Protocol of the Session on March 8, 2018

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen sowie der Abg. Sylvia Felder CDU – Bravo-Rufe von der SPD)

Für die Landesregierung erteile ich das Wort Herrn Minister Wolf.

(Zurufe: FDP/DVP! – Die FDP/DVP kommt noch!)

Oh, Entschuldigung! – Für die FDP/DVP-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Dr. Schweickert das Wort.

Herr Präsident, ich hatte schon gedacht, Sie kündigen mich mit „Landesregie rung“ an. – Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte aufgreifen, was der Kollege Hofelich zum Thema Trump gesagt hat. Kollege Paal, Frau Ministerin HoffmeisterKraut und ich waren letztes Jahr in den USA. „Look, what we do, not what we say“, war damals von allen Parlamentariern der Spruch, der sagen sollte: Bei Trump nicht immer darauf reagieren, was er raushaut, sondern darauf, was er tatsächlich tut.

Wenn ich sehe, was er tut, muss ich sagen: Er geht die NAFTAReform an, er bekämpft seine Handelsdefizite, und er zieht ei ne Steuerreform durch. Wenn die Unternehmensteuer in den USA von 36 auf 21 % sinkt, also weniger als im OECDDurchschnitt beträgt, meine Damen und Herren, dann betrifft das 85 % der amerikanischen Unternehmen, weil die als so genannte „pass-throughs“ inhabergeführte Firmen sind, ob das der Großkonzern ist oder der kleine Tante-Emma-Laden. Da tut sich etwas.

(Abg. Josef Frey GRÜNE: Und was ist mit den Staats schulden?)

Was die Auswirkungen dieser Steuerersparnis betrifft, die dem Amerikaner nach unterschiedlichen Berechnungen monatlich ungefähr 100 Dollar mehr im Portemonnaie lässt, muss ich mich schon fragen: Welche Antwort hat darauf denn die Eu ropäische Union? Welche Antwort geben wir in Europa, und welche Antwort gibt die Große Koalition, meine Damen und Herren?

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der AfD – Abg. Andreas Stoch SPD: Und wer zahlt die Schul den des amerikanischen Staates?)

Schauen wir uns doch die Antwort an. Heute Morgen lässt sich die Regierungskoalition hier, bildlich gesprochen, mit der Sänfte um den Landtag tragen, und Herr Strobl feiert sich, dass vielleicht dann in drei Jahren eine Steuersenkung um 10 Milliarden € beim Soli herauskommt. Meine Damen und Herren, setzen Sie das einmal ins Verhältnis.

Da brauchen wir eine europäische Antwort. Denn wenn die Strafzölle Herrn Trump antreiben, dann muss man sich schon überlegen: Wie reagiert Europa auf ein solches Verhalten? Wä re da nicht besser der Spruch: „Look, what he wants, not what he does“? Denn bei einem trotzigen Kind reagiert man doch auch nicht auf alles, was es tut, sondern man überlegt sich: Was will es eigentlich, und wie kann ich es an mich binden?

Was macht denn der Herr Trump? Wenn er den US-Autoher stellern hilft, indem er ihnen jetzt Steuererleichterungen ver schafft und Zölle auf die deutschen Autos androht, dann füllt er die Kriegskasse – die diese tatsächlich brauchen, um mit baden-württembergischen Unternehmen gleichzuziehen

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Ist die FDP jetzt für Protektionismus? Das ist ja liberal!)

und die Technologien voranzutreiben.

Und was macht unsere Wirtschaftsministerin hier am gleichen Tag? Da wird dann über Regelungen für weitere CO2-Restrik tionen gesprochen. Von wie vielen Seiten wollen wir eigent lich die Autoindustrie noch in die Zwickmühle nehmen, mei ne Damen und Herren?

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der AfD)

Wenn wir das nicht wollen, dann hätte ich gern einmal eine Antwort, wie man mit dem Diesel umgeht. Der erspart uns nämlich das CO2.

