Protocol of the Session on September 27, 2017

Meine Damen und Her ren, es liegen keine Wortmeldungen mehr vor. Damit ist Ta gesordnungspunkt 1 erledigt.

Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf:

Aktuelle Debatte – Hochschulen stark machen – neue Per spektiven für den wissenschaftlichen Nachwuchs und Grün der – beantragt von der Fraktion GRÜNE

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Aktuel le Debatte eine Gesamtredezeit von 50 Minuten festgelegt. Darauf wird die Redezeit der Regierung nicht angerechnet. Für die Aussprache steht eine Redezeit von zehn Minuten je Fraktion zur Verfügung. Ich darf – wie üblich – die Mitglie der der Landesregierung bitten, sich ebenfalls an den vorge gebenen Redezeitrahmen zu halten.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Das wäre schön, wenn sie das mal machen!)

Das Wort für die Fraktion GRÜNE erteile ich Frau Kollegin Seemann zu ihrer ersten Rede. – Bitte schön, Frau Kollegin.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen! Gerade haben wir über die Digitali sierung gesprochen. Das ist, wie wir mitbekommen haben, ein drängendes Thema, und es ist ein Thema, bei dem es einen ganz wichtigen Player gibt: unsere Hochschulen und Univer sitäten. Dass wir hier im Innovationsland Nummer 1 daheim sind, das ist doch zu einem großen Teil den Hochschulen und Universitäten in unserem Land zu verdanken. Der Erfolg der Forschung, der Erfolg der hervorragenden Lehre und nicht zu letzt der Erfolg des zunehmend wichtiger werdenden Wis senstransfers von den Hochschulen und Universitäten in Wirt schaft und Gesellschaft sind die Elemente, die Baden-Württem berg zukunftsfit machen.

(Beifall bei den Grünen und des Abg. Konrad Epple CDU)

Das ist der Erfolg, an den jeder denkt, wenn er über die Hoch schullandschaft hier im Ländle spricht. Ich bin mir daher si cher, dass ich für viele hier im Haus sprechen kann, wenn ich sage: Unsere Hochschulen und Universitäten haben die bes ten Bedingungen verdient.

(Beifall bei den Grünen – Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Was aber gehört zu den besten Bedingungen? Wie machen wir die Hochschulen stark? Getrennt betrachtet bestehen Hoch schulen zum einen aus Gebäuden und zum anderen aus den Menschen, die dort ein und aus gehen.

Starke Hochschulen brauchen eine starke Infrastruktur. Des halb freue ich mich, dass wir im Doppelhaushalt 2018/2019 so viel Geld wie noch nie zuvor in die Hand nehmen wollen, um den Sanierungsstau im Hochschulbau abzubauen.

Allerdings – das wissen wir alle – ist es mit den Gebäuden nicht getan. Deshalb dränge ich auch darauf – auch wieder mit dem Hinweis auf die Debatte heute Morgen –, dass wir die

Forschungsinfrastruktur der Hochschulen zukunftsfit machen. Auch das ist eine große Baustelle.

(Beifall bei den Grünen – Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Gebäude sind das eine. Sie sind eine notwendige, aber keine hinreichende Vorausset zung für starke Hochschulen. Die eigentliche Qualität macht sich an den Menschen fest, die an den Hochschulen und Uni versitäten in unserem Land arbeiten – sei es in Forschung und Lehre, sei es in der Verwaltung. Ihnen allen gilt mein Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Unsere Aufmerksamkeit gilt aber auch den 360 000 Studie renden, die in wenigen Tagen mit dem Beginn des Winterse mesters wieder in die Hörsäle und Bibliotheken ziehen. Hoch schule bildet – aber Studierende bilden auch Hochschule. Mir ist es wichtig, dass wir Studierende nicht als Durchlaufposi tion ansehen. Wer an eine baden-württembergische Hochschu le geht, wer sich im Studium einbringt, lernt nicht nur, bildet sich nicht nur, sondern wird Teil einer Gemeinschaft. Deshalb heißt Qualität der Hochschule und der Universität auch: en gagierte und aktive, wissbegierige und offene Studierende. Studierende profitieren von Forschenden und Lehrenden, die mit ganzem Herzen bei der Sache sind und die nicht nur Fak ten, sondern auch den Geist des Neuen vermitteln können.

