Protocol of the Session on April 4, 2019

(Abg. Tobias Wald CDU zur SPD: Wir haben mehr Polizisten! – Unruhe)

Wenn Sie vielleicht nachher beim Kaffee miteinander reden wollen, gern.

Lassen Sie bitte Herrn Abg. Hofelich weiterreden.

(Abg. Nicole Razavi CDU: Darf er doch!)

Wir hatten damals keine Situati on, in der wir Nachfragelenkung machen wollten. Auch das ist so angesprochen worden. Von wegen Nachfragelenkung für U3-Betreuung: Es war Baden-Württemberg, das am Ende

der Skala stand, Herr Kollege, und es gab einen Bedarf im Land Baden-Württemberg, der nicht befriedigt wurde, weil die Landespolitik über Jahre hinweg nichts getan hatte. Des halb war es keine Nachfragelenkung, sondern die Erfüllung eines überfälligen Bedarfs, die wir im Land vorgenommen ha ben.

(Beifall bei der SPD)

Es hat ja auch eine Logik, die Kleinkindbetreuung damit mas siv zu verbessern; Wertsteigerungen von Grundstücken haben auch mit dem Angebot an sozialer Infrastruktur zu tun. Wer den Nutzen hat, kann auch etwas mitfinanzieren, meine Da men und Herren. Deshalb stimme ich all dem nicht zu, was dazu an historischen Erzählungen kommt. Wir haben uns in Baden-Württemberg nichts vorzuwerfen. Wir haben in dieser Sache alles richtig gemacht; davon bin ich überzeugt, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Da wir aber den Stellenwert des Eigenheims im deutschen Südwesten kennen und wissen, wie schwer sich junge Fami lien mit der Finanzierung tun, haben wir einen Weg vorge schlagen, wie wir hier spezifisch unterstützen können: eine Halbierung des Satzes – richtig zitiert – bei Ersterwerb durch junge Familien.

(Abg. Anton Baron AfD: Das geht aber doch nicht!)

Dafür ist aber die Bundesgesetzgebung der Adressat. Wir war ten auch gespannt, wie sich Grün-Schwarz hierzu positioniert. Denn Sie brauchen eine gemeinsame Position zu dem, was Sie vorhaben, Herr Wald. Wir sagen auf jeden Fall: Der grö ßere Teil der Grundstückstransaktionen findet heute im ge werblichen Sektor statt, oft mit schnellem Tauschrhythmus; ich sagte es bereits. Wer hier eine Senkung wollte, der müss te auch sagen, wem er damit nutzen will.

(Abg. Tobias Wald CDU: Haben wir!)

Wir, die SPD, sehen keinen Anlass dafür.

Herr Kollege, jetzt müs sen Sie abkürzen.

Ich komme damit zu meinem Schlusssatz: Sie werden uns mit bei denen haben, die für ei ne Reform im Sinne der jungen Familien sind, eine Reform, durch die wir die ökonomischen Gewinne beschneiden. Wir wollen eine Reform, durch die wir in der Lage sind, all die Überspitzungen bis hin zu Share Deals einzudämmen. Ich bin überzeugt, dass die SPD mit Bundesfinanzminister Scholz dies sehr gern tut. Ich bin aber nicht überzeugt davon,...

Jetzt kommen Sie doch bitte zum Schluss, Herr Abg. Hofelich!

... dass wir in Baden-Württemberg dafür eine Mehrheit in der Koalition haben.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD – Abg. Andreas Stoch SPD: Gut, Peter!)

Das Wort hat Frau Minis terin Sitzmann.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Sie muss eigentlich dazu nichts sagen!)

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Man könnte sagen „alle Jah re wieder“:

(Abg. Tobias Wald CDU: Jeden Monat!)

