Protocol of the Session on April 4, 2019

M ü n d l i c h e A n f r a g e d e s A b g. K o n r a d E p p l e C D U – K a b i n e t t s a u s s c h u s s „L ä n d l i c h e r R a u m“

Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.

Ich frage die Landesregierung:

a) Welchen Beitrag leistet der Kabinettsausschuss „Ländli

cher Raum“ zur Förderung gleichwertiger Lebensverhält

nisse, Infrastrukturen und Arbeitsbedingungen in BadenWürttemberg unter der Berücksichtigung der von ihm an gestoßenen Projekte und Maßnahmen?

b) Welches Resümee zieht die Landesregierung nach rund

zweieinhalb Jahren Kabinettsausschuss „Ländlicher Raum“ mit Blick auf die dort behandelten Themen und Ziele?

Vielen Dank. – Für die Lan desregierung erteile ich das Wort Frau Staatssekretärin GurrHirsch.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kollegen und liebe Kolleginnen! Ich freue mich über diese Anfrage, weil das Thema „Ländlicher Raum“ für uns, die Landesregierung, im Zentrum steht, und ich darf Ihnen auch sagen: In Deutschland wird man bei diesem The ma als Baden-Württemberger immer ein bisschen neidvoll be handelt, weil einige sagen: „Bei Ihnen im Ländle ist der länd liche Raum ja weitgehend gut und sehr gut entwickelt.“ – Aber das ist kein Selbstläufer.

Bereits bei den Koalitionsverhandlungen wurde festgehalten, dass ein Kabinettsausschuss „Ländlicher Raum“ einzurichten ist, der unser gemeinsames Ziel verfolgt – das wir verfas sungsmäßig verantwortet haben –, gleichwertige Lebensbe dingungen im ländlichen Raum gegenüber den städtischen Räumen zu schaffen. Ich bin der Landesregierung dankbar, dass dies auch ganz konsequent verfolgt wird. Das bedeutet, dass wir gleichwertige Lebensverhältnisse anstreben, dass wir in der Infrastruktur vergleichbare Bedingungen haben.

Wir haben mit dem Kabinettsausschuss ein Instrument, das sonst gar nicht genutzt wird und das ich eigentlich für viele Herausforderungen der Politik empfehlen möchte. Wir haben dort einen konstruktiven interministeriellen Austausch und können schauen: Was ist da? Die Potenziale sollen bewahrt werden, aber es sollen auch weitere Potenziale genutzt wer den. Da geht es um Dorf- und Innenentwicklung, es geht vor allem um Themen, die uns unter den Nägeln brennen, die auch wirklich ganz akut sind, etwa die medizinische Versorgung. Dann geht es darum, dass wir auch in Zukunft – ich sprach von Bewahren – die Stärken des ländlichen Raums haben wer den. Wie können wir Haupt- und Ehrenamt sinnvoll mitein ander verknüpfen? Es geht um Informationsangebote, die man als Bürger haben muss, wenn man bestimmte Herausforde rungen hat, etwa die Pflege, und es geht – das will ich deut lich sagen – natürlich auch um Mobilität, die im städtischen Raum automatisch besser ist als im ländlichen Raum. Zudem geht es um Nahversorgung.

Die großen Bereiche Schulen und Fachkräftegewinnung müs sen ebenfalls angegangen werden. Dieser Kabinettsausschuss soll passgenaue, aber auch pragmatische Ansätze suchen, die den Menschen in den Kommunen gleichwertige Lebensver hältnisse bieten.

Wir orientieren uns hier nicht an ländlichen Räumen anderer Bundesländer, sondern wir gehen hart ran, indem wir die Benchmark der Metropolregionen anschauen und fragen: Was haben die Metropolregionen, was der ländliche Raum nicht hat?

In dieser Arbeit hat man bislang vier interministerielle Arbeits gruppen, IMAs, gegründet, die sich mit den Schwerpunktthe

men „Pflege und Gesundheit“, Bildung – da geht es auch um den Anspruch, die Grundschule im ländlichen Raum, in den Dörfern zu halten; „Kurze Beine, kurze Wege“ –, Mobilität und Fachkräftesicherung beschäftigen.

Wir haben in den einzelnen IMAs die Zielvorstellung, Hand lungsempfehlungen zu entwickeln. Da ist man natürlich auch im intensiven Austausch mit den kommunalen Landesverbän den. Dort gibt es eine hervorragende Zusammenarbeit.

