Alexander Maier

Appearances

16/14 16/16 16/37 16/52 16/57 16/59 16/67 16/69 16/70 16/74 16/82 16/95 16/101 16/104 16/123 16/138

Last Statements

Sehr geehrte Frau Präsiden tin, sehr geehrte Damen und Herren! Wie abhängig wir von der digitalen Infrastruktur sind – das hat der Herr Minister ge rade ausgeführt –, erleben wir selbst jeden Tag, ob es jetzt un sere zahlreichen Videositzungen hier im Landtag sind oder auch private Treffen per Skype oder Zoom & Co. An dieser Stelle sei der Hinweis gestattet, dass wir auch aus dem Länd le eine Videokonferenzplattform haben, nämlich TeamViewerMeeting. Die sitzen im schönen Göppingen. Die könnte das Land durchaus auch unterstützen.
Wir sehen ja: Wenn die Technik Störungen aufweist, stehen wir vor Problemen. Jetzt sind Verbindungsprobleme eine Sa che, worum wir, das Land, uns natürlich kümmern müssen. Aber viel gravierender sind gezielte Angriffe auf digitale In frastrukturen und Beschädigungen an digitalen Infrastruktu ren. Erst in der letzten Woche wurde im Zusammenhang mit dem Corona-Impfstoff ein Hackerangriff auf die Europäische Arzneimittel-Agentur bekannt. Die Gefahr ist also real.
Zusammengefasst sieht die Lage so aus: Während die Angrif fe auf IT-Systeme zunehmend komplexer und professioneller werden, nimmt die IT-Abhängigkeit von Unternehmen, vom Staat und von Bürgerinnen und Bürgern und damit auch das Schadenspotenzial zu. Unsere Gesellschaft ist hier verwund bar. Wir müssen das Thema ernst und in Angriff nehmen. Ge nau das machen wir jetzt auch im Land mit der Cybersicher heitsagentur, die kommen soll.
Ziel ist hier, das Know-how über Cybersicherheit, Cyber crime, Cybersabotage und Cyberspionage auszubauen und zu bündeln, damit Kommunen, Bürgerschaft, Wirtschaft und Wissenschaft aktiv unterstützt werden können. Damit sollen Lücken geschlossen werden. Es sollen keine Doppelstruktu ren geschaffen, sondern Synergien zwischen den Bereichen Cybersicherheit und Cyberkriminalität genutzt werden.
Wie Sie wissen, ist im Gesetzentwurf auch schon eine Evalu ierung hinterlegt, um kritische Fragen nach drei Jahren zu überprüfen. Denn natürlich gibt es auch Kritik. Diese kann auch ich selbst teilweise wirklich sehr gut nachvollziehen. Aber gemeinsam mit den kommunalen Landesverbänden, dem Landesbeauftragten für den Datenschutz und weiteren Sach verständigen werden wir das Ganze evaluieren und so die bes te Lösung für das Land und für die Sicherheit der Bürgerin nen und Bürger finden.
Deswegen stimmen wir heute zu, hier den Weg für die Cyber sicherheitsagentur zu bereiten und damit einen Schritt hin zu mehr Integrität und Sicherheit der digitalen Infrastruktur in Baden-Württemberg zu gehen.
Zum Schluss sei mir noch ein kurzes Wort gestattet, weil ich jetzt meine letzte Rede hier gehalten habe. Ich war nur eine Legislaturperiode dabei, wurde heute Morgen aber trotzdem sehr nett verabschiedet. Das hat mich sehr gefreut. Ich möch te mich bei Ihnen allen bedanken für die fünf Jahre, in denen
wir zusammengearbeitet haben. Mit einem großen Teil der Kolleginnen und Kollegen in diesem Haus habe ich das sehr, sehr gern getan, mit einem gewissen Teil nicht so gern.
Genau. Aber das beruht auf Gegenseitigkeit. Ich habe jeden einzelnen Zwischenruf von dieser Seite auch als Kompliment empfunden.
Daher: Vielen Dank für die Zusammenarbeit und auf weiter hin gute Zusammenarbeit in anderen Funktionen.
Ihnen allen schöne Weihnachten und einen guten Rutsch ins neue Jahr.
Danke.
Sehr geehrte Frau Präsiden tin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich weiß nicht, wie viel man zu dem Beitrag gerade noch sagen muss. Aber eines möchte ich schon noch erwähnen: Ihre Behauptung hier, dass sich irgendjemand in diesem Haus auf eine zweite Coro na-Infektionswelle freuen würde, eine Krankheit, an der in diesem Land Menschen gestorben sind, ist an Unverschämt heit und Würdelosigkeit nicht zu überbieten. Sie sollten sich für solche Einwürfe schämen.
Vor nunmehr zwei Jahren wurde im Deutschen Bundestag – wohlgemerkt: nicht im Landtag von Baden-Württemberg – nach kontroversen und intensiven Debatten das Netzwerk durchsetzungsgesetz beschlossen – im Übrigen gegen die Stimmen der Grünen. Ich weiß also gar nicht, weshalb Sie sich hier so aufspielen. Trotzdem haben wir diesen Prozess wie al le demokratischen Parteien natürlich konstruktiv und kritisch begleitet, auch wenn die grüne Bundestagsfraktion gegen das Gesetz gestimmt hat.
In der letzten Woche hat der Bundestag das Gesetz dann noch mal reformiert, wobei auch Verbesserungsvorschläge u. a. von den Grünen mit aufgenommen worden sind.
Dennoch hatte und hat meine Partei natürlich gewisse Beden ken bei diesem Gesetz, z. B. mit Blick auf das Meldeverfah ren, auf Overblocking, auf die Rechte der Nutzerinnen und Nutzer und die Informationspflichten. Wir haben da durchaus noch Forderungen und Ideen, die unsere Kolleginnen und Kol legen im Deutschen Bundestag natürlich auch einbringen.
Wir im Land können zumindest die Frage stellen, ob es nicht sinnvoll wäre, dass die Ausgestaltung dieses Netzwerkdurch setzungsgesetzes eher in die Hände der Länder als in die des Bundes kommt. Diese Fragen dürfen gestellt werden.
Festzuhalten ist aber auf jeden Fall eines: Auch wenn die We ge und die Details unterschiedlich sind, herrscht bei den de
mokratischen Parteien auf jeden Fall Klarheit in Bezug auf die politische Zielsetzung: Hasskriminalität, Hetze und Ge waltandrohungen haben in unserer Gesellschaft und demzu folge auch im Netz nichts verloren.
Dass es sie gibt, sehen wir leider immer wieder. Bei einer YouGov-Befragung haben z. B. 8 % der Befragten angege ben, dass sie schon einmal oder mehrfach persönlich von Ha te Speech betroffen waren; bei den 18- bis 24-Jährigen waren es sogar 17 %. In Baden-Württemberg ist im vergangenen Jahr die Zahl der Fälle von Hasskriminalität um 19 % gestiegen, und wahrscheinlich haben die Allermeisten solche Hassreden in Kommentarspalten auf Twitter, in diversen sozialen Medi en schon gelesen.
Ich bin mir sicher, die Kolleginnen und Kollegen hier im Par lament haben das alle schon mal gelesen oder es auch selbst erfahren dürfen, und manche Vertreter mancher Fraktionen schreiben sie ja teilweise sogar selbst: Kommentare, die nach weislich beleidigend sind oder einen Angriff auf unsere De mokratie darstellen.
Und – das finde ich eigentlich die interessanteste Zahl – mehr als die Hälfte der Befragten haben angegeben, dass sie wegen drohender oder tatsächlicher Hasskommentare seltener ihre politische Meinung bei Diskussionen im Netz kundtun. Wer sich also gegen Hass und Hetze im Netz stellt, der bekämpft nicht die Meinungsfreiheit, sondern stützt sie und damit einen zentralen Teil unserer Demokratie.
Außerdem darf man natürlich auch nicht vergessen, dass viel häufiger Hass über Menschen ausgeschüttet wird, die bereits gesellschaftlich benachteiligt sind oder in den Augen dieser Hater weniger wert sind. Das heißt auch, dass die gruppenbe zogene Menschenfeindlichkeit natürlich ins Netz eingezogen ist und immer noch einzieht. Deshalb müssen wir einerseits aufmerksam sein, aber in einer wehrhaften Demokratie braucht es eben klare Regeln, wie sie das Netzwerkdurchsetzungsge setz bei aller Kritik durchaus auch bietet.
