Und zuletzt ist für mich auch noch eine wichtige Maßnahme, dass wir in der VwV Beschaffung eine Quote für ökologische Lebensmittel eingeführt haben. Da geht es darum – das The ma behandeln wir heute Mittag noch fundiert –, darüber zu sprechen, wie wir als Beschaffer, als Einkäufer daran mitwir ken können, wie es mit der ökologischen Landwirtschaft wei tergeht.
Die ökologische Landwirtschaft ist für mich eine reine Er folgsgeschichte: von 2011 bis heute eine Entwicklung von 90 000 ha auf 160 000 ha, von 6 500 Ökobetrieben auf 8 500 Ökobetriebe – und das in einer Zeit, in der der Strukturwan del rasant in die andere Richtung geht und wir viele Betriebe leider verloren haben. Da haben wir im ökologischen Bereich massiv dazugewonnen. Ich glaube, das sind Erfolge, die sich gewaschen haben: 40 % mehr – über den Daumen –, das ist erfolgreiche Politik.
Herr Minister, Ihr Ziel – das haben Sie schon mehrfach betont – sind 30 % ökologische Landwirtschaft. Das ist mir sehr wichtig; denn wir können sagen: Das ist auch unser Ziel. Die ses Ziel ist keine Utopie. Wenn wir die Wachstumsraten bzw. die Steigerungsraten anschauen, dann sehen wir, dass das re al erreichbar ist. Ich sage sogar, es geht noch mehr – und das auf der Grundlage des Marktes. Wir müssen uns immer dar über im Klaren sein, dass wir als Politiker nur flankieren, dass wir Bedingungen schaffen, wie sich ein Markt entwickeln kann.
Das Schöne an der ökologischen Landwirtschaft ist, dass sie marktgetriggert ist. Ich denke oft an die etwas schleppende Entwicklung im Energiebereich. Da wäre ich ganz froh, wenn
wir mehr über den Markt berichten könnten. Der Bereich wür de sich dann etwas schneller entwickeln.
Diese Koalition, meine Damen und Herren, schafft den Rah men. Die bäuerlichen Betriebe ergreifen die Chance. Ich fin de, so funktioniert Politik, wenn es richtig gut läuft.
Vielen Dank.
Frau Präsidentin, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Ich muss, glaube ich, eines klarstellen: Ich hatte vorhin natürlich nicht die agierenden Personen ge meint, sondern die inhaltliche Subsumierung der Themen von Grünen und CDU. Diese trifft im Bereich des ökologischen Landbaus wunderbar zusammen. Es waren nicht die Personen gemeint. Ich habe am Gelächter gemerkt, dass ich mich da wohl missverständlich ausgedrückt habe. Das klarzustellen ist mir ganz wichtig.
Die Debatte hat aus meiner Sicht noch einmal die Bedeutung des ökologischen Landbaus für unser Land gezeigt. Ich bin froh, dass wir sie geführt haben. Wir sind vorn, und dieses Vornbleiben in der ökologischen Landwirtschaft ist eine gro ße Aufgabe. Wir tun alles, damit wir das weiter leisten kön nen.
Herzlichen Dank.
Bitte schön.
Da kann ich Ihnen sehr gern Auskunft geben. Ich selbst habe einen Demeterbetrieb. Im bio logisch-dynamischen Betrieb wird kein Kupfer in den einjäh rigen Kulturen eingesetzt. Das ist ein erster Ansatz. Wir ha ben Kupferminimierungsstrategien in der ökologischen Land wirtschaft. Auch ich sehe den Kupfereinsatz als ein proble matisches Thema. Ich sehe aber auch, dass die Verbände mit allem Nachdruck daran arbeiten, ihn zu minimieren. Er ist noch nicht ganz beseitigt. Aber die Leistung, die erbracht wird, ist die Minimierung des Kupfereinsatzes.
Kupfer ist ein problematischer Wirkstoff, der bisher noch in den mehrjährigen Kulturen, also Reben und Obst, gebraucht wird. Aber es gibt eine Minimierungsstrategie, die sehr erfolg reich läuft.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Ich stolpere immer und immer wieder über dieses Wort „Beschaffung“. Man kennt das eigentlich aus anderen, sehr negativen Zusammenhängen.
Wie gesagt, es ist ein Begriff – – Eigentlich geht es um den Einkauf des Landes Baden-Württemberg, es geht darum, wie wir uns als Kunden verhalten. Der Begriff „Beschaffung“ ge fällt mir persönlich nicht, geht mir nicht so leicht über die Lip pen.
Erst einmal vielen Dank an das Ministerium für die umfang reiche Stellungnahme zu diesem Antrag. Ich glaube, es ist al les dazu gesagt. Es liegt eine relativ umfangreiche Stellung nahme vor.
Für mich ist wesentlich: Wenn es um Beschaffung geht, sind wir, das Land Baden-Württemberg, sind unsere Institutionen, unsere Ministerien, unsere Ämter als Kunden tätig. Es ist, glaube ich, etwas sehr Wichtiges, wie wir alle vorgehen. Da mit, wie wir als Verbraucherinnen und Verbraucher einkaufen und was wir einkaufen, setzen wir Akzente, bestimmen wir zukünftige Märkte, gestalten, wie sie sich entwickeln. Diese Aufgabe soll man, meine ich, sehr verantwortungsvoll wahr nehmen. Das ist der Aspekt Einkauf.
Der zweite Aspekt ist die Vorbildwirkung des Landes. Es ist wichtig, dass wir, das Land, bei der Beschaffung unserer Vor bildwirkung möglichst gut gerecht werden. Ich glaube, die Bedeutung der VwV Beschaffung liegt darin, dass wir damit einen guten Takt vorgeben. Das halte ich für wichtig.
Wenn man ein Resümee aus der Stellungnahme ziehen woll te, würde ich sagen und muss man aus heutiger Sicht sagen: Wir hatten eine sehr gute VwV Beschaffung und haben seit dem 1. Oktober eine noch bessere VwV Beschaffung. So wür de ich das einmal in Kürze sagen. Ich denke, das ist eine gu te Umsetzung dessen, was wir im Koalitionsvertrag beschrie ben haben – ich zitiere –:
Die Landesregierung wird darüber hinaus den Kriterien einer fairen, ökologischen und nachhaltigen Beschaffung größeres Gewicht geben, auch im Hinblick auf die anste henden Vergaberechtsanpassungen.
