Bei dem sensibelsten Bereich, den Sie vorhin aufgegriffen ha ben, nämlich beim Stichwort „Straffälligkeit und Strafverfol gung“, ist die Altersfeststellung in der Strafprozessordnung umfassend und ausdrücklich geregelt, bis hin zur Röntgenun tersuchung. Es gilt aber auch, dass eine etwaige Altersfeststel lung aus dem ausländerrechtlichen Verfahren, bei der im Zwei fel von Volljährigkeit ausgegangen wurde, niemals im Strafver fahren Anwendung finden kann. Deshalb muss im Strafverfah ren immer eine eigene Altersfeststellung auf Grundlage der Strafprozessordnung erfolgen.
Auch die angeblich so treffsichere Röntgenuntersuchung lie fert Ergebnisse mit Abweichungen von bis zu vier Jahren. Das
ist gerade im Bereich der Strafprozessordnung ein Problem, weil sich daran die Frage bemisst, ob nach Jugendstrafrecht, Heranwachsendenstrafrecht oder Erwachsenenstrafrecht ent schieden wird.
Im Zweifel muss eben auch bei der Strafprozessordnung vom unteren Ende der Alterseinschätzung ausgegangen werden.
Wir werden Ihren Beschlussantrag daher ablehnen, bestärken die Landesregierung aber ausdrücklich darin, weitere Opti mierungen und Verbesserungen vorzunehmen. Ich sehe das neue Konzept als ersten Schritt in diese Richtung an.
Liebe Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen, werte Kollegen! Deutschland vollbringt mit der Aufnahme von Flüchtlingen eine große humanitäre Leistung, insbesondere auch bei der Aufnahme unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge.
Zugleich führt das auch zu Spaltungen in unserer Gesellschaft, weil Ängste und Befürchtungen auf die Flüchtlingsgruppen projiziert werden. Die Vorgänge im BAMF und die Aufsicht durch das Bundesinnenministerium haben nicht unbedingt da zu beigetragen, das Vertrauen in der Bevölkerung zu stärken.
Umso wichtiger ist es, gutes Regierungshandeln umzusetzen, um die Sicherheit und Ordnung von uns allen zu schützen und um vor allem auch eine Integration von denjenigen mit Blei berecht zu gewährleisten.
Deswegen ist es gut und richtig, unbegleitete Kinder und Ju gendliche nach dem Sozialgesetzbuch VIII in die Obhut der Jugendämter zu nehmen. Hier bestehen ein besonderer För derbedarf und ein besonderes Schutzbedürfnis, denen wir über die Jugendhilfe gerecht werden können. Das kann im Übri gen auch junge Erwachsene betreffen, die besonderer Förder maßnahmen bedürfen, insbesondere was das große Thema Traumatisierung, was das Erleben des schrecklichen Kriegs- und Traumatisierungsgeschehens betrifft.
In Baden-Württemberg werden über 7 000 junge Menschen von den Jugendämtern in unserem Land betreut. Aber auch hier kommt es zu einem Gerechtigkeitsthema, da nach Exper teneinschätzung ein Drittel bis die Hälfte dieser jungen Aus länder falsche Angaben machen, was ihr Alter betrifft.
Das hat natürlich auch Auswirkungen auf Baden-Württem berg – eine hohe Relevanz. Wir erstatten den Kommunen pro Betreutem in den Jugendämtern durchschnittlich 20 000 € pro Jahr. Das betrifft auch das Thema, wie wir unsere Ressourcen effizient einsetzen. Im Übrigen hat es auch materiell Auswir kungen auf das Asylverfahren und das Bleiberecht. Insofern,
glaube ich, müssen wir hier seitens des Staates auch deutlich und konsequent handeln, klare Regelungen umsetzen.
Wir können bereits im jetzigen Verfahren bei den meisten jun gen Menschen gute Einschätzungen vornehmen. Wir haben ein abgestuftes Verfahren: auf der einen Seite die Kontrolle der Personaldokumente, eine qualifizierte Inaugenscheinnah me, standardisierte Gespräche, Fragebogen; bei Zweifeln kön nen wir auch ärztliche Untersuchungen einleiten. Die Ergeb nisse werden auch an die Ausländerbehörden weitergegeben, sodass bei Zweifeln eine erneute Prüfung stattfinden kann und weitere ärztliche Untersuchungen – auch mit körperlichen Eingriffen, im Zweifel auch mit Röntgen – erfolgen können.