Wie schon gesagt, man kann darüber streiten, ob das NetzDG wirklich der beste Weg ist, um Hate Speech zu bekämpfen. Es gab und gibt nach wie vor kritische Punkte; ich habe eingangs ja auch welche erwähnt. Klar ist aber, dass etwas getan wer den muss. Das ist der große Unterschied zwischen dem, was wir wollen, und dem, was Sie hier vorgelegt haben, nämlich diesen völlig undifferenzierten Antrag, mit dem lediglich un ter dem Deckmantel der Meinungsfreiheit versucht wird, die eigenen Truppen zu schützen. Denn Hate Speech funktioniert nun mal häufig so, dass in Gruppen – z. B. auf Facebook, auf Telegram usw. – gerade AfD-Mitglieder diejenigen sind, die ein Ziel ausmachen, auf das sich dann Hunderte stürzen. Die ses Modell des Hasses und der Ausgrenzung sehen Sie als ge fährdet an – und nicht die Meinungsfreiheit. Das ist der Un terschied. Sie stellen diesen Antrag doch nicht, weil Sie sich ehrliche Sorgen um Ihre Grundrechte machen würden, son dern weil Sie Angst haben, dass Ihnen die Felle davonschwim men, wenn andere Menschen, die von Ihrem Hass betroffen werden, von ihren Rechten Gebrauch machen.
Vor diesen Karren lassen wir uns nicht spannen. Deshalb leh nen wir Ihren Antrag aus voller Überzeugung ab.
Sehr geehrte Frau Präsiden tin, sehr geehrte Damen und Herren! Der Redebeitrag gerade eben hat, glaube ich, am besten gezeigt, warum wir in Deutschland ein strenges Waffengesetz brauchen.
Denn es gibt nun mal Menschen, bei denen ich ganz klar sa gen muss: Es ist gut, wenn sie keinen Zugang zu Waffen ha ben.
Aber wir diskutieren hier über ein Thema, das gerade im Bun destag beraten wird. Ich möchte in dieser Debatte eines vor anstellen – da möchte ich nicht falsch verstanden werden –: Die überwältigende Mehrheit der Sportschützen sowie der Jä gerinnen und Jäger in diesem Land stellt natürlich keine Ge fahr für die Sicherheit dieses Landes dar. Das behauptet auch niemand.
Diese sind sich nämlich ihrer Verantwortung bewusst und neh men diese vielen rechtlichen Hürden in Kauf, weil sie wissen, worum es geht, nämlich darum, dass Waffen nicht in die fal schen Hände geraten.
Wenn wir also über eine Verschärfung des Waffenrechts dis kutieren, hat dies überhaupt nichts mit einem Generalverdacht zu tun; es geht vielmehr ganz generell um die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger in diesem Land.
Ich lasse keine Zwischenfragen zu. –
Denn Waffen sind nun mal darauf ausgelegt, Menschen zu tö ten, und damit liegt es in der Natur der Sache, dass sie ein ho hes Gefahrenpotenzial für die Sicherheit mit sich bringen. In den falschen Händen sind sie eine Gefahr für Leib und Leben; das kann ja wohl niemand abstreiten. Deshalb müssen wir da rauf natürlich einen strengen Blick richten in einer Gesell schaft, in der das Gewaltmonopol – auch wenn dies manchen offensichtlich nicht passt – immer noch beim Staat liegt.
Deswegen muss dieses Recht hier auch mit ausgiebiger Sorg falt und viel Pflichtbewusstsein versehen werden.
Leider sehen das hier in diesem Haus nicht alle so. – Ich hö re Herrn Fiechtner schon wieder reinrufen. Sie haben im Ja nuar dieses Jahres im Innenausschuss beispielsweise gesagt, dass Sie gern die Bewaffnung der Bürgerinnen und Bürger nach dem Vorbild der USA möchten.
Ich muss sagen, ich halte es für keine besonders gute Idee, das so zu machen. Gerade die USA sind hier ein abschreckendes Beispiel. Wir haben doch alle noch die furchtbaren Bilder von El Paso oder Dayton im Kopf.
Auch der Blick in die Statistik macht es nicht besser. Das Gra duate Institute of International and Development Studies in Genf veröffentlicht z. B. seit einigen Jahren den sogenannten Small Arms Survey, in dem weltweit die Daten zu sogenann
ten kleinen Schusswaffen zusammengetragen werden. Dieser Aufstellung zufolge sind die USA interessanterweise weltweit das einzige Land, in dem die Zahl der Waffen in Privatbesitz die der Einwohner übersteigt: Es sind 120,5 Schusswaffen pro 100 Einwohner.
Zum Vergleich: Auf den zweiten Platz kommt der Jemen mit 52,8 Waffen – also nicht einmal halb so viel – in Privatbesitz. Deutschland liegt dabei auf Platz 23 mit 19,6 Schusswaffen auf 100 Einwohner.
Setzt man diese Zahlen ins Verhältnis zur Zahl von Todesfäl len durch Schusswaffen, dann zeigt sich im internationalen Vergleich, dass mehr Waffen in der Bevölkerung – natürlich – auch zu mehr Toten führen und nicht, wie die Waffenlobby gern propagiert, zu mehr Sicherheit, also zu weniger Toten.
In den USA sind auch im Jahr 2017 im Vergleich laut der Plattform Gun Policy 12,1 von 100 000 Einwohnern durch Schusswaffengebrauch getötet worden.
Das sind insgesamt knapp 40 000 Menschen in einem Jahr. Zum Vergleich: In Deutschland – wo wir Gott sei Dank ein relativ strenges Waffenrecht haben – starben im selben Zeit raum 900 Menschen durch Schusswaffen;
das sind 0,9 Menschen pro 100 000 Einwohner.
Es gibt also sehr wohl einen kausalen Zusammenhang zwi schen dem Besitz und dem Missbrauch von Schusswaffen.
Das liegt, wenn man beim Beispiel USA bleibt, natürlich auch daran, dass man Waffen dort in Supermärkten, quasi im Walmart kaufen kann.
Man stelle sich einmal vor, hier bei Rewe oder Edeka um die Ecke gäbe es zwischen der Gemüse- und der Süßwarenabtei lung Waffenregale.
Manche von Ihnen wollen das offensichtlich. Ich muss zuge ben: Mir wird es ganz anders, wenn ich mir das vorstelle.
Deshalb sind wir mit dem strengen Waffengesetz absolut auf dem richtigen Weg und werden auf diesem hoffentlich auch bleiben.
Die jetzt auf Bundesebene geplante Novelle des Waffengeset zes geht in erster Linie – Sie haben es erwähnt – auf die EUFeuerwaffenrichtlinie zurück, die auf starke Kontrollen und einen erschwerten Zugang zu Waffen drängt.
Dabei steht – auch das haben wir gehört – die angepeilte waf fenrechtliche Bedürfnisprüfung besonders in der Kritik. Sie ist aber nun einmal zentraler Bestandteil des deutschen Waf fenrechts und unverzichtbar, um die ordnungsrechtliche Funk tion ausüben zu können – so wenige Waffen wie möglich und so viele wie nötig in Privatbesitz.
Der Vorschlag des Deutschen Schützenbunds, nach zehnjäh riger regelmäßiger Schießsportausübung völlig auf einen Be dürfnisnachweis zu verzichten, ist aus unserer Sicht nicht praktikabel, weil dadurch die Gefahr besteht, soziale Kontrol le einzubüßen. Personen könnten damit völlig vom Radar ver schwinden. Natürlich ist das Problem nicht die übergroße Mehrheit, aber das Risiko besteht und wird damit erhöht. Da mit droht die Aushöhlung des Bedürfnisprinzips. Gerade mit Blick auf die große Problematik ist das meiner Meinung nach höchst fragwürdig.
Noch einen anderen Aspekt sollten wir im Auge behalten; auch er wurde bereits angesprochen – zu Recht. Der Vorsit zende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, Sebastian Fiedler, hält den Komplex verschwundener und illegal erwor bener Waffen für eine der größten Baustellen. Wenn man sich die Zahlen anschaut, weiß man auch, warum.