Im Jahr 2017 haben wir zweimal über die Grunderwerbsteu er diskutiert. Im Jahr 2018 haben wir zweimal über die Grund erwerbsteuer diskutiert, und mit dem Gesetzentwurf der FDP/ DVP ist schon einmal sicher, dass wir in diesem Jahr 2019 wieder mindestens zweimal über die Grunderwerbsteuer dis kutieren werden.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Über wel che Steuer, für die Sie zuständig sind, sollen wir denn sonst diskutieren?)

Es ist ja nur ein Faktum, Herr Kollege Rülke; darüber müs sen Sie sich gar nicht aufregen.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Ich rege mich nicht auf!)

Es ist einfach eine Tatsache, und eine Tatsache ist natürlich – –

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Sie sind für fast keine Steuer zuständig, und dann wundern Sie sich, dass über die Grunderwerbsteuer diskutiert wird! – Abg. Andreas Stoch SPD: Jamaika, ich hör’ dir trapsen!)

Ich habe mich auch nicht gewundert.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Dann ist es ja gut!)

Ich habe nur festgestellt, dass es so ist. Aber anscheinend fin den Sie schon diese Feststellung kritikwürdig.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Was wollen Sie uns denn damit sagen?)

Klar ist auf jeden Fall, dass Forderungen nach Steuersenkun gen immer populär sind, Herr Kollege Rülke; aber ohne Ge genfinanzierung sind sie eben nicht seriös.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Sie sind vor allem deshalb nicht seriös, da wir, wie Sie wis sen, ab dem 1. Januar 2020 eine Schuldenbremse einzuhalten haben. Sie ist im Grundgesetz vereinbart, und das ist auch richtig so. Wir dürfen also in Zukunft nur noch so viel Geld ausgeben, wie wir einnehmen. Gerade die FDP ist in der De batte über die Schuldenbremse auch noch für Verschärfungen. Da ist es nicht seriös, eine Steuersenkung ohne Gegenfinan zierung zu fordern, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Manche Kolleginnen und Kollegen haben es bereits angespro chen: Wir haben tatsächlich in den letzten Jahren einen histo risch einmaligen, lang anhaltenden Aufschwung erlebt, und entsprechend gut waren auch die Steuereinnahmen; das ist richtig. Wenn Sie aber alle täglich Zeitung lesen, dann wissen Sie auch, dass die Wachstumsprognosen für die Zukunft deut lich reduziert sind: bis zu einer Halbierung der ursprünglichen Annahmen.

Das kann und wird sich wahrscheinlich auch auf die Steuer einnahmen auswirken, auch auf die Steuereinnahmen in Ba den-Württemberg. Ich denke, wir können sicher sein, dass die fetten Jahre vorbei sind. Wir hoffen aber natürlich, dass wir in Zukunft noch ordentliche Jahre haben, auch was die Steu ereinnahmen betrifft.

Was aber nicht funktioniert, ist z. B. die Umsetzung der For derung der FDP, wir sollten noch mehr tilgen, noch mehr til gen, noch mehr tilgen, wenn auf der anderen Seite gefordert wird, wir sollten noch mehr sanieren. Es funktioniert auch nicht, wenn wir noch mehr investieren sollen, liebe Kollegin nen und Kollegen der SPD, und gleichzeitig Steuern senken. Diese Mischung kann einfach nicht funktionieren.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Wir sind an diesem Punkt an Ihrer Seite, geschätzte Kollegin! – Gegenruf des Abg. Andreas Stoch SPD: Das ist zu kompliziert!)

Wir können bekanntlich jeden Euro nur ein Mal ausgeben. An diejenigen gerichtet, die für eine Senkung der Grunderwerb steuer sind, kann ich nur sagen: Einen Euro, den wir überhaupt nicht einnehmen, den können wir auch gar nicht ausgeben.

(Beifall bei den Grünen – Vereinzelt Beifall bei der CDU – Abg. Andreas Stoch SPD: Gesichter wie in Stein gemeißelt!)

