Protocol of the Session on November 8, 2017

Sie selbst wissen aus der Notfallsituation, dass wir die Belas tung deutlich verringern können, wenn die Menschen zu Hau se punktgenau die richtigen Hilfen bekommen. Das nehmen wir ernst, ebenso wie in der sektorenübergreifenden Versor gung unser Modellprojekt, bei dem wir jetzt 1 Million € in die Hand nehmen, bei dem wir die Digitalisierung mit anschluss fähigen Projekten mit zweimal 4 Millionen € unterstützen. Ba den-Württemberg ist das einzige Bundesland, das einen Bei rat für Digitalisierung in Medizin und Pflege hat. Da sind wir auf einem richtigen Weg.

(Abg. Anton Baron AfD: Was ist dabei herausgekom men?)

Selbstverständlich werden wir die Kosten der Digitalisierung im Gesundheitswesen im Blick haben. Ich habe Ihnen un längst von unserem 16:0-Beschluss in der GMK berichtet. Wir werden natürlich weiter Strukturförderung betreiben. Der Bund wird weiter zu seiner Pflicht stehen, die Finanzierung hälftig mit den Bundesländern durchzuführen.

(Abg. Anton Baron AfD: Sie müssen die Fallpauschale angreifen!)

Wir werden das nicht mehr aus dem Gesundheitsfonds, son dern aus Steuermitteln finanzieren. Das heißt, wir werden

strukturell unseren Beitrag leisten, dass die Mittel für Gesund heitsleistungen am richtigen Platz sind.

Wir haben jetzt die Befragung der Pflegekammer zur Stärkung der Pflegeberufe. Die Wertschätzung, der gesellschaftliche Stellenwert, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind überall durchgedrungen. Sie wissen: 70 oder 75 % der Pfle gekräfte sind weiblich. Das heißt, sie arbeiten sehr häufig in Teilzeit und haben dadurch weniger Einkommen, weil die Lohnstruktur auf Vollzeit ausgerichtet ist. Da darf ich Ihnen übrigens ein Positivbeispiel nennen – die Wissenschaftsmi nisterin ist gerade nicht anwesend –: Die Universitätskliniken haben bei der Pflege Tarifverträge gemacht,

(Zuruf des Abg. Reinhold Gall SPD)

in denen sie ein bisschen über Normalnull gehen, um tatsäch lich einen Anreiz zu schaffen.

(Abg. Gabi Rolland SPD: Es geht vor allem um die Arbeitszeit! Überlast!)

Die Situation in der Pflege ist seit, ich würde sagen – – Ich ha be im Mai seit 30 Jahren mein Examensdiplom. Es bestand immer Überlastung, und 1995 kamen die großen Dämpfun gen. Man hat Druck erzeugt. Wir haben eine Veränderung. Wir haben das letzte Mal dargestellt: Das Krankenhaus ist ärztli cher geworden. Jetzt müssen wir mehr denn je alles darauf setzen, die pflegerischen Kapazitäten bei uns zu stärken. Wir werden sowohl bei den Sondierungsgesprächen als auch über Bundesratsinitiativen weiter unseren Einfluss aus Baden-Würt temberg ausüben, um eine ordentliche Personalbemessung und Finanzierung zu erreichen. Unseren Teil zur Ausbildung, zur Umsetzung der generalistischen Pflege leisten wir. Sie wis sen: Baden-Württemberg bildet prozentual am meisten aus, und wir haben steigende Zahlen. Insofern, denke ich, sind wir auf einem guten Weg.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den Grünen)

Vielen Dank. – In der zweiten Runde erteile ich Herrn Kollegen Hinderer für die SPD-Frak tion das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Zunächst herzlichen Dank für diese doch sehr sachliche und ernsthafte Debatte. Ich glaube, es ist deutlich geworden, dass es ein gemeinsames Ziel ist, die Si tuation in der Pflege zu verbessern.