Anfang des Jahres wurden bundesweit fast 29 000 Waffen ge zählt, die als nicht auffindbar gelten. Es besteht also massiver Handlungsbedarf. Mit dem nun dem Bundestag vorliegenden Gesetzentwurf soll die Nachvollziehbarkeit von Waffenver läufen verbessert werden.
Deshalb sind das gute Ansätze, aber es wird weiterhin Lücken geben – leider –, zumal die europäische Harmonisierung an gesichts internationaler Kriminalität noch immer zu wünschen übrig lässt. Aber das ist zumindest ein Schritt in die richtige Richtung,
den wir ergänzen müssen – auch hier im Land – durch eine stärkere Qualifizierung von Sicherheitsbehörden, um illegale Vertriebswege aufzudecken. So geht man damit um, und so löst man diese Probleme, sehr geehrte Damen und Herren.
Trotz dieser guten Schritte, die im Bund gegangen werden sol len, ist der aktuelle Trend durchaus beunruhigend. So ist z. B. seit 2014 die Zahl der registrierten kleinen Waffenscheine in Deutschland um über 140 % angestiegen. Einige rüsten an scheinend auf.
Ich muss sagen, die rechtsextremen Anschläge der letzten Zeit machen mehr als deutlich, dass es weiteren Handlungsbedarf gibt. Wir haben nach wie vor offene Fragen, z. B. bei den NSU-Morden, bei denen noch nicht vollständig geklärt ist, woher die Waffen kamen. Tödliche Schüsse eines Reichsbür gers in Bayern
oder auch ein Mord wie der an Regierungspräsident Walter Lübcke verleihen dem Thema immer wieder Brisanz.
An diesem Beispiel wird deutlich, dass es beim Thema Waf fen mitnichten darum geht, einfache Sportschützen oder Jä ger zu gängeln. Der Rechtsextremismusexperte Andreas Speit bescheinigt der rechtsextremen Szene insgesamt ein starkes Interesse an industriellen Waffen.
Laut der Bundesregierung verfügen bundesweit 792 Rechts extremisten über waffenrechtliche Erlaubnisse – über Erlaub nisse; wir haben hier also noch eine riesige Grauzone.
Wenn man sich das vor Augen führt, wird ganz schnell klar, welche Intention die AfD hat, eine solche Debatte hier anzu bringen: Sie versuchen einfach nur, die eigene Klientel zu be dienen, und Sie versuchen, das Vertrauen in die Schutzfähig keit staatlicher Behörden zu erschüttern.
Das wird Ihnen nicht gelingen, zumal Sie mit Ihrem Gerede eben auch unbescholtene Bürgerinnen und Bürger in Verruf bringen.
Um an Waffen heranzukommen, werden von Extremisten nämlich auch Kontakte zu Schießsportvereinen und zu Poli zei oder Bundeswehr aufgebaut – ich nenne nur den Namen Franco A. – und werden diese eben auch missbraucht. Des wegen müssen wir diesen Feinden der freiheitlich-demokra tischen Grundordnung den Zugang dorthin so gut wie mög lich erschweren und verbarrikadieren,
schon allein damit besagte Behörden und Vereinigungen eben nicht unter Generalverdacht gestellt werden und damit das Vertrauen in sie nicht erschüttert wird.
Schon lange fordert deshalb z. B. meine Partei, dass eine ver fassungsfeindliche Einstellung zur Feststellung waffenrecht licher Unzuverlässigkeit führt, wie es teilweise auch bei Reichsbürgern inzwischen gehandhabt wird.
Dafür möchten wir uns auch bei Innenminister Strobl ganz herzlich bedanken. Ich möchte auch lobend hervorheben, dass Herr Minister Strobl dieses Ansinnen in der Innenminister konferenz angestoßen hat, wodurch sich das mittlerweile im Handeln der Bundesregierung wiederfindet und auch durch eine Regelanfrage der Waffenbehörden bei den Verfassungs schutzbehörden flankiert werden soll. Außerdem muss auch die Möglichkeit, nach einer Verurteilung den Zugang zu Waf fen und Munition einzuschränken, verstärkt in den Fokus ge nommen werden.
Und zum Schluss: Das Attentat von Halle zeigt auch, dass weitere Maßnahmen gegen technische Entwicklungen im Hin blick auf die Eigenproduktion von Schusswaffen geprüft wer den müssen.
All diese Punkte mahnen uns, das Waffenrecht zum Schutz al ler Menschen in Deutschland so zu fassen, dass Personen, die eine Gefahr für das Gemeinwohl darstellen, nicht legal Zu gang zu Schusswaffen und Munition haben dürfen. Wenn Sie jetzt sagen, das sei ein Generalverdacht gegenüber Schützen vereinen, dann haben Sie vielleicht eine falsche Vorstellung davon, was ein Schützenverein macht. Dann stellen Sie die Schützenvereine nämlich in diese Ecke.
Auch gilt es, den privaten Waffenbesitz so zu regeln, dass den damit verbundenen Gefahren Rechnung getragen wird. Denn zu einer wehrhaften Demokratie gehört eben auch ein stren ges Waffenrecht, das menschenfeindlichen Gewalttätern kei nen Platz lässt. Dafür zu sorgen ist Aufgabe des Staates, und dieser Aufgabe kommen wir gern nach.
Vielen Dank.
Vielen Dank. – Sehr geehr te Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Viel war los in Europa in den letzten Monaten. Aber bei allen Schwie rigkeiten, die es in Europa gerade zu meistern gibt, zeigt sich an der Bandbreite der Themen, die medial diskutiert werden, doch eines: Unser Herz schlägt europäisch.
Viele der Themen, die in anderen Ländern auf der Tagesord nung stehen, bewegen uns auch hier, betreffen uns oft auch ganz unmittelbar.
Gerade beim Thema Euro pa sollte man natürlich besonders aufmerksam zuhören.
Deshalb danke schön, Frau Präsidentin.
Die Dinge, die uns selbst betreffen, finden sich deshalb natür lich auch im Europabericht der Landesregierung wieder, im letzten Europabericht in erster Linie die Ergebnisse der Euro pawahlen, aber auch die Entwicklungen z. B. in Bezug auf die Rechtsstaatlichkeit in Polen oder Ungarn und natürlich der Brexit. Diese Themen bewegen uns auch hier im Land. Es gab heute eine Einigung in den Brexit-Verhandlungen. Allerdings bin ich doch sehr skeptisch, ob diese auch vom britischen Unter haus getragen wird. Daran glaube ich noch nicht so richtig.
Aber um zu einem schöneren Thema zu kommen: Glückli cherweise ist auch die EU-Donauraumstrategie, die mir und uns allen besonders am Herzen liegt, jedes Mal Teil des Eu ropaberichts. Dabei ging es im letzten halben Jahr vor allem um die Revision des Aktionsplans der Strategie – ein großes und wichtiges Vorhaben, da sich die politische Gemengelage in den Donauraumländern seit der Erstellung des letzten Ak tionsplans von 2011 stark verändert hat. Hierfür hat das Land zusammen mit dem Auswärtigen Amt und dem Land Bayern ein gemeinsames Positionspapier eingebracht. Da freut es mich besonders, dass im Vorfeld auch die Einbindung der zi vilgesellschaftlichen Organisationen stattgefunden hat und die Ergebnisse, die während des Informations- und Beteiligungs tags am 1. April erarbeitet wurden, auch in dieses Papier ein geflossen sind. Dafür von unserer Seite ein herzlicher Dank an das Staatsministerium, das dies konzipiert und organisiert hat.
Wie wichtig die institutionalisierte Kooperation mit den Staa ten in Ost- und Südosteuropa ist, sieht man besonders an den Themen Demokratieentwicklung und Rechtsstaatlichkeit. Da zu wird es nachher unter Punkt 22 auf der Tagesordnung auch noch eine Abstimmung geben. Die Probleme in diesem Be reich sind nicht neu. Aber bisher stand die Staatengemein schaft in der EU ihnen oft recht ratlos gegenüber, da in den EU-Mitgliedschaftsverträgen keine Sanktionen bei Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit vorgesehen sind. Man konnte sich vielleicht auch nicht so richtig vorstellen, dass sich Staa ten der Europäischen Union zu etwas anderem entwickeln als zu Rechtsstaaten.
