Stefanie Seemann
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Sehr geehrte Frau Präsi dentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Corona hat unser al ler Leben durcheinandergewirbelt. Wir haben im vorigen Ta gesordnungspunkt eine Parallele gehört: Manche sagen auch in Bezug auf das Coronavirus, es seien alle gleich; aber ge nau das Gegenteil ist der Fall. Corona hat die bestehenden so zioökonomischen Unterschiede und Ungerechtigkeiten wei ter verstärkt.
Das Virus hat auch viele unserer Vereine und Verbände in Schwierigkeiten gebracht. Dabei sind sie so wichtig für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft, und sie sind oftmals auch ein Teil der Daseinsvorsorge. Wir alle wissen: Ohne Ehren amt geht gar nichts.
Deshalb will auch ich hier, wie es der Kollege Schütte gera de getan hat, ganz laut Danke sagen für alles, was im Ehren amt geleistet wird.
Aber Dank und Applaus reichen tatsächlich nicht aus. Wir ha ben die Aufgabe, unsere vielfältige Vereinslandschaft zu stüt zen; denn wir brauchen sie – gerade auch nach der Pandemie – ganz dringend. Es geht um den Erhalt von gewachsenen Strukturen. Die Herausforderungen und Probleme, denen sich die Vereine und Organisationen in unserem Land stellen, sind so vielfältig wie die Vereinslandschaft selbst. Seien es Sport, Kultur, Tafel, Selbsthilfe, Blaulicht, Migrantinnenvereine und, und, und: Es war und ist wichtig, alle schnell und unbürokra tisch zu unterstützen.
So vielfältig, wie unsere Vereinslandschaft ist, so vielfältig sind deshalb auch die Angebote an Förderung und Unterstüt zung. Das sieht man schon daran, wie viele Ministerien ein gebunden sind. Ehrenamt ist im wahrsten Sinn des Wortes ei ne Querschnittsaufgabe.
Mein besonderer Dank geht an unsere Landesregierung, allen voran Sozialminister Manfred Lucha. Das, was hier in den letzten Monaten geleistet wurde, ist eigentlich unglaublich.
Den Sportvereinen helfen wir beispielsweise mit Liquiditäts hilfen, Soforthilfen oder dem Solidarpakt Sport III. Die Zah len zeigen, dass das Geld nötig war und dass es angenommen wird.
Gleiches gilt für den Bevölkerungsschutz. Ich habe im Som mer die Blaulichter in meinem Wahlkreis besucht. Dort muss te so viel umgestellt werden: Weiterbildungen konnten nicht wie geplant durchgeführt werden, und vieles ist ins Stocken geraten. Beispielsweise konnte in einer Kommune meines Wahlkreises die DLRG keine Schwimmkurse geben, weil das Freibad nicht geöffnet hatte. Liebe Kolleginnen und Kollegen, solche Schwimmkurse sind eine wichtige Prävention. Das fehlt jetzt. Das können wir nicht so einfach kompensieren. Wir können nur dafür sorgen, dass Strukturen weiter bestehen und es im nächsten Jahr wieder Kurse geben kann.
Überaus schmerzhaft sind insbesondere die Eingriffe im Kul turbereich. Viele Vereine, aber auch Kulturschaffende sind von der Coronakrise in ihrer Existenz bedroht. Wir haben hier ei ne Branche, die besonders Not leidet und deren Zukunft un gewiss ist. Das Coronahilfsprogramm für Kunst und Kultur mit einem Umfang von bis zu 32,5 Millionen € zeigt deutlich: Wir stehen der Kultur zur Seite.
Das Impulsprogramm „Kunst trotz Abstand“ hat gezeigt, wie Kultur unter Pandemiebedingungen funktionieren kann. Ich war im Sommer wirklich glücklich über die Glanzlichterkul tur, z. B. im Park von Schloss Bauschlott beim Konzert des Südwestdeutschen Kammerorchesters Pforzheim – unterstützt durch das Programm „Kunst trotz Abstand“. Man hat die Dankbarkeit der Zuhörerinnen und Zuhörer sowie auch der Musikerinnen und Musiker förmlich gespürt: endlich wieder ein großes Konzert.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch wenn es gerade jetzt wieder besonders schwer ist für die Vereine, sind wir auf dem richtigen Weg. Ganz wichtig sind die Informationen und das Wissen über die möglichen Förderungen. Sie müssen raus zu den Menschen, sie müssen raus in die Vereine. All denjeni gen, die jetzt in einer Notlage sind, muss klar sein, wohin sie sich wenden können. Dass das bisher nicht immer so ist, mer ke ich bei den vielen Gesprächen, die ich führe.
Aktuell gibt es ein paar Dinge, die wir nicht oft genug tun kön nen. Erstens gilt es, klar zu sagen, wie gefährlich Covid-19 ist, zweitens müssen wir an die Verantwortung aller appellie ren und drittens den Menschen deutlich machen: Ihr seid nicht allein, unsere Strukturen sind stark, und wir stützen sie.
Es bleibt noch vieles im Ungewissen. Niemand kann voraus sagen, wie es weitergeht. Aber es ist unsere Aufgabe, dafür zu sorgen, dass bestehende Strukturen des Gemeinsinns erhalten bleiben.
Danke.
Vielen Dank. – Ich wollte nur noch einmal nachfragen: Ist der Prozess der Schnellfahr strecke im Zeitplan?