Herr Minister Lucha, Sie haben auf eine Statistik verwiesen und auch den bundesweiten Vergleich angeführt, wonach wir vorndran sind. Das streitet überhaupt niemand ab. Wir wissen auch, dass die Patientenzufriedenheit noch sehr hoch ist. Des halb haben wir den Fokus unserer heutigen Debatte bewusst auf die Pflegekräfte gelegt. Wenn Sie mit ihnen sprechen, wenn Sie in die Krankenhäuser gehen, wenn Pflegekräfte zu Ihnen in die Sprechstunde kommen, dann stellen Sie fest: Die sind halt nicht zufrieden.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Ja, ich spreche jeden Tag mit einer!)

Deshalb muss es darum gehen, diese Abwärtsspirale zu unter brechen und zu schauen, wie wir die Arbeitsbedingungen ver bessern können.

Ich denke, Ihr Ruf nach einer Berechnung ist bei den Kran kenhausträgern angekommen. Sie werden Ihnen das vorrech nen können. Das ist nicht schwierig. Ich kenne aus eigener Anschauung in Heilbronn – Sie wissen, wo – Bauvorhaben. Die Förderquote des Landes liegt unter dem Strich – je nach Bauvorhaben – bei um die 50 %; manchmal sind es 45 %, manchmal 60 %. Der Rest, ob es nun 40 oder ob es 70 % sind, muss eben von den Krankenhäusern selbst aufgebracht wer den, wenn nicht der Gesellschafter bereit und in der Lage ist, etwas zuzuschießen. Und das Geld kommt aus dem Betrieb; es kann auch nur aus dem Betrieb kommen. Insofern ist das, glaube ich, eine einfache Rechnung.

Frau Kollegin Krebs, Sie haben realistische Ziele angemahnt. Die Erhöhung der Vergütung um 30 %, die Martin Schulz in den Raum gestellt hat,

(Abg. Petra Krebs GRÜNE: Das wäre schön!)

ist hinterlegt. Lauterbach hat gleich gesagt: „Das macht 0,5 % in der Pflegeversicherung aus. Das muss es uns wert sein.“ Wir wollen aber auch deutlich machen: Die Mehrkosten kön nen nicht allein zulasten der Versicherten gehen. Deshalb for dern wir auch, wieder zur paritätischen Finanzierung der Ver sicherung zurückzukehren. Aber ich glaube, da sind wir uns auch einig.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Petra Krebs GRÜ NE)

Herr Kollege Teufel, Sie und andere haben zu Recht darauf hingewiesen, dass wir in den letzten Jahren die Investitions kostenförderung deutlich nach oben gefahren haben. Ich er laube mir den Hinweis: Es war Katrin Altpeter, die zwischen 2011 und 2016 35 % mehr in diesen Topf – am Ende waren es 455 Millionen € – eingebracht hat. Wenn Sie wollen, dass dies so bleibt, dann schauen Sie in den Haushaltsentwurf, der Ihnen, glaube ich, morgen Abend vorgelegt wird. Wenn dar in nichts Entsprechendes steht, dann stimmen Sie unseren An trägen zu, die wir in die Haushaltsberatungen einbringen wer den.

Kommen Sie bitte zum Schluss, Herr Abg. Hinderer.

Gut, ich komme zum Schluss. – Die Imagekampagne ist angemahnt worden. Ich bleibe da bei: Die beste Imagekampagne für gute Pflege ist, wenn wir die Rahmenbedingungen verbessern. Da mahne ich noch ein mal an, Herr Minister Lucha: Nehmen Sie das – Sie reisen ja gerade häufig nach Berlin, fast in Kabinettsstärke –

(Heiterkeit des Abg. Rüdiger Klos AfD)

in die Sondierungsgespräche mit. Ich habe ein Protokoll vom 30. Oktober – Sondierungsstand...

Sie müssen zum Schluss kom men, bitte.