Ich glaube, das ist uns mit dieser Novellierung gelungen. Wir haben ein Nachhaltigkeitspaket geschnürt, wir haben Nach haltigkeitskriterien in der Rechtsgrundlage für die Beschaf fung des Landes umfänglich verankert.
Wir haben die Nachhaltigkeit in der Überschrift als Zielfor mulierung mitgenommen. Es war ein wesentliches Anliegen von uns, das zunächst einmal als Ziel deutlich zu machen. Die Regelungen zur Berücksichtigung von Aspekten der Nachhal tigkeit und fair hergestellter oder gehandelter Produkte wer den gestärkt. Und – das war uns auch wichtig – wir haben in den Formulierungen größere rechtliche Klarheit für eine ein fachere Beschaffung hergestellt.
Ich will ein paar Einzelaspekte deutlich machen und vorweg sagen, dass die Schulungen zu der VwV Beschaffung auch
sehr gut laufen. Ich glaube, das ist ein wesentlicher Punkt. Wir hatten schon über 300 Teilnehmer in diesen Schulungen. So mit können wir auch gewährleisten, dass die Leute gut ausge bildet sind und diejenigen, die in ihren Ressorts, in ihren Be reichen die Verantwortung für dieses Thema tragen, damit si cher umgehen.
Ich will einzelne Aspekte ansprechen. Wir haben die Nach haltigkeitsfrage bei der IT-Organisation an die aktuellen Ent wicklungen angepasst. Wir haben die Berücksichtigung von Open-Source-Produkten gestärkt. Das war gerade für uns Grü ne ein wichtiges Anliegen. Wir haben eine dynamische Güte siegelliste als Kompass im Dschungel der Beschaffung ange legt. Das ist eine Handreichung für Menschen, die täglich da mit arbeiten. Wenn man ein Produkt sieht, kann man sagen: Wie ist es zertifiziert, welche Auszeichnung hat es? Man kann dann relativ leicht entscheiden: Passt es zu unseren Kriterien, oder passt es nicht?
Auch im Bereich Bauen – ein wichtiger Bereich, in dem ge rade viel passiert – sind wir, das Land, ein im Sinne der Nach haltigkeit vorbildlicher Bauherr: Dämmung, Langlebigkeit und dabei Nachhaltigkeit, Materialgewinnung, aber auch im Außenbereich die Frage Biodiversität, Gestaltung und Flächenin anspruchnahme sind hier vorbildlich.
Materialrückgewinnung und Recycling sind Themen, die, wie wir allenthalben im Land sehen, zunehmend an Bedeutung gewinnen. Wir sehen hier und da viel Recyclingmaterial auf Halden, das im Bauprozess noch nicht die Bedeutung hat, die ihm eigentlich zukommen müsste. Ich glaube, es wird zurzeit ganz deutlich, dass wir auch beim Bau die Recyclingmateri alien nicht nur zum Auffüllen und zum Wegebau nutzen kön nen, sondern auch im Beton und in anderen Bereichen stärker einarbeiten müssen, wenn wir nicht immer neuen Rohstoffab bau betreiben, sondern die Frage der Nachhaltigkeit deutlich stärken wollen.
Bei dem Thema „Sonderregelung für Lebensmittel“ haben wir jetzt als Zielrichtung eine Quote von mindestens 20 % Öko produkten. Daran möchte ich deutlich machen, wie es funkti oniert und wie es im Wesentlichen läuft.
Wir haben sehr gute Erfahrungen, Herr Baron, mit der Quo te. Schauen Sie meine Fraktion an: ein sehr erfolgreiches Prin zip.
Die 20-%-Regelung ist dem geschuldet, dass wir allenthalben – in der Agrarpolitik, worüber wir heute Morgen gesprochen haben, und in anderen Bereichen – klare Zielvorgaben wollen entsprechend unserer Vorstellung, wie viel ökologische Land wirtschaft wir haben müssen. Deswegen müssen wir auch als Kunden dieser eigenen Zielrichtung folgen. Deswegen diese 20 %. Das war zunächst einmal wichtig.
Wichtig war auch, dass wir das in großer Freiheit tun, dass wir niemandem vorgeben, was er einkauft. Der eine kann sei nen Weinbedarf irgendwo in einem von uns geführten Restau rant decken, und der andere kann seine Nudeln oder was auch immer kaufen. Diese Freiheit war ganz wichtig, weil wir na türlich im Einzelnen nicht die Situation der Beschaffer im Be reich Lebensmittel kennen. Deshalb haben wir nur diese Grundvorgabe gemacht. Wir haben Betriebe, die da schon viel weiter sind und sich weit darüber hinaus eindecken. Aber so zusagen die Neustarter können das in einer hohen Flexibilität tun und haben da gute Möglichkeiten.
Ich muss ehrlich sagen: Auch wir als Fraktion sind Beschaf fer. Nächste Woche haben wir das Landtagsfest der Grünen, und wir stellen gerade fest, wie schwer die Beschaffung oft ist. Da ist es einfach wichtig, dass wir solche Vorgaben haben. Wir haben jetzt das Problem, dass unser Caterer verzweifelt 40 kg Hackfleisch für Cevapcici gesucht hat. Es war kaum beizubringen. Ich glaube, es ist einfach wichtig
ja, schwäbisches Cevapcici –, dass man auch für die Groß küche Vorgaben macht, damit sich Märkte entwickeln kön nen, die auch die Generationen, die nach uns kommen, im Blick haben, und damit ökologische Befassung alltäglich und einfach wird, so wie es sein soll, damit das gern angenommen wird.
Nachhaltig strategisches Beschaffen ist nicht teuer, sondern werthaltig. Dass es teuer ist, ist ein völlig überholtes Argu ment. Die Gesamtzyklusbetrachtung und die Folgekostenbe trachtung sind sehr wichtig und wertvoll. Soziale und gesell schaftliche Wirklichkeiten sind Kaufkriterien. Das ist uns wichtig. Ökologische Verantwortung wird wahrgenommen.
Und zum Schluss: Die weltweiten Auswirkungen von unse rem Einkaufs- und Verkaufsverhalten werden mitbewertet. Deswegen sind wir stolz und froh über das, was uns jetzt vor liegt und seit dem 1. Oktober für unser Land gilt.
