Protocol of the Session on November 8, 2018

(Vereinzelt Heiterkeit – Abg. Dr. Timm Kern FDP/ DVP: Einschränken will sie es schon! – Zuruf von der SPD)

Also, ich halte mich an meine Zuständigkeit. Meine Zustän digkeit ist das Landesbeamtengesetz. In enger Abstimmung mit Frau Kultusministerin Dr. Eisenmann schaffen wir jetzt eine Grundlage, dass Lehrerinnen und Lehrer im Vorberei tungsdienst diesen Vorbereitungsdienst jetzt in Teilzeit absol vieren können.

(Ministerin Dr. Susanne Eisenmann nickt. – Abg. Thomas Blenke CDU: So sieht es aus! Deswegen ma chen wir es!)

Das ist Wunsch und Wille auch der Kultusministerin. Es gibt hier – wie auch ansonsten – eine hundertprozentige Überein stimmung in der Landesregierung.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Andreas Schwarz GRÜNE)

Meine Damen und Herren, im Gesetzentwurf sind noch wei tere Verbesserungen bei familienbedingten Auszeiten vorge sehen. Wir wollen unsere Nachwuchsführungskräfte bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf unterstützen. Beamtin nen und Beamte, denen eine Führungsfunktion auf Probe übertragen wird, z. B. eine Referatsleitung in einem Ministe rium, sollen sich auch dann als Führungskraft in der Probe

zeit bewähren können, wenn sie in dieser Zeit eine längere Beurlaubung wie beispielsweise eine Elternzeit in Anspruch nehmen.

(Beifall der Abg. Andrea Lindlohr GRÜNE)

Ihnen soll dadurch kein Karrierenachteil entstehen. Wir för dern damit auch die Chancengleichheit von Frauen und Män nern. Schließlich sind es nach wie vor oftmals die Mütter, die eine längere familienbedingte Auszeit nehmen, ja nehmen müssen.

Eine Erleichterung ist außerdem für Beamtinnen und Beam te vorgesehen, die Sonderurlaub zur Betreuung ihrer erkrank ten Kinder beantragen. Sie müssen in Zukunft grundsätzlich nur dann noch ein ärztliches Attest vorlegen, wenn die Krank heit des Kindes voraussichtlich länger als eine Woche dauert. Ich war im Übrigen erstaunt, zu lesen, wie viel Bürokratie durch diese Maßnahme in Zukunft eingespart werden kann. Das ist ein positiver Nebeneffekt dieser familienfreundlichen Lösung.

Außerdem können Beamtinnen und Beamte künftig Eltern zeit und Pflegezeit einfach per E-Mail beantragen. Sie sehen, meine Damen und Herren: Die Digitalisierung hält wirklich Einzug in der baden-württembergischen Landesverwaltung.

Verehrte Damen und Herren Abgeordnete, Sie sehen, wir ha ben eine ganze Reihe hervorragender Vorschläge im Gepäck. Sorgen Sie bitte mit dafür, dass Baden-Württemberg über ein hochmodernes Dienstrecht verfügt, damit das Land zukunfts fähig bleibt.

Lassen Sie uns den Beamtinnen und Beamten signalisieren, dass wir an ihrer Seite stehen, dass wir sie in ihrer Lebenspla nung, auch in ihrer privaten Lebensplanung unterstützen, dass wir sie brauchen und wertschätzen. Die Beschäftigten sollen so bald wie möglich von den positiven Neuerungen profitie ren. Lassen Sie uns deshalb die geplanten Änderungen ge meinsam und bald umsetzen. Mit diesem Gesetz, meine sehr verehrten Damen und Herren, macht es noch mehr Freude, dem Land Baden-Württemberg motiviert zu dienen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den Grünen und der CDU sowie Abge ordneten der AfD und der SPD – Abg. Andreas Ken ner SPD: Bravo!)

Herr Minister, eine Frage von Herrn Abg. Dr. Schweickert steht noch an. Können wir die noch aufrufen?

Ja, selbstverständlich bin ich gern bereit, die Fra ge von Herrn Professor Schweickert zu beantworten.

Herr Minister, vielen Dank. – Man hat ja gemerkt, dass Sie hinter dem Thema ste hen und dass es Ihnen auch wichtig ist.

Das eine sind die rechtlichen Regelungen, die man treffen muss, das andere ist aber, dass das in der Landesverwaltung auch dementsprechend gelebt wird, so wie Sie das jetzt ge sagt haben, dass man das als Standortvorteil sieht.

