Der CDU, meine Damen und Herren, geht es also nicht ein fach nur darum, dass die Kinder einen Kitaplatz haben, dass sie untergebracht sind, dass sie irgendwie betreut werden, während die Eltern zur Arbeit gehen. Natürlich war es wich tig, dass so viele Kitaplätze geschaffen wurden. Das war ein Kraftakt, für den ich die Kommunen sehr bewundere. Wir ha ben das auch schon vor 2011 angestrengt und sind immer noch dabei. Das ist noch nicht abgeschlossen. Aber jetzt dürfen wir uns nicht nur auf die Quantität, sondern müssen uns auch auf die Qualität konzentrieren.
Seien Sie ehrlich, Herr Stoch: Sie haben sich in der Vergan genheit auf die Quantität, auf den Ausbau der Plätze konzen triert,
(Abg. Andreas Stoch SPD: Stimmt doch nicht! Der Betreuungsschlüssel in Baden-Württemberg ist jetzt der beste bundesweit! Das war unter der CDU der letzte Platz!)
Sie mussten es; volles Verständnis. Es ging nicht anders. Aber jetzt geht es eben nicht nur um die Betreuung, sondern ganz wesentlich auch um Bildung und Erziehung. Und das ist eine wichtige Aufgabe, bei der uns jetzt der Bund unter die Arme greift.
(Abg. Andreas Stoch SPD: Einmal mit Zahlen be schäftigen! – Zuruf des Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD)
Bei diesem neuen Gesetz, diesem „Gute Kita“-Gesetz, zeigt der Bund übrigens, dass er uns sinnvoll unterstützen kann, oh ne dabei die föderalen Strukturen auszuhöhlen.
(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen – Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU: Sehr gut! Das ist verfassungsgemäß und klug!)
Denn mit diesem Gesetz wird uns nichts übergestülpt, und un sere Kompetenzen müssen wir nicht abgeben. Vielmehr er halten die Länder Angebote. Und jedes Land schließt dann ganz individuell einen eigenen Vertrag mit dem Bund und wählt aus dem Bündel von Maßnahmen, das uns da angebo ten wird, diejenigen aus, die wirklich zum eigenen Land und zum eigenen Bedarf passen.
Wir in Baden-Württemberg sind darauf sehr gut vorbereitet, meine Damen und Herren. Die Kultusministerin steht schon lange in Verhandlungen mit den Kommunen, und gemeinsam haben sie den eben schon von der Kollegin Lösch angespro chenen Pakt für gute Bildung und Betreuung auf den Weg ge bracht. Dieser Pakt für gute Bildung und Betreuung knüpft an das Qualitätskonzept für unser Schulsystem an. Denn wir wis sen: Beide Bereiche sind eng miteinander verzahnt und eng miteinander verbunden. In beiden Bereichen – seien wir ehr lich – ist noch Luft nach oben.
Wir wissen also gut, was wir in Baden-Württemberg brau chen, was wir uns aus dem Instrumentenkasten des Bundes auswählen wollen und was dann auch wirklich zu unserem Konzept passt.
Vieles aus den zehn Handlungsfeldern, die das „Gute Kita“Gesetz jetzt benennt, wollen wir 2019 umsetzen. Die zusätz lichen Finanzmittel des Bundes sind uns da durchaus willkom men. Wir wollen diese Bundesmittel ganz besonders auch für die Leitungszeit in den Kitas einsetzen; das hat die Kollegin Lösch eben auch schon angesprochen. Denn wir sind davon überzeugt, dass wir den Kitaleitungen noch größere Aufmerk samkeit widmen müssen. Für die Qualität der Einrichtungen sind sie wirklich der Dreh- und Angelpunkt geworden. Sie managen diese Einrichtungen, sie führen das Personal, sie ent scheiden über die Fördermaßnahmen, und sie verwalten das Budget. Diese vielfältigen und verantwortungsvollen Aufga ben, liebe Kolleginnen und Kollegen, managt man heutzuta ge nicht so nebenher, mal so aus der Bastelecke heraus zwi schen Taschentuch und Vesperbox. Nein, für die Leitung ei ner Kindertagesstätte braucht man Zeit, und Zeit bedeutet Geld. In diesem Fall bedeutet Zeit auch Qualität.
Die Leitungszeit einer Einrichtung steht also auch für die Qua lität einer Einrichtung. Dafür ist jetzt das Geld des Bundes gut investiert. Das sehen auch die kommunalen Landesverbände so.
