Protocol of the Session on June 8, 2016

(Beifall bei der FDP/DVP – Zuruf: So ist es!)

Herr Ministerpräsident, Sie haben konstruktive Vorschläge an gemahnt. Völlig klar, dass Sie diese konstruktiven Vorschlä ge bekommen; wir haben das immer deutlich gemacht. Mei ne Fraktion ist jetzt erfreulicherweise auf zwölf Abgeordnete angewachsen; in der zurückliegenden Legislaturperiode wa ren es sieben, und Sie haben von uns über 40 Gesetzesvor schläge bekommen.

(Zuruf von den Grünen)

Sie haben nonchalant gesagt: Wir freuen uns, wenn Sie Vor schläge machen. Nun, Sie kennen das Geschäft lange genug; Sie wissen, wie das läuft. Sie werden immer ein Haar in der Suppe finden und diese konstruktiven Vorschläge ablehnen; völlig klar, das wissen wir auch. Da brauchen wir nicht über trieben zu heucheln. Aber Sie können nicht behaupten, dass es diese Vorschläge nicht gebe.

Wir haben auch schon einen ersten Vorschlag gemacht. Die ser Vorschlag orientiert sich streng an den Vorgaben einer Ih rer Ministerinnen. Die Wirtschaftsministerin hat gesagt, sie wolle das Bildungszeitgesetz nachbessern und möchte, dass das Bildungszeitgesetz schwerpunktmäßig der beruflichen Aus- und Weiterbildung dienen soll. Sie hätte es gern, dass dieses Bildungszeitgesetz für den Fall, dass für ehrenamtliche Tätigkeit etwas zur Verfügung gestellt wird, so verändert wird, dass der Beschäftigte dann zumindest auch einen Beitrag leis tet. Das hat Ihre Wirtschaftsministerin schon mehrfach öffent lich geäußert.

Einen Gesetzentwurf mit genau dieser Zielrichtung haben wir, um Ihrer Wirtschaftsministerin zu helfen, bereits eingebracht. Wir handeln also schneller konstruktiv, als Sie es uns über haupt zutrauen, Herr Ministerpräsident; und so wird es wei tergehen.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Ein letztes Wort zum Thema „FDP und Regierungsverantwor tung“: Sie haben uns und auch mir persönlich vorgeworfen, wir hätten sozusagen die Verantwortung gescheut, weil es mehr Spaß mache, die Regierung im Parlament zu ärgern. Nun, Herr Ministerpräsident, die FDP/DVP hat im Land Ba den-Württemberg – und auch die FDP in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland – wohl oft genug nachgewiesen, dass wir die Verantwortung nicht scheuen.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Sie nicht!)

Kollege Meuthen hat uns sogar vorgeworfen, die FDP würde, um in Regierungsverantwortung zu kommen, sämtliche ihrer Inhalte über Bord werfen.

(Zuruf von der AfD: Was ja häufig zutrifft!)

Immer wieder hieß es, die FDP werfe für Dienstwagen ihre Überzeugungen über Bord.

(Zuruf von der AfD: So ist es ja auch!)

Wir haben von vornherein, zu Beginn dieses Wahlkampfs ge sagt – Herr Ministerpräsident, das wissen Sie ganz genau –: Wir sind bereit, in Baden-Württemberg Regierungsverantwor tung zu übernehmen. Wir sind auch bereit, mit den demokra tischen Parteien – das heißt mit CDU, SPD, Grünen – eine Koalition zu bilden.

(Zuruf von der AfD: Hetzer!)

Aber klar muss auch sein, dass wir nicht dazu bereit sind, in eine Koalition einzutreten, um einfach die grün-rote Regie rungspolitik fortzuführen.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Deshalb haben wir Ihnen die Gelegenheit gegeben, auf unse re Wahlprüfsteine zu reagieren. Das haben Sie nicht für nötig befunden, sondern haben in einem Interview erklärt: Wie will die FDP mit 5 % einen Regierungswechsel fordern?