Herzlichen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren! Am 2. Juni hat Agrarkommissar Hogan in Brüs sel seine Vorschläge zur Zukunft der Gemeinsamen Agrarpo litik Europas – kurz GAP – vorgestellt. Ich glaube, heute ist ein guter Zeitpunkt, um uns in Baden-Württemberg als wich tigem Land innerhalb der Europäischen Union Gedanken zu machen: Was heißt das für uns? Was kommt da auf uns zu? Wie wird das für uns wirken?
Ein paar Worte zur Geschichte: Die Gemeinsame Agrarpoli tik Europas war immer ein zentrales Element des europäischen Einigungsprozesses. In der aktuellen Förderperiode, die von 2013 bis 2020 läuft, stehen mit rund 58 Milliarden € rund 40 % des EU-Budgets für die Gemeinsame Agrarpolitik be reit, das sind rund 5,8 Milliarden € pro Jahr, davon – das ist ja aufgeteilt in zwei Säulen; dazu kommen wir nachher noch – rund 4,6 Milliarden € in der ersten Säule und rund 1,2 Mil liarden € in der zweiten Säule.
Nun hat sich einiges getan. Herr Hogan hat die Ziele der Ge meinsamen Agrarpolitik deutlich erweitert. Ich glaube, das ist gut so. Bislang standen im Zentrum dieser Gemeinsamen Ag rarpolitik eigentlich nur die Ernährungssicherung und die Ein kommenssicherung für die landwirtschaftlichen Betriebe. Die Zahl der Programmpunkte ist auf neun erweitert worden. Da runter sind nun Ziele wie der Schutz der biologischen Arten vielfalt, die Unterstützung benachteiligter Gebiete und der
Klimaschutz. Ich glaube, es ist sehr gut und ganz in unserem Sinn, dass diese Zielerweiterung stattgefunden hat. Das ist ein richtiger Schritt für ein Europa, das sich ganzheitlich diesem Thema zuwendet.
Nach den Vorschlägen für die neue GAP – es sind Vorschlä ge, die jetzt zur Diskussion auf dem Tisch liegen, und an der wollen wir uns jetzt beteiligen – stehen noch 30 % des gesam ten EU-Haushalts für diesen Bereich zur Verfügung. Nominal ist die Höhe ungefähr gleich. Eine kleine Abschmelzung hat stattgefunden. In der ersten Säule macht sich diese Abschmel zung kaum bemerkbar, in der zweiten Säule sehr stark; da geht es – je nach Rechenmethode und Rechenart – um einen Rück gang von bis zu 28 %. Das stimmt uns derzeit sehr kritisch. Wir sehen da noch Diskussionsbedarf, wie das Geld, das wir in diesem Bereich ganz dringend brauchen, in Zukunft wie der bereitgestellt werden kann. Das ist eine große Aufgabe für uns.
Diese Abschmelzung in der zweiten Säule ist für unser Bun desland natürlich erst mal ein fatales Signal. Wir haben letz tes Jahr in großer Einmütigkeit die Programme im Bereich der Agrarumwelt stark verbessert. Wenn man heute durch das Land fährt, dann sieht man, dass das, was wir letztes Jahr be schlossen haben, in diesem Jahr schon wirkt. Wir haben deut lich mehr Blühstreifen, wir sehen deutlich mehr Sinnbilder für Ökologie, wie Insekten – das ist das, was wir in unserer Natur- und Kulturlandschaft brauchen. Das sind alles Maß nahmen, die über die zweite Säule finanziert werden. Wenn die Mittel für diesen Bereich weniger werden anstatt mehr, dann haben wir ein Problem. Da sehen wir einen massiven Widerspruch, den es zu klären gilt. Dieser Punkt ist aktuell nicht schlüssig.
Man muss das – für diejenigen, denen die Begriffe „erste Säu le“ und „zweite Säule“ nicht viel sagen – ungefähr so be schreiben: Über die erste Säule findet die Einkommenssiche rung für die Landwirtinnen und Landwirte statt. In der zwei ten Säule ist alles enthalten, was für die Zukunft der Agrarpo litik, der agrarischen Welt von Bedeutung ist, nämlich Bil dung, Fortbildung, Beratung, Investitionen und der Bereich Agrarumwelt. Darum ist eine kleinere zweite Säule für uns auf jeden Fall nicht hinnehmbar. Es muss ein großes Ziel von uns allen sein, eine Abschmelzung der zweiten Säule zu ver hindern.
Das Paket enthält Maßnahmen, die uns sehr interessant er scheinen, die man aber auch bewerten muss. Die Diskussion um Kappung und Degression halten wir für richtig. Um sie einzujustieren, muss uns klar sein, dass das in Baden-Würt temberg kein großes Thema ist. Jeder, der das Internet bemüht und mal nachschaut, sieht: Es handelt sich um zwei gute Handvoll Betriebe, die davon betroffen wären. Das wird für uns keine großen Ausgleichsmöglichkeiten bringen können.
Das Potenzial der Umschichtungen auf diesem Weg: 15 % Re gelumschichtungen in beide Richtungen. Und – das ist für uns
sehr wertvoll – der darüber hinausgehende Bereich weiterer Umschichtungen von der ersten in die zweite Säule für den Bereich Klima und Naturschutz ist für uns ein wichtiges und richtiges Signal. Aber das ist bis jetzt noch eine große Taube auf dem Dach. Sie herunterzuholen und in die politische Wirk lichkeit zu bringen ist für uns eine große Aufgabe, obwohl wir diese Maßnahmen in unserem Land sehr dringend brauchen, um die Bäuerinnen und Bauern zu unterstützen.
Auch die anderen Maßnahmen wie die stärkere Unterstützung der ersten Hektar sind für ein Bundesland mit einer kleinstruk turierten Landwirtschaft wie Baden-Württemberg wichtig. Herr Minister, ich glaube, das können wir gut machen; das ist wichtig. Aber man muss sehen, dass 710 Millionen € in einer Förderperiode in der zweiten Säule für Baden-Württemberg – wenn es um diese Dimension der Kürzung ginge – – Dann fehlen uns in Zukunft jährlich um die 20 bis 25 Millionen € für die Ausstattung der zweiten Säule, um all das zu bezah len, was unsere Landwirtschaft besser in die Zukunft bringt. Ich glaube, das ist für uns zu viel. Da haben wir ein großes Problem. Wir brauchen in der zweiten Säule nicht weniger, sondern mehr Geld. Wie wir das bei diesen Grundlagen hin bekommen, ist mir noch nicht ganz klar. Deshalb ist es gut, darüber zu einem frühen Zeitpunkt zu diskutieren, damit wir uns auf allen Ebenen Richtung Brüssel dafür einsetzen kön nen, das besser hinzukriegen.