Doch leider gibt es diese gegenläufigen Entwicklungen. In Po len, Ungarn, Tschechien, Bulgarien oder Rumänien gibt es be sorgniserregende Bestrebungen, die Rechtsstaatlichkeit abzu bauen. Das kann in einem Staatenverbund wie der Europäi schen Union, in dem sich alle Mitglieder demokratischen und
rechtsstaatlichen Prinzipien verpflichtet haben, natürlich nicht ohne Weiteres geduldet werden.
Wie auch die Landesregierung in ihrem Europaleitbild sagt, ist die EU eine Gemeinschaft des Rechts, deren Bestand von der Einhaltung der gemeinsam vereinbarten Regeln und Ver träge abhängt.
Daher ist es wirklich sehr zu begrüßen, dass die Europäische Kommission nun Maßnahmen zur Stärkung der Rechtsstaat lichkeit in den Mitgliedsstaaten vorgelegt hat – darüber nach her bei Tagesordnungspunkt 22.
Nein, ich nehme keine Zwischenfrage entgegen, Herr Fiecht ner.
Darunter finden sich drei Säulen. Die erste Säule sind Maß nahmen zur Förderung einer Kultur der Rechtsstaatlichkeit durch Stärkung der Zivilgesellschaft und Transparenz. Maß nahmen zur Verhinderung der Entstehung oder Verschlimme rung von Problemen in diesem Bereich sind als zweite Säule geplant. Diese beiden Ansätze zur stetigen Überprüfung und Prävention sind zentral, um zu verhindern, dass sich Proble me mit der Rechtsstaatlichkeit weiter verschärfen.
Vor allem muss die EU endlich auch die Möglichkeit erhal ten, bei Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit Sanktionen zu verhängen.
Ja, danke. – Dafür sieht die Kommission in ihren Vorschlä gen Verfahren z. B. zur Mitgliedschaftssuspendierung vor. Da rüber hinaus sind wir der Meinung, dass man hier auch bei der Vergabe von europäischen Fördermitteln ansetzen muss. Den europäischen Ausgaben müssen auch europäische Werte fol gen.
Ein Entzug von Fördermitteln ist natürlich auch heikel. Denn es besteht immer das Risiko, auch die breite Bevölkerung zu treffen und nicht nur die Regierungen, die die demokratischen Prinzipien tatsächlich verletzt haben. Deshalb sollten dem be treffenden Mitgliedsstaat auch nicht pauschal Mittel gestri chen werden, sondern zielgerichtet eingefroren und direkt ver waltet von der Kommission an die Kommunen und andere Fördermittelempfänger ausgegeben werden.
So könnte das Geld weiterhin dort ankommen, wo es ge braucht und sinnvoll verwendet wird. Aber die Vergabemacht läge eben nicht mehr allein bei den nationalen Regierungen.
Wir haben die Aufgabe, die Partnerinnen und Partner in den anderen Ländern, die für eine offene Gesellschaft, Rechts staatlichkeit und Freiheit stehen, zu unterstützen, ihnen bei zuspringen, um die Werte der Europäischen Union als Gan zes mit Leben zu füllen. Dazu möchten wir auch in Zukunft hier in Baden-Württemberg beitragen.
Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsiden tin, sehr geehrte Damen und Herren! Gestern hat der Neona zi Stephan E. gestanden: Er hat Walter Lübcke ermordet.
Zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik Deutsch land wurde ein Politiker, also ein Repräsentant unseres Staa tes und unserer Demokratie, von einem Rechtsextremen er mordet – oder von mehreren. Wir haben gerade erfahren, dass heute Morgen zwei weitere Männer im Zusammenhang damit verhaftet worden sind.
Walter Lübcke wurde erschossen, weil er sich für seine Mit menschen eingesetzt hat, weil er die viel beschworenen christ lichen Werte tatsächlich vertreten hat. Ein Ehemann, Vater und Großvater musste sterben, weil er politisch Haltung gezeigt hat. Wir sind auch heute in Gedanken bei Walter Lübckes Fa milie, seinen Freunden und Kollegen.
Aber der Schock und die Trauer dürfen uns auch nicht lähmen – deshalb haben wir dieses Debattenthema für heute beantragt –, sie müssen Folgen haben. Denn die rechtsextreme Gefahr, die es gibt, wird leider immer noch und immer wieder unter schätzt und sogar heruntergespielt, und das, obwohl die An zeichen dieser Gefahr deutlich spürbarer geworden sind.
In den letzten Jahren ist der Ton in politischen Debatten im mer rauer geworden. Drohungen und Beleidigungen gehören auf allen politischen Ebenen inzwischen leider zum Alltag. In rund 40 % aller Rathäuser in Deutschland gibt es laut einer neuen Umfrage Erfahrungen mit Stalking, Beschimpfungen und Drohungen, sehr oft aus der rechtsextremen Ecke.
Gerade die Gefährdung ehrenamtlich Aktiver auf kommuna ler Ebene stellt uns vor eine besondere Herausforderung. Erst vor einem Monat wurden rund 20 000 Mandate in Kreisen und Gemeinden in Baden-Württemberg neu vergeben, und die Menschen, die diese Ämter ausüben, sind die besten Botschaf
terinnen und Botschafter, die es für unsere Demokratie über haupt geben kann.
Nein, sicher nicht. – Sie ste cken viel Zeit und Energie in ihr Ehrenamt, und das mit dem Ziel, das Leben ihrer Mitmenschen zu verbessern. Gleiches gilt auch für die vielen Menschen, die in zivilgesellschaftli chen Organisationen tätig sind, für Flüchtlingshelfer, aber auch für Journalistinnen und Journalisten oder Geistliche und viele andere auch. Dass auch sie immer öfter Anfeindungen ausgesetzt sind, das ist nicht hinnehmbar.
Wir machen diese Erfahrungen mit Drohungen natürlich nicht erst seit 2015, seit dies zumindest in der öffentlichen Wahr nehmung stärker angekommen ist. Ich selbst habe meine ers te Morddrohung schon deutlich davor bekommen. Da war ich noch nicht im Landtag, da war ich noch nicht im Gemeinde rat von Göppingen. Es war einfach nur, weil ich mich bei mir zu Hause gegen Rechtsextremisten eingesetzt hatte.
Die Bedrohung ist also nicht neu, aber sie hat eine neue Ge fahrenstufe erreicht und ist inzwischen allgegenwärtig. Die ser Entwicklung müssen wir uns entgegenstellen und versu chen, das Risiko zumindest zu minimieren, z. B. indem wir Schulungen anbieten für den Umgang mit rechter Hetze im Netz wie auch auf der Straße.
Wir können zentrale Melde- und Beschwerdestellen schaffen oder die Opferberatung ausbauen, um die, die betroffen sind, nicht alleinzulassen. Denn eines muss ganz klar sein: Es darf in diesem Land keine Angst machen, sich zu engagieren.
Eines müssen wir in der Debatte aber auch beachten.
Ich höre Sie schon, aber es lohnt sich nicht wirklich.
Die Rechtsextremisten agieren heute natürlich anders als noch vor ein paar Jahren. Sie sind nicht einfach nur in irgendwel chen Kameradschaften oder Parteien Mitglied, sondern orga nisieren sich online in Gruppen, in sozialen Medien, um Netz werke zu bilden, die sich gegenseitig auch auf- und ansta cheln. Die Arbeit der Sicherheitsbehörden ist deshalb in die sem Bereich natürlich auch komplexer geworden, die Unter stützung der Politik in diesem Bereich speziell aber nicht im
mer unbedingt größer. Deswegen haben wir es jetzt eben auch mit Wissenslücken zu tun, die wir dringend füllen müssen.
Da fühlt sich wohl jemand angesprochen, und ich kann Ih nen sagen: völlig zu Recht.
Wir müssen nämlich auch eine Frage klären, wenn wir diese Debatte mit diesem Titel führen: Warum ist die Gefahr größer geworden? Darauf gibt es meiner Meinung nach eine klare Antwort: Nach einer Verrohung der Sprache braucht sich nie mand über eine Verrohung der Sitten zu wundern. Wir wollen natürlich dieses Verbrechen nicht instrumentalisieren, aber wir können diese Debatte nicht führen, ohne die Rolle einer spe ziellen Partei,
die auch in diesem Haus sitzt, zu beleuchten –
eine Partei, die gegen Andersdenkende hetzt, die Verfassungs feinde in ihren Reihen duldet oder sogar in Schutz nimmt, die allen anderen gern eine Mitschuld an begangenen Verbrechen gibt, sich selbst aber lieber als Opfer von Niedertracht und Verleumdung darstellt, wenn sie selbst in Verantwortung ge nommen wird,...