Um wie viel Geld geht es eigentlich? Um etwa 718 Millio nen €. Die können wir von dem Kuchen, den der Bund zu ver
teilen hat, jetzt für Baden-Württemberg erhalten – wohlge merkt: 718 Millionen €, verteilt auf die Jahre 2019 bis 2022. Was danach kommt – seien wir ehrlich –, das steht noch in den Sternen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, Sie wissen doch ganz genau, dass diese Summe nie im Leben reicht, um für alle Kinder und für alle Kitas Gebührenfreiheit zu garan tieren. Um das zu erreichen, würde es ungefähr 730 Millio nen € jährlich bedürfen.
Ich finde, Sie streuen den Menschen wirklich Sand in die Au gen. Denn das passt doch vorn und hinten nicht zusammen, mal ganz abgesehen davon, dass niemand sagen kann, wie lan ge die gute Konjunktur anhält und die Steuereinnahmen noch sprudeln; und wir müssen langfristig denken.
Ich finde auch, dass der Präsident des Gemeindetags, Herr Kehle, recht hat, wenn er sagt – ich zitiere –:
(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Vereinzelt Bei fall bei den Grünen – Abg. Andreas Stoch SPD: Und Familien sind es?)
Wir von der CDU wollen also das zusätzliche Geld des Bun des verantwortungsbewusst und intelligent einsetzen – für die Fachkräfteausbildung, für die Sprachförderung und auch für die Ausweitung der Leitungszeit.
Wem, lieber Herr Stoch, käme denn diese pauschale Gebüh renfreiheit für Kitas zugute? Es gibt schon jetzt eine famili enbezogene Sozialstaffelung, und das „Gute Kita“-Gesetz kann hier noch weitere Erleichterungen schaffen. Wir sind durchaus bereit, diese neuen Bundesmittel auch zur Unterstüt zung von Familien, die jeden Cent umdrehen müssen, zu nut zen. Aber seit wann ist es sozialpolitisch sinnvoll, Besserver dienende aus der Solidargemeinschaft zu entlassen? Ich ver stehe da wirklich die Welt nicht mehr.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Andreas Stoch SPD: Kitagebühren sind keine Steuern, Frau Kollegin! Dafür sind die Steuern da!)
Liebe SPD, dass ausgerechnet Sie mit der Gießkanne durch das Land ziehen und alle Familien ohne Ansehen des Ver dienstes von Kitagebühren freistellen wollen, verstehe ich nicht. Ich glaube, das hat auch Ihre Ministerin in Berlin so nicht gemeint.
Für die CDU will ich hier ganz deutlich sagen: Wir halten am Prinzip der kommunalen Selbstverwaltung fest, und bei uns sind es immer noch die Kommunen, die für die Festsetzung der Gebühren zuständig sind.
Ich verstehe nicht ganz, worum es Ihnen dabei geht. Aber ich habe ein Zitat Ihres früheren Amtschefs im Kultusministeri um gelesen, der sagt, bei dem Volksbegehren zu den Kitage bühren ginge es um die „Schärfung des Profils der LandesSPD“.
Meine Damen und Herren von der SPD, wollen Sie denn wirk lich die Qualität, die gute Bildung und Betreuung unserer Jüngsten opfern, um das Profil der SPD zu schärfen?
(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen – Abg. Nicole Razavi CDU: Welches Profil? – Abg. Andreas Stoch SPD: Was wollen Sie opfern? Wir wollen Qualität und Gebührenfreiheit! Wir müssen Geld in die Hand nehmen! Unglaublich! – Zuruf von der SPD: Unfug!)
Das kann doch nicht Ihr Ernst sein, dass Sie das gebrauchen, um das Profil Ihrer Partei zu schärfen.
(Abg. Reinhold Gall SPD: Wir haben mit Qualität an gefangen! Schlusslicht war Baden-Württemberg bis 2011! Schlusslicht!)
Wir nehmen die frühkindliche Bildung ernst, und für uns ist dabei klar: Gebührenfreiheit ist für sich genommen weder ei ne qualitative noch eine quantitative Stärkung des Angebots. Uns sind die Kinder und eine hochwertige Bildung und Be treuung wirklich wichtiger als das Profil der SPD – bei allem Verständnis; wirklich: bei allem aufrichtigen Verständnis für die Probleme, die Sie als Partei haben.