Zur Renationalisierung der Agrarpolitik – das ist ja ein Schlag wort – stellen sich einige Fragen: Ist sie konform mit Euro pa? Ist Renationalisierung der Agrarpolitik gegen oder für Eu ropa? Das ist für mich eine Frage, die ich offen diskutiere. Wichtig für Renationalisierung bei den Maßnahmen ist ein Europa, das eine klare Zielsetzung hat. Wenn klar definiert ist, was diese Zielsetzung den verschiedenen Bereichen abfordert, ist es wohl auch sinnvoll, dass die Maßnahmen durchaus auch national umgesetzt werden sollen. Denn ich kann mir durch aus vorstellen, dass unterschiedliche Maßnahmen sinnvoll sind, um hier oder in Portugal ein Ziel zu erreichen. Dagegen will ich mich nicht wenden. Aber zentrale Grundlage ist, in Europa ein zentrales Ziel zu formulieren, was wir von unse rer Agrarwelt draußen, von unserer Kulturlandschaft an Leis tungen erwarten. Ohne diese gemeinsame Zielsetzung ist Re nationalisierung Unsinn.
Die Fragen des Bürokratieabbaus sind natürlich mitbehandelt. Und ein zentrales Element in dieser neuen Form ist, dass Eu ropa, die Europäische Kommission sich nicht mehr direkt selbst mit den Antragstellern auseinandersetzen will.
Das heißt – das fordert der baden-württembergische Rech nungshof schon seit Jahren ein –, dass der Bereich, in dem kleine Beträge zurückgefordert oder gutgeschrieben werden müssen, kleiner wird, wir ihn nicht mehr brauchen und wir selbst gegenüber den Antragstellern in der Verantwortung ste hen. Das ist ein guter Schritt, ein guter Ansatz.
Zentral wichtig ist natürlich die Frage: Was erwartet Europa oder die Europäische Kommission von den Nationalstaaten oder den Bundesländern im Sinne von Kontrolle und Anfor derung? Erst daraus wird klar, ob wir mehr oder weniger Bü rokratien bekommen. Wir sind noch auf dem Weg und arbei ten daran. Die Wiese ist noch nicht gemäht, wie man so schön sagt.
Für uns Grüne ist klar, unser zentrales Motto ist: Öffentliches Geld für öffentliche Leistungen. Das ist für uns das Wichtigs te, um mit diesem Prinzip das, was wir politisch anstreben, mit unseren Mitteln auch politisch umzusetzen. Öffentliches Geld für öffentliche Leistungen ist das, was wir brauchen. Ich werbe als Grundmaßnahme dafür, dass wir dieses Ziel mitei nander unterstützen.
Auf diesem Weg müssen wir, glaube ich, die Themen der Di gitalisierung auch offen angehen. Es ist wichtig, dass die neue Agrarpolitik das Thema Digitalisierung fokussiert, dass die neue agrarpolitische Phase die Bäuerinnen und Bauern auf dem Weg der Digitalisierung begleitet und unterstützt. Das kann etwa das Thema Vermarktung sein, wo ganz viel mög lich ist, wo wir neue Formate wie „Kauf ne Kuh“ oder „Markt schwärmer“ haben, wo für Bäuerinnen und Bauern ein ganz neues Vermarkten möglich ist und von Verbraucherinnen und Verbrauchern neue Qualitäten abgefragt werden können. Ver marktung ist das eine Feld.
Das zweite Feld ist das des Precision Farming, des präzisen Ausbringens von Düngemitteln und Pflanzenschutzmitteln. Auch das ist ein wichtiger Bereich.
Nicht zu vergessen: Auch der ökologische Bereich ist zwin gend darauf angewiesen, bei der Digitalisierung unterstützt zu werden. Wir sind bei einem Schritt, bei dem technische Un krautbekämpfung völlig anders aussieht als in den letzten 200 oder 500 Jahren. Dieser Schritt muss begleitet werden, damit es vorangeht, gerade auch im ökologischen Bereich. Deshalb möchte ich massiv dafür werben, dass wir die Digitalisierung nicht außer Acht lassen, sondern als wichtigen Punkt für uns mitnehmen.
Zum Schluss: Wir können die Belange der Ökologisierung und des Tierwohls – das, was wir letzte oder vorletzte Woche zum Thema Tierwohl diskutiert haben – nur über die zweite Säule umsetzen. Ohne investive Unterstützung für Bäuerinnen und Bauern auf diesem Weg geht es nicht. Darum brauchen wir diese starke zweite Säule, um die ökologischen Belange, die Belange des Natur- und Umweltschutzes, um sozusagen die Einkommensgenerierung für Bäuerinnen und Bauern, die sich diesem Weg auch ver
schrieben haben, massiv zu unterstützen. Ich werbe dafür, dass wir unseren ganzen Einsatz in diese Richtung bringen.
Herzlichen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehr ten Damen und Herren! Ich denke, wenn man in dieses The ma einsteigt, ist es ganz wichtig, dass man eine gesellschaft liche Verortung vornimmt und schaut, was eigentlich draußen zurzeit in dieser Sache passiert.
Wir haben auf der einen Seite eine Situation, in der Verbrau cherinnen und Verbraucher erheblich verunsichert sind, vor Kühlregalen und Ladentheken stehen und überlegen, was sie kaufen, denn sie wollen gern Verantwortung tragen.
Gleichzeitig haben wir eine gesellschaftliche Debatte, die na türlich ähnlich wie beim Fußball geprägt ist: mit jeder Men ge Experten mehr oder minderer Qualität in allen Feldern, aus allen Bereichen. Auf der einen Seite gibt es Vertreter des Tier schutzes, die massiv Verbesserungen einklagen, die die Ge samtsituation kritisieren, und das, glaube ich, auch zu einem guten Teil zu Recht.
Auf der anderen Seite gibt es die Bäuerinnen und Bauern, die verunsichert sind in ihrer täglichen Situation, die verantwort lich ihrem Geschäft nachgehen und die sich überlegen: Wie sehen Investitionen in die Zukunft aus? Wie bringe ich mei ne Tierhaltung in die nächste Generation? Was muss ich tun? Wie kann ich als Landwirt auch dafür sorgen, dass nicht noch mehr Tierhaltung aus Baden-Württemberg abwandert, wie das seit 30 Jahren passiert?
Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, ich glaube, das ist eine Situation, in der Politik deutlich zum Handeln auf gerufen ist.
Der Tierschutz ist seit dem Jahr 2000 Staatsziel in BadenWürttemberg, seit 2002 im deutschen Grundgesetz verankert, 2006 fasste das EU-Parlament einen entsprechenden Be schluss. 2015 hat der Wissenschaftliche Beirat der Bundesre gierung ganz klar signalisiert, dass auch er für eine gesetzli che Haltungskennzeichnung im Bereich der Tierhaltung ist, um Klarheit zu schaffen im Bereich der Investitionen, aber auch im Hinblick darauf, was gesellschaftlich legitimiert ist, wie die Tierhaltung aussieht, damit diese Debatte aufhört.
Ich glaube, es ist höchste Zeit, dass wir hier bei den Betrie ben im ländlichen Raum, aber auch auf der Verbraucherseite mit dieser Klarheit dafür sorgen, dass die verschiedenen ge sellschaftlichen Gruppen wieder einen besseren Umgang mit einander haben und aufeinander zugehen können.
Die Kosten für das, was vor uns liegt, sind enorm; laut Schät zungen wären dies zwischen 3 Milliarden und 5 Milliarden €. Klar ist, dass diese Kosten nicht von der Politik allein ge stemmt werden können; da braucht es auch die Mechanismen des Marktes.
Deswegen ist für uns eine mehrstufige verpflichtende Hal tungskennzeichnung ein wesentliches Element, damit dieje nigen Verbraucherinnen und Verbraucher, die diesem Thema verantwortungsbewusst gegenüberstehen, auch die Chance haben, ihrer Verantwortung nachzukommen und für Fleisch
einen Preis zu bezahlen, der die Kosten einer tiergerechten Produktion ehrlich widerspiegelt.
Die seitherigen Ansätze zeigen ganz klar: Diese Bestrebun gen sind da. Die Tierwohlinitiative des LEH hat zudem ge zeigt: Bäuerinnen und Bauern sind bereit, der Handel ist be reit, auch andere gesellschaftliche Gruppen sowie die Verbrau cherinnen und Verbraucher sind bereit – aber es gibt keine Klarheit. Die Bäuerinnen und Bauern haben ihre Haltung mehr als deutlich gezeigt; die Tierwohlinitiative war Jahr für Jahr um ein Mehrfaches überzeichnet.
Die Tierhalter an sich wollen also die Tierhaltung verändern; sie brauchen aber natürlich als Grundlage für eine veränder te, für eine bessere Tierhaltung bessere Preise, und um diese durchzusetzen, bedarf es der gestaffelten Kennzeichnung.
Freiwilligkeit bringt keine Mengen. Deshalb finden wir es sehr schade, dass die neue Bundesregierung bei ihrem Freiwillig keitsansatz geblieben ist. Denn damit wird weiterhin in die sem Label-Dschungel agiert, und es wird nur unzureichend das getan, was Politik eigentlich tun müsste, nämlich Klarheit zu schaffen und Regelungen zu formulieren – das ist unser Job als Parlament. Es gilt, für die Marktpartner eine Klarheit dabei herzustellen, wie es auf diesem Markt weitergeht.
Wir haben in dieser Hinsicht – auch das ist für mich wichtig – ein gutes Beispiel; wir wissen doch, wie es geht. Es war sei nerzeit eine mutige Entscheidung von Rot-Grün, sich in Rich tung einer Kennzeichnung von Eiern auf den Weg zu machen. Heute aber wissen wir: Dies ist eine Erfolgsgeschichte. Bei Eiern wurde Klarheit geschaffen; jeder Kunde im Supermarkt weiß heute, worum es geht und was er zu welchem Preis kauft. Diese Klarheit hat auf dem Eiermarkt zu sehr viel Ruhe ge führt; diese Klarheit hat die Situation beruhigt. Und ebendas brauchen wir: Klarheit und Sicherheit auf den Lebensmittel märkten unseres Landes. Die Eierkennzeichnung war daher ein voller Erfolg.
Umgekehrt sehen wir dort, wo wir nicht optimal gehandelt ha ben und nachbessern müssten, nämlich im Bereich Flüssigei, nach wie vor leider eine unkontrollierte Produktion, da hier viel importiert wird. Wenn man einer Maßnahme zum Erfolg verhelfen will, muss man wissen: Es geht darum, dass man dies konsequent tut und die Märkte mitnimmt. Denn der Markt reagiert an einem solchen Punkt sofort.
Interessant ist für mich, dass die Marktpartner dabei sind, ob sie nun Aldi Nord, Aldi Süd, Coop, Norma oder Lidl oder an ders heißen – diese haben die Frage, ob sie für eine verpflich tende Kennzeichnung sind, mit Ja beantwortet – oder ob es die Tierhalterverbände sind. Wir sehen, es gibt ein breites ge sellschaftliches Bündnis, das von dem Willen getragen ist, dass diese Klarheit auf den entsprechenden Märkten wieder hergestellt wird. Für die Politik sollte dies, meine ich, Auftrag genug sein, endlich zu handeln.
Ich komme zum Schluss: Im Interesse von Tierschützerinnen und Tierschützern sollten wir sagen: Ja, wir nehmen Tier schutz ernst; dies ist für Baden-Württemberg ein wichtiges Thema. Im Interesse von Verbraucherinnen und Verbrauchern muss für uns klar sein: Ja, wir wollen diese verpflichtende Kennzeichnung, damit Verbraucherinnen und Verbraucher endlich Klarheit am Regal haben und wissen, was sie in wel cher Qualität kaufen. Sie sollten sich nicht täuschen lassen müssen von schön wirkenden Kennzeichen, die vorgaukeln, dass alle Hühnchen auf einem Hof leben oder ähnlich. Ich meine, es ist höchste Zeit, dass so etwas wegkommt.
Und, liebe Bäuerinnen und Bauern: Ja, wir wollen auch dafür sorgen, dass auch Sie Klarheit haben, dass Sie gesellschaftli che Akzeptanz haben für die Art und Weise Ihrer Produktion. Auch hier, meine ich, ist diese Klarheit ganz wichtig. Die Menschen, die draußen im Land auf den Höfen arbeiten, sind alle Unternehmer, die auch Sicherheit für ihre Investitionen in die Zukunft brauchen, um für Baden-Württemberg weiter hin eine gute Tierhaltung zu betreiben.