Aber es ist meines Erachtens genauso falsch, wenn Europa ebenso bockig reagiert und dann zum Gegenschlag auszuholt und mit Strafzöllen droht. Das muss man sich schon einmal anschauen: Erdnussbutter, Orangen, Harley-Davidson, Whis key. Meine Damen und Herren, das bringt doch nichts. Das sind doch im wahrsten Sinn des Wortes Peanuts – wenn ich da an Erdnussbutter denke. Wenn man denn schon der Mei nung ist, man müsste die Daumenschrauben anziehen – das kann man ja tun –, dann würde ich mir überlegen: Welche amerikanischen Technologien nutzen wir denn alle? Mit was läuft denn unser Laptop? Wo posten wir denn? Woher kom men die Updates? Mit welchem Smartphone wird denn tele foniert? Da kann man sich dann überlegen, ob man so etwas macht. Aber doch bitte nicht bei solchen Peanuts.

Wir sollten uns auch einmal überlegen, wie wir mit Amazon umgehen. Wir stellen hier bei uns im Land fest, dass Innen städte ausbluten. Wir legen Programme zum Thema „Han del 4.0“ auf. Wir nehmen Steuergelder in die Hand, um die Innenstädte zu verschönern. Das kann man sich überlegen, wenn man meint, es ist der richtige Weg. Ich bin aber der Mei nung, das ist der falsche Weg. Der richtige Weg wäre, mit Zöl len vorsichtig zu sein. Denn das ist ja nur der Vorwand, den Herr Trump braucht, um dann auch Zölle auf Produkte der eu ropäischen Automobilindustrie zu erheben, und das würde uns hier in Baden-Württemberg empfindlich treffen, meine Da men und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Reinhold Gall SPD: Also laufen wir ihm nach, oder wie?)

Ich bin noch nicht fertig, Herr Kollege. – Es gibt da Mög lichkeiten. Natürlich lassen wir ihn nicht machen. Aber dann muss man halt vor der Welthandelsorganisation klagen. Da muss man die Möglichkeiten, die es da gibt, auch nutzen. Da muss man natürlich auch in den Gesprächen darauf hinwei sen, dass die Autos an der Fifth Avenue, die den Stern tragen, nicht alle aus Sindelfingen oder aus Böblingen kommen, son dern auch aus Tuscaloosa und damit amerikanische Produkte sind.

(Abg. Andreas Stoch SPD: Das weiß der nicht!)

Es ist natürlich schon besorgniserregend, dass mit Cohn und anderen die Stimmen der Vernunft in dieser Trump-Adminis tration zurücktreten.

(Zuruf des Abg. Jürgen Walter GRÜNE)

Deswegen, meine Damen und Herren, ist es wichtig, dass Eu ropa hier die richtigen Antworten findet.

Deswegen ist es richtig, dass wir uns im exportorientierten Land Baden-Württemberg für Freihandel einsetzen und nicht denken, dass wir durch kleinliche Revanchefouls etwas errei chen könnten.

Da muss das politische Signal ganz klar sein: Wir ratifizieren auf europäischer Ebene in den Mitgliedsstaaten CETA. Da, liebe Parteien der GroKo, fehlt das Signal, dass man CETA ratifizieren will.

(Abg. Josef Frey GRÜNE: Sie müssen mal das EuGH- Urteil studieren!)

Aber dieses Signal fehlt nicht nur auf Bundesebene, es fehlt auch hier im Land. Deswegen rufe ich die Landesregierung auf, hier endlich klar Position zu beziehen und CETA zu rati fizieren, den Freihandel voranzutreiben und Herrn Trump nicht durch weiteren Protektionismus zu begegnen; das ist der falsche Weg.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Herr Minister Wolf, jetzt haben Sie das Wort für die Landesregierung.

(Abg. Josef Frey GRÜNE: Für die FDP/DVP! – Abg. Andreas Stoch SPD zu Minister Guido Wolf: Jetzt sagst du erst mal der FDP, was Sache ist!)

Herr Prä sident, liebe Kolleginnen und Kollegen! In diesen Tagen er leben wir in der Natur das Ende des Frosts und den Beginn des Frühlings.

(Abg. Rainer Stickelberger SPD: Frühlingserwachen! – Abg. Martin Rivoir SPD: Ende der Eiszeit!)

Auch in der Europäischen Union ist in diesen Tagen von ei nem Neuanfang die Rede. Ob es ein europäischer Frühling wird, muss sich allerdings erst noch zeigen.

