Leider gab es in den vergangenen Jahren eine sehr unerfreu liche Entwicklung, die mich persönlich sehr beschäftigt. Vor allem bin ich nicht bereit, diese gesellschaftliche Entwicklung zu akzeptieren. In erster Linie Polizeibeamtinnen und Polizei beamte, aber auch Angehörige weiterer Vollzugsdienste und andere Amtsträger werden im Dienst zunehmend mit Respekt losigkeit, mit Widerstand und mit Gewalt konfrontiert.
Als Opfer tätlicher Angriffe mit zum Teil erheblichen Verlet zungsfolgen können sie zwar Schmerzensgeld einklagen; bis lang jedoch gehen Betroffene an dieser Stelle leer aus, wenn der Täter oder die Täterin mittellos ist.
Damit die Beamtinnen und Beamten nicht mehr auf ihrem ein geklagten Schmerzensgeld und den damit verbundenen Kos ten sitzen bleiben und somit einen doppelten Schaden haben – erst werden sie an ihrem Körper, an ihrer Gesundheit ge schädigt, dann haben sie auch noch Prozess- und Anwaltskos
ten zu tragen –, springen wir in diesem Fall vonseiten des Lan des Baden-Württemberg und als Dienstherr künftig ein.
Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wollen wir daher eine Regelung zur Übernahme titulierter Schmerzensgeldansprü che in das Landesbeamtengesetz einführen.
Zweitens: Wie funktioniert das? Der Dienstherr kann künftig der Beamtin oder dem Beamten auf Antrag das Schmerzens geld unmittelbar auszahlen, lässt sich im Gegenzug den An spruch abtreten und übernimmt dann das Vollstreckungsver fahren gegen die Täterin oder gegen den Täter. Ein vom Ge richt ausgesprochenes Schmerzensgeld gilt dabei grundsätz lich als angemessen und muss, anders als in anderen Bundes ländern, keine Mindesthöhe überschreiten. Und – ganz wich tig – die Beamtinnen und Beamten müssen selbst keinen Voll streckungsversuch unternommen haben.
Wir wollen es aber auch bei dieser schon gut ausgestatteten Regelung nicht belassen. Wenn die neue Bestimmung zur Er füllungsübernahme von Schmerzensgeldansprüchen in Kraft getreten ist, werden wir Hinweise für die Verwaltungspraxis erlassen und dort die Gewährung von Rechtsschutz regeln. Auch das haben wir im Ministerrat bereits beschlossen. Wir wollen die Beamtinnen und Beamten damit bereits im Vor feld, wenn es um das Einklagen eines Schmerzensgelds geht, bestmöglich unterstützen. Noch einmal: Wir lassen unsere Be amtinnen und Beamten in einer solchen Situation nicht allein.
Ich habe noch eine gute Nachricht, liebe Kolleginnen und Kol legen, und zwar für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Landes Baden-Württemberg. Das Finanzministerium als Tarifressort hat mitgeteilt, diese Regelung übertariflich auch auf die Tarifbeschäftigten des Landes anwenden zu wollen. Diese Gleichstellung all unserer Mitarbeiterinnen und Mitar beiter ist mir besonders wichtig. Gleiches Recht für alle muss hier die Maxime sein.
Ich bedanke mich beim Finanzministerium, bei der Finanz ministerin, bei Frau Staatssekretärin Dr. Splett für diese her vorragende Lösung und dafür, dass wir auch in dieser Frage so eine gute Zusammenarbeit hatten.
Damit, verehrte Kolleginnen und Kollegen, nehmen wir in Baden-Württemberg im Bund-Länder-Vergleich eine absolu te Spitzenposition ein. Diese Premiumlösung für unsere Be amtinnen und Beamten, für unsere Tarifbeschäftigten ist auch mehr als angemessen.
Die betroffenen Kolleginnen und Kollegen halten schließlich für unsere Sicherheit den Kopf hin. Wir lassen unsere Staats diener nicht allein, sondern wir stehen hinter unseren Beam ten und unseren Beschäftigten. Wir geben uns alle Mühe, als Land Baden-Württemberg in einer solchen Situation der bes te Dienstherr in der ganzen Republik zu sein.
Ich will an dieser Stelle die Gelegenheit nutzen und allen Be schäftigten für ihren großen Einsatz danken, gerade unseren Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten, aber, lieber Kollege Wolf, auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, den Be amtinnen und Beamten im Justizvollzug, die Tag für Tag für unsere Sicherheit einstehen, die ihr körperliches Wohl riskie ren, um unsere Sicherheit zu gewährleisten. Herzlichen Dank all diesen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.
Mit dem vorliegenden Gesetz, liebe Kolleginnen und Kolle gen, sorgen wir aber auch für weitere Verbesserungen bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Das ist ein sehr wichti ges Thema, auf das ich jetzt als zweiten Punkt eingehen möch te.
Auch hier erhöhen wir die Attraktivität des öffentlichen Diens tes noch einmal. Wir sind im Land Baden-Württemberg im öffentlichen Dienstrecht bereits gut aufgestellt. Wir haben fle xible Regelungen und Möglichkeiten für Teilzeit und Beur laubung geschaffen. Den Vergleich mit anderen Dienstherren und Arbeitgebern müssen wir nicht scheuen. Familienfreund lichkeit wird beim Land Baden-Württemberg großgeschrie ben, und das ist richtig.