Sehr geehrte Frau Präsi dentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Corona hat auch die Hochschulen vor große Herausforderungen gestellt. Mit die sem Gesetz treffen wir eine gute Entscheidung für die Hoch schulen, die Studierendenwerke und die Studierenden im Land,
um, so weit es möglich ist, Erschwernisse aufzufangen. Einen herzlichen Dank an Ministerin Theresia Bauer, das Wissen schaftsministerium und nicht zuletzt die Hochschulen, die sich den vielfältigen Herausforderungen gestellt haben.
Es ist erstaunlich, wie schnell wir alle zu einem digitalen Aus tausch gelangt sind. Zeiten wie diese machen den Austausch und eine strukturierte und demokratische Entscheidungsfin dung wichtiger denn je.
Mit der Möglichkeit, Gremien rechtssicher digital tagen zu lassen, sichern wir die Handlungsfähigkeit der Hochschulen, der Studierendenwerke und ihrer Gremien. Wir gewährleisten damit die Entscheidungsfähigkeit und Demokratie in den Hochschulen.
Die Videokonferenzen, die mein Kollege Alexander Salomon und ich mit den Vertreterinnen und Vertretern der Studieren den seit der Coronakrise hatten, haben den Bedarf an digita len Entscheidungsmöglichkeiten wie auch viele andere Prob leme deutlich gemacht.
Auf zwei weitere dieser Probleme bezieht sich dieses Gesetz. Erstens: Wir geben das Sommersemester nicht verloren. Un sere Hochschulen stemmen seit Ende April mit großer Kraft und viel Engagement ein vorrangig digitales Semester. Doch durch die anfängliche Schließung von Bibliotheken und den verspäteten Vorlesungsbeginn ergeben sich unvermeidliche Verzögerungen im Studienbetrieb. Die Studierenden fordern daher zu Recht eine landeseinheitliche Regelung, nach der ih nen dadurch kein prüfungsrechtlicher Nachteil entsteht. Die ser Forderung nach einer Verlängerung der fachsemesterge bundenen Fristen für Studien- und Prüfungsleistungen kom men wir mit dem Gesetz nach.
Zweitens: Wir kümmern uns um die DHBW-Studierenden, deren Studienplatz an ein Unternehmen gebunden ist. Sollte ein solches Unternehmen aufgrund der Pandemie in eine wirt schaftliche Notlage geraten, sodass es den Ausbildungsver trag kündigen muss, verschaffen wir den DHBW-Studieren den eine deutlich längere Übergangszeit von bis zu sechs statt bisher zwei Monaten, um eine neue Ausbildungsstätte zu fin den.
Der Gesetzentwurf, den wir heute beraten, fügt sich als Puz zleteil in unsere Strategie ein, mit der wir den coronabeding ten Herausforderungen im Hochschulbereich begegnen. Un sere Hochschulen haben auf ein Digitalsemester umgestellt. Einen herzlichen Dank noch einmal an die Studierenden so wie an das wissenschaftliche und nicht wissenschaftliche Per sonal.
Klar ist aber auch: Viele Studierende sind finanziell aktuell besonders stark belastet, weil sie auf den zusätzlichen Ver dienst aus Nebenjobs – etwa in der Gastronomie – angewie sen sind. Laut Umfragen haben zwischen 40 und 60 % der Studierenden ihre Nebenjobs in der Krise verloren. Es war da her richtig, dass wir den landesseitigen Notfallfonds für Stu dierende aufgesetzt haben.
Auf Bundesebene kann seit gestern endlich der mittlerweile lange geforderte, nicht rückzahlbare Zuschuss für Studieren de, die sich durch die Coronapandemie in einer besonders aku ten Notlage befinden, beantragt werden. Das ist wichtig, auch
wenn ich mir durchaus mehr hätte vorstellen können, z. B. das BAföG für all diejenigen zu öffnen, die bisher nicht anspruchs berechtigt waren, denen aber durch die Pandemie das Einkom men weggebrochen ist, oder die zeitweise Aufhebung von Al tersgrenzen beim Kindergeld oder der Krankenversicherung.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit diesem Gesetz ergän zen wir unsere anderen landesseitigen Maßnahmen. Es ist ein Mehr an Sicherheit für die Studierenden. Wir müssen uns aber auch klar darüber sein, dass die Hochschulen und die Studie renden perspektivisch weitere Unterstützung brauchen wer den. Das ist bei sinkenden Einnahmen im Landeshaushalt si cher kein leichtes Unterfangen.
Ich möchte, dass wir heute mit diesem Gesetz und ganz grund sätzlich den Hochschulen und den Studierenden im Land ver sprechen: Wir lassen euch nicht allein!
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ehrenamt, das ist ein Begriff, der eher etwas verstaubt und aus der Zeit gefallen wirkt. In den vergangenen Jahrhunderten verstand man darunter tatsächlich das, was der eigentliche Wortsinn auch aussagt, nämlich ein öffentliches Amt, das mit viel Reputation hinterlegt ist und den Inhabern – zumeist Männern – zur Ehre gereichte.
Wie sieht es heute aus? Ehrenamt hat viele Gesichter. Wich tig ist: Menschen engagieren sich für eine gemeinsame Sache und füreinander. Ob wir es jetzt Ehrenamt oder bürgerschaft liches, soziales Engagement nennen, ob wir es Partizipation oder Teilhabe nennen: Im Kern geht es eigentlich darum, dass Menschen freiwillig und unbezahlt aus innerem Antrieb her aus unser Zusammenleben gestalten, weil sie dies wichtig fin den, weil ihnen dies Spaß macht. So wird Gemeinschaft ge lebt.
Die Tätigkeitsfelder sind so bunt wie unsere Gesellschaft selbst. Egal, ob im Sport, in der Kultur, im sozialen Bereich, in der Kirche, im Umweltschutz, im Tierschutz: Wichtig ist einfach die Tatsache, dass sie es tun.
