Protocol of the Session on April 12, 2018

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der SPD – Vereinzelt Beifall bei den Grünen und der CDU)

Jetzt hat der neue Staatssekretär Bilger den Standort der Mess stationen in Stuttgart, aber auch in anderen Regionen infrage gestellt. Das wurde mehrfach auch noch einmal dargestellt. Die FDP/DVP-Landtagsfraktion hat schon in der letzten Le gislaturperiode darauf hingewiesen und gebeten, diese Stati onen noch einmal im Detail zu prüfen. Das Verkehrsministe rium hat immer gesagt: Das ist alles wunderbar, das ist alles richtig. Wir haben diese Aussage aber schon vor der Aktuel len Debatte unmittelbar zum Anlass genommen, einen weite ren Antrag einzubringen, den wir dann im Verkehrsausschuss noch einmal diskutieren, in dem wir den genauen Standort der Messstelle am Neckartor, aber auch der Messstellen an ande ren Orten in Baden-Württemberg noch einmal hinterfragen.

Ich finde das auch richtig; denn wenn es um das Thema „Ver hältnismäßigkeit von Fahrverboten“ geht, dann sollten wir wirklich alle Aspekte noch einmal im Detail untersuchen. Denn wir grenzen gegebenenfalls über zwölf Millionen Fahr zeuge aus, sorgen für einen erheblichen Wertverlust – der ist jetzt schon eingetreten – und sorgen für eine große Verunsi cherung und auch Verärgerung der Bürgerinnen und Bürger, insbesondere der Dieselfahrerinnen und Dieselfahrer.

Gerade unter dem Aspekt der Verhältnismäßigkeit sehen wir es als notwendig an, die gesamte Thematik nochmals zu be leuchten. Auf diese möchte ich gern noch einmal eingehen.

Thema Feinstaub – das wurde hier auch angesprochen –: Wir sind sozusagen annähernd auf der Zielgeraden, und jetzt ist der Zeitpunkt, darüber nachzudenken, ob wir überhaupt noch einen Feinstaubalarm in Stuttgart benötigen. In den letzten Jahren ist die Anzahl der Tage, an denen die Werte überschrit ten wurden, deutlich gesunken. Die Chance, dass wir 2018 hinsichtlich des gemessenen PM10-Wertes – Partikeldurchmes ser bis 10 Mikrometer – auch unter die 35 Überschreitungs tage kommen, ist gegeben.

Was ich aus dem Verkehrsministerium auch nie höre: Die Grenzwerte bei den viel gefährlicheren Partikeln der Größe PM2,5 – Partikeldurchmesser bis 2,5 Mikrometer –, die in die Atemwege, in die Lunge gehen, halten wir schon seit Jahren ein. Das können Sie auf der Seite der LUBW sehen: Die hal ten wir seit Jahren ein. Es wäre schön, wenn auch solche Bot schaften einmal aus dem Verkehrsministerium verkündet wür den.

(Abg. Hermann Katzenstein GRÜNE: Ich habe es doch gesagt!)

Ich habe immer den Eindruck, der Wille ist gar nicht da,

(Abg. Hermann Katzenstein GRÜNE: Das stimmt so nicht!)

auch diese Botschaften zu vermitteln. Denn es ist eben Mittel zum Zweck, um auf Fahrverbote hinzusteuern, meine lieben Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der AfD – Abg. Hermann Katzenstein GRÜNE: Ich habe es eben gesagt!)

Thema Stickoxide: Jawohl, da gibt es Überschreitungen; der Standort wurde von Herrn Dr. Schütte auch noch einmal klar beschrieben. Aber auch hier gibt es Jahr um Jahr Verbesserun gen. Wir sind da noch nicht am Ziel, aber es gibt Jahr um Jahr Verbesserungen.

In der Diskussion über die Verhältnismäßigkeit geht es auch darum, die Messungen des KIT mit in die Betrachtung einzu beziehen. Gerade unter dem Aspekt von Fahrverboten und ent sprechender Überlegungen sollte man die unterschiedlichen Messmethoden nochmals analysieren.

Umweltminister Untersteller müssten heute Schweißperlen auf der Stirn stehen. Denn heute meldet das Statistische Lan desamt in einer Pressemitteilung, dass die Treibhausgasemis sionen in Baden-Württemberg zum zweiten Mal in Folge ge stiegen sind.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: A wa! Sie ben Jahre grüne Politik! Das geht doch gar nicht!)

Das können Sie heute nachlesen – Statistisches Landesamt.

Es ist bemerkenswert, dass auch bei den verkehrsbedingten Emissionen ein Anstieg zu verzeichnen ist, der insbesondere aus dem Güterverkehr resultiert, aber erstmals auch wieder aus dem Pkw-Verkehr.

Wir haben in den Jahren 1990 bis 2015 einen Rückgang der CO2-Emissionen beim Pkw-Verkehr in Baden-Württemberg um 27 % gehabt,

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Hört, hört!)

und jetzt geht es wieder aufwärts. Ja, woran liegt denn das, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen?

(Abg. Hermann Katzenstein GRÜNE: Weil zu viele Leute mit zu dicken Autos fahren!)

