Protocol of the Session on March 8, 2018

Es gibt im Grunde genommen noch drei größere Gruppen, bei denen es Veränderungen geben kann: wenn jemand aus einem anderen Bundesland nach Baden-Württemberg zuzieht, wenn jemand eine spätere Zulassung als Anwalt begehrt – nach dem 45. Lebensjahr jedenfalls – oder bei der Zulassung als Syndi kusanwalt. Das ist bei den derzeit ca. 19 000 Rechtsanwältin nen und Rechtsanwälten in Baden-Württemberg eine so ver schwindend geringe Anzahl, dass man einfach davon ausge hen muss, dass es keine Schwierigkeiten für die Versorgungs werke geben wird.

Außerdem besteht nach dem vorgelegten Gesetzentwurf ja auch die Möglichkeit, Ausnahmen vorzusehen. Deshalb emp fiehlt auch unsere Fraktion die Zustimmung.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Für die AfD-Fraktion er teile ich dem Kollegen Klos das Wort.

Herr Präsident, werte Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Europäische Union hat sich verändert – leider nicht zum Guten: von einer Vereinigung für Wirtschaftsfragen hin zu einer alles übergrei fenden, geradezu übergriffigen Einrichtung. Den Völkern Eu ropas und den Parlamenten will die EU vorschreiben, was die se dann umzusetzen haben. Nicht nur wir von der AfD war nen vor der Diktatur der Europäischen Union, die nur noch wenig mit den Anfängen der EWG und der Europäischen Ge meinschaft zu tun hat.

(Zurufe – Unruhe)

Wie weit die Hybris der EU reicht, zeigt sich dann, wenn so gar in vorauseilendem Gehorsam willfährig europäisch gleich geschaltet wird.

(Zuruf des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE – Anhaltende Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Unter Verweis auf die Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie 2000/78 vom 27. November 2000 – ich darf zitieren: „Richt linie 2000/78/EG zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäfti gung und Beruf“ – soll mit dem hier diskutierten Änderungs gesetz in die bestehenden Altersgrenzen des berufsständischen Versorgungswerks der Rechtsanwälte eingegriffen werden. Diesen EU-Dirigismus lehnen wir ab.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Zuruf von der SPD: Immer!)

Zu begrüßen ist dagegen, wenn die Entscheidungen über der artige Versorgungsregelungen zukünftig vom Versorgungs werk getroffen werden.

Jetzt zu den Vorschlägen im Einzelnen: Abschaffung des Höchst eintrittsalters. Ebenso wie der AnwaltsVerband Baden-Würt

temberg – Professor Kothe hat sich hierzu deutlich geäußert – ist die AfD-Fraktion nicht der Auffassung, dass die beste hende Altersgrenze von 45 Jahren für den Zugang zum Ver sorgungswerk der Rechtsanwälte aus europarechtlichen Grün den insbesondere als – Zitat – „angeblich verbotene Alters diskriminierung“ geändert werden müsste. In berufsständi schen Versorgungswerken, die wie derzeit das Versorgungs werk der Rechtsanwälte in Baden-Württemberg keinen vom Eintrittsalter in das Versorgungswerk abhängigen Rentenzu gangsfaktor vorsehen, stellt die Festsetzung eines Höchstal ters für den erstmaligen Zugang eine objektive, legitime und angemessene Lösung dar, die auch vom EU-Antidiskriminie rungsrecht nicht verboten wird.

Wenn bei dem bestehenden Finanzierungssystem die Zeit der Ansparung der Mitgliedsbeiträge keine Rolle spielt, dann be darf es vielmehr einer Regelung zum finanziellen Schutz der Altmitglieder und ihrer Anwartschaften.

Wir von der AfD-Fraktion können und werden es nicht hin nehmen, wenn durch einen Federstrich die Vorleistungen der Mitglieder zugunsten vom Gesetzgeber ausgewählter Parti kulargruppen verwirtschaftet werden, erst recht nicht, wenn es wie hier beim Versorgungswerk um Zwangsmitglieder geht, denen keine Alternative zur Altersvorsorge zugestanden wird.

Die AfD-Fraktion sieht zwangsweise Regelungen kritisch. Insbesondere werden wir den Bereich der Kammern und Ver bände mit Aufmerksamkeit beobachten, um ihn vor übermä ßiger staatlicher Bevormundung zu bewahren.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Wenn sich der Staat anmaßt, bestimmte Berufs- und Wirt schaftsgruppen in Zwangskollektiven zusammenzuschließen, dann ist es umso notwendiger, dass diesen die Möglichkeit gegeben wird, ihre Arbeit in den Kammern und den Versor gungswerken selbst und in eigener Verantwortung zu bestim men. Das ist wahre Subsidiarität, und hierfür tritt die AfDFraktion ein.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Nun zur Öffnungsklausel für die Satzungsregelung. Die Ver treterversammlung des Versorgungswerks soll durch – Zitat – „Anfügung der Buchstabenvariante d in § 5 Absatz 4 des Rechtsanwaltsversorgungsgesetzes“ die Möglichkeit erhalten, für Fälle der Berufsaufnahme in fortgeschrittenem Alter pas sende Satzungsregelungen zu finden. Als AfD-Fraktion be grüßen wir diese Regelung ausdrücklich; denn wir halten es für richtig, dass die Mitglieder des Versorgungswerks dieje nigen sind, die selbst über ihre Angelegenheiten und über die Ausgestaltung ihrer Alterssicherung zu befinden haben.