Wenn ich Schulen in meinem Wahlkreis besuche und mich mit unterhälftig in Teilzeit Beschäftigten oder Teilzeitbeschäf tigten unterhalte, höre ich schon das eine oder andere Mal: „Innerhalb des Kollegiums ist das nicht ganz so einfach, wenn dann von den Teilzeitmuttis usw. gesprochen wird.“

Was tut die Landesregierung, dass das, was auf der einen Sei te als rechtlicher Rahmen geschaffen wird – das, was Sie ge sagt haben –, andererseits auch gelebt wird und dass dadurch die Anerkennung und das Miteinander noch ein bisschen mehr gestärkt werden? Ich glaube, das sollte man auch nicht ver gessen.

Herr Abg. Professor Schweickert, ich bin für den Hinweis ausdrücklich dankbar und denke auch, dass Sie recht haben. Meine ganze Überzeugung ist es, dass das Wichtigste im öffentlichen Dienst und bei den Beschäftigten des Landes eine gute Motivation ist.

Eigentlich ist das, was Sie ausführen, vermutlich auch in Ih ren Augen eine Selbstverständlichkeit. Aber leider sind die gesellschaftliche Welt und das Leben so, wie sie sind. Ich bin ganz sicher, dass Frau Dr. Eisenmann für den Kultusbereich und ich für den Innenbereich – wir beide haben Häuser, in de nen es sehr, sehr viele Beschäftigte gibt – alles tun werden, dass erstens eine gute Motivation besteht und dass zweitens Selbstverständlichkeiten anerkannt werden. Die Arbeitswelt, die Welt der Menschen wandelt sich, also muss sich auch der öffentliche Dienst weiterentwickeln. Wir müssen klarmachen, dass Selbstverständlichkeiten selbstverständlich sind.

Auch jemand, der in Teilzeit arbeitet, kann eine hervorragen de Arbeit machen. Im Zweifel kann er eine bessere Arbeit ma chen als jemand, der in Vollzeit tätig ist. Deswegen genießt das unsere ganze Wertschätzung. Am besten werben wir alle jeden Tag für Motivation im öffentlichen Dienst. Helfen Sie mit, diese positiven Regelungen, die wir hoffentlich auch mit Zustimmung der Opposition heute beschließen können, posi tiv in unsere Beamtenschaft, in unsere Beschäftigtenschaft hi neinzutragen. Jeder von uns kann dazu einen erfreulichen Bei trag leisten.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der CDU – Abg. Anton Baron AfD: Das ist jetzt die Erste Be ratung!)

Gut. Vielen Dank, Herr Minister. – Dann gibt es keine weiteren Fragen mehr.

Wir können in die Aussprache eintreten. Dafür hat das Präsi dium eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt.

Als Ersten bitte ich Herrn Abg. Maier für die Fraktion GRÜ NE ans Redepult.

Sehr geehrte Frau Präsiden tin, sehr geehrte Damen und Herren! Der Herr Minister hat im Endeffekt alles gesagt, was ich sagen wollte. Deshalb kann ich mich kurzfassen.

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der CDU – Abg. Thomas Blenke CDU: Es passt kein Blatt Papier zwischen uns!)

Es passt kein Blatt Papier zwischen uns. – Es wurde alles gesagt, aber nicht von jedem. Deshalb muss ich doch noch ein

bisschen auf den Gesetzentwurf eingehen, der uns jetzt vor liegt.

(Abg. Winfried Mack CDU: Bis gerade eben waren Sie uns sympathisch!)

Danke. – Im vorliegenden Gesetzentwurf stehen vor allem zwei politische Ziele im Vordergrund: Das ist zum einen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, zum anderen die Für sorge für unsere Beamtinnen und Beamten.

Kommen wir kurz zum ersten Punkt: In Deutschland sind laut einer Emnid-Umfrage 86 % der Menschen davon überzeugt, dass die Bedingungen zur Vereinbarkeit von Familie und Be ruf noch verbessert werden müssen. Das zeigt, dass wir trotz verschiedenster Maßnahmen, die in den letzten Jahren auf al len politischen Ebenen ergriffen worden sind, immer noch ei nen gehörigen Nachholbedarf haben.

Die Lebensrealität von Familien verändert sich seit Jahrzehn ten rapide. Knapp die Hälfte der Mütter wünscht sich eine län gere Arbeitszeit, da Frauen natürlich zunehmend auch nach beruflicher und finanzieller Unabhängigkeit streben.