Wichtig ist aber immer die Zusammenschau aller Ergebnisse – der Frageergebnisse, auch der Ergebnisse der medizinischen Untersuchungen. Man kann sich nie nur auf eine Untersu chung – beispielsweise Röntgen – verlassen, weil die Varianz mit zwei bis vier Jahren Abweichung nach oben und nach un ten auch deutlich ist.
Aber wir können die Verfahren noch deutlich verbessern. Da zu hat die Landesregierung jetzt auch Vorschläge vorgelegt. Das Sozial- und das Innenministerium arbeiten an noch bes seren Lösungen.
Erstens: Aufgrund der geteilten Zuständigkeiten erwarten wir eine noch bessere Kooperation der beteiligten Behörden – Ju gendämter, Ausländerbehörden, Familiengerichte –, um das Verfahren klar zu ordnen.
Zweitens: Im Rahmen der erkennungsdienstlichen Tätigkeit der Ausländerbehörden sollten diese eine stärkere Einbindung bei der Altersfeststellung erfahren. Hierzu müssen Verfahren definiert werden, wie Ausländerbehörden und Jugendämter miteinander arbeiten, um dann auch Ergebnisse allgemeinver bindlich festlegen zu können.
Die Altersfeststellung durch Ausländerbehörden und Jugend ämter sollte – neben der Identität – allgemeinverbindlich auch für alle beteiligten Behörden gelten. Dazu werden wir wahr scheinlich auch den Datenaustausch noch verbessern müssen. Wir haben immer wieder auch von Fällen gehört, wonach es unterschiedliche Akten für die beteiligten Flüchtlinge gege ben hat. Im abgestuften Verfahren – in den meisten Fällen kön nen falsche Angaben erkannt und korrigiert werden – werden aber auch immer Zweifelsfälle bleiben.
Wir wollen auch, dass Missbrauch verhindert wird. Deswe gen haben junge Ausländer nun auch Eingriffe durch medizi nische Maßnahmen zu dulden. Dieses Verfahren wollen wir optimieren und es mit dem Thema Beweislastumkehr verbin den. Wenn jemand nicht bereit ist, zu kooperieren, nicht be reit ist, diese medizinischen Maßnahmen über sich ergehen zu lassen, muss man eben davon ausgehen, dass er nicht volljäh rig ist. Das, denke ich, wird auch durch die – –
Dass er volljährig ist. – Das wird auch durch das, was jetzt im Koalitionsvertrag im Bund festgelegt wird, und durch die Fortschreibung der EU-Verfahrensrichtlinie grundsätzlich un terstützt. Deswegen begrüßen wir die Ankündigung der Lan
Wir fühlen uns in dem bestärkt, was unser Fraktionsvorsitzen der Wolfgang Reinhart schon vor Wochen und Monaten ge fordert hat, nämlich, hier ein klares Verfahren zu schaffen. Da dies alles auf einem guten Weg ist, Herr Rülke, brauchen wir Ihrem Antrag gar nicht zuzustimmen.
Sehr geehrte Landtagspräsiden tin, sehr geehrte Kollegen! Herr Innenminister Strobl, es ist noch gar nicht so lange her, da hatten wir Sie auf die Notwen digkeit hingewiesen, endlich die flächendeckende medizini sche Altersprüfung für unbegleitete minderjährige Ausländer einzuführen. Den entsprechenden Antrag hatten wir bereits im Januar eingebracht. Natürlich wurde er abgelehnt, wie das hier im Haus üblich ist.
Die Landesregierung zog es vor, in Untätigkeit zu verharren und sich weder von dem Brandbrief aus Mannheim noch von sonstigen Hinweisen oder Vorschlägen beeinflussen zu lassen.
Ich möchte dazu sagen – ich glaube, das ist etwas, was man durchaus über die Arbeit der gesamten Landesregierung stel len kann –: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg,
Der Weg der Altersfeststellung müsse auch über die Aus länderbehörden gehen, die eine Rechtsgrundlage für me dizinische Untersuchungen hätten,...
Im Januar verkündeten Sie noch vollmundig, wie sehr Sie an geblich bereits 2017 reagiert hätten, und sagten, die AfD kom me viel zu spät mit ihrem Antrag.