Ich möchte Ihnen durch ein Beispiel eine Idee geben, wie un konventionell dies laufen kann. Beim Thema „Medizinische Versorgung“ gibt es das Projekt LAND ARZT LEBEN LIE BEN, das sich an Studierende der Medizin richtet, die schon in den höheren Semestern sind, um diese auf die Idee zu brin gen, den ländlichen Raum daraufhin anzuschauen, ob das et was für sie wäre. Es gibt dann geplante Besuche, etwa im Schwarzwald, wo man sich als zukünftiger Kollege oder zu künftige Kollegin mit den bereits praktizierenden Ärzten und deren Kassenärztlichen Vereinigungen austauscht. Man darf aber auch eine Ausfahrt machen, um zu sehen, welchen Frei zeitwert die Gegend hat. Es soll also Appetit gemacht werden. Wir haben Rückmeldungen, dass junge Leute sagen: „Das ha be ich seither nicht so gesehen. Warum eigentlich nicht?“

Wir haben in der Medizin dann auch die Herausforderung, dass es heutzutage sehr viele Frauen sind, die Medizin studie ren. – Ich will das nicht weiter hinterleuchten. Medizin stu diert man halt, wenn man gute Noten hat, gell?

(Vereinzelt Heiterkeit – Zurufe der Abg. Karl Zim mermann CDU und Martin Grath GRÜNE)

Deswegen stellt sich die Frage: Wie können Frauen, wenn sie Interesse für das Hausarztmodell haben, beides – Familie und Beruf – miteinander vereinbaren? Dafür gibt es genossen schaftliche Modelle, die wir auch fördern, damit vielleicht zwei, drei Damen zusammen eine Hausarztpraxis betreiben. Sie sehen: Es gehört auch sehr viel Innovationskraft dazu, um diese Herausforderungen zu beantworten.

Es ist manchmal auch so, dass man, wenn es um Fachärztli ches geht, durchaus auch Telemedizin in Erwägung zieht. Ein Projekt dazu haben wir; das ist das Projekt „IT-gestützte Flä chenversorgung in der Pneumologie“. Dabei handelt es sich um den Einsatz digitaler Instrumente bei Lungenfachärzten. Lungenfachärzte sind in der Fläche nicht so vorhanden.

Auch für die Frage „Wie können junge Menschen zum Abitur kommen?“ haben wir ein Modell an den beruflichen Gymna sien im ländlichen Raum mit Sommerschulen, um den jungen Menschen den Übergang auf das Gymnasium zu erleichtern.

Sie sehen: Dieser Kabinettsausschuss ist ein sehr erfolgrei ches Instrument. Wir berichten darüber auch jährlich im Ka binett. Dort herrscht die Übereinstimmung, dass der Kabi nettsausschuss ein zielgenaues Instrument ist, um in Zukunft den ländlichen Raum vital zu halten und ihn als attraktiven Lebensraum für junge Menschen zu erhalten. Denn wenn die Jugend geht, wird der ländliche Raum aussterben. Da spielen dann auch Dinge eine Rolle, an die man zunächst gar nicht denkt, z. B. das Vorhandensein tertiärer Bildungseinrichtungen. Ich bin heute noch Lothar Späth dankbar, dass er in den Acht zigerjahren die Hochschulen für angewandte Wissenschaften

früher hat man Fachhochschule gesagt – in die Fläche ge bracht hat; auch die dualen Hochschulen.

Ich möchte es veranschaulichen: Wenn die jungen Leute in Furtwangen studieren können, bleiben sie in dieser Gegend, spielen im Musikverein, spielen Fußball, finden dort einen Partner oder eine Partnerin, es werden Kinder geboren, die Kindergärten sind voll, und unser ländlicher Raum hat eine Zukunft.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen – Abg. Dr. Erik Schweickert FDP/DVP: Aber sie ler nen auch etwas an der Hochschule!)

Wenn solche Professoren da sind wie Sie, Herr Kollege. Das wollten Sie hören, oder?

(Heiterkeit)

Ich sehe keine weiteren Fra gen. – Vielen Dank, Frau Staatssekretärin Gurr-Hirsch. Damit ist die Behandlung der Mündlichen Anfrage unter Ziffer 2 be endet.