Seit ich mich intensiv mit dem Ehrenamt beschäftige, habe ich viele Menschen kennengelernt, die wirklich Großartiges leisten und die nicht nur ihr eigenes Leben, sondern eben auch das vieler anderer Menschen bereichern.
Diese Einstellung, diese Geisteshaltung macht etwas mit un serer Gesellschaft. Sie macht sie zu einer Mitmachgesell schaft, die geprägt ist von Zusammenhalt, Gemeinschaft und Miteinander.
Baden-Württemberg ist das Land des Ehrenamts. Wir sind ganz vorn dabei, wenn es darum geht, sich zu engagieren. Da her ist es für die Landesregierung und für uns Grüne eine Her zensaufgabe, das Ehrenamt zu unterstützen.
Die Antwort auf unsere gemeinsam mit der CDU gestellte An frage zu diesem Thema zeigt: Wir haben viel erreicht, aber es gibt noch viel zu tun.
Dabei gibt es unterschiedliche strukturelle Gegebenheiten in unserem Flächenland. Der ländliche Raum in Baden-Würt temberg weist eine Ehrenamtsquote von 52,6 % aus – einer seits, weil ohne die ehrenamtlichen Angebote einfach weni ger los wäre, andererseits, weil die Mitgliedergewinnung hier viel persönlicher geschieht.
Im urbanen Raum gibt es viel mehr konkurrierende Angebo te. Insbesondere junge Menschen wollen sich nicht mehr gern längerfristig engagieren und binden. Hier sehe ich die Chan ce im projektbezogenen, zeitlich begrenzten Ehrenamt.
Die Digitalisierung kann die Weiterentwicklung ehrenamtli cher Strukturen erleichtern. Das gilt insbesondere dann, wenn es darum geht, Ehrenamtliche miteinander zu vernetzen oder auch kurzfristig agieren zu können.
Die Landesregierung hat die Engagementstrategie BadenWürttemberg gemeinsam mit allen Akteurinnen und Akteu ren entwickelt. Darin enthalten ist ein umfassender Maßnah menkatalog. Es geht vor allem darum, vorhandene Strukturen zu stabilisieren, mehr Menschen und Gruppen – gerade auch solche, die bisher unterrepräsentiert sind – für das Ehrenamt zu begeistern und miteinander zu vernetzen.
Die Strategie wirkt. Beispielsweise hat die Evaluierung des Programms „Gemeinsam sind wir bunt – Lebensräume zu En
gagement-Räumen entwickeln“ gezeigt: Damit konnte ein großer Beitrag zur Stärkung lokaler Identität geleistet werden. Die verschiedensten Projekte haben Impulse gesetzt und vor Ort viel nachhaltig bewegt.
Ebenso ist die Engagementstrategie für die Entwicklung der Landesstrategie „Quartier 2020 – Gemeinsam.Gestalten.“ ei ne wichtige Grundlage. Generationengerechtigkeit geht nur mit Engagement und Beteiligung.
Unsere Förderprogramme sind so breit aufgestellt, wie unse re Gesellschaft bunt ist. Insbesondere im Bereich „Blaulicht“ ist das Ehrenamt im wahrsten Sinn des Wortes lebensnotwen dig.
Die Ehrenamtlichen verdienen unsere höchste Wertschätzung und eine gute Ausstattung.
Zu den zentralen Wünschen vieler Ehrenamtlicher gehören der Abbau von Bürokratie und finanzielle Erleichterungen. So hat Baden-Württemberg – federführend unsere Finanzminis terin Edith Sitzmann – seit diesem Jahr die Freigrenze für Zu wendungen erhöht.
Im Bundesrat setzt sich die Landesregierung für eine Verein fachung im Steuerrecht ein, damit gemeinnützige Organisati onen von Verwaltungsaufwand entlastet werden.
Auch im Gemeinnützigkeitsrecht fordern wir Verbesserungen, z. B. wenn es um die Anhebung der Pauschale für die Übungs leiterinnen und Übungsleiter, die Ehrenamtspauschale oder um die Freigrenze für Einnahmen aus wirtschaftlichen Ge schäftsbetrieben geht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Landesregierung fördert das Ehrenamt und unterstützt mit Rat und Tat und mit einem erheblichen finanziellen Einsatz ehrenamtliche Strukturen. Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, dieses hohe Gut des Ehrenamts weiter zu fördern.
Zunächst an Herrn Minis ter Lucha: Sie haben die „Ehrenamts-Tour“ und den Besuch in Tiefenbronn angesprochen. Die Rückmeldung war, dass es als große, große Wertschätzung für diese Arbeit wahrgenom men wurde. Deshalb glaube ich, dass dies auch der richtige Weg ist.
Zur SPD und ihrem Antrag: Die Qualifizierung zum Ehren amt ist ein wichtiger Teil des Bildungszeitgesetzes. Wie wir weiter vorgehen, hat Herr Minister Lucha gerade dargelegt. Wir sehen dann, wie es weitergeht.
Die Debatte hier hat gezeigt, dass wir sicher noch über viele Stellschrauben diskutieren können. Grundsätzlich gilt: Wir brauchen Menschen, die nicht nur um sich selbst kreisen, Menschen, die über den Tellerrand schauen, die wahrnehmen, was um sie herum passiert, wo es klemmt, und die dann ganz selbstverständlich Verantwortung übernehmen für das, was da ist: für andere, für die Umwelt, für den Klimaschutz, für Sport und, und, und. Genau so entstehen Gemeinschaft und Zusam menhalt.
Ich möchte hier stellvertretend für meine Fraktion allen En gagierten sagen: Danke für das, was ihr Ehrenamtlichen alles bewegt, danke für euer Engagement.
