Sie haben eben die Frage gestellt, ob der Wolf nach dem Na turschutzgesetz oder nach dem Wildtiermanagementgesetz ab geschossen wird. Ich frage Sie: Halten Sie es auch für denk bar, dass ein Wolf aus Tierschutzgründen abgeschossen wer den muss? Das ist in Niedersachsen so geschehen – Wolf am Straßenrand angefahren.
Das Tier lag fünf Viertelstunden am Wegesrand, bis eine Ent scheidung getroffen werden konnte. Leute sind zu dem Wolf hingelaufen. Das Tier wollte flüchten, aber es konnte – ein Jä ger war präsent – nicht erschossen werden, weil der Mann sonst seinen Jagdschein verloren hätte. Wie würden Sie in die sem Fall verfahren?
Herzlichen Dank, Herr Röhm, für diese Frage. Denn damit geben Sie mir die Möglichkeit, Ih nen etwas zu erklären. Ich stelle die Frage nicht: Jagdrecht oder Naturschutzrecht?
Vielmehr bietet das Naturschutzrecht alle Möglichkeiten – auch in dem von Ihnen aufgegriffenen Fall –, ein solches Tier zu töten.
Lesen Sie das Naturschutzrecht des Landes Baden-Würt temberg und der Bundesrepublik Deutschland. Dann haben Sie die Antwort.
Herr Bullinger, lieber Kollege, jetzt muss ich leider noch ein mal sagen: Ich bin nicht nur physisch immer anwesend, son dern auch mit meinen Gedanken und oft mit meinem Herzen – anders als Sie heute Morgen. Denn wenn Sie mir richtig zu gehört hätten, hätten Sie gemerkt, dass ich in meinem heuti gen Redebeitrag die Anhörung noch einmal sehr deutlich zu sammengefasst habe. Es ist nämlich nötig, Haftpflicht- und Versicherungsfragen zu klären und die Zusammenarbeit aller Akteure zu verbessern; die Rahmenbedingungen und die Vo raussetzungen müssen verbessert werden, die Informationen über den Wolf müssen in die breite Bevölkerung getragen wer den, und wir brauchen ein pragmatisches Handeln.
Sie erweisen der gesamten Diskussion einen Bärendienst. Kehren Sie zu einer sachlichen Diskussion zurück, und hören Sie auf, das Naturschutzrecht gegen das Jagdrecht auszuspie len.
(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Fritz, das war deine Rede in einer Minute, sauber formuliert!)
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich hatte vor einiger Zeit über den Wolf gesprochen, und nie habe ich in diesem Haus so viel Pro test eingefahren wie damals. Ich habe mir überlegt, warum. Sie, Frau Rolland, haben gesagt: „Es besteht ein großer Hass auf den Wolf in Deutschland.“ Das ist richtig, aber nicht ganz richtig. Richtig ist: Es besteht eine Hassliebe zum Wolf. Wa rum? Das hat sehr tief gehende Gründe. Der Wolf repräsen tiert seit Jahrhunderten die deutsche Seele wie kein anderes
Nirgendwo sonst spielt der Wolf eine solche Rolle wie in Deutschland. Das erklärt auch die Hitzigkeit dieser Diskussi on. Dass ein solches Thema in einem Parlament so lange und so ausführlich besprochen wird, ist anders gar nicht zu erklä ren. Aber das nur als Randbemerkung.
Ich finde es viel wichtiger, dass wir heute den 9. November haben. Deswegen gestatten Sie mir dazu noch eine Anmer kung. So, wie der 17. Juni 1953 weltanschaulich konstitutiv für die Bonner Republik war,
so ist und muss der 9. November 1989 weltanschaulich kon stitutiv für die neue Berliner Republik sein. Meine Damen und Herren, selbstverständlich vergessen wir nicht die Verbrechen der Nationalsozialisten, auch nicht das Pogrom von 1938.
Aber das kann in der Erinnerung am 9. November nicht gleichwertig sein. Das kann auch nicht konstitutiv für unsere Berliner Republik sein. – Ich bin gleich fertig.
Herr Abg. Dr. Gedeon, einen Moment, bitte! Wir sind bei Tagesordnungspunkt 1. Es geht um die Aktuelle Debatte. Reden Sie zur Sache. Sie haben noch neun Sekunden Redezeit.
Stattdessen: ein Feiertag am 9. November, konstitutiv für die Berliner Repu blik: Die Überwindung der DDR-Diktatur und der deutschen Spaltung.
(Unruhe – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU zu Abg. Dr. Wolfgang Gedeon [fraktionslos]: Machen Sie sich keine Sorgen, Sie sind nicht gefährdet, im Gegensatz zu mir! – Gegenruf des Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: Aber bei dir gibt es das her, Karl-Wilhelm!)
Nun erteile ich in der zweiten Runde für die Landesregierung Herrn Staatssekretär Dr. Baumann das Wort.
Es wäre schön, wenn auch Sie jetzt die Gespräche einstel len würden, Herr Abg. Dr. Rösler. – Vielen Dank.
Nein, ich lese es nicht vor. – Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Da men und Herren! Wir haben heute Morgen manches über Mär chen gehört. Ich glaube, bei der Debatte um den Wolf ist es, wie in jeder Debatte, wichtig, zu den Fakten zurückzukehren.
Die FDP/DVP hat einen gar lustigen Titel für die heutige Ak tuelle Debatte gewählt: „Peter und der Wolf“.
Ich glaube, es wäre sinnvoll gewesen, wenn Sie nicht nur über das Märchen gesprochen, sondern es auch gelesen hätten. Ich bin dankbar, dass Reinhold Pix und auch Minister Hauk aus dem Märchen vorgetragen haben, denn diese beiden haben es gelesen. Wenn man sich die richtige Passage anschaut, stellt man fest, dass Peter in dem Märchen dazu aufruft, den Wolf nicht totzuschießen. Dieser erste Schuss mit der lustigen Ge schichte geht also richtig nach hinten los.
Es ist fast so, als habe Prokofjew mit seinem Märchen die ak tuelle Rechtslage abbilden wollen. Das Land kann den Wolf gar nicht ins Jagdrecht aufnehmen. Sie wissen, der Wolf wird in den Anhängen II und IV der FFH-Richtlinie, die im Übri gen nicht von der EU überarbeitet wird, geführt. Als streng geschützte Art unterliegt er ausschließlich dem Artenschutz recht des Bundesnaturschutzgesetzes.
Im Bereich des Artenschutzes ist das Bundesnaturschutzge setz abweichungsfest. Das heißt, wir können davon gar nicht abweichen, auch nicht, wenn wir das ins Jagdrecht aufneh men, ins Jagd- und Wildtiermanagementgesetz überführen würden.