Die neue Bundesregierung zumindest will einen Aufbruch für Europa gestalten. Wir sind uns, glaube ich, einig, dass es zwar in manchen Bereichen nicht dramatisch war, wenn es vorü bergehend nur eine geschäftsführende Bundesregierung ge geben hat. Aber mit Blick auf die Stimme Deutschlands in Eu ropa und für Europa wird es höchste Zeit, dass in Berlin wie der eine Regierung am Werk ist, die unsere Interessen in Eu ropa und für Europa zum Ausdruck bringt. Deswegen sind wir froh, dass man sich in Berlin für diese neue Regierung ent schieden und sie auf den Weg gebracht hat.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der SPD so wie des Abg. Josef Frey GRÜNE)

Aber ich will die durchaus bemerkenswerten und auch besorg niserregenden Entwicklungen nicht aussparen. Das Ergebnis der Parlamentswahl in Italien wirft diesen von mir geschilder ten Aufbruch für Europa erst einmal zurück. Es gab 2017 ei ne Reihe von Wahlen in anderen Ländern, die im Sinne Euro pas gut gelaufen sind. Die Wahl in Italien muss uns einmal

mehr nachdenklich stimmen. Sie darf uns vor allem nicht selbstzufrieden werden lassen in der Annahme, es sei in Eu ropa alles zum Besten bestellt.

(Abg. Anton Baron AfD: Dieses Ergebnis hat Euro pa mit verursacht!)

Es gilt, dieses Europa auch mit neuen Ideen voranzubringen.

Unsicherheit bringt zudem die Ankündigung von US-Präsi dent Trump – das ist heute auch schon angesprochen worden, insbesondere durch meinen Vorredner Professor Schweickert –, Strafzölle auf Stahl und Aluminium zu erheben. Wir sind mitt lerweile nicht nur weit weg von der Verabschiedung eines Handelsabkommens mit den USA, wie dies einmal gedacht war. Wir sind sogar so weit weg, dass der amerikanische Prä sident auf Twitter behauptet, Handelskriege seien gut und sei en leicht zu gewinnen. Meine Damen und Herren, das ist Un sinn. Lassen Sie mich das in aller Deutlichkeit sagen: Han delskriege schaden allen.

(Beifall bei den Grünen und der CDU sowie Abge ordneten der SPD und der FDP/DVP)

Ohne freien Handel gibt es keine Gewinner. Dennoch ist es richtig, wenn sich die Europäische Union jetzt darauf vorbe reitet, im Fall trumpscher Strafzölle zu reagieren. Allerdings teile ich die Einschätzung von Professor Schweickert, dass punktuell und angemessen reagiert werden muss – ohne un nötig zu eskalieren.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, trotz der Kaltluft, die in Sa chen Außenhandel über den Atlantik weht, kündigt sich eine europapolitische Frühlingszeit an, eine Zeit, in der es darum gehen wird, die Europäische Union fit für die Herausforde rungen der Zukunft zu machen, eine Zeit, in der die richtige Dosis Dünger darüber entscheidet, was in Europa künftig blü hen wird. Denn mit der Entscheidung über den Mehrjährigen Finanzrahmen nach 2020 entscheidet die Europäische Union vor allem über die politischen Schwerpunkte der Union in den kommenden Jahren. Über das Geld, über den Haushalt wer den natürlich die politischen Inhalte der kommenden Jahre de finiert.

Das betrifft auch uns im Land. Die Landesregierung hat sich deshalb anlässlich der Kabinettssitzung am 30. Januar in Brüs sel mit ihrem Eckpunktepapier klar positioniert. Baden-Würt temberg ist das erste Land, in dem es gelungen ist, dass die Landesregierung ein solches Positionspapier auf den Weg bringt. In einer Landesregierung Konsens und Einmütigkeit zustande zu bringen ist bereits die erste wichtige Herausfor derung, um in dieser Diskussion um die Zukunft des europä ischen Haushalts überhaupt mitreden zu können. Das war ei ne große und gute Leistung dieser Landesregierung, bei der sich alle Ressorts entsprechend eingebracht hatten. Dafür ein herzliches Dankeschön.

Das betrifft unser Land natürlich auch, indem wir mit Partner regionen und Verbündeten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Kommunen auf diesem Weg eng zusammenarbeiten. Wir freu en uns, dass Günther Oettinger

(Abg. Anton Baron AfD: Oje, oje, oje!)

als zuständiger Haushaltskommissar an entscheidender Stel le sitzt. Es ist, glaube ich, für jeden in diesem Haus ein wert

voller, wichtiger Schritt, dass in Europa eine Persönlichkeit mit Sachverstand