Ohne euch würde es nicht gehen. Ihr macht Baden-Württem berg so einzigartig und großartig. Danke, dass ihr das gebt, was für uns alle am wertvollsten ist: Zeit.
Frau Präsidentin, sehr ge ehrte Kolleginnen und Kollegen! Herzlichen Dank an die CDU für diese Aktuelle Debatte. Wie wir den demografischen Wandel gestalten, ist eines der großen Zukunftsthemen und entscheidet darüber, wie sich unser aller Leben und unsere Gesellschaft weiterentwickeln.
Fakt ist: Der demografische Wandel ist eine nicht aufhaltbare Entwicklung, die uns in allen Lebensbereichen berührt. Er prägt jeden Aspekt unseres Zusammenlebens. Der demogra fische Wandel betrifft uns alle und doch alle ganz unterschied lich – je nachdem, wo wir leben, wie alt wir sind, welches Ge schlecht wir haben, in welcher familiären Situation wir auf wachsen, womit wir unser Geld verdienen und, und, und.
Wir alle werden diese Entwicklung jeweils anders erleben und in unterschiedlichen Formen damit umgehen müssen. Gerade deshalb gilt: Diese Querschnittsaufgabe kann nur gemeinsam gelöst und bewältigt werden.
Unsere grün-schwarze Landesregierung packt diese Quer schnittsaufgabe an.
Dafür möchte ich mich insbesondere bei unserem Minister für Soziales und Integration, Manne Lucha, und dem Demogra fiebeauftragten Thaddäus Kunzmann bedanken.
Worum geht es jetzt konkret? Wie wir auch immer betroffen sind, im Kern geht es bei der Gestaltung des demografischen Wandels um die Frage nach einer generationengerechten Zu kunft. Was bedeutet das? Gerechtigkeitstheorien und Gerech tigkeitsforschung sind so vielschichtig und umfassend, dass uns die Komplexität dieser Frage nach Gerechtigkeit einer ge sellschaftlichen Ordnung nicht nur in der Wissenschaft, son dern auch in der praktischen Politik immer wieder herausfor dert.
Professor Dr. Dr. Jörg Tremmel, einer der führenden Wissen schaftler auf diesem Gebiet – übrigens ein Baden-Württem berger –, hat Generationengerechtigkeit folgendermaßen de finiert:
Generationengerechtigkeit ist erreicht, wenn die Chan cen nachrückender Generationen auf Befriedigung ihrer eigenen Bedürfnisse mindestens so groß sind wie die der ihnen vorangegangenen Generationen.
Es geht also um die Frage, wie wir es erreichen können, dass es den Menschen von morgen mindestens genauso gut geht wie uns heute.
Es geht um Nachhaltigkeit, um Solidarität, um die Zukunft.
Generationengerechtigkeit ist ein Schlüsselwort unserer Ge sellschaft, da es zentral um die Lebensverhältnisse der Zu kunft geht, da wir damit explizit den Blick auf die zukünftigen Generationen richten. Dabei geht es nicht nur um die soziale Perspektive, sondern auch um die Grundlagen unserer Erde wie das Klima oder die Umwelt. Die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen gehört mit Sicherheit zu dem, was kom mende Generationen von uns erwarten. Es gibt keine Gruppe, die sich so wenig bemerkbar machen kann wie die zukünf tigen Generationen. Wir können die zukünftigen Generationen nicht fragen, in welcher Welt sie leben wollen. Gerade darin besteht die große Herausforderung zukunftsgerichteter Poli tik. Sie erfordert Visionen.
Unser Ziel muss es sein, Verhältnisse zu vererben, in denen wir auch gern leben würden. Was ist nun die Rolle des Lan des dabei? Generationengerechtigkeit ist ein gesellschaftspo litisches Leitbild. Es weist uns die Richtung, wie unsere Ge sellschaft aufgestellt werden soll. Wir in Baden-Württemberg haben die besten Voraussetzungen dafür. Hier ist es schön, und zwar so schön und so voller beruflicher wie persönlicher Mög lichkeiten, dass im Bundesvergleich viele Menschen zuzie hen.
Trotzdem wird der demografische Wandel auch uns treffen. Herr Kunzmann zeigt es in seinem Bericht ganz deutlich auf: Der Bevölkerungszuwachs wird vor allem die Ballungszen tren wachsen lassen, nicht aber den ländlichen Raum. Daraus ergeben sich völlig unterschiedliche Fragestellungen. Einer seits: Wie gestalten wir den starken Zuzug in den Ballungs zentren? Wie gehen wir mit dem Siedlungsdruck um? Wie ge hen wir mit massiven Preissteigerungen für Wohnraum um? Welche Angebote machen wir, um die Zugezogenen – egal, woher – zu integrieren? Wie verhindern wir Anonymisierung und schaffen Gemeinschaft? Andererseits: Wie halten wir un sere ländlichen Räume lebendig? Wie schaffen und erhalten wir Infrastrukturen so, dass Menschen gern dort bleiben wol len?
Wir haben also völlig unterschiedliche Herausforderungen zu denselben Themen, Themen wie Gesundheitsversorgung und Carearbeit, Wohnen, Teilhabe, Wirtschaftsstrukturen und Fach kräftemangel, Nahverkehr und Mobilität, Barrierefreiheit, Zu gang zu Kultur und Bildung, städtebauliche und infrastruktu
relle Fragen und vieles mehr. Den Kommunen kommt dabei eine wichtige Rolle zu. Sie gilt es zu unterstützen und fit für den demografischen Wandel zu machen.
