Wenn jetzt Kraftwerke stillgelegt werden, können selbstver ständlich auch die Zertifikate stillgelegt werden. Der Effekt, den Sie hier an die Wand gemalt haben, hat – sorry – mit der Realität draußen überhaupt nichts zu tun. Selbstverständlich werden diese CO2-Zertifikate herausgenommen und es pas siert ausdrücklich nicht, dass dann irgendwo anders mit Zer tifikaten, die hier stillgelegt werden, Strom erzeugt werden könnte. Das sind wirklich Ammenmärchen, die Sie hier er zählt haben.
Meine Damen und Herren, abschließend sage ich: Wir sollten schauen, dass wir aus Baden-Württemberg Unterstützung in Richtung Bundesregierung leisten. Dieses historische Ergeb nis der Kommission, die aus unterschiedlichen Interessen zu sammengesetzt war, darf nicht zerredet werden, sondern man muss sehen, dass das wirklich umgesetzt wird.
Ich glaube, das ist auch vor dem Hintergrund der gesamtpo litischen Situation wichtig, damit draußen in der Bevölkerung wieder einmal erkennbar wird: Wenn sich die Gesellschaft und die Interessengruppen an einem solchen Prozess beteiligen und zu einem Ergebnis kommen, dann nimmt die Politik das auch ernst.
Es ist in der heutigen Situation ganz entscheidend, dass wir wirklich zeigen, dass wir hier vorankommen wollen. Ich glau be, das ist auch wichtig für die Stellung der Bundesrepublik draußen in der internationalen Diskussion, sei es auf Klima konferenzen oder auch auf regionaler Ebene – „Under 2“.
Ich habe natürlich schon gemerkt, dass das bei den letzten Treffen nicht mehr so ganz einfach war. Auf der einen Seite gab es die Zieldebatte, aber auf der anderen Seite haben die Partner immer gesagt: „Ihr seid doch der größte Braunkohle verbraucher weltweit. Wie sieht es denn aus?“
Mit dem jetzigen Ergebnis kann man wieder ganz anders in die Diskussionen hineingehen. Auch im Hinblick darauf, was andere tun, ist das ganz wichtig. Wenn das schiefgehen wür de, was jetzt aufgesetzt wird, weshalb sollten dann andere Länder, denen es ökonomisch nicht so gut geht wie uns, den Klimaschutz ernst nehmen, wenn wir sagen: „Das ist irgend wie zu schwierig; das bekommen wir alles nicht hin“?
Daher ist das, was da vorgelegt wurde, auch in der internati onalen Debatte ganz entscheidend, wie ich glaube.
(Beifall bei den Grünen sowie Abgeordneten der CDU und der SPD – Abg. Anton Baron AfD: Unter stützen Sie mit dem Geld lieber die Schwellenlän der!)
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, in solchen De batten geht es nicht darum, das Haar in der Suppe zu suchen.
Ich glaube, wir alle nehmen mit, dass wir uns bis auf eine Fraktion einig sind, dass wir einen Weg finden müssen, wie wir die CO2-Reduktion hinbekommen. Es ist eher eine Frage des Wie als des Ob.
Liebe Kollegen von der AfD, ich möchte einmal den Namen der Person nennen, von der Sie vorhin gesprochen haben. Sie heißt Hannelore Wodtke, und sie kommt aus Welzow. Sie hat nur deswegen gegen den Beschluss der Kohlekommission ge stimmt, weil ihr Dorf trotz des beschlossenen Ausstiegs noch dem Kohleabbau zum Opfer fallen wird. Es geht eben nicht immer nur um CO2, sondern es geht auch um einen massiven Eingriff nicht nur in die Natur, sondern auch in das Leben der Menschen. Ich glaube, das muss man an dieser Stelle auch be rücksichtigen.
Herr Gruber, Sie haben gesagt, das sei ein Schritt in die rich tige Richtung. Ja, das sagen wir auch. Ich bezweifle nur, dass das, was dort verhandelt worden ist, bis ins letzte Detail ex akt so umsetzbar ist. Ich habe die EU-Problematik angespro chen. Da habe ich noch keine Antwort der EU-Kommission dazu, ob das funktioniert oder nicht. EU-Kommissar Günther Oettinger hat schon mal ein erstes Fragezeichen dahinter ge setzt.
Ehrlich gesagt habe ich auch ein bisschen ein Problem damit, wenn man sich einen Kompromiss erkauft, indem man eine Rechnung zulasten Dritter macht. Das ist, glaube ich, auch die Kritik, die Herr Pfeiffer geäußert hatte. Es geht nicht um die Frage der Abschaltung der Kohlekraftwerke, sondern um die Frage: Wer bezahlt denn das alles? Natürlich müssen wir uns in einem parlamentarischen Prozess darüber noch einmal un terhalten.
Ebenfalls haben Sie, Herr Gruber, im Hinblick auf Frau Thun berg gesagt: Angst hilft nicht. Das stimmt. Ich möchte dieses Engagement auch in keiner Weise kleinreden. Aber dass hier eine massive Instrumentalisierung stattfindet, wollen wir mal nicht außer Acht lassen. Wir wollen auch nicht außer Acht las sen, dass ganz viele von denen, die da draußen demonstrie ren, eben nicht so wie wir die Abi-Abschlussfahrt an den Bag gersee machen, sondern selbstverständlich nach Ibiza oder nach Mallorca fliegen, und dass sie nichts dagegen haben, im Sommer mit ihren Eltern auf die AIDA zu gehen usw.