... eine Partei mit Abgeord neten und auch Mitarbeitern, die Andersdenkende wahlweise – das sind Zitate – „erlegen“, „an die Wand stellen“ oder „aus dem Helikopter werfen“ wollen.
Überhaupt: Auch die Benutzung von Waffen scheint kein Ta bu mehr zu sein. Das lässt sich mit einem Beispiel aus diesem Haus untermauern. Der Abgeordnete Stauch hat z. B. am 18. Februar 2018 einen Facebook-Beitrag auf seiner Seite ge teilt. Darin steht wörtlich – ich zitiere –:
Der bewaffnete Bürger ist ein selbstbewusster Bürger. Er weiß, dass er sich nicht jederzeit oder nicht in allen La gen auf rechtzeitige staatliche Hilfe verlassen kann.
Wer auf diese Weise versucht, Selbstjustiz und den Einsatz von Waffen von Privatpersonen zu legitimieren, und damit das staatliche Gewaltmonopol anzweifelt, der bereitet den Boden für die entsprechenden Taten.
Ja, ich bin deshalb überzeugt, eine solche Partei hat natürlich auch eine Verantwortung und ja, ich sage auch, eine Mitschuld an der zunehmenden Gewalt, die wir erleben und die auch die ses Verbrechen zur Folge hatte.
Wir anderen, die Parteien und politisch Aktiven, stehen in der Verantwortung, uns das nicht gefallen zu lassen, sondern uns hinzustellen und klar zu sagen: Das darf es in einer Demokra tie, in einer wehrhaften Demokratie auf gar keinen Fall geben.
Es ist auch gut, dass wir hier in Baden-Württemberg darüber reden, denn es darf nicht als ein reines Problem Ostdeutsch lands abgetan werden, wie es manchmal leider immer noch passiert. Auch hier haben wir Erfahrungen. Ich erinnere an den Messerangriff eines Mannes in Heilbronn 2018 auf drei Männer mit Migrationshintergrund, ich erinnere an diverse Angriffe auf Asylunterkünfte im Land, die immer noch statt finden. Erst am Dienstag hat sich z. B. noch etwas Neues er eignet. Da wurde im Kreis Konstanz die Wohnung eines mut maßlichen Administrators von einer rechten Chatgruppe durch sucht.
Um bei Konstanz zu bleiben: Unsere Kollegin Nese Erikli ist gerade auch in der Presse, weil sie massiven Anfeindungen von der rechtsextremen Szene ausgesetzt ist. Deshalb möch te ich die Gelegenheit nutzen, Nese Erikli, aber auch allen, die im Land von Rechtsextremen bedroht werden, unsere volle Solidarität zu versichern.
Nein, ganz sicher nicht – auch nicht von Herrn Fiechtner und auch nicht von Herrn Merz. Das können Sie sich sparen. Sie haben nachher noch Ihre Redezeit.
Wir sehen ja, dass die Ge fahr real gestiegen ist. Das sieht man ja auch hier im Landtag.
Wir sehen es aber auch an der gestiegenen Zahl der Straftaten und am gestiegenen Personenpotenzial von Rechtsextremis ten in Baden-Württemberg.
Deshalb müssen die Sicherheitsbehörden noch so ausgestat tet werden, dass sie ihr Augenmerk noch einmal besonders stark auf die rechtsextreme Szene richten können. Dazu ge
hört auch, dass die offenen Haftbefehle gegen Rechtsextreme im Land mit mehr Fahndungsdruck vollzogen werden. Dazu gehört eine stärkere Schwerpunktsetzung auf die Gefährder überwachung in diesem Bereich, und natürlich muss auch Het ze vor allem im Netz deutlich konsequenter verfolgt werden.
Allerdings muss man auch sagen: Konsequente Strafverfol gung allein wird das Problem nicht lösen. Es funktioniert nur im Zusammenspiel mit Prävention. Deshalb müssen wir die politische Bildung im Land, die wir auch hier leider immer wieder verteidigen müssen, stärken.
Die Umsetzung entsprechender Landesprogramme oder Ext remismusprävention an Schulen sollten Schwerpunkte in der politischen Bildung sein. Wir haben hier mit der Landeszen trale, konex, den Demokratiezentren und vielen anderen gute Partner, die wir auch im Kampf gegen Rechts unterstützen sollen, genauso wie auch die LEUCHTLINIE, die die Bera tung für Opfer rechter Gewalt durchführt. Die sollten wir drin gend stärken. Außerdem brauchen wir eine wissenschaftliche Aufarbeitung, eine Anlaufstelle für die Erforschung und Do kumentation rechtsextremer Strukturen in Baden-Württem berg, also ein Institut. Das steht auch in den Empfehlungen der beiden NSU-Untersuchungsausschüsse. Wir müssen jetzt gemeinsam dafür sorgen, dass diese auch umgesetzt werden und nicht nur leere Floskeln bleiben.
Zum Schluss habe ich quasi noch einen Appell. Ich weiß, es ist manchmal schwierig und kostet Zeit und nervt, aber es hilft nicht, sich im Netz über Hasskommentare aufzuregen und dann einfach weiterzuscrollen. Es hilft auch nicht, den Fern seher abzuschalten, wenn in der hundertsten Talkshow wie der gegen andere Menschen gehetzt wird.
Wir sind an einem Punkt angelangt, an dem alle Menschen tatkräftig für die Werte und Ideale eintreten müssen, die ihnen wichtig sind, an dem wir herabwürdigenden Kommentaren aktiv widersprechen müssen und an dem wir Drohungen oder seelischer oder körperlicher Gewalt nicht nur mit Zorn begeg nen müssen, sondern mit aktivem Handeln. Das gilt nicht nur für Angriffe, die auf uns selbst abzielen. In Solidarität müs sen auch diejenigen verteidigt werden, die es vielleicht nicht selbst können. Deshalb müssen wir den Mut haben, uns auch zu wehren.
Wir haben auch die Grundlagen dafür, nämlich das Grundge setz, das ich Ihnen einmal ans Herz legen möchte. Sie wissen – Artikel 1 –:
Die Würde des Menschen ist unantastbar.
Ich komme zum Schluss. – Dieses ewige, unveränderliche Versprechen des Grundgeset zes werden wir einlösen, indem wir den rechtsextremen Fein den der Demokratie, der Menschenrechte und unserer Verfas sung eine klare Antwort geben. Wir werden uns unsere offe ne Gesellschaft nicht zerstören lassen.
Danke schön.
Sehr geehrte Frau Präsiden tin, sehr geehrte Damen und Herren! Der öffentlich-rechtli che Rundfunk ist ein zentrales Standbein unserer Demokra tie, wie Sie wissen, und als solches muss er natürlich auch für die Zukunft fit gemacht werden. Denn die Digitalisierung bringt neue Anforderungen an die Medien mit sich. Der Zwei undzwanzigste Rundfunkänderungsstaatsvertrag bildet dies auch ab. Wir haben hier im Landtag schon im vergangenen Jahr ausführlich über den damals vorliegenden Entwurf dis kutiert. Dennoch möchte ich noch einmal kurz die drei wich tigsten Punkte aus grüner Sicht zusammenfassen.
Erstens ist die Überarbeitung des sogenannten Telemedien auftrags zentral. Dabei geht es vor allem darum, was ARD, ZDF und Deutschlandradio im Internet anbieten dürfen und wie lange. Hier war eine Anpassung an das digitale Zeitalter längst überfällig; denn in den letzten Jahren haben sich das Nutzungsverhalten und der Anspruch der Bürgerinnen und Bürger an ein modernes Rundfunkangebot stark verändert. Deswegen ist es auch richtig, dass z. B. die sogenannte Sie ben-Tage-Regel abgeschafft wird und Angebote nun länger in den Mediatheken zu finden sind. Die Abrufzahlen machen ja auch deutlich, dass die Mediatheken immer gefragter werden.