Deshalb, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, fordere ich Sie auf: Unterstützen Sie uns mit einem Ja auf dem Weg in ei ne bessere Tierhaltung.
Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Der 200. Geburtstag Raiffeisens ist wirklich Anlass für einen Feiertag. 200 Jahre besteht der Grundsatz, den Kollege Reinhart schon zitiert hat: „Was ei ner alleine nicht schafft, das vermögen viele.“ Gemeinsam kann man seine Ziele besser erreichen als im Alleingang – das ist der Grundgedanke einer jeden Genossenschaft.
Ich denke, das verdient Anerkennung, vor allem in einer Zeit, in der Individualisierung in unserer Gesellschaft großgeschrie ben wird und wir substanziell das suchen, was uns verbindet. Ich glaube, da ist ein solcher Grundgedanke allen Feierns wert.
In einer Genossenschaft schließen sich die Mitglieder freiwil lig zusammen, um gemeinsam zu wirtschaften. Dabei soll die wirtschaftliche Förderung aller Mitglieder aus eigener Kraft und nicht durch die Unterstützung Dritter bzw. des Staates ge lingen. Das sind die Grundsätze. Jedes Mitglied hat unabhän gig von seiner Kapitalbeteiligung eine Stimme. Das ist für mich zentral wichtig. Nicht umsonst wurde die Genossen schaftsidee deshalb, wie Kollege Reinhart auch schon erwähnt hat, zum immateriellen Weltkulturerbe erklärt. Ich glaube, das ist besonders wichtig.
Die Genossenschaften sind im Grunde urgrüne Anliegen. Denn das, worum es hier geht, sind Selbsthilfe, Selbstverwal tung, Selbstverantwortung, Transparenz und Demokratie. Ich glaube, urgrün ist auch der Gedanke der Beteiligung aller Be troffenen. So werden Betroffene zu Akteuren. Das ist das, was es in unserer Gesellschaft braucht, damit wir da wieder einen Schritt weiterkommen.
Die Ursprünge liegen im ländlichen Raum. So, wie ich es er lebt habe, haben es wahrscheinlich viele erlebt – oder viel leicht auch nicht –: Ich war als kleiner Bub mit meinem Va ter das erste Mal bei der örtlichen Molkereisammelstelle der Genossenschaft, Anlieferung – später bei der Raiffeisen-Wa rengenossenschaft. Für uns im ländlichen Raum war das na türlich immer zentral.
Später hat die erste Erzeuger-Verbraucher-Genossenschaft da für gesorgt, dass Gegenden mit ökologisch produzierten Le bensmitteln versorgt wurden. Auch unsere Privatschule hatte ein Genossenschaftsmodell als Trägermodell.
Ich darf jetzt als Aufsichtsrat einer Genossenschaftsbank tä tig sein. Man spürt jeden Tag, wie wichtig Genossenschaften dafür sind, wie im ländlichen Raum, aber auch in den städti schen Bereichen zusammengearbeitet wird.
Längst sind die Genossenschaften in allen Lebensbereichen angekommen. Unter den einzelnen Namen findet man auch die Sparda-Bank als eine der ganz großen Banken. Das Spek trum reicht bis hin zum Dorfladen, zu Trinkwasser-, Energie-, Ärztegenossenschaften, Privatschulen, Wohnungsbau.
Hervorheben möchte ich die zwei Akteure INTERSPORT-Ge nossenschaft und EURONICS, die für viele selbstständige Kaufleute in diesem Land wertvolle Vorarbeit leisten und da für sorgen, dass wir auch in diesen Bereichen bei den betref fenden Artikeln noch gut funktionierende Märkte haben. Ich glaube, das ist sehr wichtig.
Wir durften vor Kurzem ja schon 150 Jahre Baden-Württem bergischer Genossenschaftsverband feiern. Das zeigt, glaube ich, dass Baden-Württemberg irgendwie Genossenschaft ist. Dies ist also ein Gedanke, der bei uns gut gelandet ist, den es schon sehr lange gibt, ein Modell, das gut läuft und sich in ei ner Art weiterentwickelt, dass man fast sagen kann: BadenWürttemberg, wir sind Genossenschaft.
Ich glaube, die Vorteile des Genossenschaftswesens, die ho he Insolvenz- und Krisenfestigkeit und auch die Pflichtprü fungen, insbesondere aber, dass es keine Abhängigkeiten von Quartalsabschlüssen gibt, das alles macht die Genossen schaftsunternehmen fast so unabhängig wie Firmen, die auf Stiftungen beruhen. Es ist ganz wichtig, eine solche Stabilität zu haben, die es überhaupt erst ermöglicht, eine Idee auch dann umzusetzen, wenn sie nicht bereits im ersten Vierteljahr die erwartete hohe Rentabilität bringt. Das ist das, was unser Land braucht und was es voranbringt.
Zwar ist der Gründungsimpuls vor mehr als 180 Jahren im ländlichen Raum gewesen, aber längst sind die Genossen schaften in allen Bereichen angekommen. Wenn wir uns ein mal die neueren Themen anschauen – Quartiersentwicklung, Wohnungsbaugenossenschaften, auch Energiegenossenschaf ten –, dann sehen wir: Wir sind mit den Genossenschaften längst über den ländlichen Raum hinaus in allen Lebensberei chen mittendrin. Das ist wichtig. Das zeigt auch, dass Genos senschaften nicht von gestern sind, sondern eine wichtige Rol le bei der Lösung von Problemen der Gegenwart und, wie es aussieht, auch der Zukunft spielen. Dafür werden sie große Anteile übernehmen.
Wichtig ist: Genossenschaften finden passgenaue Lösungen. Genossenschaften bieten Möglichkeiten für passgenaue Lö sungen. Genossenschaften können breit eingesetzt werden und dienen dem Gemeinwohl. Das Schlagwort Gemeinwohlöko nomie ist daher nicht ganz so weit weg. Denn das ist sozusa gen die Ökonomie, die allen dient; das ist ja das, was im wei testen Sinn in diese Richtung geht und wichtig ist.
Wir begrüßen ausdrücklich das Engagement der Genossen schaften in unserem Land und danken insbesondere für das hohe Engagement des Baden-Württembergischen Genossen schaftsverbands, der unlängst seinen 150. Geburtstag feiern durfte. Meine Fraktion und ich bedanken uns für seine Arbeit, mit der er die Genossenschaften auf ihrem Weg in die Zukunft begleitet.