Der Bund, insbesondere aber auch die Landesregierung sind daher zu Recht aktiv geworden. Fünf Punkte möchte ich hier ausführen.

Erstens: Mit dem Tenure-Track-Programm haben Bund und Länder ein sehr sinnvolles Instrument aufgelegt, das für die Planbarkeit wissenschaftlicher Karrieren einen riesigen Sprung nach vorn bedeutet. Deshalb freue ich mich, dass von den knapp 500 Tenure-Track-Professuren, die in der ersten Run de des Programms wissenschaftsgeleitet vergeben wurden, 65 nach Baden-Württemberg gegangen sind.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU – Abg. Alexander Salomon GRÜNE: Sehr gut!)

Sieben der Universitäten in unserem Land haben nun die Mög lichkeit, Schwerpunkte zu setzen und ihre Profile mit jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zu schärfen. Für diese bedeutet die Tenure-Track-Professur, dass Qualität und Planbarkeit verbunden werden. Das erhöht die Attraktivität erheblich.

Zweitens: Die Landesregierung hat jetzt ihren Entwurf der Landeshochschulgesetznovelle präsentiert. Hier werden die rechtlichen Grundlagen gelegt, um die Tenure-Track-Profes suren so auszugestalten, dass sie auch tatsächlich etwas brin gen. Zudem wird klargestellt, dass Familienfreundlichkeit auch für Landesbeamtinnen und Landesbeamte gilt, etwa mit der Möglichkeit der Verlängerung des Evaluierungszeitraums im Fall von Kinderbetreuung. Als Mutter von fünf Kindern freut mich dies besonders. Und wer sollte sich um die Verein barkeit von Kind und Wissenschaftskarriere kümmern, wenn nicht wir?

(Beifall bei den Grünen und des Abg. Winfried Mack CDU)

Drittens: Eine weitere Maßnahme aus der anstehenden No velle des Landeshochschulgesetzes ist ein bundesweites No vum. Promovierende sollen – ich finde das sehr gut und wich tig – nun als eigene Mitgliedergruppe geführt werden. Das ist nach der Einführung der Konvente und der Promotionsver einbarung in der letzten großen LHG-Novelle nun ganz fol gerichtig der nächste Schritt.

(Beifall bei den Grünen)

Die Promotion ist eine eigenständige Phase zwischen Studi um und wissenschaftlicher Tätigkeit. Genau dieser Charakter bildet sich im eigenen Status für Promovierende ab.

Viertens: Ich habe bereits das Thema „Innovation und Wis senstransfer“ angesprochen. Beides zusammen ist eines der Leitmotive unserer grün-schwarzen Landesregierung. Neben dem ganz hervorragenden Programm zur Förderung der Grün derkultur in der Lehre kommt jetzt folgerichtig der nächste Schritt. Wer an einer Hochschule etwas erfunden hat, wer da raus ein junges Unternehmen machen möchte, der wird es zu künftig leichter haben, für eine Übergangszeit Räume und Ge räte der Hochschule nutzen zu können. Hochschulen sind schon längst Inkubatoren.

Fünftens: Schließlich möchte ich noch auf den Erfolg der ba den-württembergischen Pädagogischen Hochschulen und Hoch schulen für angewandte Wissenschaften bei der bundeswei ten Ausschreibung „Innovative Hochschule“ hinweisen.

Auch hier zeigt sich, wie stark die Hochschulen im Land sind, wie sehr die Vermittlung von Wissen in die Gesellschaft und – natürlich auch umgekehrt – die Bürgerwissenschaft und die Öffnung der Wissenschaft für gesellschaftliche Anliegen zur Zukunftsaufgabe werden.

