Protocol of the Session on June 29, 2016

Moment, jetzt bin ich dran. – Vorhin haben Sie bereits den Zwischenruf „Kümmern Sie sich um Ihren eigenen Antisemi tismus!“ getätigt; ich habe mir den Auszug aus dem Entwurf des Protokolls geben lassen. Jetzt haben Sie noch von „Brand stiftung“ gesprochen. Das waren jetzt zwei solche Begriffe in einer Debatte. Beim nächsten Ordnungsruf muss ich Sie des Saales verweisen.

(Beifall bei den Grünen, der CDU, der SPD und der FDP/DVP)

Zu diesem Parlament gehört es, sich an bestimmte Gepflogen heiten zu halten. In diesem Parlament war es bisher Usus und wird es zum Glück auch weiterhin so sein: „Antisemitismus“ und solche Worte gehören nicht zu diesem Landtag. Ich bitte alle, sich daran zu halten.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen, der CDU und der SPD – Abg. Dr. Heinrich Fiechtner AfD: Kann ich mich dazu äußern? In eigener Sache! – Gegenruf des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Nein! – Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Am Schluss der Debatte! – Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Eine persönliche Erklärung können Sie gern am Ende der De batte abgeben.

Jetzt fahren wir fort. Das Wort erhält Herr Abg. Dr. Schwei ckert.

Frau Präsidentin, lie be Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! In Great Britain, dem großartigen Great Britain, das demnächst

vielleicht nur noch ein „Small Britain“ sein wird, hat die Ge neration Empire der Generation Erasmus die Zukunft genom men.

Ich denke, das spiegelt wider, was wir in der vergangenen Wo che erlebt haben. Es liegt jetzt an uns, das Ganze politisch zu bewerten. Auch da tut uns nach meiner Meinung etwas Ge lassenheit gut. Ich finde es schon interessant, dass gerade Sie, Herr Meuthen, zu Gelassenheit aufrufen.

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Richtig!)

Das ist schon ein bisschen ein Treppenwitz angesichts dessen, was in Ihren Foren an Euphorie nach diesem „Brexit“ losge treten worden ist. Wir sollten diesen als Demokraten akzep tieren, aber auch überlegen, wie es weitergeht.

Als Hochschulprofessor sehe ich dann, dass ein paar Stunden später schon die Hochschulrektorenkonferenz, Herr Hippler, in einer Pressemitteilung fordert – ich zitiere –:

Wir werden alles tun, um die Zusammenarbeit zwischen den Hochschulen in Großbritannien, Deutschland und der gesamten EU möglichst unvermindert fortzusetzen.

Das ist für mich der falsche Weg. Wenn Großbritannien ent schieden hat, rauszugehen, muss es auch raus. Das darf dann kein softer Weg sein, sondern muss mit klaren Einschränkun gen verbunden sein, so hart es im Einzelfall auch ist. Es kann keine Mitgliedschaft geben, bei der man sagt: Wir nehmen im Sinne von Rosinenpickerei nur das mit, was wir gern hätten.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Meine Damen und Herren, es gehört noch etwas dazu – das habe ich jetzt vermisst, gerade bei den Regierungsfraktio nen –: Wir können nicht nur in Sonntagsreden sagen, man müsse in der EU wieder die Herzen der Menschen gewinnen. Vielmehr gehört auch dazu, aufzuhören, permanent auf euro päische Regelungen draufzusatteln. Doch das wurde in der Vergangenheit sowohl beim Bund als auch hier im Land in vielen Bereichen getan.

Herr Kollege Schwarz, Sie haben die Habitatrichtlinie gelobt. Ja, die kann man loben. Was man aber nicht loben kann, ist die Umsetzung. Denn die Umsetzung hat dazu geführt, dass gerade die baden-württembergischen Landwirte maximal be nachteiligt wurden. Schauen Sie sich einmal die Allergenver ordnung an. Diese wird in Deutschland seit dem 13. Dezem ber 2014 umgesetzt – viele Grüße an die Große Koalition in Berlin –, doch der elsässische Koch hatte von der Allergen verordnung bis Anfang dieses Jahres noch gar nichts gehört.

Das sind natürlich Punkte, bei denen wir, das Landesparla ment, uns schon an die eigene Nase fassen müssen und nicht nur in Sonntagsreden sagen dürfen, hier müsse etwas getan werden und seien Änderungen notwendig, die wir einfordern. Nein, wir werden auch Sie von der Regierung in Zukunft da ran messen, wo Sie auf europäische Regelungen etwas drauf satteln. Denn auch das führt dazu, dass Europa vielleicht im Kopf, aber nicht in den Herzen der Menschen ankommt.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Die Redezeit ist schon abgelaufen, wenn die Uhr nicht ganz kaputt ist.