Das dürfen Sie, Herr Ministerpräsident, das ist völlig klar. Aber wir dürfen auch darauf bestehen, dass wir für den Fall, in dem wir keine Möglichkeit sehen, das, was wir für politisch richtig halten, umzusetzen, auch nicht bereit sind, in eine Re gierungskoalition einzutreten. Ich bin stolz darauf, dass die ser Fraktion Inhalte eben wichtiger sind als Dienstwagen.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Das gilt auch für die berühmten Prüfaufträge; auch damit hat die FDP so ihre Erfahrungen. Im Jahr 2009 ist die FDP in ge nau eine solche Koalition eingetreten: Einer der Koalitions partner war noch da und der andere weg, und es war das of fensichtliche Ziel desjenigen, der noch da war, sämtliche po litischen Vorschläge des neuen Koalitionspartners zu blockie ren. Das tut man bekanntermaßen mit Prüfaufträgen. Denn was bei Prüfaufträgen herauskommt, ist völlig klar. Der eine will eine Veränderung, der andere nicht. Man einigt sich auf einen Prüfauftrag, und dieser Prüfauftrag wird dann so inter pretiert, dass kein Veränderungsbedarf vorhanden sei.

(Zuruf von den Grünen)

Das werden wir dann an vielen Stellen in dieser Koalition er leben. Für so etwas stehen wir nicht zur Verfügung; das ist völlig klar.

Sie sagten, wir hätten nicht sondiert. Wir haben sehr wohl son diert. Wir haben ein Gespräch mit der SPD geführt, wir haben auch ein Gespräch mit Ihnen geführt. Bei diesem Gespräch haben wir auch sehr deutlich gesagt, was wir verändern wol len. Was haben wir zur Antwort bekommen? Das wird keiner glauben. Da hieß es: „Wir sind bereit, Prüfaufträge zu ma chen“, beispielsweise beim Bildungszeitgesetz, beispielswie se bei der Polizeireform oder wo auch immer.

Nein, meine Damen und Herren, die FDP lässt sich nicht mit Prüfaufträgen abspeisen. Wer so etwas vorhat, muss sich ei nen anderen Koalitionspartner suchen. Sie haben einen ande ren Koalitionspartner gefunden, der mit Ihnen diese Prüfauf träge macht. Wir werden sehen, was bei diesen Prüfaufträgen herauskommt; wahrscheinlich nicht allzu viel. Aber keine Sor ge, wir werden Sie entsprechend begleiten – fünf Jahre lang.

(Beifall bei der FDP/DVP – Zuruf des Abg. Andreas Stoch SPD)

Für die Fraktion GRÜNE erteile ich Herrn Fraktionsvorsitzendem Schwarz das Wort.

(Abg. Andreas Stoch SPD zu Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Mach’s kurz! – Abg. Reinhold Gall SPD: Unnötig!)

Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen!

Die europäische Integration gehört für uns in BadenWürttemberg zur Staatsräson. Sie steht für 70 Jahre Frie den und Freiheit.

So hat es der Ministerpräsident letzte Woche in seiner Regie rungserklärung vorgetragen. Das Plenarprotokoll verzeichnet große Zustimmung des ganzen Hauses. Ich sage: Recht hat er. Europa gehört für uns in Baden-Württemberg zur Staatsräson.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Denn die Europäische Union ist unser Garant für Frieden, Si cherheit und Freiheit. Nur wenn wir in der Europäischen Uni on gemeinsame europäische Antworten finden, etwa bei der solidarischen Aufnahme von Flüchtlingen, bei der Reduzie rung von Fluchtursachen, in der Finanzmarktkrise oder zum Klimawandel, werden wir diese Herausforderungen, die vor uns liegen, gemeinsam meistern können.

(Zuruf von der AfD: Wo sind die Lösungen?)