Baden-Württemberg braucht starke Hochschulen. Wir tun ei niges dafür, dass das so bleibt, nicht nur weil gut ausgestatte te Hochschulen und Universitäten per se einen Wert darstel len – das tun sie, keine Frage –, sondern auch deswegen, weil Wissenschaft das Zukunftsressort dieses Landes ist

(Beifall bei den Grünen)

und die Stärke des Landes viel mit der Stärke und Qualität der baden-württembergischen Hochschulen zu tun hat.

In diesem Sinn – auch da, denke ich, stimmen mir hier viele zu – drücke ich unseren Universitäten ganz fest die Daumen. Denn am Ende dieser Woche wird bekannt gegeben, welche Universitäten sich auf der Grundlage ihrer Skizzen für Exzel lenzcluster bewerben dürfen. Das wird eine wichtige Weichen stellung, der ich mit Zuversicht entgegensehe.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU sowie der Abg. Gabriele Reich-Gutjahr FDP/DVP)

Kompliment, Sie haben die Zeit eingehalten.

(Heiterkeit)

Für die CDU-Fraktion darf ich Frau Kollegin Kurtz das Wort erteilen.

Sehr geehrter Herr Präsident, mei ne sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Am dritten Tag nach der Bundestagswahl beantra gen die Grünen hier im Landtag eine Debatte über die Hoch schullandschaft in Baden-Württemberg. Ehrlich gesagt habe ich gedacht, dass die Menschen im Land vielleicht im Mo ment eher andere Fragen bewegen.

Ein Blick in den Pressespiegel von heute Morgen zeigt uns aber, dass die Hochschulpolitik die Öffentlichkeit doch stark beschäftigt. Die Hochschule Ludwigsburg sorgt leider wieder für negative Schlagzeilen. In Konstanz klagen Professoren ge gen ihre Uni, weil man dort dem Wunsch – gerade der Grü nen – nach einer Verpflichtung zu Open Access nachkommen will, und in Heilbronn wird – ich muss sagen: leider – die neue LHG-Novelle, die gerade in der Anhörung ist, heftig kritisiert.

(Abg. Gabi Rolland SPD: Zu Recht!)

Ich bin aber weiterhin der Meinung, dass wir hier in BadenWürttemberg im Wissenschaftsbereich sehr gut aufgestellt sind, meine Damen und Herren.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Wir wissen aber auch, dass wir hier im Land nicht mehr ganz allein dafür verantwortlich sind, welche Perspektiven es für den wissenschaftlichen Nachwuchs bei uns gibt und wie wir Gründer und Start-ups noch besser fördern können. Sie wis sen alle: Es gab vor drei Jahren eine Lockerung des sogenann ten Kooperationsverbots im Grundgesetz. Seitdem wirkt der Bund bei unserer Hochschulpolitik kräftig mit – bisher aller dings, wie ich finde, nicht zu unserem Schaden. Wir konnten uns in den vergangenen vier Jahren wirklich nicht beklagen. Es flossen gewaltige Summen auch in unser Land. Ich denke, es ist auch der CDU-Bundesministerin zu verdanken, dass z. B. die Hochschulen für angewandte Wissenschaften noch stärker in den Blick genommen wurden. Denken Sie nur an das Programm „Innovative Hochschule“ in der neuen Exzel lenzstrategie.

(Beifall des Abg. Winfried Mack CDU)

Das ist ein eigenes Programm für die Fachhochschulen und die Pädagogischen Hochschulen. Ich freue mich sehr, dass da auch schon vier Anträge aus Baden-Württemberg erfolgreich waren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Der Bund unterstützt uns auch bei der Förderung des wissen schaftlichen Nachwuchses. Das ist ein Thema, das uns schon lange beschäftigt. Man muss ehrlich sagen: Wissenschaftspo litik lebt nicht nur von Innovationen, sondern gerade auch von langen Linien und stabiler Konstanz. Ich finde, es hat unse rem Land gutgetan, dass es seit 1978, als ein eigenständiges Wissenschaftsministerium eingerichtet wurde, nur vier Wis senschaftsminister mit langjährigen Amtszeiten gab. Da gab es bei uns eine Konstanz, die sich bewährt hat.

(Abg. Alexander Salomon GRÜNE: Das darf auch so bleiben!)