Meine Damen und Herren, manche haben schon den Länder vergleich angesprochen. Baden-Württemberg ist da wirklich kein Ausreißer. In den Bundesländern Schleswig-Holstein, NRW, Brandenburg, Saarland und Thüringen beträgt der Grund erwerbsteuersatz 6,5 %.

(Zuruf des Abg. Rainer Stickelberger SPD)

In Berlin und Hessen beträgt der Grunderwerbsteuersatz 6 %. Dann kommen Sachsen-Anhalt, Rheinland-Pfalz, Niedersach sen, Mecklenburg-Vorpommern, Bremen und Baden-Würt temberg mit einem Grunderwerbsteuersatz von 5 %. Darun ter liegt der Grunderwerbsteuersatz lediglich in den drei Bun desländern Bayern, Sachsen und Hamburg. Wir liegen also mit einem Grunderwerbsteuersatz von 5 % wirklich im guten Mittelfeld der Bundesländer, meine Damen und Herren, und das ist wirklich keine übermäßige Belastung.

Natürlich haben wir die Grunderwerbsteuer 2011 nicht ein fach so erhöht. Vielmehr hatten wir damals – der Kollege Ho felich hat es gesagt – einen dringenden Nachholbedarf beim Ausbau der Betreuung von Kindern unter drei Jahren. Damals hatten Kommunen mit Klagen gegen die Landesregierung ge droht. Wir haben dann im November 2011 mit den Kommu nen einen Pakt für Familien vereinbart. Damals haben wir ver sprochen, dass wir 68 % der Betriebskosten für die Betreuung der unter Dreijährigen übernehmen. Ich finde, diese Entschei dung war goldrichtig.

Wenn Sie sich die Entwicklung in den Kommunen seit 2011 anschauen, stellen Sie fest – das ist schon gesagt worden –: Die Zahl der Kitaplätze hat sich deutlich erhöht. Heute sind es ungefähr 80 000 Plätze im Land. Dafür geben wir – das Land, aber auch die Kommunen – eine Menge Geld aus. Die Kosten für das Land Baden-Württemberg werden im Jahr 2019 über 900 Millionen € betragen. Das ist, denke ich, gut investiertes Geld. Wenn wir die Bundesmittel dazunehmen, dann sind es über 1 Milliarde €, die von unserer Seite in die Kleinkindbetreuung fließen, und natürlich müssen die Kom munen entsprechend die restlichen Ausgaben finanzieren.

Im Jahr 2011 haben wir gerade einmal 150 Millionen € für diesen Bereich ausgegeben. Daran sehen Sie schon, dass ei ne enorme Steigerung der Ausgaben für die Kleinkindbetreu ung stattgefunden hat. Die Steigerung der Ausgaben ist höher als die Steigerung der Einnahmen, die wir durch die Erhöhung des Grunderwerbsteuersatzes um 1,5 Prozentpunkte hatten. Durch die Erhöhung des Grunderwerbsteuersatzes von 3,5 auf 5 % haben wir in diesem Jahr gegenüber dem Jahr 2011 Mehr einnahmen von ungefähr 588 Millionen €, während die Aus gaben für die Kleinkindbetreuung im Vergleich zu 2011 um 750 Millionen € gestiegen sind. Daran sehen Sie schon, dass diese Erhöhung der Grunderwerbsteuer keine komplette Ge genfinanzierung der Ausgaben für die Kleinkindbetreuung be deutet, aber zumindest einen wesentlichen Teil davon darstellt.

All diejenigen, die eine Senkung des Grunderwerbsteuersat zes fordern, müssen schon sagen, Herr Kollege Brauer, wie sie das finanzieren wollen oder ob sie bei der Kleinkindbe treuung Abstriche machen wollen. Wir jedenfalls wollen die Kleinkindbetreuung auch in Zukunft mit 68 % fördern, selbst wenn der Bedarf in den Kommunen vor Ort nach wie vor stei gend ist und sich damit wahrscheinlich auch in Zukunft die Mittel, die das Land bereitstellen muss, weiter erhöhen wer den.