(Zuruf: Auch Männer!)

Diesen Weg der Gleichberechtigung und Selbstbestimmung unterstützt meine Partei selbstverständlich. Schließlich ist un sere Geschichte vom Feminismus und von Frauen, die ihre Rechte durchsetzen, geprägt.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Aber auch 79 % der Väter wünschen sich mehr Flexiblität, z. B. Zeit für die Familie. Andere Eltern wollen oder können aufgrund der Kinder nicht in Vollzeit arbeiten oder wünschen sich in manchen Lebensphasen, die Arbeitszeit zu reduzieren. Wir wollen Eltern dabei unterstützen, ihre Wünsche zu ver wirklichen und Arbeitszeit flexibler zu gestalten.

Deswegen muss die Politik – müssen wir hier – die Rahmen bedingungen dementsprechend anpassen. Deswegen haben wir uns auch zum Ziel gesetzt, die Arbeitsbedingungen der Beamtinnen und Beamten familienfreundlicher zu gestalten.

Konkret schaffen wir die Grundlage für den Vorbereitungs dienst in Teilzeit, damit Leute im Referendariat das besser un ter einen Hut bekommen können – das wurde schon angespro chen. Durch die Inanspruchnahme von Eltern- und Pflegezeit soll kein Nachteil hinsichtlich der Probezeit entstehen. Auch das ist ein wichtiger Punkt. Die Pflicht zur Vorlage eines At tests beim Sonderurlaub wegen eines erkrankten Kindes hat der Minister angesprochen. Auch da unterstützen wir die neue Regelung ausdrücklich. Wir Grünen stehen am Beispiel des Beamtenrechts für eine moderne Familienpolitik. Damit re agieren wir auch auf die Herausforderungen unserer Zeit.

Natürlich liegt uns auch die Fürsorge für die Beamtinnen und Beamten am Herzen. Auch hier hat der Minister bereits ange sprochen, dass seit Jahren der Widerstand und teilweise auch die Gewalt gegen Beamtinnen und Beamte zunimmt. Sie wer den immer wieder Opfer tätlicher Angriffe. Dabei ist der Voll zugs- und Vollstreckungsbereich natürlich in besonderer Art und Weise betroffen – aber nicht nur dieser.

In der Konsequenz entstehen Schmerzensgeldansprüche ge gen die Täter, wobei die Durchsetzung der Ansprüche leider oft an der Zahlungsunfähigkeit der Schuldigen scheitert. Wir sehen es als unsere Verantwortung an, in solchen Fällen ein zuspringen. Deswegen verzichten wir auch auf eine Mindest schadenshöhe. Wie der Minister bereits gesagt hat – das kön nen wir unterstreichen –, nehmen wir damit in der Bundesre publik eine Spitzenposition ein. Wir verurteilen jegliche Ge walt und kümmern uns um das Wohlergehen derer, die im Dienst des Staates in der ersten Reihe ihren Kopf hinhalten.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Ich kann noch kurz hinzufügen: Die Stellungnahmen der Ge werkschaften wurden mit aufgenommen. Das Finanzministe rium prüft, wie man vorgeht, um die Tarifbeschäftigten hier auf eine Ebene mit den Beamten zu bringen. Auch wir wer den das nicht aus dem Blick verlieren. Das ist eine Frage der Gerechtigkeit. Diese ist uns bei diesem Gesetz besonders wichtig.

Wir, das Land, sind uns unserer Verantwortung bewusst. Das Land ist sich als Arbeitgeber seiner Verantwortung bewusst. Wir kommen dieser Verantwortung nach. Wir sorgen für at traktive und moderne Arbeitsbedingungen und kümmern uns auch um das Wohlbefinden der Beamtinnen und Beamten, de nen ich hiermit im Namen meiner Fraktion für die Arbeit, die sie für das Land leisten, noch einmal einen ganz großen Dank aussprechen möchte. Deswegen werben wir bei Ihnen allen um Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU – Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Sehr gut!)

Jetzt spricht Herr Kolle ge Blenke für die CDU-Fraktion. – Bitte.

Frau Präsidentin, werte Kolle ginnen und Kollegen! Ein zuverlässiger, motivierter und loy aler öffentlicher Dienst ist essenziell für ein stabil funktionie rendes Staatswesen. Das sehen wir in den Ländern, in denen es genau dieses nicht gibt.