(Abg. Carola Wolle AfD trinkt aus dem am Redepult bereitgestellten Wasserglas. – Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU: Wasser ist Leben!)
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Abgeordnete, sehr geehrte Damen und Herren! Das „Gute Kita“-Gesetz wurde vor Kurzem auf Bundesebene beschlossen. Schon der Titel des Gesetzes gibt zu denken. Denn: Was ist gut, und wer de finiert das?
Die Bezeichnung folgt dem allgemeinen politischen Trend, nur noch nach Kategorien von Gut und Schlecht zu argumen tieren. Hat das die Konsequenz, dass Gegner von „guten“ Pro jekten automatisch für etwas „Schlechtes“ sind? Was sind ei gentlich gute Kitas? Oder, anders gefragt: Was ist für die Kin der in unserem Land gut?
1964 wurden in der Bundesrepublik knapp 1,4 Millionen Kin der geboren, 2010 gerade noch halb so viele. 1960 standen in Baden-Württemberg 2 600 Kinderkrippen zur Verfügung, demgegenüber waren es 2010 bereits über 50 000. Wir kön nen also feststellen, dass die Zahl der fremdbetreuten Kinder unter drei Jahren im Laufe der letzten 50 Jahre trotz drastisch sinkender Geburtenzahlen förmlich explodiert ist.
Hintergrund dieser Entwicklung ist eine grundsätzlich verän derte Bewertung der Berufstätigkeit von Frauen und damit ih rer Rolle bei der Erziehung. In den Sechzigerjahren wurden in Deutschland – zumindest im freien Westen – die Familien einhellig als zentrale Instanz der Kindererziehung und -be treuung angesehen. Kindergärten und insbesondere Kinder krippen waren als Ergänzung zur Erziehung in der Familie ge dacht.
Dies war damals auch noch möglich. Das Arbeitseinkommen des Vaters reichte aus, um die Familie zu ernähren. Die Mut ter konnte sich vollumfänglich um die Erziehung ihrer Kin der kümmern. Allerdings hatte sie damals auch kaum eine an dere Wahl. Die Erwerbstätigkeit von Müttern war gesellschaft lich nicht akzeptiert und daher eher selten.
Das hat sich in den letzten 50 Jahren geändert und – ja, das kann man sagen – ins krasse Gegenteil verkehrt. Es ist grund sätzlich zu begrüßen, dass Frauen die Freiheit besitzen, zu wählen, ob sie einen Beruf ergreifen und Karriere machen wollen oder ob sie lieber ihre Kinder erziehen möchten. Doch war die erwerbstätige Mutter in den Sechzigerjahren noch die Ausnahme, so ist sie heute die Regel. Das hängt nicht nur mit der Emanzipation und Selbstbestimmung der Frauen zusam men, sondern die zunehmenden Steuer- und Abgabenlasten haben dazu geführt, dass eine durchschnittliche Familie mit Kindern auf das Erwerbseinkommen auch der Mutter zwin gend angewiesen ist.
Dieser Trend wurde in den Medien durch diskriminierende Bezeichnungen für Vollzeitmütter, wie beispielsweise „Heim chen am Herd“, begleitet. Damit verkehrt sich das Bild der liebenden Mutter der Sechzigerjahre ins Gegenteil.
Damals an den Herd gekettet, sind die Mütter heute meist an ihren Job gekettet. Kein Wunder, dass sich immer weniger Frauen für Kinder entscheiden.
Dieses Dilemma versucht man seit Jahren durch die Fremd betreuung der Kinder in Kindertagesstätten zu lösen. Der Weg scheint einleuchtend: Der Staat nimmt den berufstätigen El
tern die Betreuung ihrer Kinder ab. Somit tragen beide Eltern durch ihre Berufstätigkeit zum vermehrten Steueraufkommen zur Finanzierung des Staates und damit auch der eigenen Kin dertagesstätten selbst bei.
Doch ist das wirklich sinnvoll? Oder anders gefragt: Ist die Fremdbetreuung in Kindertagesstätten tatsächlich gut? Zu mindest nicht für Kinder unter drei Jahren.