Als Vertreter der – zumindest in diesem Haus – etwas jünge ren Generation kann ich das auch nur bestätigen. Eine Fern sehzeitschrift hat in meinem Freundeskreis niemand zu Hau se. Bis auf vielleicht Fußball oder Handball wird dann ge schaut, wenn man selbst Lust und Zeit dazu hat. Deswegen ist
die Entscheidung auch wichtig. Denn der öffentlich-rechtli che Rundfunk zieht seine Akzeptanz schließlich auch daraus, dass er genutzt wird. Daher muss er in Zeiten der Digitalisie rung eben auch im Netz stattfinden.
Die Produktionsbranche sieht in den verlängerten Bereitstel lungen allerdings auch die Gefahr – das darf man nicht ver gessen –, dass Zweitverwertungen nicht mehr so einfach mög lich sind, und fordert vor diesem Hintergrund eine bessere Vergütung. Dieses Anliegen darf nicht unter den Tisch fallen und wird es auch nicht. Deshalb befürworten wir die aufge nommene Protokollerklärung, die auch eine Evaluation bein haltet. Meine Fraktion wird hier auch genau beobachten, wie der SWR in Zukunft damit umgeht.
Zweitens könnte mit dem neuen Staatsvertrag ein seit vielen Jahren andauernder Streit zwischen den Verlagshäusern und den Öffentlich-Rechtlichen beigelegt werden. Im Kern ging es darum, dass die Verleger der ARD, dem ZDF und dem Deutschlandradio vorwarfen, zu viele presseähnliche Texte online zu stellen und damit den Wettbewerb zu verzerren. Bei de Seiten haben jetzt zusammen einen Kompromiss gefunden, der so auch größtenteils übernommen wurde. Zukünftig sol len die Inhalte öffentlich-rechtlicher Webseiten und Apps schwerpunktmäßig Bewegtbilder bzw. Ton anbieten, und die Texte dürfen nicht im Vordergrund stehen, sondern sollen nur noch mit Sendungsbezug der thematischen Unterstützung die nen. Praktisch heißt das, dass sich die Angebote von Radio- und Fernsehsendern schon auf den ersten Blick von den An geboten der Verlage unterscheiden sollen.
Diesen Kompromiss begrüßen wir; denn er nimmt Rücksicht auf die Interessen beider Seiten und sorgt für ein angemesse nes Gleichgewicht zwischen der nötigen digitalen Präsenz der Öffentlich-Rechtlichen und dem Alleinstellungsmerkmal der Privaten.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist – drittens – die Barrierefrei heit. Mit dem neuen Staatsvertrag soll diese ausgebaut wer den, damit mehr Menschen Zugang zu den Angeboten des öf fentlich-rechtlichen Rundfunks erhalten. Audiodeskription oder Untertitelung leisten hier einen wichtigen Beitrag. Aller dings kann das auch nur ein erster Schritt sein. Wir sehen da weiteren Handlungsbedarf und hoffen, dass es da noch wei tergeht.
Zusammengefasst kann man sagen, dass der Staatsvertrag durchaus auch einen wichtigen Meilenstein für eine gut aus tarierte Medienlandschaft darstellt, die für Qualität und Mei nungsvielfalt sorgt und die Herausforderungen der digitalen Welt anpackt. Deswegen stimmt meine Fraktion hier sehr gern zu.
Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsiden tin, sehr geehrte Damen und Herren! Der Herr Minister hat im Endeffekt alles gesagt, was ich sagen wollte. Deshalb kann ich mich kurzfassen.
Es passt kein Blatt Papier zwischen uns. – Es wurde alles gesagt, aber nicht von jedem. Deshalb muss ich doch noch ein
bisschen auf den Gesetzentwurf eingehen, der uns jetzt vor liegt.
Danke. – Im vorliegenden Gesetzentwurf stehen vor allem zwei politische Ziele im Vordergrund: Das ist zum einen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, zum anderen die Für sorge für unsere Beamtinnen und Beamten.
Kommen wir kurz zum ersten Punkt: In Deutschland sind laut einer Emnid-Umfrage 86 % der Menschen davon überzeugt, dass die Bedingungen zur Vereinbarkeit von Familie und Be ruf noch verbessert werden müssen. Das zeigt, dass wir trotz verschiedenster Maßnahmen, die in den letzten Jahren auf al len politischen Ebenen ergriffen worden sind, immer noch ei nen gehörigen Nachholbedarf haben.
Die Lebensrealität von Familien verändert sich seit Jahrzehn ten rapide. Knapp die Hälfte der Mütter wünscht sich eine län gere Arbeitszeit, da Frauen natürlich zunehmend auch nach beruflicher und finanzieller Unabhängigkeit streben.
Diesen Weg der Gleichberechtigung und Selbstbestimmung unterstützt meine Partei selbstverständlich. Schließlich ist un sere Geschichte vom Feminismus und von Frauen, die ihre Rechte durchsetzen, geprägt.
Aber auch 79 % der Väter wünschen sich mehr Flexiblität, z. B. Zeit für die Familie. Andere Eltern wollen oder können aufgrund der Kinder nicht in Vollzeit arbeiten oder wünschen sich in manchen Lebensphasen, die Arbeitszeit zu reduzieren. Wir wollen Eltern dabei unterstützen, ihre Wünsche zu ver wirklichen und Arbeitszeit flexibler zu gestalten.
Deswegen muss die Politik – müssen wir hier – die Rahmen bedingungen dementsprechend anpassen. Deswegen haben wir uns auch zum Ziel gesetzt, die Arbeitsbedingungen der Beamtinnen und Beamten familienfreundlicher zu gestalten.
Konkret schaffen wir die Grundlage für den Vorbereitungs dienst in Teilzeit, damit Leute im Referendariat das besser un ter einen Hut bekommen können – das wurde schon angespro chen. Durch die Inanspruchnahme von Eltern- und Pflegezeit soll kein Nachteil hinsichtlich der Probezeit entstehen. Auch das ist ein wichtiger Punkt. Die Pflicht zur Vorlage eines At tests beim Sonderurlaub wegen eines erkrankten Kindes hat der Minister angesprochen. Auch da unterstützen wir die neue Regelung ausdrücklich. Wir Grünen stehen am Beispiel des Beamtenrechts für eine moderne Familienpolitik. Damit re agieren wir auch auf die Herausforderungen unserer Zeit.
Natürlich liegt uns auch die Fürsorge für die Beamtinnen und Beamten am Herzen. Auch hier hat der Minister bereits ange sprochen, dass seit Jahren der Widerstand und teilweise auch die Gewalt gegen Beamtinnen und Beamte zunimmt. Sie wer den immer wieder Opfer tätlicher Angriffe. Dabei ist der Voll zugs- und Vollstreckungsbereich natürlich in besonderer Art und Weise betroffen – aber nicht nur dieser.
In der Konsequenz entstehen Schmerzensgeldansprüche ge gen die Täter, wobei die Durchsetzung der Ansprüche leider oft an der Zahlungsunfähigkeit der Schuldigen scheitert. Wir sehen es als unsere Verantwortung an, in solchen Fällen ein zuspringen. Deswegen verzichten wir auch auf eine Mindest schadenshöhe. Wie der Minister bereits gesagt hat – das kön nen wir unterstreichen –, nehmen wir damit in der Bundesre publik eine Spitzenposition ein. Wir verurteilen jegliche Ge walt und kümmern uns um das Wohlergehen derer, die im Dienst des Staates in der ersten Reihe ihren Kopf hinhalten.
Ich kann noch kurz hinzufügen: Die Stellungnahmen der Ge werkschaften wurden mit aufgenommen. Das Finanzministe rium prüft, wie man vorgeht, um die Tarifbeschäftigten hier auf eine Ebene mit den Beamten zu bringen. Auch wir wer den das nicht aus dem Blick verlieren. Das ist eine Frage der Gerechtigkeit. Diese ist uns bei diesem Gesetz besonders wichtig.
Wir, das Land, sind uns unserer Verantwortung bewusst. Das Land ist sich als Arbeitgeber seiner Verantwortung bewusst. Wir kommen dieser Verantwortung nach. Wir sorgen für at traktive und moderne Arbeitsbedingungen und kümmern uns auch um das Wohlbefinden der Beamtinnen und Beamten, de nen ich hiermit im Namen meiner Fraktion für die Arbeit, die sie für das Land leisten, noch einmal einen ganz großen Dank aussprechen möchte. Deswegen werben wir bei Ihnen allen um Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf.
Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsiden tin, sehr geehrte Damen und Herren! Im Jahr 2017 wurden in Baden-Württemberg fast 64 000 Fälle von Aggressionsdelik ten registriert. Hinter jedem Fall steht mindestens ein Opfer, oft noch mehr als eines. Diesen wollen wir uns heute im Land tag im Zuge der Beratung der Großen Anfrage von CDU und Grünen widmen.
Nicht viele Menschen können – so wie die Kollegin Gentges – einschätzen, was es bedeutet, den besten Freund, die Ehe frau, den Vater durch einen Gewaltakt verloren zu haben, um einen geliebten Menschen zu bangen oder eine Schwester oder eine Freundin zu haben, die auch viele Jahre nach einer Ge walttat mit psychischen Erkrankungen zu kämpfen haben, die oft so lebensbestimmend sind, dass das Sprichwort „Die Zeit heilt alle Wunden“ falsch ist und für nichtig erklärt werden muss.
Kein Mensch kann sich darauf vorbereiten, als Opfer einer Gewalttat durch das Leben zu gehen. Was dann im weiteren Prozess auf einen als Zeuge oder als Zeugin zukommt, ist ei ne der größten Herausforderungen, die man sich nur vorstel len kann. Dazu kommt oft noch das Unverständnis des eige nen Umfelds oder staatlicher Stellen.
Deswegen bin ich froh, dass es viele Menschen gibt, die sich mit ganz verschiedenen Methoden und Möglichkeiten, mit großer Hingabe und viel Leidenschaft um die Betroffenen kümmern, ihnen zuhören, ihnen Beistand leisten und gemein sam einen steinigen Weg gehen. Für diesen Einsatz möchte ich mich im Namen meiner Fraktion bedanken.
Dieses vielfältige Engagement wird auch durch die Große An frage noch einmal deutlich. Zahlreiche unterschiedliche Ins titutionen sorgen sich um die Opfer. Opfer sind z. B. Frauen, die unter häuslicher und sexualisierter Gewalt leiden müssen, Kinder und Jugendliche, die missbraucht werden, oder Men schen, die aufgrund ihrer Herkunft oder sexuellen Orientie rung geschlagen werden.
Uns ist es wichtig, dass diesen Menschen geholfen wird. Da her unterstützt das Land Frauen- und Kinderschutzhäuser, In terventionsstellen und den Kinderschutzbund. Deswegen wur de durch die letzte, grün geführte Landesregierung z. B. die LEUCHTLINIE für Opfer rechter Gewalt ins Leben gerufen. Deswegen wird jetzt auch eine Antidiskriminierungsstelle auf gebaut, die Betroffenen beratend zur Seite stehen soll.
Es gibt also schon viele Angebote. Aber wenn man sich das Ganze in der Praxis anschaut, wenn man mit Menschen spricht, die selbst Opfer einer Gewalttat geworden sind, dann werden noch große Probleme deutlich. Zum einen ist es für die Opfer sehr schwierig, bei diesem vielfältigen Angebot, das es gibt – das ist auch gut –, durchzublicken, wo einem am bes ten geholfen werden kann. Hierfür bedarf es eingehender und kompetenter Beratungen mit Informationen aus einer Hand schon in dem Moment, in dem eine Anzeige gestellt wird, und eigentlich schon davor, wenn die Opfer mit sich ringen, ob sie überhaupt Anzeige erstatten sollen. Es braucht hier klarere
Strukturen. Wir müssen es Opfern so einfach wie möglich ma chen, denn nach einem schrecklichen Gewalterlebnis sollte nicht auch noch die Suche nach Hilfe an Bürokratie und Un kenntnis scheitern.
Uns ist auch wichtig, dass mit den Opfern von Beginn an sen sibel umgegangen wird. Zwar gibt es hier schon Fortbildun gen in vielen Bereichen, doch leider werden die Kenntnisse daraus im Alltag nicht immer angewandt. Alle vonseiten der Behörden eingeschalteten Personen müssen über das notwen dige Fingerspitzengefühl verfügen, um mit den Betroffenen umgehen zu können.
Des Weiteren müssen wir auch noch über Entschädigungszah lungen sprechen. Die Kollegin hat es auch schon angespro chen. Es ist eine hervorragende Nachricht, die wir bekommen haben, dass unsere Beamtinnen und Beamten – zumeist von der Polizei –, die Opfer einer Gewalttat werden, vom Staat entschädigt werden, wenn die Täter die Entschädigung nicht selbst zahlen können. Im Übrigen müssen wir aber auch über die weitere Opferentschädigung sprechen, z. B. in Bezug auf die Höhe der Sätze der Landesstiftung Opferschutz. Da wol len wir uns jetzt noch einmal ganz genau anschauen, welchen Mehrbedarf es tatsächlich gibt, und im Rahmen des Nach tragshaushalts alle Möglichkeiten prüfen. Das machen wir ge meinsam, sachlich und seriös, denn das Thema eignet sich nicht für parteitaktische Spielchen.
Ich möchte auch noch kurz auf den Fall in Staufen eingehen. Der Fall hat die ganze Republik erschüttert, keine Frage. Jetzt ist wichtig, dass die von Minister Lucha eingesetzte Kinder schutzkommission Vorschläge erarbeitet, wie solche schreck lichen Taten erkannt und vor allem dann verhindert werden können. Kinder sind unser höchstes Gut, und ihnen gebührt unser voller Schutz. Dafür wird jetzt gründlich und mit hoher Fachexpertise gearbeitet. Auch unsere Fraktion unterstützt das natürlich voll und ganz.
Ich bin schon am Ende. Sie kommen ja gleich noch dran.
Lassen Sie mich nur noch ganz zum Schluss sagen: Das The ma Opferschutz – das ist mir wirklich eine wichtige Sache – taugt nicht zur Kontroverse und zur Polarisierung.
Wir sollten hier im Landtag alle an einem Strang ziehen. Denn es sollte uns um Hilfe und Unterstützung, um Einsatz und Be gleitung und um Aufklärung und Beistand gehen – egal, ob sich das Opfer in einem Gerichtssaal befindet oder sonst ir gendwo.
Vielen Dank.
Vielen Dank. – Frau Präsi dentin, sehr geehrte Damen und Herren! Ich wollte eigentlich noch einmal in die Zukunft blicken, was es noch für Instru mente gibt, um vielleicht den Opferschutz zu verbessern, z. B. dass man an dem Täter-Opfer-Ausgleich – da wurden die Hür den ja schon herabgesetzt – noch weiter arbeitet, dass beste hende Regelungen in der gerichtlichen, staatsanwaltschaftli chen und polizeilichen Praxis auch stärker verankert werden, z. B. mit einem flächendeckenden Angebot an Zeugenbegleit programmen. Es gibt noch viele weitere Maßnahmen.
Aber, obwohl ich es eigentlich nicht wollte, muss ich jetzt doch ein paar Dinge zu dem Beitrag von Herrn Klos sagen.
Versuchen Sie sich einmal vorzustellen: Ein Mensch, der Op fer einer Gewalttat wurde und der sich aus Betroffenheit für das Thema im politischen Raum interessiert, hört, dass im Landtag von Baden-Württemberg darüber geredet wird. Stel len Sie sich vor, dieser Mensch hat heute im Publikum oder im Livestream diese Debatte verfolgt und musste anhören, was Sie, Herr Klos, heute von sich gegeben haben.
Ich muss ganz ehrlich sagen: Wenn ich nur darüber nachden ke, ist mir zum Kotzen – es tut mir leid.
Sie reden hier davon, dass es in der Debatte um Opferschutz darum gehe, Maßnahmen zu treffen – –
Sie sagen, dass es darum gehe, Maßnahmen zu treffen, um Straftaten zu verhindern. Es streitet ja niemand ab, dass es unser aller Interesse ist, Straf taten zu verhindern.
Aber heute geht es um den Opferschutz. Denn wir leben nun einmal nicht in einer perfekten Welt. Es werden Straftaten pas sieren. Niemand kann uns garantieren, dass diese zu 100 % verhindert werden. Darum geht es heute.
Sie werfen uns vor, Opfer zu instrumentalisieren, indem wir sie erwähnen. Das ist Quatsch.
