Aber dass die Herren Strobl und Lucha es mit dem Heiligen Geist nicht so haben, das wird in diesem Haus wahrscheinlich niemanden wundern, meine Damen und Herren.
Jetzt plötzlich stellen wir fest: Dienstagvormittag beantragt die FDP/DVP eine Debatte zu ihrem Antrag. – Am Montag hatten wir zunächst eine Aktuelle Debatte zu einem anderen Thema beantragt; das mussten wir dann aufgrund höherer Ge walt verändern. – Am Dienstag beantragten wir also vormit tags eine Antragsdebatte zu diesem Konzept, das fehlt, und am Dienstagabend erfahren wir dann: Jetzt ist dieses Konzept plötzlich da.
Aber das Problem bei diesem Konzept ist: Das Entscheiden de fehlt wieder. Es fehlt nämlich die Durchsetzung der Alters feststellung für minderjährige Flüchtlinge. Denn Sie in der Koalition können sich offenbar immer noch nicht einigen. Was Sie da jetzt bringen, mag schöne Lyrik sein. Aber das Ent scheidende fehlt, und das ist die Beweislastumkehr bei der Al tersfeststellung für minderjährige Flüchtlinge.
Deshalb können Sie das Konzept, das Sie in der heutigen De batte nun vermutlich preisen werden, das Sie gestern Nach mittag mit heißer Nadel gestrickt haben, um in der heutigen Debatte nicht völlig blank dazustehen, vergessen. Sie können das vom Tisch wischen. Stimmen Sie unserem Antrag zu. Wir brauchen eine Bundesratsinitiative zur Umkehr der Beweis last.
(Beifall bei der FDP/DVP und der AfD sowie der Abg. Dr. Heinrich Fiechtner und Dr. Wolfgang Ge deon [fraktionslos])
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Her ren! Für meine Fraktion möchte ich festhalten: Wir bekennen uns zu der Verantwortung, unbegleitete minderjährige Aus länder hier aufzunehmen und sie nach den Regelungen und Vorschriften der Jugendhilfe zu versorgen und zu betreuen.
(Vereinzelt Beifall bei den Grünen – Abg. Dr. Ger hard Aden FDP/DVP: Das haben wir auch nicht be stritten!)
Diese wichtige Aufgabe weist das SGB VIII den Kommunen zu; bei uns in Baden-Württemberg ist dies den Stadt- und Landkreisen zugewiesen. Dazu gehört natürlich auch die Auf gabe der Altersfeststellung nach § 42 f des SGB VIII, neben anderen gesetzlichen Regelungen zur Altersfeststellung, bei spielsweise im Aufenthaltsgesetz.
Das bedeutet im Gegenzug aber auch, dass die Maßnahmen der Jugendhilfe unbegleiteten Minderjährigen vorbehalten
Die Maßnahmen der Jugendhilfe enden auch nicht automa tisch mit dem 18. Geburtstag, sondern sie bemessen sich am jeweiligen individuellen Bedarf und an der Lebenssituation. Das ist auch sinnvoll; denn wir wollen ja, dass unbegleitete minderjährige Ausländer hier bei uns beispielsweise einen Schulabschluss anstreben und erfolgreich einen Weg in Aus bildung und Berufsleben finden.
Wir wissen auch, dass die übergroße Mehrzahl der UMAs dies sehr ernst nimmt und zielstrebig hieran arbeitet. Das hören wir auch von haupt- und ehrenamtlichen Begleitern und den Einrichtungen.
Wir tragen einerseits die Verantwortung für die Gewährleis tung der Rechte der UMAs; das bedeutet im Umkehrschluss aber andererseits, dass es uns ein Anliegen ist, zu wissen, wer sich hier aufhält, welches Alter diese Personen haben. Das war in der Vergangenheit so, und das werden wir auch künftig so fortsetzen.
Es gibt nun vom Bund und von der EU Ankündigungen zu ei ner Neuregelung der Altersfeststellung. Wir begrüßen diese Schritte, die zu einer wirklichen Klärung beitragen. Die Bun desregierung hat das im Koalitionsvertrag angekündigt, und wir sind grundsätzlich bereit, diese Vorschläge zu unterstüt zen. Es wäre aber gut, wenn sie denn einmal kämen.
Zum anderen wird auf europäischer Ebene die Asylverfah rensrichtlinie überarbeitet und als Verordnung neu gefasst. Dieser Prozess steht wohl kurz vor dem Abschluss, aber auch hier warten wir noch auf Details. Es steht aber im Raum, dass es Regelungen zu Mitwirkungspflichten geben soll
und auch eine Regelung zur Vermutung des Alters – keine Be weislastumkehr, denn das ist dem Strafprozess vorbehalten, sondern eine Vermutungsregelung, denn wir sind hier in ei nem Verwaltungsverfahren; Herr Rülke, das nur nebenbei.
Trotzdem hat die Landesregierung bereits Maßnahmen einge leitet, um dem Ganzen schon vorzugreifen und die Erfassung und Altersfeststellung von unbegleiteten Minderjährigen zu
verbessern, z. B. durch Nacherhebungen und Nachkontrolle und bei der Registrierung und Altersfeststellung der UMAs hier in Baden-Württemberg. Von dort stammen auch die von Ihnen zitierten Zahlen.
Bereits im August 2017 haben das Sozialministerium und das Innenministerium gemeinsam Handlungshinweise herausge geben,
damit Jugendhilfe und Ausländerbehörden – beide – eine ef fektive Altersfeststellung in Baden-Württemberg gewährleis ten können. Wir setzen auch weiterhin auf die enge Koopera tion von Ausländerbehörden und Jugendämtern.
Dass diese Handlungsweise überprüft wird – und das auch schon seit mehreren Wochen und Monaten – und jetzt eine Überarbeitung erfahren hat, wie wir der Presse entnehmen konnten, hat wirklich nichts mit Ihrem Antrag zu tun.
Sie schlagen in Ihrem Antrag jetzt vor, „Ausländerbehörden“ sollten die Altersfeststellung „direkt bei der Einreise... ver bindlich für alle Behörden“ vornehmen.
weil bei der Einreise gar keine Ausländerbehörde beteiligt ist. Das könnten Sie sich vielleicht noch einmal genauer überle gen.
Wir sehen auch keinen Zusammenhang mit dem jetzt ange kündigten Konzept der Landesregierung, weil auch Heidel berg nun einmal nicht direkt an der Grenze liegt – höchstens bei Ihnen. Aber wo bei Ihnen die Grenzen liegen, fragen wir uns öfter.
Bei dem sensibelsten Bereich, den Sie vorhin aufgegriffen ha ben, nämlich beim Stichwort „Straffälligkeit und Strafverfol gung“, ist die Altersfeststellung in der Strafprozessordnung umfassend und ausdrücklich geregelt, bis hin zur Röntgenun tersuchung. Es gilt aber auch, dass eine etwaige Altersfeststel lung aus dem ausländerrechtlichen Verfahren, bei der im Zwei fel von Volljährigkeit ausgegangen wurde, niemals im Strafver fahren Anwendung finden kann. Deshalb muss im Strafverfah ren immer eine eigene Altersfeststellung auf Grundlage der Strafprozessordnung erfolgen.