Ich finde, despektierliche Äußerungen gegenüber einer Pro fessorin einer Einrichtung des Landes Baden-Württemberg gehören hier nicht hin.
Kollege Salomon, wenn Sie das Hohelied der Hochschulau tonomie singen, dann sollten Sie einen Vers nicht vergessen: Wenn diese Autonomie nicht richtig ausgeübt wird, sondern rechtswidrige Zulagen an Hochschulen erteilt werden, dann ist das nicht in Ordnung.
(Beifall bei der SPD und des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP – Abg. Alexander Salomon GRÜNE: Wer sagt das Gegenteil? Das ist ja eine Bin senweisheit!)
Frau Ministerin, Sie haben das neue Gesetz hier eingebracht. Sie haben eines nicht erklärt: Warum um Himmels willen ha ben Sie einen so sperrigen Titel „Hochschulrechtweiterent wicklungsgesetz“ gewählt?
Ich komme zum Inhalt. Der Verfassungsgerichtshof BadenWürttemberg hat tatsächlich in seinem Urteil das hohe Gut der Wissenschaftsfreiheit bekräftigt und der Landesregierung die Hausaufgabe aufgegeben, sie ausreichend zu gewährleis ten. Danach wird der Einfluss der Professorinnenschaft ge stärkt. Der Gesetzentwurf liegt vor und kommt dem nach.
Die SPD-Fraktion kann dem Vorschlag der Abwahl der Rek toratsmitglieder durch Urwahl zustimmen. Es wurde schon gesagt: Es kommt ein bisschen um die Ecke. Ein Genie streich? Meinethalben. Wir werden dem zustimmen.
Wir werden auch der Assoziierung von Professorinnen und Professoren von den Hochschulen für angewandte Wissen schaften an die Universitäten zustimmen. Allerdings werden wir vehement dagegen arbeiten, wenn Sie versuchen, dadurch die Experimentierklausel für das Promotionsrecht an den HAWs zu unterhöhlen. Das werden wir nicht mitmachen. Es ist ein Gut, dass diese Hochschulen experimentell, befristet und thematisch eingeschränkt Promotionen vergeben können.
Wir werden auch die Gründungsinitiativen mittragen, die be inhalten, dass Räume und Geräte benutzt werden dürfen. Al lerdings werden wir darauf achten, dass auch andere Status gruppen wie die Studierenden nicht in Konkurrenz dazu tre ten müssen. Ich glaube, im nächsten Hochschulfinanzierungs vertrag müssen Sie genau das auch finanziell unterlegen.
Die SPD-Fraktion hat Diskussionsbedarf in einigen Punkten. Eines wurde schon angesprochen: Dass die Senate zu 40 %
mit nicht professoralen Mitgliedern bestückt werden sollen, kann für kleine Hochschulen den Gestaltungsspielraum nach her auf null reduzieren. Das darf nicht sein.
Wir befürworten, dass die Doktorandinnen und Doktoranden zur Statusgruppe gemacht werden. Allerdings haben die jun gen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler recht mit der Aussage, dass das nicht zu einer schleichenden Infantilisie rung dieser jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler führen darf. Deswegen können sie nicht eine Untergruppe der Studierenden sein, und sie können auch nicht per Zwang im matrikuliert werden. Sorry, das geht gar nicht. Dazu müssen die Möglichkeiten des Studierendenwerksgesetzes oder ande re Möglichkeiten überprüft werden. Wir sind auf Ihre Vor schläge gespannt.
Die SPD-Fraktion bedauert, dass Sie in diesem Gesetzentwurf nicht noch einen weiteren Schritt hin zu einer noch stärker de mokratischen und transparenten Hochschule gegangen sind, z. B. bei der Hochschulöffentlichkeit von Sitzungen oder der noch stärkeren Beteiligung von Studentinnen und Studenten oder einer verpflichtenden Beteiligung der Hochschulmitglie der im Hochschulrat. Aber es kann ja noch kommen. Wir wer den gern helfen.
Ablehnen wird die SPD-Fraktion Ihren Vorschlag, der Ver fassten Studierendenschaft das politische Mandat wegzuneh men.
Liebe Kolleginnen und Kollegen der Grünen, was Sie damit machen, ist Wasser auf die Mühlen der CDU. Damit helfen Sie Ihren Kolleginnen und Kollegen in der Koalition, die vier Jahre lang zu verhindern versucht haben, die Verfasste Stu dierendenschaft wieder mit einem Mandat auszustatten. Des wegen lehnen wir das ab.
Es verhält sich genau umgekehrt zu dem, was Sie, Herr Salo mon, sagen. Sie schaffen jetzt Rechtsstreitigkeiten,
(Abg. Alexander Salomon GRÜNE: Ja, klar! Sie ken nen nicht einmal das Gutachten des StuRa Heidel berg!)
weil es schwierig ist, einzugrenzen, was hochschulpolitisch und was politisch ist. Ist das Streiten gegen Fahrpreiserhöhun gen in einer Stadt politisch oder hochschulpolitisch?