Sie haben noch anderthalb Mi nuten Redezeit.

Denn da steht „– 2“. Okay.

(Abg. Nicole Razavi CDU: Was?)

Das hat alles seine Richtigkeit. Die anderen Redner hatten „– 2:30“, also zweieinhalb Minu ten. Deshalb bekommen Sie das natürlich auch.

Ich brauche die zwei einhalb Minuten definitiv nicht.

Wir müssen uns überlegen, wie wir damit umgehen. Ich be fürchte, dass dieses Stimmungsbild, das wir jetzt in Großbri tannien haben, auch in anderen Regionen Europas eine vor handene Stimmung widerspiegelt.

Wenn sich Europa nicht auf eine Reformagenda einigt, wer den wir dieses europäische Projekt nicht in dem Sinn weiter führen, wie wir es gern hätten. Dazu gehört, dass dieses Haus auch das Selbstbewusstsein hat, z. B. das Thema Subsidiari tätsrüge beim Thema „Audiovisuelle Medien“, die wir im Eu ropaausschuss behandelt hatten, endlich einmal nach vorn zu bekommen. Ich freue mich auf die Auseinandersetzungen mit Ihnen zu diesem Thema, und ich freue mich darauf, dass wir kritisch, konstruktiv-kritisch, aber immer proeuropäisch die Vorteile und die Leistungen der EU in Zukunft besser heraus stellen und dann die Menschen nicht nur im Verstand, sondern auch über die Herzen tatsächlich überzeugen.

Wenn sich dann auch noch die Brüsseler Bürokratie aus dem Alltag der Menschen heraushält und dafür die großen europä ischen Aufgaben wie die Bewältigung der Flüchtlingskrise endlich in den Griff bekommt, werden wir – da bin ich mir si cher – auf der Basis dieser Grundachse proeuropäisch, aber konstruktiv-kritisch eine Zukunft der EU gestalten können. Denn ein „Weiter so!“ darf es nicht geben.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der Grünen)

Meine Damen und Herren, da mit wären wir am Ende der Debatte und der Beratung.

Jetzt geht es darum, Herr Abg. Dr. Fiechtner: Eine persönli che Erklärung ist nach § 82 b der Geschäftsordnung nur mög lich, wenn – – Ich lese § 82 b Absatz 2 vor:

Persönliche Erklärungen dürfen nur die Zurückweisung eines persönlichen Angriffs oder die Berichtigung einer unrichtigen Wiedergabe von Ausführungen zum Gegen stand haben.

Also: Sie können sich nur zu dem, was ich Ihnen vorgelesen habe – „Brandstiftung“ haben Sie in einem Zwischenruf ge sagt; der zweite Zwischenruf lautete: „Kümmern Sie sich um den Antisemitismus in Ihren Reihen“ –, äußern. Das habe ich gerade vorgelesen. Nur dazu können Sie sich äußern.

(Zurufe)

Zu anderen Punkten ist eine persönliche Erklärung nicht mög lich, weil es nach der Vorlage eben so war. Sie haben jetzt nur

die Möglichkeit, der Aufforderung, der Bitte von Herrn Schwarz nachzukommen und sich zu entschuldigen – mehr nicht.

(Zurufe)

Sehr verehrte Frau Präsi dentin! Sie haben vollkommen recht: Manche Diskussionen gehören nicht in dieses Parlament, und manche Umgangsfor men sind wirklich verbesserungswürdig. Dazu rechne ich auch die Beschuldigung unserer Fraktion – –

(Abg. Nicole Razavi CDU: Das ist keine Entschuldi gung! – Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Moment, Herr Dr. Fiechtner. Halt, stopp! Herr Abg. Dr. Fiechtner, das ist keine persönliche Erklärung. Damit entziehe ich Ihnen das Wort.

(Abg. Nicole Razavi CDU: Das ist ja peinlich! – Zu ruf: Unfassbar!)

Entweder Sie kommen der Bitte nach und entschuldigen sich, oder das Wort wird Ihnen sofort entzogen.

Ich werde mich bei Herrn Schwarz, weil er uns des Schürens von Spaltung bezichtigt hat,...

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Halt, stopp!

... auf keinen Fall ent schuldigen.

Das ist keine Entschuldigung. Ich entziehe Ihnen das Wort, Herr Abg. Dr. Fiechtner.

(Anhaltende Unruhe – Zurufe)

Nein.

Meine Damen und Herren, wir sind damit am Ende der De batte. Ich bitte Sie wirklich alle darum, erstens die Geschäfts ordnung noch einmal anzuschauen – diese ist kompliziert –,