Ein Zurück zu nationalen Grenzen, eine Einschränkung des Schengen-Raums würde das zerstören, würde wirtschaftlichen Wohlstand vernichten und würde den inneren Frieden und den Zusammenhalt in Europa gefährden. Daher kann das keine Lösung sein, um die Herausforderungen, die es in der Tages politik gibt, zu lösen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Da Frieden und Sicherheit in Europa, in der Bundesrepublik Deutschland, in Baden-Württemberg gerade auch für meine Fraktion einen so wichtigen Stellenwert einnehmen, war es für uns vollkommen klar, dass die Grünen in den Koalitions verhandlungen der Anregung und dem Wunsch der CDU, auf tagesaktuelle Sicherheitsbedürfnisse der Bürgerschaft zu re agieren, nachgekommen sind.

Wir haben schon in der letzten Legislatur der Sicherheit, der Freiheit im öffentlichen Raum einen hohen Stellenwert bei gemessen. Wir haben im Rahmen des Antiterrorpakets und im Rahmen eines Sofortprogramms zur Bekämpfung der Ein bruchskriminalität 200 neue Stellen für Polizei, Verfassungs schutz und Justiz geschaffen. Wir haben uns darauf verstän digt, in diesem Jahr 1 100 Stellen und im nächsten Jahr 2 800 Stellen für Polizeianwärter zu schaffen. Das war in der letz

ten Legislatur die Grundlage. Dieses Vorhaben hat meine Fraktion in der letzten Legislatur mitgetragen. Heute stellen wir fest: Es gibt neue Kriminalitätsformen, die auf unsere Ge sellschaft zukommen. Nehmen Sie die steigenden Einbruchs zahlen, die uns Sorge bereiten,

(Abg. Reinhold Gall SPD: Bei uns nehmen die doch ab!)

nehmen Sie den internationalen Terrorismus, der für große Verunsicherung bei der Bürgerschaft sorgt, nehmen Sie frem denfeindliche Straftaten, die leider in unserem Land verübt werden: Da kommt es für uns darauf an, die Präsenz der Po lizei vor Ort spürbar zu erhöhen. Dafür steht meine Fraktion hier im Landtag von Baden-Württemberg, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Wir wollen die Polizei in die Lage versetzen, konsequent und dauerhaft neue Formen der Kriminalität im öffentlichen Raum zu bekämpfen und entsprechende Vorsorgemaßnahmen zu treffen. Daher gibt es da gar keinen Dissens zwischen Grünen und CDU, was die spürbare Ausweitung der Polizeipräsenz im öffentlichen Raum angeht, um die Freiheit der Bürgerin nen und Bürger zu gewährleisten, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU – Zuruf des Abg. Reinhold Gall SPD)

Im Wahlprogramm der SPD steht: „Unser Land steht hervor ragend da. Die Arbeitslosigkeit ist auf dem niedrigsten Stand seit vielen Jahren. Die Wirtschaft ist stetig gewachsen und gut aufgestellt.“ Das, was im SPD-Wahlprogramm steht, hat si cher auch nach dem 13. März noch Gültigkeit.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Das hat doch niemand be stritten!)

Ich kann nicht feststellen, dass der wirtschaftliche Wohlstand zwischen dem 13. März und dem heutigen Tag irgendwelche Verwerfungen erlitten hätte. Im Gegenteil: Die Steuermehr einnahmen, die just in diesen Tagen noch vom früheren Fi nanzminister bekannt gegeben worden sind, bestätigen das hohe wirtschaftliche Niveau, das wir haben. Da kann ich ein fach nur den Dank an alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh mer, an die Wirtschaft und die Unternehmerinnen und Unter nehmer für diese gute Leistung hier zum Ausdruck bringen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU – Zuruf des Abg. Martin Rivoir SPD)

Ich glaube, die SPD muss sich überlegen, wie sie mit dieser neuen Koalition umgeht. Überwindet man irgendwann die Trauerarbeit? Die Trauer kann ich ja nachvollziehen, aber überwindet man irgendwann diese Trauerarbeit? Überwindet man irgendwann die Enttäuschung, dass man nicht mehr da bei ist?

(Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Nur keine Sorge!)