Ich komme zum Schluss. Kolleginnen und Kollegen, Sie ha ben Ihren Koalitionsvertrag mit „Verlässlich. Nachhaltig. In novativ.“ überschrieben. Was Sie jetzt machen, das ist das Rupfen der Stimme der Studentinnen und Studenten. Das ist unzuverlässig, das ist kurzlebig, und das ist rückwärtsge wandt.
Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen! Die Expertenanhörung am 17. Janu ar hat überdeutlich bestätigt, dass die wenige Tage zuvor vor gelegten Nachbesserungen im Gesetzentwurf dringend von nöten waren.
Professor Dr. Werner Knapp, Vorsitzender der Landesrekto renkonferenz für die Pädagogischen Hochschulen, brachte es in Bezug auf den originär vorgelegten Entwurf auf den Punkt: „Schnell gemacht ist gut, aber gut gemacht ist besser.“
Insbesondere das jetzt zweistufige Verfahren mit einem von 10 % auf 25 % angepassten Eingangsquorum haben wir, wie die meisten Experten, mit Erleichterung zur Kenntnis genom men.
Die gleichfalls als fehlend kritisierte und jetzt eingeführte Ka renzzeit zwischen zwei Abwahlbegehren begrüßen wir, ver meidet dies doch eine lähmende Streitkultur an den Hochschu len.
Doch bereits bei der Senatszusammensetzung zeigt sich, dass weiterhin Streitpotenzial besteht. So begrüßen wir einerseits, dass der für den Haushalt der Hochschule verantwortliche Kanzler qua Amt im Senat vertreten ist.
Andererseits nehmen wir die Sorge der Experten ernst, dass ohne ein – im Übrigen nicht für sinnvoll erachtetes – weite res Anwachsen des mit 45 Personen gedeckelten Senats gera de die kleineren Hochschulen durch die Festschreibung eines verpflichtenden Anteils von 40 % der Sitze und Stimmen für die akademischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Studie renden, Doktoranden und sonstigen Mitarbeiterinnen und Mit arbeiter erheblich eingeschränkt werden. Vertreter aller be troffenen Hochschultypen erklärten in der Anhörung, dass die Festschreibung eines Pflichtanteils von 33 % den individuel len Handlungsspielraum besser berücksichtigen würde. Die sen Ansatz erachten wir als sinnvoll.
Mit Bedauern nehmen wir zur Kenntnis, dass Frau Ministe rin Bauer wieder einmal den HAWs das Vertrauen nicht aus sprechen will, mit dem BW-CAR eine Plattform entwickelt zu haben, die den Maßgaben der Experimentierklausel zum Promotionsrecht entspricht.
Auch in Zukunft bleiben die HAWs abhängig vom Goodwill der Universitäten, wie auch immer die aktuelle Konstruktion
über Assoziierung, Kooperation oder Kooptation aussieht. Hier hätten wir uns gewünscht, dass die Experimentierklau sel mit Leben gefüllt wird, statt dass man hinter ihr sogar noch zurückbleibt.
Schließlich hielten wir eine Experimentierklausel, die den Hochschulen einen weiter gehenden Gestaltungsspielraum durch Übertragung der Bauherreneigenschaft geben könnte, für sinnvoll. Über alle Hochschularten hinweg sind die The men Neu- und Ergänzungsbau sowie Sanierung von elemen tarer Bedeutung. Durch die höhere Flexibilität würde die Hochschulautonomie gestärkt und schwerfällige Bürokratie beispielsweise durch die Einbeziehung mehrerer Ministerien sowie von Vermögen und Bau Baden-Württemberg vermie den. Man sollte den Hochschulen diese Aufgabe jedoch nicht aufdrängen, sondern im Rahmen eines Optionsmodells frei stellen.
Entsprechende und an sich richtige Überlegungen finden sich im Übrigen im Koalitionsvertrag von Grün-Schwarz. Jetzt und genau an dieser Stelle wäre es richtig, diese Überlegungen zu konkretisieren und in Gesetzestext zu gießen.
Eine weitere Baustelle sehen wir in der beabsichtigten Strei chung des ersten Satzes von § 65 Absatz 4 des Landeshoch schulgesetzes, der sagt:
Noch 2012 haben Sie, Frau Ministerin, sich bei der Einfüh rung durch die grün-rote Landesregierung von der Verfassten Studierendenschaft dafür feiern lassen. Jetzt folgt die Rolle rückwärts, und dies ohne Not. Denn bereits 1979 – Kollegin Kurtz hat es zitiert – hat das Bundesverwaltungsgericht fest gestellt, dass ein allgemeinpolitisches Mandat, verstanden als nachhaltige und uneingeschränkte Kundgabe nicht hochschul bezogener, allgemeinpolitischer Meinungen und Forderungen, grundgesetzwidrig sei.
In der Praxis wurde das politische Mandat in der Tat mitunter im Sinne dieses allgemeinpolitischen Mandats fehlgedeutet. Anstelle einer unglücklichen Streichung schlagen wir – ganz im Sinne der Studierenden in unserem Land – vor, eine Klar stellung vorzunehmen: Ersetzen Sie „politisch“ durch „hoch schulpolitisch“ – und gut.