In den Abruzzen – dicht besiedelt, Nationalpark mit Hundert tausenden Touristen –, in Rumänien, in der Region Brasov – Großstadt, 250 000 Einwohner –, in Nordportugal – 140 Ein wohner pro Quadratkilometer –, überall dort gibt es Schafhal tung, Kuhhaltung, Weidehaltung und Wölfe – seit jeher, nie ausgerottet.
Die Faktenlage ist wie folgt: Die Koexistenz von Weidehal tung und Wölfen ist problematisch. Deswegen müssen wir ernsthaft daran arbeiten. Aber sie ist Realität. Es gehört auch gesagt, dass es in ganz Europa, überall eine Koexistenz von Wolf und Weidehaltung gibt.
(Zuruf von der FDP/DVP: Schweden! – Abg. Andre as Glück FDP/DVP: Gehen Sie nach Brandenburg, und schauen Sie sich die Realität an!)
Das ist die Situation, und zwar auch in dicht besiedelten Re gionen, in Tourismusregionen und in Regionen mit Großstäd ten wie Brasov.
Darüber hinaus sei im Kontext der heutigen Debatte das Grundgesetz erwähnt, und zwar Artikel 72 Absatz 3. Ein Un terstellen des Wolfes unter das Jagdregime widerspricht – so ein Rechtsgutachten im Auftrag des Bundesamts für Natur schutz – dem Grundgesetz. Wissen Sie, man kann sich des Eindrucks nicht ganz erwehren:
(Abg. Andreas Glück FDP/DVP: Die Experten sagen Ihnen das Gegenteil! Sie hören nur das, was Sie hö ren wollen!)
Die FDP/DVP – ich hoffe, Sie kennen das Gutachten, Kolle ge Glück – verwechselt womöglich Schutzgebiete und Schuss gebiete.
Der Landesjagdverband, dessen Präsidenten Friedmann ich persönlich sehr schätze, formuliert übrigens selbst: Der Wolf gehört zur biologischen Vielfalt auch in Baden-Württemberg, wenn er denn kommt.
Der Landesjagdverband ist übrigens Mitglied im Landesna turschutzverband und ist anerkannter Naturschutzverband.
Deswegen sind die im Landesjagdverband organisierten Jä ger doppelt in der Pflicht, sich für Monitoring und Schutz von allen Wildtieren einzusetzen, unabhängig davon, ob sie vom Jagdgesetz oder vom Naturschutzgesetz erfasst sind. Also, da kann sich nichts herleiten lassen.
Minister Hauk hat völlig zu Recht auf die Bundesumweltmi nisterin hingewiesen und auf die Situation, dass es nach § 45 Absatz 7 des Bundesnaturschutzgesetzes möglich ist, nicht nur einzelne Wölfe, sondern, wenn wir die Problemlage ha ben, auch mehrere Wölfe abzuschießen. Das ist auch Realität und juristische Faktenlage bei uns in Deutschland.
Das heißt, wir können bereits jetzt auf Basis der vorhandenen juristischen Grundlagen sowohl im Bundesnaturschutzgesetz als auch in Bezug auf das Grundgesetz die Probleme lösen, die es gibt. Die müssen wir ernst nehmen und sollten auch nicht darum herumreden. Das ist schon wichtig.
Was wir im Land benötigen – zum Schluss – sind Maßnah men wie das Sonderprogramm Ökologie der grün-schwarzen Landesregierung, auf das der Kollege Hauk schon hingewie sen hat, sind Grünland- und Steillagenförderung, ist eine Re duktion bei Pestiziden und Gülle und sind Herdenschutzpro jekte wie wir, die grüne und schwarze Regierungskoalition, sie gemeinsam für den Doppelhaushalt 2018/2019 planen. Da mit und nicht mit verfehlten Debattenthemen leisten wir, Grün-Schwarz, wichtige Beiträge für unser Naturerbe.
(Vereinzelt Heiterkeit – Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: Ich danke Ihnen, Frau Präsidentin! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Es ist nur Wasser drin!)
Sehr verehrte Landtagspräsiden tin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst entschuldigen Sie bitte, wenn ich infolge einer Erkältung eine etwas raue Stimme habe.
Aber ich wollte nicht so weit gehen wie in dem Märchen „Der Wolf und die sieben Geißlein“ von den Gebrüdern Grimm, wo der Isegrim Kreide frisst, um seine Stimme zu verstellen.
Aber Spaß beiseite. Ich rate dazu, dass wir beim Thema „Rückkehr des Wolfes“ die heutige Märchenstunde zumindest vom Titel her endlich beenden.
(Beifall der Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE und Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP – Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: Richtig!)
Zur Klarstellung: Wenn wir, die Gesellschaft, wenn wir ge meinsam mit Naturschutzverbänden, wenn wir Politiker die bedingungslose Rückkehr des Wolfes wünschen und wollen, dann müssen wir den Menschen auch sagen, dass wir, die Ge sellschaft, die Kosten, Schäden und Verluste auch bedingungs los ausgleichen.
Canis lupus, also der Wolf, ist ein großer Beutegreifer, und er wird sich nicht so verhalten, wie wir uns das wünschen. Er wird sich Beute dort holen, wo es für ihn am günstigsten ist:
Wer Schäden zulässt, der muss auch überlegen, wie wir die Schäden ausgleichen. Die Schäden durch gerissene Lämmer sind vermutlich leider noch die kleinsten. Schäfer sagen mir, dass sie Angst haben, wenn ihre Herden in Panik geraten und auf Straßen rennen und möglicherweise Verkehrsunfälle pro vozieren.
Können Herdenschutzhunde helfen? Ich gebe zu bedenken: Herdenschutzhunde unterscheiden zunächst nicht, ob es der Wolf ist oder ein Jogger, ein Spaziergänger, der sich der Her de nähert.
Wer meint, dass der Wolf an der Spitze der Wildtiernahrungs kette eine Art ökologische Kettenreaktion auslöst, der befin det sich, meine sehr verehrten Damen und Herren, dann doch wieder in der Märchenstunde.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, Kol leginnen und Kollegen! Lieber Herr Bullinger, wenn man Ih nen zuhört und manch anderen auch, dann geht es doch bei Ihnen nur um eines: Wird der Wolf nach dem Jagdrecht abge schossen, oder wird der Wolf nach dem Naturschutzrecht ab geschossen? Ich sage Ihnen: Mit dem Jagdrecht werden Sie keinen Erfolg haben. Selbst das Bundesumweltministerium hat inzwischen erkannt und in einem Gutachten geschrieben, dass auch unser Jagd- und Wildtiermanagement offensichtlich nicht dazu geeignet ist, den Wolf aufzunehmen und dazu ei nen Abschuss zu begründen,
Sie waren doch, Herr Bullinger, selbst Amtschef. Dann wis sen Sie doch, dass auch ein Verwaltungsakt schnell und kon struktiv mit allen Beteiligten erlassen werden kann