Solange ich da nicht tatsächlich ein Umdenken feststelle, so lange muss ich davon ausgehen, dass der Energieverbrauch eher steigen als fallen wird. Deswegen brauche ich technolo gische Lösungen für diesen Energieverbrauch. Ich kann mich nicht darauf verlassen, dass aufgrund dieser Demonstrationen plötzlich ein anderes Verhalten an den Tag gelegt wird, als das bisher der Fall ist. Auch das gehört für mich zur Realität.
Herr Untersteller, ich möchte in keiner Weise kleinreden, was die Landesregierung an dieser Stelle macht. Auch ich kenne die Zahl, die Sie genannt haben. Wir sind uns aber dennoch darüber einig, dass wir bei der Sanierung der eigenen Gebäu de noch etwas Gas geben können.
Dass wir uns etwas dagegen sträuben, eine Zahl ins Gesetz zu schreiben – Sie haben das genannt; dann kann man das auch ausführen –, kommt daher, dass wir nicht alle Sektoren hun dertprozentig im Griff haben. Ich kann nicht jedem seine Hei zungsanlage oder sein Mobilitätsverhalten vorschreiben.
Nur einmal ein Beispiel aus dieser Stadt: Der Stromverbrauch dieser Stadt beruht im Moment zu 90 % auf Atomstrom. Das führt dazu, dass Stuttgart eine sehr gute CO2-Bilanz hat. Das wird sich mit dem Abschalten der Atommeiler ändern.
Ich bin gleich am Ende. – Ich möchte nur noch eine Zahl nennen: 58 % der CO2-Emissio nen in dieser Stadt entfallen auf die Raumwärme. Solange ich keine Idee habe oder Sie mir keine nennen, wie wir erreichen können, dass den Menschen zwingend vorgeschrieben wird, ihren Heizkessel auszuwechseln, ist es extrem schwierig, aus dem Anteil von 58 % CO2 aus Raumwärme abzuleiten: Wir schreiben es ins Gesetz – sodass wir, wenn wir es nicht schaf fen, die Werte einzuhalten, am Ende justiziabel angreifbar sind. Das möchte ich verhindern.
Frau Präsidentin, mei ne Damen und Herren! Nur noch kurz ein paar erläuternde Bemerkungen zu dem, was jetzt gesagt worden ist. Zum ei nen sollten wir in Baden-Württemberg immer daran denken, dass wir nicht auf der Insel der Glückseligen leben, sondern in einer komplexen Welt, die auch noch aus ein paar anderen Kontinenten besteht. Eine alte Lebenserfahrung sagt, dass man manchmal ins Stolpern gerät, wenn man als Pionier voran geht, vor allem dann, wenn man den dritten Schritt vor dem ersten macht.
Selbst eine so tolle Sache wie die Energiewende macht nur dann Sinn, wenn man allein wirtschaften kann. Das Problem ist: Wir leben in einer Welt von Konkurrenten. Das wird bei der ganzen Angelegenheit ein bisschen außer Acht gelassen.
Ich darf gerade die Grünen an die Worte ihres großen Front manns Joschka Fischer erinnern: Wenn Sie gleichzeitig aus Kohle und Kernkraft aussteigen wollen, werden Sie ein Rie senproblem bekommen. Dieses Wort gilt nach wie vor.
(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Da sieht man, dass ihr nichts mitbekommt, was passiert! – Gegenruf: Die haben nichts verstanden! Das gibt’s doch nicht! – Ge genruf des Abg. Anton Baron AfD: Realitätsverwei gerung! Wirklich!)
Dann kommen wir zu den Erfahrungen Ihres MOU-Partners Kalifornien. Ich bin dankbar, dass ich letzten Herbst mal da herumfahren konnte. Da habe ich auch mit Leuten gespro chen; die haben gesagt: Wir werden den Teufel tun, unsere Atomkraftwerke abzuschalten. Wir behalten unsere acht Atomkraftwerke für den Grundlastbereich. Klar nehmen wir auch erneuerbare Energien mit, wenn sich da was anbietet. Deswegen war es interessant, mal die Küste von San Francis co bis Los Angeles und zurück abzufahren. Da habe ich näm lich kein einziges Windrad gesehen. Wie Sie wissen, gibt es dort diese wunderbaren Pazifikwinde, die Santa-Ana-Winde – die sind ja fast schon legendär –, die da wochenlang blasen, aber eben auch wochenlang nicht. Da gibt es, wie gesagt, kein einziges Windrad, das da hingestellt worden ist. Es rechnet sich nämlich schlichtweg nicht. Das nur mal nebenbei.
Ansonsten kann man nur empfehlen, dass man sicher nicht aus Angst vor dem Tod Selbstmord begehen sollte.
Das ist das Riesenproblem. Wenn Sie weiter auf dem Niveau „Hambi bleibt!“ verharren, dann kann ich Ihnen nur raten, sich ab und zu schon mal umzuschauen, ob Sie sich da irgendwo ein Baumhaus bauen können. Ich wünsche Ihnen viel Spaß dabei.