Ich rufe die Mündliche Anfrage unter Ziffer 3 auf:

M ü n d l i c h e A n f r a g e d e s A b g. S t e p h e n B r a u e r F D P / D V P – S t a n d , U m s e t z u n g u n d A u s w i r k u n g d e r T o u r i s m u s k o n z e p t i o n d e s L a n d e s a u f d e n L a n d k r e i s S c h w ä b i s c h H a l l

Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsi dentin, meine Damen und Herren! Ich frage die Landesregie rung:

a) Wie ist der aktuelle Stand der Umsetzung der vom Land in

Auftrag gegebenen Tourismuskonzeption?

b) Welche Chancen sieht die Landesregierung in diesem Zu

sammenhang für die touristische Nutzung der Bahnstrecke Blaufelden–Gerabronn–Langenburg bei einer möglichen Wiedereröffnung, auf die wir natürlich hoffen?

Vielen Dank. – Für die Lan desregierung erteile ich das Wort Herrn Minister Wolf.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Der lange Arm des Herrn Bullinger! – Gegenruf des Abg. Dr. Erik Schweickert FDP/DVP: Das ist eine Unterstellung! – Heiterkeit)

Frau Prä sidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Brauer, na mens der Landesregierung beantworte ich die Mündliche An frage wie folgt:

Zunächst war Ihre Frage auf den Stand der derzeit von uns er arbeiteten Tourismuskonzeption gerichtet. Die Weiterentwick lung dieser Tourismuskonzeption, die wir uns vorgenommen haben, knüpft an die vorhandene Tourismuskonzeption aus dem Jahr 2009 an. In der Zwischenzeit ist einiges passiert.

Das Ministerium der Justiz und für Europa erarbeitet vor die sem Hintergrund gemeinsam mit den privaten und öffentli chen Akteuren des baden-württembergischen Tourismus, den

entsprechenden Interessenverbänden und allen Ressorts der Landesregierung sowie unter Einbeziehung der tourismuspo litischen Sprecherinnen und Sprecher der Landtagsfraktionen mit gutachterlicher Begleitung diese neue Tourismuskonzep tion für Baden-Württemberg.

Aktuell befindet sich die erste Entwurfsfassung im Abstim mungsprozess in den sogenannten Steuerungsgremien. Das Ganze ist jetzt auch in einer Ressortabstimmung, weil ja fast alle Ressorts der Landesregierung in irgendeiner Form Bezü ge zum Tourismus haben. Wir werden dann den regierungs seitig abgestimmten Entwurf auch in die parlamentarische Be fassung bringen. Die neue Tourismuskonzeption werden wir fertigstellen und im Rahmen einer Kabinettsvorlage dem Mi nisterrat vorlegen. Ich gehe davon aus, dass wir das Ganze noch vor der Sommerpause schaffen.

Ihre zweite Frage richtet sich auf die touristische Nutzung der Bahnstrecke Blaufelden–Gerabronn–Langenburg. Hier fische ich jetzt im Gewässer des Kollegen Verkehrsminister, dem Sie aber unterstellen dürfen, dass er mir in vollem Umfang ver traut – zumindest in dieser Frage.

(Heiterkeit – Abg. Reinhold Gall SPD: Gerade woll te ich sagen: So pauschal kann man das nicht stehen lassen!)

Die neue Tourismuskonzeption steht in keinem Sachzusam menhang mit einer möglichen Wiedereröffnung der Neben bahn Blaufelden–Gerabronn–Langenburg. Sie ist eine über geordnete Strategie für den Tourismus. Was aber diese von Ih nen konkret angesprochene Bahnstrecke angeht: Im März 2018 wurde vom Verkehrsministerium eine Machbarkeitsstu die zur Reaktivierung der Nebenbahn Blaufelden–Gerabronn– Langenburg veröffentlicht. In dieser Machbarkeitsstudie wur den verschiedene Varianten für die Wiederinbetriebnahme der Strecke untersucht.

Wenn man diese Machbarkeitsstudie auswertet, kann man feststellen, dass zur Herstellung der Befahrbarkeit der Stre cke Investitionen in die Infrastruktur notwendig sind, die stark von der vorgesehenen Nutzung abhängen. Das ist das klassi sche Kosten-Nutzen-Verhältnis, das hier nochmals umfassend geprüft werden muss.

Zu Fördermöglichkeiten und zur Reaktivierung im Allgemei nen haben das Ministerium der Justiz und für Europa bereits im Rahmen der Drucksache 16/3936 und das Verkehrsminis terium im Rahmen der Drucksache 16/4185, die Sie vermut lich kennen, umfassend geantwortet.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Sind das Abenteuer touristen?)