Aber auch hier gilt: Nichts ist so gut, dass es nicht noch bes ser werden könnte, zumal viele private Arbeitgeber in den letzten Jahren nachgezogen haben. Deshalb haben wir für die laufende Legislatur vereinbart, weitere Verbesserungen bei den familienbedingten Auszeiten im Beamtenrecht umzuset zen. Es ist mir wichtig, dass wir hier Stück für Stück voran schreiten. Das Land ist ein familienfreundlicher Arbeitgeber. Es will und muss ein familienfreundlicher Arbeitgeber sein, es will und muss jede Chance nutzen, um qualifizierte Nach wuchskräfte zu gewinnen.
Vor allem im Kultusbereich kam es in der Vergangenheit vor, dass Bewerberinnen und Bewerber z. B. wegen der Betreu ung ihrer Kinder immer wieder so stark gebunden waren, dass sie ein Vollzeitreferendariat einfach nicht stemmen konnten. Wir brauchen aber gerade im Schulbereich gute Nachwuchs kräfte, gute angehende Lehrerinnen und Lehrer. Wir können und wollen hier keine Potenziale verschenken.
Deshalb wird es künftig erstmals grundsätzlich möglich sein, einen Vorbereitungsdienst z. B. als Lehramtsreferendariat in Teilzeit zu absolvieren. Dafür schaffen wir im Beamtenrecht nun die Grundvoraussetzungen. Ob und, wenn ja, wie ein sol cher Vorbereitungsdienst in Teilzeit angeboten wird, darüber entscheiden die Ressorts in eigener Verantwortung, wie das seit der Dienstrechtsreform vorgesehen ist. Ich weiß aber si cher, dass etwa das Kultusministerium von dieser Möglich keit sofort Gebrauch machen wird.
Nun können also Teilzeitmodelle entwickelt werden, soweit das in der jeweiligen Ausbildung sinnvoll ist. Das Angebot
richtet sich an Beamtinnen und Beamte, die Kinder erziehen, die Angehörige pflegen, die schwerbehindert sind. Das ist gut und richtig. Das Kultusministerium ist bereits dabei, ein sol ches Modell auf den Weg zu bringen, damit schon zu Beginn des neuen Jahres die ersten Lehramtsreferendarinnen und Lehramtsreferendare in Teilzeit einsteigen können.
Meine sehr verehrten Kolleginnen und sehr geehrte Kollegen, in diesem Gesetzentwurf sind noch weitere Verbesserungen bei den familienbedingten Auszeiten vorgesehen.
Herr Minister, Sie haben gerade eben das Thema „Referendariat in Teilzeit“ angespro chen. Ich teile ausdrücklich Ihre Einschätzung, dass es eine gute Sache ist, dass wir das zukünftig machen können, weil wir in der Tat auf keinen einzigen Bewerber, keine einzige Be werberin verzichten können.
Nun hat aber Ihre Ministerkollegin Frau Dr. Eisenmann ge sagt, sie möchte die Möglichkeiten von Teilzeit bei Lehrerin nen und Lehrern eher einschränken, um auf den großen Be darf an Lehrkräften entsprechend reagieren zu können. Wie passt das zusammen, bzw. sind Sie im Gespräch mit Ihrer Kol legin?
Lieber Herr Abg. Dr. Kern, seien Sie mal ganz versichert, dass ich mit der Kultusministerin nicht im Ge spräch bin. – Ich bin mit ihr in intensivem Gespräch,
(Heiterkeit der Abg. Thomas Blenke und Nicole Ra zavi CDU – Abg. Nicole Razavi CDU wischt sich symbolisch Schweiß von der Stirn.)
und zwar ständig und insbesondere in dieser Frage. Ich weiß: Es ist der Kultusministerin, Frau Dr. Eisenmann, ein großes Anliegen,
für die Lehrerinnen und Lehrer im Vorbereitungsdienst diese Teilzeitmöglichkeit zu schaffen. Insbesondere in ihrem Res sort, im Kultusressort, scheint mir das eine besonders große Rolle zu spielen. Deswegen schaffen wir nun eine Grundla ge, dass das Kultusministerium diese Möglichkeit hat, sie auch zeitnah umsetzen kann – nicht irgendwann, sondern im Grun de genommen in wenigen Wochen, zum 1. Januar des nächs ten Jahres. Ich weiß auch, dass Frau Kultusministerin Dr. Ei senmann umgehend Gebrauch davon machen wird.
Herr Minister, vielen Dank für das Zulassen der Frage. – Ich habe jetzt Ihre Antwort auf die Frage des Kollegen Dr. Kern nicht ganz nachvollziehen können.
Das Referendariat im Bildungsressort in Teilzeit: Ja. Aber wenn das Referendariat vorbei ist – und das korrespondiert mit der Aussage von Frau Dr. Eisenmann –, kommt ja der nor male Dienst, und dann ist die Teilzeit eben nicht mehr mög lich, so Frau Dr. Eisenmann.
Das heißt also, da entsteht ein Bruch. Das waren jedenfalls die Presseveröffentlichungen zu Beginn dieser Woche.
Die Kultusministerin ist ja zugegen und steht auch für die Beantwortung von Anfragen zur Verfügung. Aber es wäre mir völlig neu, dass man den Lehrerberuf jetzt nicht mehr in Teilzeit ausüben könnte oder dass die Kultusministe rin solch sinistere Pläne hätte. –
(Vereinzelt Heiterkeit – Abg. Dr. Timm Kern FDP/ DVP: Einschränken will sie es schon! – Zuruf von der SPD)