... Pflege, Gesundheit. Da steht noch relativ wenig drin. Nehmen Sie einfach die Handlungs empfehlungen der Enquete mit, und schreiben Sie sie da hin ein. Dann sind Sie auf einem guten Weg.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Dr. Rainer Balzer AfD)

Für die FDP/DVP-Fraktion er teile ich Herrn Abg. Haußmann das Wort.

Sehr geehrte Frau Prä sidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Sozialminis ter Lucha, herzlichen Dank für Ihr Bekenntnis, auch das The ma Betriebskostenfinanzierung und die Struktur des Landes basisfallwerts noch einmal intensiv im Bund mit einzubrin gen. Das ist eine unserer Forderungen, die wir für ein Impuls programm für die Pflege als zwingend notwendig ansehen.

Man muss schon sagen: Bei der Investitionskostenfinanzie rung ist es eben doch so, dass nicht 100 % finanziert werden. Das war auch vor Ihrer Zeit als Sozialminister schon so. Das heißt aber natürlich, dass die Kliniken in Baden-Württemberg erhebliche Eigenmittel brauchen und dadurch schon aus den Abschreibungen heraus oder bei Zinsen und Tilgungen eben eine Betriebskostenfinanzierung benötigen. Deswegen lautet eine unserer Forderungen, die Investitionsmittel in BadenWürttemberg jetzt nicht zu reduzieren.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und des Abg. Rainer Hinderer SPD)

Weitere Punkte: Beim Stichwort Digitalisierung halten wir es für wichtig, dass Baden-Württemberg als Innovationsmotor bundesweit vorangeht. Eine Imagekampagne für die Pflege halten wir für wichtig, und wir wollen auch, dass die Landes krankenhausplanung transparenter dargestellt wird.

Deswegen haben wir uns etwas darüber gewundert, Herr So zialminister, dass Sie so en passant zu den ersten Indikatoren, die der Gemeinsame Bundesausschuss für die Qualität unse rer Klinikplanung entwickelt hat, gesagt haben, das sei für uns nicht relevant. Da wünschen wir uns schon eine intensivere Diskussion, damit wir uns auch diese Thematik noch einmal intensiver anschauen.

Darüber hinaus ist für uns wichtig, die sektorenübergreifende Versorgung voranzutreiben. Was eben auch zum großen Kom plex der Finanzierung gehört, ist die Finanzierung der Not fallsituationen in den Kliniken unseres Landes, die auch das Pflegepersonal erheblich belasten.

Dies zusammengenommen müssten wir – dank des hervorra genden, großen Engagements der Pflegekräfte, der Mitarbei terinnen und Mitarbeiter in den Kliniken – Impulse zuguns ten der Krankenhäuser voranbringen.

Ich schließe mit einem herzlichen Dank an alle, die so tatkräf tig Tag für Tag und rund um die Uhr, an 365 Tagen im Jahr, für unsere Gesundheit engagiert sind.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP sowie Abgeordneten der Grünen, der CDU, der AfD und der SPD)

Meine Damen und Herren, mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Ak tuelle Debatte beendet und Punkt 2 unserer Tagesordnung er ledigt.

Ich rufe Punkt 3 der Tagesordnung auf:

Debatte – Beteiligung von Jugendlichen in Baden-Würt temberg – Ergebnisse des Jugendlandtags – beantragt von der Fraktion GRÜNE, der Fraktion der CDU, der Frak tion der AfD, der Fraktion der SPD und der Fraktion der FDP/DVP

Meine Damen und Herren, zunächst begrüße ich zu diesem Tagesordnungspunkt die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Jugendlandtags, die seit gestern bei uns im Haus zu Gast sind. Herzlich willkommen auch im Foyer, wo die Debatte zu die sem Tagesordnungspunkt übertragen wird.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für diese Debat te eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt. Ich darf die Mitglieder der Landesregierung bitten, sich ebenfalls an den vorgegebenen Redezeitrahmen zu halten.

In der Aussprache erteile ich nun für die Fraktion GRÜNE Herrn Abg. Poreski das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! „Politik“, sagte Hannah Arendt,