Ich muss sagen: Wir haben in den letzten Jahren gehandelt, erfolgreich gehandelt, und so machen wir das weiter.
Sehr geehrte Frau Prä sidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Wahlprogramm der CDU stand zu diesem Thema eine ganz bemerkenswerte Passage. Ich zitiere Seite 75:
Wir werden... die Umweltzonen auf ihre Sinnhaftigkeit überprüfen, generelle Fahrverbote weiterhin ablehnen, denn sie sind unsozial und treffen all jene, die täglich auf dem Weg zur Arbeit auf das Automobil angewiesen sind.
(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU: Genau so haben wir es gemacht! – Abg. Nicole Razavi CDU: So ist es richtig!)
Lieber Herr Kollege Reinhart, Sie haben gesagt, Sie müssten sich den Experten fügen und Sie hätten keine andere Wahl. Dann frage ich Sie jetzt konkret: Was sagen Sie denn einer Rentnerin, einem Rentner, die bzw. der mit einem Euro-4-Die sel in Cannstatt unterwegs ist und ins Remstal fährt, um einen guten Wein einzukaufen
oder andere sinnvolle Dinge zu machen, oder der Arbeitneh merin, die in Sommerrain zur S-Bahn fährt? Wenn an der Messstelle in Cannstatt der Stickoxidwert bei 27 Mikrogramm pro Kubikmeter liegt, dann frage ich mich: Wieso nimmt man das gesamte Stadtgebiet? Das, was Sie da vorsehen, ist unver hältnismäßig. Da müssen Sie einmal die Zahlen anschauen, die jetzt zum 1. Juni vorgelegt wurden. Das, was Sie da sa gen, passt doch nicht zusammen.
Es wurde hochgelobt, dass es große Übergangsregelungen gibt. Lieber Herr Verkehrsminister, da steht dann: Die Über gangsregelung für das Handwerk ist nicht befristet;
Ich habe mit der Handwerkskammer gesprochen und gefragt: „Mensch, wie sieht denn die Selbstverpflichtung aus?“ Die Handwerkskammer sagte: „Das würde uns auch interessieren. Wir haben diese Woche den Verkehrsminister angeschrieben, dass er das einmal erklärt.“ So sieht also die Transparenz des Verkehrsministers bei dem Thema aus.
Er legt es so fest, wie er es sich vorstellt. Deswegen: Achtung, liebe Handwerkskammer, die Fahrverbote drohen auch den Handwerkern, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Aber klar ist: Wenn die Grenzwerte am Neckartor nicht ein gehalten werden, folgt logischerweise zum 1. Januar 2020 – – Das ist der Automatismus, den wir sehen. Man könnte ganz klar sagen: Wenn die Grenzwerte nicht eingehalten werden, dann sieht diese Landesregierung für Euro-5-Dieselfahrzeu ge, für zwölf Millionen Fahrzeuge in der Bundesrepublik Deutschland, Fahrverbote in Stuttgart vor. Das ist Fakt. Inso fern brauchen wir dann nur die Grenzwerte am Neckartor an zuschauen. Dann gibt es nichts mehr zu entscheiden, so, wie Sie es handhaben. Dann haben Sie diese Entscheidung näm lich auch schon getroffen.
Abschließend möchte ich daher noch auf etwas eingehen. Lie ber Herr Ministerpräsident, ich habe Ihr Interview bei Mar kus Lanz vor einigen Monaten gesehen. Dort haben Sie ge sagt: „Mir läuft die Zeit davon. Ich möchte auch keine Fahr verbote, aber die Zeit drängt. Uns läuft die Zeit davon, um ab zuwarten, bis wir die Fahrverbote durch neue Technologien – wir sehen ja, wie sich die Werte entwickeln – vermeiden kön nen.“ Ich finde es dann schon bemerkenswert, dass Sie das bei Markus Lanz sagen – das kann man auch nachschauen –, hier aber in der Entscheidung auf die Berufung verzichten.