Herr Teufel hat es schon angesprochen: Die Landesregierung unterstützt die Kommunen dabei und hilft ihnen, sich weiter zuentwickeln. So haben wir im Koalitionsvertrag einen De mografiebonus vereinbart. Dieser soll Kommunen mit stark rückläufiger Bevölkerungszahl bis zu zehn Jahre lang höhere Schlüsselzuweisungen aus den kommunalen Finanzausgleichs systemen garantieren. Zudem sollen – auch das hat Herr Teu fel schon gesagt – Kommunen, die vom demografischen Wan del besonders betroffen sind, mit einer Regionalstrategie „Da seinsvorsorge“ bei ihren Planungen finanziell und strukturell unterstützt werden.
Unsere Landesstrategie „Quartier 2020“ unterstützt Kommu nen bei der Quartiersentwicklung. Sie ermöglicht den Kom munen die passgenaue Weiterentwicklung an die Bedürfnisse und Gegebenheiten vor Ort. Ich meine, „Quartier 2020“ ver folgt genau den richtigen Ansatz. Denn die Kommunen und die Menschen vor Ort sind die Expertinnen und Experten, wenn es um ihre eigenen, individuellen Bedürfnisse geht.
So unterschiedlich, wie sich der demografische Wandel im Le ben eines jeden Einzelnen zeigt, so unterschiedlich er die ein zelnen Politikfelder und die verschiedenen Regionen unseres Landes betrifft, so differenziert müssen wir uns diesen He rausforderungen stellen.
Quartiersentwicklung lebt – ebenso wie alle anderen Maßnah men – ganz wesentlich vom bürgerschaftlichen Engagement und dem Engagement der Kommunen und ortsansässigen Un ternehmen.
Stellen wir uns einmal ein Beispiel vor: Eine Frau aus einem der geburtenstarken Jahrgänge der Babyboomer – wie z. B. auch ich –, eine Frau, die, sagen wir einmal, 1959 geboren wurde und jetzt 58 oder 59 Jahre alt ist, hat noch ein paar Jah re bis zur Rente. Diese wird vermutlich dürftig ausfallen, denn diese Frau hat wegen der Kinder viele Jahre nur halbtags oder im Minijob gearbeitet. Ihr Mann ist ebenso alt wie sie.
Beide sind noch fit und haben jetzt Lust, sich aktiv in die Ge sellschaft einzubringen. Die geburtenstarken Jahrgänge wer den Best Ager, die nicht untätig daheim sitzen wollen. Das birgt großes Potenzial. Diese Menschen müssen wir dafür ge winnen, sich aktiv einzubringen.
Zurück zu unserem Beispiel: Beide wohnen noch in einem großen Haus, in dem früher die Familie mit den Kindern Platz hatte. Als sich die ersten Altersbeschwerden bemerkbar ma chen, beschließen sie, ihr Haus an eine Familie zu vermieten, zentraler und altersgerecht zu wohnen. Sie ziehen in ein Mehr generationenquartier in die Innenstadt. Dort haben sie kurze Wege, gute ÖPNV-Anbindungen und können aktiv am kultu rellen Leben teilhaben.
Die Familie, die neu in das Haus einzieht, ist froh, dass sie in einer etwas ländlicheren Gegend bezahlbaren Wohnraum ge funden hat. Vor Ort findet die junge Familie alles, um sich wohlzufühlen: Kindergärten und Schulen, Freizeitangebote und Einkaufsmöglichkeiten. Obgleich wenig Zeit bleibt, le ben die Eltern den Kindern Engagement vor und musizieren beispielsweise gemeinsam im Verein.
Nach hoffentlich vielen schönen und engagierten Jahren macht sich bei dem älteren Paar 20 Jahre später das Alter bemerk bar. Die Babyboomer werden zu Hochbetagten, zu Pflegebe dürftigen.
Ein großer Teil von ihnen wird von ihren Familien gepflegt – eine hohe Belastung, zeitlich wie auch finanziell. Inzwischen wird sich aber durchgesetzt haben, dass nicht die gesamte Care arbeit weiterhin an den weiblichen Mitgliedern der Familie hängen bleibt und dass sie diese Tätigkeit nicht parallel zu ih rer Arbeit stemmen müssen. Carearbeit wird innerhalb der Fa milie aufgeteilt.
Die Digitalisierung wird nicht als Selbstzweck begriffen, son dern als Hilfsinstrument. Die medizinische und pflegerische Versorgung richtet sich nach den Bedürfnissen der Betagten. Dort, wo es nötig und sinnvoll ist, wird Telemedizin einge setzt.
Die Pflegeberufe werden – –
Okay. – Zugegeben, ich habe ein sehr optimistisches Zukunftsbild gemalt. Sicher ist nur, dass sich die Altersstruktur in unserem Land ändert. Es liegt an uns, wie wir dies gestalten.
In Baden-Württemberg machen wir uns gemeinsam mit allen gesellschaftlichen Akteuren auf den Weg.
Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen! Vielen Dank, Kollegin Kurtz, für die sen Antrag. Er bietet die Möglichkeit, die Bedeutung von Bi bliotheken, aber auch die Anforderungen an diese zu thema tisieren.
Bibliotheken erfüllen heute viele Funktionen. Sie sind Kul turdenkmal, Gedächtnisinstitution, zentraler Ort der Wissens gesellschaft, ja, auch Plattform für Bürgerbeteiligung. Biblio theken sind ein Ort, an dem man sich aufhalten kann, ohne konsumieren zu müssen. Gerade den öffentlichen Bibliothe ken und den Schulbibliotheken kommt hierbei eine hohe Be deutung zu.