Dadurch, dass man Opfer erwähnt, instrumentalisiert man sie nicht. Dadurch, dass man sie erwähnt, weist man auf wichti ge Themen hin. Was Sie aber tun, nämlich diese Opfer heran ziehen, um zu versuchen, eine Stimmung zu erzeugen, die in Ihre eigene politische Agenda passt, das ist die Instrumenta lisierung, und dagegen stehen wir. Dagegen werden wir im mer stehen.
Und wenn ich deswegen ein Gutmensch bin, dann sage ich Ihnen: Ich bin lieber ein guter Mensch als ein schlechter.
Sehr geehrte Frau Präsiden tin, sehr geehrte Damen und Herren! Das Informationsfrei heitsgesetz der letzten, grün geführten Landesregierung war ein wichtiger erster Schritt in die richtige Richtung. Nun ist vor allem wichtig, wie das Gesetz in der Praxis angewandt wird. Das ist ein wichtiges Anliegen meiner Fraktion. War um?
Erstens: Demokratie ist auf das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger angewiesen. Mit der Informationsfreiheit ermög lichen wir ein direktes, unzweifelhaftes und offenes Verhält nis zwischen Bürgerschaft und staatlichen Stellen.
Zweitens: Wir glauben, dass Informationsfreiheit interessier te Bürgerinnen und Bürger besser in die Lage versetzt, Ent scheidungsprozesse nachzuvollziehen. Gerade im Bereich der Digitalisierung sind da einige Möglichkeiten neu aufgekom men, die wir auch nutzen sollten.
Drittens: Wenn wir wollen, dass Bürgerinnen und Bürger nicht nur nachvollziehen, sondern auch mitbestimmen und mitent scheiden sollen, müssen wir ihnen auch die notwendigen In formationen zur Verfügung stellen. Denn aus demokratiethe oretischer Sicht ist Transparenz eine unbedingte Vorausset zung, damit eine Meinungs- und Willensbildung durch eine informierte Bürgergesellschaft möglich ist.
Um es mit Jürgen Habermas’ Konzeption der politischen Dis kursöffentlichkeit zu sagen: Die Offenlegung von Informatio nen ist die entscheidende Bedingung dafür, dass es zur Durch setzung des besten Arguments und damit zur Entscheidung im Sinne des Gemeinwohls kommen kann. Diesem Anspruch fühlen wir uns verpflichtet, und das Informationsfreiheitsge setz ebnet ebendiesem Anspruch auch den Weg.
Nichtsdestotrotz hätten sich die Grünen vor drei Jahren ein Gesetz vorstellen können, das weiter geht. Aber bekanntlich haben die Grünen auch damals in einer Koalition regiert, und da bestimmt eben nicht immer nur eine Partei allein über die Haltung in der Regierungsarbeit, sondern man arbeitet ge meinsam an Themen.
Aber auch, wenn nach unserer Meinung noch mehr gegangen wäre, können wir dem heute vorliegenden Entwurf ganz si cher nicht zustimmen. Denn das, was uns heute vorliegt, hat Schwächen, dass einem schwindelig wird. Vor allem zieht der Entwurf hier und da in abwegiger Art und Weise manche Stel len heraus, die unter das Gesetz fallen sollen, und andere nicht. Zudem wird auf andere bestehende Probleme überhaupt nicht eingegangen.
Wir machen das nicht. Wir schauen genau hin, was in Zukunft zu tun ist, und werden die Evaluation des bestehenden Lan desinformationsfreiheitsgesetzes gründlich auswerten.
Mit Blick auf den ersten Tätigkeitsbericht des Landesbeauf tragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Dr. Stefan Brink kann man schon erahnen, an welchen Stell schrauben in Zukunft gedreht werden muss. Das ist zum ei nen das Problem, dass die Informationsfreiheit leider noch ein Schattendasein fristet und für Behörden, für Journalistinnen und Journalisten, Bürgerinnen und Bürger ein relativ unbe kanntes Wesen ist. Der Landesbeauftragte und sein Team sind zwar viel im Land unterwegs und klären auf, aber hier besteht durchaus noch Nachholbedarf.
Dazu sind Fragen der Anwendung, Gebührenerhebung und Antragsberechtigung oft unklar. Das geht so weit, dass man che staatlichen Stellen zwar Anfragen beantworten, aber dann die Veröffentlichung, z. B. auf „fragdenstaat.de“, untersagen, was natürlich dem Zweck der Informationsfreiheit nicht dient. Wir müssen die Informationsfreiheit also bekannter machen und besser erklären.
Beim Gesetz selbst muss man sich die Ausnahmevorschriften und den Schutz der Vertraulichkeit noch mal genauer anschau
en. Man könnte durchaus noch mehr staatliche Stellen einbe ziehen und klar definieren, in welchen Fällen sich die Behör den auf Vertraulichkeit berufen können.
Außerdem gibt es noch die Frage der Gebührenregelung. Manche Kommunen erheben auch in einfachen Fällen oder sogar bei Ablehnung eines Antrags Gebühren. Das ist nicht bürgerfreundlich. Da könnte eine konkrete Satzung mit einem Gebührendeckel Abhilfe schaffen.
Trotzdem bleibt festzuhalten, dass wir mit dem Landesinfor mationsfreiheitsgesetz für einen Meilenstein gesorgt haben. Mit einem Kulturwandel in der öffentlichen Verwaltung hin zu mehr Transparenz und Offenheit haben wir die Demokra tie in Baden-Württemberg gestärkt. Und das werden wir mit Blick auf die Evaluation auch weiterhin tun – seriös und nicht auf diese Art, wie es hier geschieht. Darauf können Sie sich verlassen.
Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsiden tin, sehr geehrte Damen und Herren! Unsere Demokratie ist ein wertvolles Gut, und sie ist leider kein Selbstläufer. Wir müssen uns immer wieder damit beschäftigen, wie wir sie pflegen und anregen können und wie wir Menschen ermuti gen können, sich zu beteiligen.
In der vergangenen Legislaturperiode haben wir deswegen mit dem Informationsfreiheitsgesetz für einen Meilenstein ge sorgt. Denn mit einem Kulturwandel in der öffentlichen Ver waltung hin zu mehr Transparenz und Offenheit haben wir die Demokratie in Baden-Württemberg gestärkt.
Wir haben im Gesetz und jetzt auch im Koalitionsvertrag, wie Sie gerade schon gesagt haben, eine Evaluierung festgelegt, die wir allerdings ernst nehmen und bei der wir uns auch für Nachbesserungen starkmachen werden. Wir schauen genau hin, ob der Anwendungsbereich erweitert werden muss, wo bestehende Ausnahmevorschriften die Informationsansprüche in der Praxis besonders stark einschränken und ob die Gebüh renregelung nutzerfreundlicher gestaltet werden muss. Gleich zeitig wollen wir prüfen, ob das Informationsfreiheitsgesetz den Datenschutz an manchen Stellen vielleicht auch zu stark beschneidet.
Wem es aufrichtig um Transparenz und Demokratie geht, der muss all das gründlich prüfen. Das tun Sie mit Ihrem Gesetz entwurf nicht.
Das Ganze ist nämlich mehr als unvollständig. Ihr Entwurf bessert nicht die vorhandenen Schwächen des Gesetzes aus. Sie treffen eine Auswahl an Organisationen, die Ihnen nicht passen und deshalb durch die Aufnahme in das Informations freiheitsgesetz gegängelt und von Ihnen in irgendeine Ecke gedrängt werden sollen.
Der Kreis derer, die laut Ihrem Entwurf im Gesetz stehen sol len, ist jedenfalls höchst selektiv und nicht nachvollziehbar. Schließlich zielt die AfD mit ihrem Gesetzentwurf z. B. auch – das haben Sie nicht erwähnt – auf die Verbände, Organisa tionen und Firmen der Freien Wohlfahrtspflege ab und lässt dafür andere wichtige Forderungen, die z. B. auch der Lan desbeauftragte für Informationsfreiheit angesprochen hat – Stichworte Gebühren und Antwortbereitschaft –, vollkommen außen vor.
Ich erkläre Ihnen auch, warum Sie das meiner Meinung nach so machen. Die AfD-Bundestagsfraktion hat sich vor einigen Monaten in einer Kleinen Anfrage an die Bundesregierung zu Schwerbehinderten in Deutschland – viele haben es auch mit bekommen –