Wenn die Vertreterversammlung im Hinblick auf das derzei tige Rentenverfahren Regelungen für erforderlich hält, um den finanziellen Schutz der Kollegen sicherzustellen, die bereits in frühen Berufsjahren mit Beitragszahlungen in das Versor gungswerk begonnen haben, dann ist dies die einzig richtige Instanz.

Da im Gesetzentwurf, Herr Minister, die Möglichkeit zur Ein führung einer Höchstaltersgrenze durch Regelungen in der Satzung vorgesehen ist und die Betroffenen, nämlich die Rechts anwälte, durch ihre Standesorganisationen und Verbände in

soweit ihr Einverständnis erklärt haben, werden wir als Frak tion dem Gesetz unsere Zustimmung geben.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD und des Abg. Dr. Wolfgang Ge deon [fraktionslos])

Für die SPD-Fraktion er teile ich das Wort dem Kollegen Binder.

(Minister Winfried Hermann: Lauter Betroffene! Nichts als Betroffene! – Gegenruf von der SPD)

Herr Minister, keine Zwischenrufe von der Regierungsbank.

Herzlichen Dank.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Abg. Klos hat eine Rede gehalten, aus der ich tatsächlich nicht schlau werde.

(Abg. Rüdiger Klos AfD: Das spricht nicht für Sie! – Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: War das schon je mals anders?)

Nein, aber das war jetzt besonders schräg. – Zunächst be schimpfen Sie die Europäische Union und kritisieren die Re gelungen zur Diskriminierung, dann zitieren Sie die Argumen te des AnwaltsVerbands, indem Sie selbst sagen, dass diese Altersgrenze von 45 Jahren gar nicht darunterfällt, also nach Ihrer Auffassung gar nicht gegen das von Ihnen zuvor kriti sierte europäische Recht verstößt. Sie hätten also all Ihre Ver lautbarungen zur Europäischen Union an dieser Stelle gar nicht äußern müssen, Kollege Klos.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Vereinzelt Bei fall bei den Grünen)

Der andere Punkt war dann noch: Sie reden die ganze Zeit da von, Sie wollten die Kammer nicht einschränken; Sie wollten die freien Berufe nicht einschränken. Dieses Gesetz schränkt gerade nicht ein, sondern gibt die Möglichkeit, in der Selbst verwaltung die passgenauen Lösungen zu finden. Insofern: Uns hat zwar der Vortrag des Ministers ausgereicht; vielleicht schauen Sie aber noch einmal in den Gesetzentwurf hinein und informieren sich, was dort tatsächlich an Änderungen vor genommen wird.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Dann müsste man ja lesen!)

Ich darf mich meinen beiden Vorrednern, dem Kollegen Fili us und dem Kollegen Dr. Scheffold – es sind ja im doppelten Sinn Kollegen –, anschließen. Sie haben den Sachverhalt aus gewogen dargestellt. Aus unserer Sicht gibt es dem nichts mehr hinzuzufügen.

(Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: Sie sind ja ein biss chen betroffen!)

An den Kollegen Verkehrsminister, der uns ja alle als betrof fen bezeichnet: Wir sind ja bereits Mitglied im Versorgungs werk; deshalb sind wir nur begrenzt betroffen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Vereinzelt Bei fall bei den Grünen und der CDU)

Für die FDP/DVP-Frakti on erteile ich das Wort dem Kollegen Weinmann.

(Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: Jetzt kommt noch ein Betroffener! – Zuruf von der AfD: Lauter Betrof fene! – Abg. Thomas Blenke CDU: Zum Glück ha ben wir keine Befangenheitsregelungen hier! – Hei terkeit)

Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen! In der Tat, es spricht ein weiterer Kol lege – wiederum im doppelten Sinn –, und dieser Kollege ist gerade 45 Jahre alt. Insofern können wir unabhängig davon dem insgesamt sinnvollen und – Kollege Dr. Scheffold hat es angesprochen – auch sachdienlichen Gesetzentwurf zur Än derung des Rechtsanwaltsversorgungsgesetzes gern zustim men.

Das Änderungsgesetz sieht im Wesentlichen die Aufhebung der starren Höchstaltersgrenze von 45 Jahren für die Pflicht mitgliedschaft im Versorgungswerk der Rechtsanwälte vor. Die einzelnen Details sind bereits erörtert worden; deswegen kann ich mir die Eingangsbemerkungen sparen.

Die von den Beteiligten unterschiedlich eingeschätzten Fra gen, beispielsweise, ob die bisher starre Altersgrenze gegen EU-Recht verstößt, können insgesamt dahingestellt bleiben, da auch nach Auffassung sowohl des AnwaltsVerbands als auch der Rechtsanwaltskammer Stuttgart keine Nachteile in der jetzt geplanten Öffnung im Sinne des Gesetzentwurfs ge sehen werden.

Gleichwohl, die kritischen Anmerkungen der Verbände soll ten den Gesetzgeber mahnen, es sich bei der Begründung nicht allzu einfach zu machen.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Darüber hinaus bietet die Vorlage eines solchen Gesetzent wurfs auch die Gelegenheit, darauf hinzuweisen, dass die 19 000 Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte im Land zu sammen mit der Justiz und der Verwaltung für einen effekti ven und lebendigen Rechtsstaat arbeiten.

(Zuruf von den Grünen: Genau!)