In der heutigen Debatte stehen die wissenschaftlichen Biblio theken im Mittelpunkt. Doch unabhängig davon, ob Hoch schulbibliothek oder kleine Stadtteilbücherei, Bibliotheken sind schon lange keine reinen Büchersammlungen mehr. Sie sind Bildungseinrichtungen – und das über Medienbrüche hin weg.
Deswegen sehe ich in der Digitalisierung eine große Chance für die Bibliotheken, für Forschung und Lehre, für die Nutze rinnen und Nutzer. Erfolgreiche Wissenschaft basiert auf ei ner entsprechenden Infrastruktur. Unsere wissenschaftlichen Bibliotheken sind daher ein wichtiger Faktor für den Erfolg unserer Hochschulen im wissenschaftlichen Wettbewerb.
Dabei nimmt die Bedeutung digitaler Angebote zu. In vielen Fächern wird es perspektivisch einen kompletten Umstieg auf digitale Zeitschriften geben. Je nach Disziplin verläuft dieser Wandel unterschiedlich schnell.
Festzuhalten ist jedenfalls, dass der Anteil digitaler Angebo te rasant steigt. Im Jahr 2016 wurden in Baden-Württemberg bereits 71,5 % aller Zeitschriften in den wissenschaftlichen Bibliotheken digital angeboten. Das liegt deutlich über dem Bundesdurchschnitt. Baden-Württemberg ist also auch hier mal wieder Vorreiter.
Allerdings hinkt das Recht in vielerlei Hinsicht der Digitali sierung hinterher. So wurde erst im Juni vergangenen Jahres
das neue Urheberrechts-Wissensgesellschafts-Gesetz verab schiedet. Frau Kurtz hat gerade darauf hingewiesen. Es wird am 1. März dieses Jahres in Kraft treten und reformiert die Regelungen zur Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke für Bildung und Forschung.
Ein weiteres großes Thema sind die teuren Zeitschriftenlizen zen. Auch darauf haben Sie schon hingewiesen. Dabei geht es nicht um die vielen kleinen Wissenschaftsverlage, wie wir sie auch im Land kennen. Problematisch sind die großen Player, die eine monopolartige Stellung und aus dieser heraus eine starke Verhandlungsposition haben.
Zu begrüßen ist daher, dass sich die deutschen Wissenschafts organisationen zusammengeschlossen haben, um gebündelt als Nachfrager aufzutreten. Das Projekt DEAL zur bundes weiten Lizenzierung von Angeboten großer Wissenschafts verlage ist ein Versuch, den extremen Preisanstieg für Lizen zen wissenschaftlicher Zeitschriften zu begrenzen.
Hervorzuheben ist, dass dieses Projekt von der Leiterin der Universitätsbibliothek Freiburg, Frau Kellersohn, maßgeblich vorangetrieben wird. Die Landesregierung und das Wissen schaftsministerium wissen um die Bedeutung der Digitalisie rung im Wissenschaftsbereich.
Ebenso wichtig ist im Land die Rolle der kommunalen Bib liotheken in der Digitalisierung und Medienbildung. Hierzu einige Beispiele: Im Landeshochschulgesetz haben wir die Grundlage dafür gelegt, dass aus Bibliotheken und Rechen zentren moderne Informationszentren werden. Mittel des Lan des fließen in die Konsortiallizenzierung sowie in die Unter stützung der einzelnen Hochschulbibliotheken.
Bemerkenswert finde ich das Projekt „Vom Tresor in die Welt“, mit dem wertvolle Bestände digitalisiert werden kön nen. Dadurch werden kulturelle wie wirtschaftliche Werte und unser geistiges Erbe gesichert, Wissen generiert und zugäng lich gemacht.
Weiter werden die Landesbibliotheken bei der Digitalisierung alter Zeitungen unterstützt. Damit werden Quellen aufbewahrt und wird zugleich die Recherche erleichtert.
Ein weiteres Beispiel ist das landeskundliche Informations system LEO-BW, das den zentralen Zugang zu Informationen und digitalisierten Kulturgütern des Landes ermöglicht.
All diese Möglichkeiten erleichtern die wissenschaftliche, aber auch die private Recherche. Sie bedeuten einen wichti gen Schritt für einen verbesserten Austausch.
Denn, Kolleginnen und Kollegen, worum es im Kern geht, ist der freie Zugang zu Wissen für möglichst viele Menschen.
Die Digitalisierung bietet hierfür eine große Chance, und ich bin zuversichtlich, wir werden diese Chance weiterhin mutig ergreifen.
Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen! Das deutsche Akkreditierungssystem befindet sich in einer Zeit des Umbruchs. In den beiden ver gangenen Jahrzehnten haben im deutschen Hochschulsystem tief greifende Veränderungen stattgefunden, zu denen u. a. die Studienreform mit der Umstellung auf Bachelor und Master sowie intensive Bemühungen um die Verbesserung von Qua lität in Studium und Lehre zählen.
Bachelor und Master haben immer mehr Akzeptanz in der Lehre, unter Studierenden und nicht zuletzt auch unter Arbeit geberinnen und Arbeitgebern gefunden. Das entspricht den
Anforderungen an Mobilität und Flexibilität, vor denen die jungen Menschen in ihrem Berufsleben stehen.
Die Notwendigkeit gesteigerter Transparenz, Vergleichbarkeit und Qualitätssicherung sind dabei logische Konsequenzen. Das erfordert eine externe Überprüfung.
Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom Februar 2016 hat eine Qualitätssicherung von Studium und Lehre zwar grundsätzlich für verfassungskonform erklärt – wir haben das gerade gehört –, zugleich hat das Gericht aber auch deutlich gemacht, dass das bisherige System juristisch nicht legitimiert ist, ein „Weiter so!“ nicht infrage kommt und bis zum Ende dieses Jahres der neue Staatsvertrag verabschiedet sein muss.