Gern. – Genossenschaften wur den häufig aus der Not heraus gegründet und sind jetzt viel fach hoch erfolgreiche Unternehmen. Wir gratulieren den Ge nossenschaften zu der Art und Weise ihres Arbeitens und zu ihrem Beitrag zur Stabilität unseres Landes. Sie als Partner in Wirtschaft und Gesellschaft auf unserer Seite zu haben ist ein hohes Gut. Herzlichen Dank für ihre Arbeit.
Frau Präsidentin, liebe Kolle ginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Ich möchte zum Einstieg in die Debatte über die neuen Technologien ei ne kleine Geschichte erzählen.
Ich war Rinderzüchter, und wir haben Kühe – eine neue Tech nologie hieß ET, Embryotransfer – hormonell auf eine soge nannte Superovulation vorbereitet.
Da haben wir es geschafft, dass diese Kuh zum Eisprung statt nur einer Eizelle zehn oder 15 ausgebildet hat. Die haben wir dann außerhalb des Mutterkörpers mit einer Spermaportion künstlich befruchtet
und haben diese Embryonen dann in 15 ebenfalls bereitge stellte sogenannte Trägertiere eingepflanzt.
Ich glaube, das waren damals neue Technologien. Ich selbst kann Ihnen sagen: Das war eine Technologie, die ich abge lehnt habe. Deswegen bin ich damals – das war schon Anfang der Achtzigerjahre – vom konventionellen Landbau in die ökologische Landwirtschaft gewechselt. – Das zum Einstieg.
Inzwischen sind uns einige neue Technologien angeboten wor den. Ich erinnere an den Antibiotikaeinsatz zur besseren Fleischausbeute oder den Hormoneinsatz für dasselbe Ziel
oder für die Steigerung der Milchgewinnung. Das sind Tech nologien, die wir Gott sei Dank in unserem Land und auch eu ropaweit nicht einsetzen. Ich bin froh, dass wir hierbei Nut zen und Risiken abgewogen haben und uns an diesem Punkt gegen sie entschieden haben.
Ganz ähnlich – das vielleicht als Letztes – ist in der Landwirt schaft die Frage der Gentechnik am Produkt, die sogenannte grüne Gentechnik, die ja von vielen Bäuerinnen und Bauern abgelehnt wurde. Aber auch die breite Mehrheit der Konsu menten – über 80 % – lehnen diese Technologie ab. Auch wir in unserem Haus haben seither einhellig diese Technologie abgelehnt. Ich glaube, dieser Weg war gut, und es ist richtig, dass wir das so gemacht haben.
Bei der Digitalisierung hingegen sieht es anders aus. Es sind Potenziale vorhanden, die Maßnahmen sind weiter weg vom Produkt, und ich glaube, wir prüfen das sehr technologieof fen. Die Technologien kommen auf uns zu. Das gilt, sage ich einmal, für ökologische und konventionelle Betriebe gleicher maßen. Das ist ganz wichtig.
Ein Kollege von mir, ein Biobauer, sagt immer: Im Bodensee kreis, in Immenstaad, produzieren wir Satelliten; in der öko logischen Landwirtschaft müssen wir das nächste Jahrzehnt hoffentlich nicht mehr auf Knien erreichen. – Das nur, um das deutlich zu machen. Wir setzen darauf, dass sich da etwas ent wickelt, dass wir zu einem breiten Technologieeinsatz kom men.
Kollege Rapp hat es deutlich angesprochen – vielen Dank auch für diesen breiten Antrag –: Wir müssen die Vorausset zungen schaffen. Da sind wir dran. Wir haben in den vergan genen Jahren die Mittel für die Digitalisierung und den Breit bandausbau deutlich erhöht. Das ist gut so; das ist notwendig. Wir arbeiten mit den Kreisen zusammen. Vielleicht können wir im neuen Koalitionsvertrag auf Bundesebene noch auf ei ne Offensive des Bundes setzen, die uns bei dieser Aufgabe unterstützt. Ich glaube, das ist notwendig.
Denn ohne diese Grundlagen ist alles nichts.
Die einzelnen Techniken – ob es die Applikationstechnik im Pflanzenschutz und bei der Düngung ist, ob es die fotogesteu erte Hacktechnik oder die Klimasteuerung in Kombination mit dem Pflanzen im geschützten Anbau ist, ob es um die On linevermarktung oder die Erhöhung der Potenziale für die An bieter von Ferienwohnungen durch bessere Kommunikation geht oder um das, was Kollege Rapp angesprochen hat, eben all das, was unter dem Begriff „Precision Farming“ läuft – bieten, glaube ich, große Potenziale, und zwar im ökologi schen wie auch im konventionellen Bereich.
Aber – das ist unsere Aufgabe, die Aufgabe der Politik – wir müssen die rechtlichen Fragen sorgfältig klären: Wem gehö ren in Zukunft diese Daten? Wer hat die Datenhoheit? Wer hat die Entscheidungsbefugnis zum Einsatz dieser Daten? Ich
glaube, das sind Fragen, die wichtig sind in einer Welt, die da tenbasiert ist und zukünftig noch stärker datenbasiert sein wird. Es ist wichtig, die Kompetenzen und Zuordnungen ein deutig zu klären. Wenn wir das nicht tun würden, kämen wir in schwierige Gefilde.
Ich darf Carl Friedrich von Weizsäcker zitieren. Er sagte:
Technik ist Mittel zum Zweck, nicht Selbstzweck.
Ich glaube, das ist die Grundlage, wenn es darum geht, Tech niken zu beobachten und zu begutachten und uns dafür oder dagegen zu entscheiden. Ich glaube, es ist wichtig, die Folgen neuer Technologien abzuschätzen. Im politischen Raum müs sen wir natürlich auch flankierende Maßnahmen bereitstellen, um die Landwirte in unserem Land, die entsprechend ihrer unterschiedlichen Betriebsgrößen ganz unterschiedlich damit umgehen müssen, zu unterstützen. Deswegen ist es ganz wich tig, dass wir seitens der Politik den agrarstrukturellen Bereich gut im Auge haben und gut beobachten, was auf dem Weg in diese neue Welt passiert.