Das liegt doch daran, dass wir durch die Politik, die auch der Verkehrsminister in Baden-Württemberg betreibt, nämlich ein Diesel-Bashing, ein Schlechtreden des Diesels – das sehen wir an den Zulassungszahlen –, wieder einen verstärkten Trend zu Benzinmotoren haben. Bekanntlich ist bei der CO2-Bilanz der Diesel derjenige, der dafür gesorgt hat, dass auch in Ba den-Württemberg die CO2-Emissionen gesunken sind. Durch diese Politik – CO2 war zumindest früher den Grünen auch einmal wichtig – erleben wir jetzt eine Entwicklung bei den Treibhausgasen – es besteht ein Unterschied zu Stickoxiden, die schnell wieder abgebaut werden –, bei der Minister Un tersteller sagen müsste: Wir brauchen in Zukunft den moder nen Diesel, um die CO2-Bilanz wieder zu verbessern.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der AfD)

Diese Aussage würde ich gern einmal hören.

(Zuruf des Abg. Hermann Katzenstein GRÜNE)

Wenn jetzt ein Herr Hofreiter wieder das Ende des Verbren nungsmotors fordert,

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Der Alm- Öhi!)

dann muss ich mich schon fragen: Was denkt Verkehrsminis ter Hermann darüber? Was sagen Sie dazu? Ich höre weder in der Regierungsinformation des Ministerpräsidenten einen Satz zum Diesel, noch höre ich von Herrn Hermann etwas zum Diesel. Ich glaube, so können wir die Verkehrspolitik in Ba den-Württemberg nicht nach vorn treiben.

(Zuruf des Abg. Hermann Katzenstein GRÜNE)

Wir brauchen die Antriebstechnologien in ihrer Vielfalt. Da zu gehört der Verbrennungsmotor, dazu gehört auch der Die sel. Ich würde mir an dieser Stelle vom Verkehrsminister des Landes Baden-Württemberg auch einmal wünschen, dass er sich klar dazu positioniert, dass wir diese Technologievielfalt in Baden-Württemberg benötigen.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der AfD)

Mobilitätsalternativen wurden schon vielfach beschrieben. Wir müssen erkennen, dass wir hier auch nur in kleinen Schrit te vorankommen. Es ist schön, wenn der VVS hier eine Tarif reform macht, die vom Steuerzahler mit vielen Millionen Eu ro zu finanzieren ist. Aber Sie müssen eines sehen – –

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Unterstützen Sie das, Herr Kollege?)

Herr Kollege Schwarz, Sie sind ja wie ich ein regelmäßiger S-Bahn-Fahrer. Ich hoffe, Sie sind es heute ab und zu auch noch. Aber heute Morgen, 7:10 Uhr, S 2 von Waiblingen?

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: 7:21 Uhr, S 1!)

Wenn wir die Tarife jetzt um etwa 25 % senken, dann frage ich mich schon – einmal angenommen, die Leute fahren des halb tatsächlich mehr S-Bahn –, ob die Pendler jetzt so wie in Indien oben auf den Zügen mitfahren müssen.

(Heiterkeit bei der FDP/DVP)

Also, wir müssen einfach auch konstatieren, dass wir hier nur kleine Schritte machen können.

(Beifall des Abg. Dr. Rainer Balzer AfD – Abg. Da niel Renkonen GRÜNE: Im Stundentakt doch nicht!)

Angesichts dessen, dass wir in Stuttgart 400 000 sozialversi cherungspflichtige Arbeitsverhältnisse und 240 000 Einpend ler haben,

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Unterstützen Sie jetzt die Tarifreform oder nicht?)

müssen wir doch schauen, dass wir zumindest diese kleinen Schritte unternehmen – auch wenn wir damit die Welt nicht auf einmal werden retten können. Deswegen muss auch in der Frage, was wir tun, um Fahrverbote zu vermeiden, die Ver hältnismäßigkeit gewahrt bleiben. Denn wir können das gar nicht so schnell auffangen. Der Kollege Schütte hat gute Bei spiele genannt. Auch die FDP-Gemeinderatsgruppe in Stutt gart und der Kreisverband der FDP haben schon immer einen guten Verkehrsfluss gefordert, auch am Neckartor; da gibt es noch viele Möglichkeiten. Aber wir meinen, im Sinne einer Verhältnismäßigkeit kann es nicht sein, dass auf dieser Grund lage Fahrverbote erlassen werden.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der AfD)

Das Wort für die Landes regierung erteile ich Herrn Minister Hermann.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bitte um Ver ständnis, dass ich nicht auf alle Vorwürfe und Fragen, die hier angesprochen worden sind, eingehe; denn sonst würde die Mittagspause ausfallen.

(Heiterkeit des Abg. Daniel Renkonen GRÜNE)

Ich konzentriere mich auf wenige harte Punkte.

Meine Damen und Herren, was man nicht bestreiten kann, ist, dass wir in Ballungsräumen ein Problem mit der Luftqualität haben. Man kann sich politisch damit auseinandersetzen und nach Lösungen suchen, oder man kann anfangen, an den Messstationen zu zweifeln, an den Grenzwerten zu zweifeln; man kann das Problem leugnen, aber man wird es damit nicht lösen. Wenn man ein Problem lösen will, muss man sich sach lich nüchtern und fachlich abgestützt damit auseinanderset zen. Genau das tut die Landesregierung.

(Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Norbert Beck, Thomas Dörflinger und Dr. Albrecht Schütte CDU)

Wir haben nicht nur in Baden-Württemberg, sondern wir ha ben europaweit Messstationen. Wir haben in Baden-Württem berg über 70 Messpunkte, mit denen wir einen genauen Über blick bekommen, wie sich die Luftqualität in Baden-Würt temberg entwickelt, in welchen Regionen sie wie ist. Diese Messstationen haben übrigens nicht nur das Ziel, herauszu finden, wo die Luftqualität schlecht ist. Sie haben auch das Ziel, herauszufinden, wie überhaupt die Beschaffenheit der Luft ist, ob die Luftqualität gut ist und tendenziell vielleicht sogar besser wird.