Mit dem Studienakkreditierungsstaatsvertrag wird dieser ge setzliche Rahmen geschaffen, indem viele Verfahren, Akteu re und Bewertungskriterien der Akkreditierung allgemein ge regelt werden. Er stellt dann das formalisierte Fundament dar und sorgt für Legitimation.
Ich freue mich also, dass wir heute den Neustart des Systems einleiten. Herzlichen Dank an Ministerin Bauer und ihre Mit arbeiterinnen und Mitarbeiter.
In einem umfangreichen Beteiligungsprozess hat man sich auf eine Vielzahl neuer Instrumente geeinigt. Die vier wichtigs ten wurden gerade erwähnt. Sie sollen u. a. auch die Akzep tanz des Akkreditierungssystems erhöhen.
Dabei bedeutet dieser Entwurf nicht, dass die bisherigen Ver fahrensweisen der internen und externen Qualitätssicherung an den deutschen Hochschulen grundlegend über den Haufen geworfen würden. Aber um der Wissenschaftsfreiheit mehr Gewicht zu verleihen – auch das wurde eben schon ausgeführt –, wurde beispielsweise die Zahl der Professorinnen und Pro fessoren im Akkreditierungsrat erhöht, und auch in den Gut achtergremien wird ihre Rolle gestärkt. Damit ist nun gewähr leistet, dass in fachlich-inhaltlichen Fragen eine strukturelle Mehrheit der Vertreterinnen und Vertreter aus der Wissen schaft vorhanden ist.
Der Staatsvertrag räumt den Fachbereichen bei den selbst ge setzten Qualifikationszielen eines Studiengangs zu Recht ei ne prominente Stellung ein. Schon bisher bildeten diese den implizit wesentlichen Maßstab zur Beurteilung der Studien gänge. Indem die Fächer selbst ihre Qualifikationsziele for mulieren, werden diese – wie schon bisher – zum Garant für die im Rahmen der externen Qualitätssicherung anerkannte Autonomie der Fakultäten und Fachbereiche in der Gestal tung von Studium und Lehre.
Politik, Öffentlichkeit, aber nicht zuletzt auch die Studieren denschaft der Hochschulen und der Arbeitsmarkt legen auf diese fachliche Gestaltung ebenso großen Wert wie auf Trans parenz und Vergleichbarkeit der Studien- und Abschlussni veaus im nationalen wie internationalen Rahmen.
Die Studierbarkeit des Studiums innerhalb des gegebenen Zeitrahmens inklusive der Möglichkeit zur Mobilität ist ein weiterer wichtiger Aspekt, insbesondere für die Studierenden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Qualität des Studiums ist zukunftsentscheidend. Gerade in Baden-Württemberg mit seiner starken Wirtschaft brauchen wir gut ausgebildete und
hoch motivierte Menschen – und das übrigens nicht nur in den technischen Fächern. Wir in Baden-Württemberg als dem Land der Dichter und Denker und der Tüftler haben einen ho hen Anspruch, wenn es um unsere Hochschulen geht. Wir ge ben den in unserem Land Studierenden das beste Rüstzeug an die Hand, wenn es darum geht, ihre eigene Zukunft wie auch die unserer Wirtschaft und unserer Gesellschaft positiv zu ge stalten.
Durch das Inkrafttreten des Staatsvertrags am 1. Januar 2018 werden die Verhältnisse zwischen Hochschulen, Akkreditie rungsagenturen und Akkreditierungsrat geklärt. Mit diesem Entwurf werden wir unserer Verantwortung gemeinsam mit den anderen Bundesländern gerecht. Hier zeigen sich die Funktionsfähigkeit unseres Föderalismus sowie die positive Entwicklung der Vergleichbarkeit von Studium und Lehre.
Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen! Gerade haben wir über die Digitali sierung gesprochen. Das ist, wie wir mitbekommen haben, ein drängendes Thema, und es ist ein Thema, bei dem es einen ganz wichtigen Player gibt: unsere Hochschulen und Univer sitäten. Dass wir hier im Innovationsland Nummer 1 daheim sind, das ist doch zu einem großen Teil den Hochschulen und Universitäten in unserem Land zu verdanken. Der Erfolg der Forschung, der Erfolg der hervorragenden Lehre und nicht zu letzt der Erfolg des zunehmend wichtiger werdenden Wis senstransfers von den Hochschulen und Universitäten in Wirt schaft und Gesellschaft sind die Elemente, die Baden-Württem berg zukunftsfit machen.
Das ist der Erfolg, an den jeder denkt, wenn er über die Hoch schullandschaft hier im Ländle spricht. Ich bin mir daher si cher, dass ich für viele hier im Haus sprechen kann, wenn ich sage: Unsere Hochschulen und Universitäten haben die bes ten Bedingungen verdient.
Was aber gehört zu den besten Bedingungen? Wie machen wir die Hochschulen stark? Getrennt betrachtet bestehen Hoch schulen zum einen aus Gebäuden und zum anderen aus den Menschen, die dort ein und aus gehen.
Starke Hochschulen brauchen eine starke Infrastruktur. Des halb freue ich mich, dass wir im Doppelhaushalt 2018/2019 so viel Geld wie noch nie zuvor in die Hand nehmen wollen, um den Sanierungsstau im Hochschulbau abzubauen.