Entweder streuen Sie – wie das Sandmännchen – den Men schen Sand oder Feinstaub in die Augen – das ist eine Täu schung der Bürgerinnen und Bürger –, oder es ist ein Ausdruck von sozialer Entfremdung.
Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen, liebe Kollegen! Zu dem, was von Herrn Verkehrsminis ter Hermann gesagt wurde, muss man kurz Stellung nehmen.
Eines möchte ich noch einmal ganz klar verdeutlichen: Das Thema „Mobilitätswende, verändertes Mobilitätsverhalten“ wird in den nächsten 20, 30 Jahren eine der größten Heraus forderungen für dieses Land Baden-Württemberg sein. Wir alle müssen gemeinsam mit den Menschen diese Mobilitäts wende gestalten.
Aber da kommt der entscheidende Unterschied, Herr Ver kehrsminister. Fange ich bei der Frage des zukünftigen Mo bilitätsverhaltens damit an, in die Rechte der Menschen ein
zugreifen, mit Verboten zu arbeiten, oder fange ich an, zu wer ben und Angebote zu machen? Sie sind auf der Verbotsseite.
Wir sind auf der Seite der Menschen, die wir mit guten Ange boten dazu bringen wollen, ein sinnvolles Mobilitätsverhal ten an den Tag zu legen.
Wenn Sie mit Verboten anfangen und gleichzeitig Maßnah men wie diese Busspur erdenken, die offensichtlich zu einer Chaotisierung des Verkehrs in Stuttgart führen wird, dann glaube ich, dass es Ihnen darum geht, immer noch mehr Bei spiele dafür zu sammeln, dass der Leidensdruck der Menschen so hoch ist, dass sie gar nicht mehr anders können, als zu sa gen: Wir brauchen das Auto jetzt definitiv nicht mehr.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, hier wurde gesagt, wir hätten nicht über Maßnahmen gesprochen. Eine der wich tigsten Maßnahmen kommt offensichtlich nicht vom Fleck, nämlich das Thema Hardwarenachrüstung. Da geht es darum, dass sich die Autoindustrie zu ihrer Verantwortung bekennt. Da geht es aber auch darum, dass die politischen Widerstän de in Berlin, und zwar insbesondere in den Reihen der CDU und auch der CSU, gebrochen werden.
Da möchte ich Sie schon bitten, Ihren Einfluss geltend zu ma chen, Herr Kollege Strobl, weil es nicht sein kann, dass wir diese wichtige Maßnahme, die vor den Fahrverboten kommen muss, nicht durchführen können. Die SPD hat sich klar für Hardwarenachrüstungen ausgesprochen.
(Beifall bei der SPD – Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Falls du es nicht mitbekommen hast: Die SPD regiert in Berlin!)
Der letzte Punkt soll sein: Herr Verkehrsminister, Sie sagen hier, die Opposition solle doch mal konkrete Vorschläge ma chen. Sie sind seit sieben Jahren Verkehrsminister in diesem Land. In dieser Stadt gibt es einen grünen Oberbürgermeister. In diesem Land gibt es seit sieben Jahren einen grünen Minis terpräsidenten. Diese Hilflosigkeit in der Frage der Mobilität, des Verkehrs und des Gesundheitsschutzes
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich hoffe, dass bei mir die Zeit in der zweiten Runde auch nicht läuft.
(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Natürlich läuft die! – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Die läuft sogar ganz stark!)
Viele Worte, viele Emotionen. Ich werde mich deshalb auf ganz Wesentliches beschränken. Es geht hier in der Diskussi on um das Verhältnis von erster und dritter Gewalt zueinan der. Herr Kretschmann ist leider weg. Er sagt: „Wir müssen uns an die Gesetze halten.“ Das ist natürlich richtig für uns als Einzelpersonen. Aber die Frage ist: Muss sich die erste Ge walt, muss sich das Parlament, der Souverän, an jeden Rich terspruch halten?
Kann der Richter das Parlament zu einem bestimmten Verhal ten zwingen, meine Damen und Herren? Das ist eine grund sätzliche verfassungsrechtliche Frage, die wir hier aufwerfen müssen.