Das ist unsere Aufgabe. Lassen Sie uns diese Aufgabe ange hen. Es ist nicht die Frage, ob wir es wollen oder nicht; wir müssen es tun, wir müssen diesen Bereich politisch sozusa gen gut beobachten und in eine gute Zukunft begleiten.
Herzlichen Dank.
Herr Minister, vielen Dank für Ihre Antworten. Ich glaube aber, dass man in diesem Haus noch einmal auf die Maßnahmen hinweisen sollte, die wir zur Pestizidreduktion bereits in unserem Landeshaushalt, im Pro gramm FAKT, haben, wie den ökologischen Landbau,
die Förderung des ökologischen Landbaus.
Es existiert auch eine Förde rung für den Verzicht auf Herbizideinsatz. Ich glaube, es ist wichtig, dass dies hier im Hohen Haus angesprochen wird.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Nachbarn aus der Schweiz! In der letzten Woche haben wir in der grü nen Landtagsfraktion über Naturschutz diskutiert. In dieser Debatte wurde deutlich, dass das, was wir in der Bundesrepu blik im Allgemeinen unter Naturschutz verstehen, ganz we sentlich der Schutz von Kulturlandschaften ist, von Land schaften, die über Jahrhunderte und Jahrtausende von bäuer licher Hand entstanden sind und noch heute von Landwirten bewirtschaftet werden.
Ich denke, dass es am Anfang einer solchen Debatte auch gut ist, denjenigen, die diese Landschaften heute bewirtschaften und im Kern auch schützen, unser Lob, unseren Dank und un sere große Anerkennung auszusprechen.
Die ökologische Landwirtschaft ist in der Verbindung von Landwirtschaft und Naturschutz natürlich die Speerspitze. Ob wir über den CO2-Ausstoß, den Artenschutz, die Frage der Biodiversität, den aktiven Bodenschutz und – natürlich – den völligen Verzicht auf chemisch-synthetische Pflanzenschutz mittel sprechen: Da ist der ökologische Landbau ganz vorn.
Ökologisch besonders wertvoll, Wirtschaftskreisläufe vor Ort mit hohem Arbeitseinsatz, neue Arbeitsplätze in Handwerk und verarbeitendem Gewerbe mit hoher regionaler Wertschöp fung und nicht zuletzt ein Wachstumsmarkt mit Zukunft – für uns Grüne ist dies ein wichtiger Faktor für die Zukunft unse res Landes.
Wir Grünen und die grün-rote Koalition haben bereits in der letzten Legislaturperiode in diesem Bereich gute Arbeit ge leistet. Die Prämien für die ökologische Landwirtschaft wur den verstetigt und abgesichert, Ausgleichszahlungen bzw. die Umstellungsbeihilfe über die zweite Säule der europäischen Agrarpolitik wurden abgesichert. Es ist in den letzten Jahren gelungen, die Prämienhöhe anzupassen.
Das Aktionsprogramm „Ökologischer Landbau“ ist installiert worden. Die Einrichtung von Forschungs- und Bildungsan stalten wie in Emmendingen oder die Obstbauversuchsanstalt Bavendorf sind wichtige Meilensteine in der Weiterentwick lung des ökologischen Landbaus in Baden-Württemberg.
In der aktuellen Koalition ist die Weiterentwicklung des Ak tionspakets „Ökologischer Landbau“ zentral. Dazu zählen die Stärkung des Bereichs Öko in der Ausbildung, die regionalen und ökologischen Produkte in Kantinen und bei Großverbrau chern, aber auch die Einrichtung der Bio-Musterregionen. Zu den Bio-Musterregionen hatten wir hier gestern eine große
Anhörung, die gezeigt hat, welche Funktion die Bio-Muster regionen – deren Einrichtung haben wir im Koalitionsvertrag beschlossen – für die ökologische Landwirtschaft in unserem Land haben können. Damit legen wir gute Grundlagen für die Weiterentwicklung der Ökobranche in Baden-Württemberg.
Die ökologische Landwirtschaft und dabei die ökologische Tierhaltung zeigen eine etwas schwächere Dynamik, als sich die Entwicklung im Ganzen darstellt. Die Tierhaltung ist im Ökobereich natürlich – so sage ich mal – nicht so prioritär. Wenn Menschen ihre Einkaufsgewohnheiten umstellen, wer den daneben oft die Ernährungsgewohnheiten verändert. Da durch hat die ökologische Tierhaltung nicht ganz die gleiche Entwicklungsdynamik wie die Tierhaltung im konventionel len Bereich; sie ist aber genauso wichtig, weil mit diesen Pro dukten eine höhere Wertschöpfung stattfinden kann. Das ist für uns Grüne und – so glaube ich – für uns alle wichtig.
Zum Entwicklungstrend: Von 2010 bis 2016 ist die ökologisch bewirtschaftete Fläche in Baden-Württemberg von 100 000 auf 150 000 ha und die Zahl der ökologisch wirtschaftenden Betriebe von 2 500 auf 3 150 gestiegen. Zusätzlich gibt es in Baden-Württemberg 150 neue Händler und Verarbeiter. Dies sind gute Erfolgszahlen.
Zurzeit kommt täglich ein neuer Ökolandwirt auf den Markt.
Ja, aber ein neuer Ökolandwirt ist wieder ein neuer Unter nehmer, der uns beim Kampf in dem Milliardenmarkt hilft. 10 Milliarden € Umsatz bringt die Ökobranche in der Repu blik. Ich glaube, das sind Zahlen, um die es geht. 10 % aller Landwirte produzieren inzwischen ökologisch. 10 % der Flä che werden ökologisch bewirtschaftet, und – das ist die ent scheidende Zahl für die Marktwirtschaftler unter uns – es gibt jährlich 10 % Wachstum.
Ich denke, dass es ein gutes Zeichen ist, in Wachstumsmärk te zu investieren und politische Signale zu setzen: „Ja, ihr seid gewollt. Mit euch gehen wir in die Zukunft.“
Ich bin davon überzeugt, dass das, was das BMEL vorlegt – 20 % ökologische Landwirtschaft –, ein gutes Etappenziel ist. Aber das Entscheidende für uns ist – ich denke, auch die po litisch Verantwortlichen hier sehen das so –, dass wir so viel Öko wie möglich wollen, aber nur, wenn die Betriebe ein or dentliches Einkommen haben und in Zukunft von ihrer Arbeit leben können. Das muss das Kernthema sein. Wir brauchen stabile bäuerliche Betriebe in Baden-Württemberg.