Allerdings – das wissen wir alle – ist es mit den Gebäuden nicht getan. Deshalb dränge ich auch darauf – auch wieder mit dem Hinweis auf die Debatte heute Morgen –, dass wir die
Forschungsinfrastruktur der Hochschulen zukunftsfit machen. Auch das ist eine große Baustelle.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Gebäude sind das eine. Sie sind eine notwendige, aber keine hinreichende Vorausset zung für starke Hochschulen. Die eigentliche Qualität macht sich an den Menschen fest, die an den Hochschulen und Uni versitäten in unserem Land arbeiten – sei es in Forschung und Lehre, sei es in der Verwaltung. Ihnen allen gilt mein Dank.
Unsere Aufmerksamkeit gilt aber auch den 360 000 Studie renden, die in wenigen Tagen mit dem Beginn des Winterse mesters wieder in die Hörsäle und Bibliotheken ziehen. Hoch schule bildet – aber Studierende bilden auch Hochschule. Mir ist es wichtig, dass wir Studierende nicht als Durchlaufposi tion ansehen. Wer an eine baden-württembergische Hochschu le geht, wer sich im Studium einbringt, lernt nicht nur, bildet sich nicht nur, sondern wird Teil einer Gemeinschaft. Deshalb heißt Qualität der Hochschule und der Universität auch: en gagierte und aktive, wissbegierige und offene Studierende. Studierende profitieren von Forschenden und Lehrenden, die mit ganzem Herzen bei der Sache sind und die nicht nur Fak ten, sondern auch den Geist des Neuen vermitteln können.
Der Bund, insbesondere aber auch die Landesregierung sind daher zu Recht aktiv geworden. Fünf Punkte möchte ich hier ausführen.
Erstens: Mit dem Tenure-Track-Programm haben Bund und Länder ein sehr sinnvolles Instrument aufgelegt, das für die Planbarkeit wissenschaftlicher Karrieren einen riesigen Sprung nach vorn bedeutet. Deshalb freue ich mich, dass von den knapp 500 Tenure-Track-Professuren, die in der ersten Run de des Programms wissenschaftsgeleitet vergeben wurden, 65 nach Baden-Württemberg gegangen sind.
Sieben der Universitäten in unserem Land haben nun die Mög lichkeit, Schwerpunkte zu setzen und ihre Profile mit jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zu schärfen. Für diese bedeutet die Tenure-Track-Professur, dass Qualität und Planbarkeit verbunden werden. Das erhöht die Attraktivität erheblich.
Zweitens: Die Landesregierung hat jetzt ihren Entwurf der Landeshochschulgesetznovelle präsentiert. Hier werden die rechtlichen Grundlagen gelegt, um die Tenure-Track-Profes suren so auszugestalten, dass sie auch tatsächlich etwas brin gen. Zudem wird klargestellt, dass Familienfreundlichkeit auch für Landesbeamtinnen und Landesbeamte gilt, etwa mit der Möglichkeit der Verlängerung des Evaluierungszeitraums im Fall von Kinderbetreuung. Als Mutter von fünf Kindern freut mich dies besonders. Und wer sollte sich um die Verein barkeit von Kind und Wissenschaftskarriere kümmern, wenn nicht wir?
Drittens: Eine weitere Maßnahme aus der anstehenden No velle des Landeshochschulgesetzes ist ein bundesweites No vum. Promovierende sollen – ich finde das sehr gut und wich tig – nun als eigene Mitgliedergruppe geführt werden. Das ist nach der Einführung der Konvente und der Promotionsver einbarung in der letzten großen LHG-Novelle nun ganz fol gerichtig der nächste Schritt.
Die Promotion ist eine eigenständige Phase zwischen Studi um und wissenschaftlicher Tätigkeit. Genau dieser Charakter bildet sich im eigenen Status für Promovierende ab.
Viertens: Ich habe bereits das Thema „Innovation und Wis senstransfer“ angesprochen. Beides zusammen ist eines der Leitmotive unserer grün-schwarzen Landesregierung. Neben dem ganz hervorragenden Programm zur Förderung der Grün derkultur in der Lehre kommt jetzt folgerichtig der nächste Schritt. Wer an einer Hochschule etwas erfunden hat, wer da raus ein junges Unternehmen machen möchte, der wird es zu künftig leichter haben, für eine Übergangszeit Räume und Ge räte der Hochschule nutzen zu können. Hochschulen sind schon längst Inkubatoren.
Fünftens: Schließlich möchte ich noch auf den Erfolg der ba den-württembergischen Pädagogischen Hochschulen und Hoch schulen für angewandte Wissenschaften bei der bundeswei ten Ausschreibung „Innovative Hochschule“ hinweisen.
Auch hier zeigt sich, wie stark die Hochschulen im Land sind, wie sehr die Vermittlung von Wissen in die Gesellschaft und – natürlich auch umgekehrt – die Bürgerwissenschaft und die Öffnung der Wissenschaft für gesellschaftliche Anliegen zur Zukunftsaufgabe werden.
Baden-Württemberg braucht starke Hochschulen. Wir tun ei niges dafür, dass das so bleibt, nicht nur weil gut ausgestatte te Hochschulen und Universitäten per se einen Wert darstel len – das tun sie, keine Frage –, sondern auch deswegen, weil Wissenschaft das Zukunftsressort dieses Landes ist
und die Stärke des Landes viel mit der Stärke und Qualität der baden-württembergischen Hochschulen zu tun hat.
In diesem Sinn – auch da, denke ich, stimmen mir hier viele zu – drücke ich unseren Universitäten ganz fest die Daumen. Denn am Ende dieser Woche wird bekannt gegeben, welche Universitäten sich auf der Grundlage ihrer Skizzen für Exzel lenzcluster bewerben dürfen. Das wird eine wichtige Weichen stellung, der ich mit Zuversicht entgegensehe.
Danke.