Die sichere Bindung an eine verlässliche Bezugsperson ist die Grundvoraussetzung für eine gesunde psychische Entwick lung kleiner Kinder.
Moment! Frau Abg. Wolle, warten Sie bitte. – Meine Damen und Herren, vor allem liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD-Fraktion
(Abg. Anton Baron AfD: Die Regierungsbank soll auch ruhig sein! – Zuruf von der AfD: Der Minister hat den Mund zu halten!)
Längere Trennungen von der Mut ter, aber auch vom Vater führen zu Protest, Verzweiflung und vor allem zu Entfremdung.
Die Folge sind Bindungsstörungen und Beziehungsunfähig keit; diese können sich bis ins Erwachsenenalter auswirken und stellen damit auch für die Gesellschaft ein Problem dar.
Die Fremdbetreuung von Kleinkindern ist also nicht gut und sollte daher aus gesellschaftlicher Sicht die Ausnahme blei ben und nicht die Regel werden.
Anstelle von Kleinstkinderbetreuung muss der Staat Famili en mit Kindern finanziell entlasten, damit die Familien die Möglichkeit haben, ihre Kinder in den ersten Jahren betreuen zu können. Das Geld darf nicht in das „Gute Kita“-Gesetz flie ßen, das nur der Symptombekämpfung dient.
Der Staat hat auch ein eigenes Interesse an der Betreuung von Kindern. Die Gesellschaftsexperimente der letzten Jahre und Jahrzehnte bedingen einen Durchgriff auf die Erziehung der Kinder. Nur so kann der sozialistische gute neue Mensch ge
Ein Musterbeispiel dieser staatlichen Beeinflussung ist die von mir bereits letzte Woche thematisierte Broschüre der Amadeu Antonio Stiftung mit dem Titel „Ene, mene, muh“. Diese geht sogar noch einen Schritt weiter, denn nicht nur Kinder sollen auf Linie gebracht werden, sondern auch die Eltern, die ande re Erziehungsvorstellungen haben. Sie sollen zum Gespräch einbestellt und damit eingeschüchtert werden.
Bedenkt man, dass die Vorsitzende der Stiftung ein IM der Stasi war, dann weiß man, woher der Wind weht.
Unsere Bundesfamilienministerin Giffey deckt diese Gesin nungsschnüffelei auch noch mit einem langen Vorwort zu die ser skandalösen Broschüre. Wie lange lassen sich die Eltern das noch gefallen? Artikel 6 des Grundgesetzes bestimmt, dass Pflege und Erziehung der Kinder das natürliche Recht der El tern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht sind – und nicht die des Staates oder einer Kita.
Aus dem Hause ebendieser Familienministerin stammt auch das „Gute Kita“-Gesetz, ein Gesetz, das für kostenlose Kitas oder für dringend benötigte Fachkräfte oder anderes – man kann das Geld ja vielseitig einsetzen – sorgen soll. Das Ge setz folgt den Empfehlungen einer von der Familienministe rin in Auftrag gegebenen Studie.
Neben der durchaus sinnvollen Verbesserung der Vergütung der Erzieher – das ist auch wichtig, weil sie unterbezahlt sind – wird dort auch die Erhöhung des Anteils von Erziehern aus Zuwandererfamilien gefordert. Ob Migranten als Erzieher der Integration tatsächlich zuträglich sind, bleibt abzuwarten. Ge rade Kindertagesstätten sind der Ort, an dem Kinder von Mi granten Sprache, Sitten und Gebräuche ihres Aufnahmelands kennenlernen und so in die Aufnahmegesellschaft hineinwach sen können. Völlig kontraproduktiv wäre es daher, wenn sich die Erzieher mit den Kindern in ihrer Muttersprache unterhal ten würden. Die Kindertagestätten wären dann eher ein Weg der Vertiefung von Parallelgesellschaften als ein Weg der In tegration.
Ähnlich verhält es sich mit der Forderung nach mehr Män nern als Erzieher. Es stellt sich die Frage, warum bisher kaum Männer diesen Beruf ergreifen.