Protocol of the Session on April 5, 2017

(Beifall bei den Grünen)

Jetzt will ich noch ein paar Dinge klarstellen.

Herr Haußmann, Sie haben gesagt, sie verstünden nicht, wa rum man jetzt Fahrverbote verhängt und die blaue Plakette einführt. Das habe ich gemerkt: Sie haben es immer noch nicht verstanden. Die grüne Plakette war gegen den Feinstaub ge richtet; deswegen ist der Partikelfilter eingeführt worden. Aber dabei wurde nicht berücksichtigt und sogar übersehen, dass mit dieser Technologie gleichzeitig die Werte bei NOx hoch gegangen sind.

(Abg. Martin Rivoir SPD: Bei CO2!)

Deswegen ist die Euro-6-Norm eingeführt worden, um die NOx-Werte zu senken. Die blaue Plakette hat zum Ziel, die NOx-Werte wie auch die Feinstaubwerte zu reduzieren und ei ne sauberere Autotechnologie zu erreichen.

(Zuruf des Abg. Anton Baron AfD)

Da kann man doch nicht dagegen sein. Im Gegenteil: Die blaue Plakette ist eigentlich ein Modernisierungsschub für die Wirtschaft, aber auch für den Verkehr und für die Erreichung des Ziels, dass es insgesamt in unseren Städten sauberer wird.

(Beifall bei den Grünen und des Abg. Felix Schrei ner CDU – Abg. Hermann Katzenstein GRÜNE: So ist es!)

Thema Nachrüstung: Es waren mein Ministerium und meine Fraktion, die gesagt haben, dass es ihnen nicht egal ist, wenn neue Autos an Feinstaubtagen nicht mehr fahren dürfen, und die sich gefragt haben, was man da machen kann.

(Abg. Felix Schreiner CDU: Wir waren es aber auch!)

Es war die Automobilindustrie, die zunächst gesagt hat, man könne da nichts machen.

(Zuruf des Abg. Anton Baron AfD)

Wir sind drangeblieben. Der Ministerpräsident hat mit den obersten Verantwortlichen gesprochen, und wir haben mit den Technikern gesprochen. Je länger wir darüber sprechen, des to häufiger kommen Vorschläge wie „man könnte ja“ oder „man muss probieren“. Deswegen gehen wir diesen Weg. Wir probieren und loten aus, ob eine Nachrüstung von Euro-5-Mo dellen möglich ist, und wenn das geht, werden wir die Letz ten sein, die dagegen sind.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Genau richtig! Genau so! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Völlig richtig!)

Aber eines will ich auch dazusagen: Vor zwölf Jahren waren ich als Abgeordneter im Bundestag und mein jetziger Amts chef als Mitarbeiter des Umweltministeriums für die Nach rüstung der Partikelfilter verantwortlich. Wir haben damals

das Nachrüstungskonzept einschließlich der Finanzierung durchgesetzt. Aber wir mussten auch eine Lehre daraus zie hen. Wir haben das damals nicht mit den Automobilherstel lern, sondern mit den Zulieferern, die solche Lösungen hat ten, gemacht. Was ist herausgekommen? Teilweise Konstruk te, die nicht richtig funktioniert haben, die nicht zum Motor gepasst haben. Und es ist übrigens auch herausgekommen, dass viel Schund angeboten worden ist, der nicht funktioniert hat.

Daraus haben wir die Konsequenz gezogen: Eine Nachrüs tung ohne Einbeziehung der Hersteller – wobei Schrauber von außen nur noch etwas dranmachen müssten, um irgendetwas zu verbessern – kann bei so komplizierten Motoren wie de nen, die wir heute haben, nicht funktionieren. Wir brauchen die Automobilindustrie, die die Autos hergestellt hat, bei der Verbesserung der Motoren und der Abgasreinigung. Ohne die wird es nicht gehen. Wir nehmen sie da auch in die Pflicht. Wenn Sie da dabei sind, dann soll es mir nur recht sein, weil das natürlich eine Lösung ist, die den Konflikt für manche ent schärft.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Ein anderer Punkt war immer das Argument, die Beeinträch tigung von Wirtschaftsverkehren schade unserer Wirtschaft. Auch da haben wir von Anfang an gesagt, dass wir natürlich Ausnahmen machen müssen, weil der Ballungsraum weiter funktionieren muss. Wir haben im Rahmen der Meinungsfin dung, was wir tun werden, ein Gutachten erstellen lassen, in dem unterstellt wurde, dass wir bis zu 20 % Ausnahmen ma chen müssen. Wenn man sich die Situation einmal anschaut, stellt man fest, dass es auch jetzt schon bei der grünen Plaket te viele Ausnahmen gibt, und so werden wir auch dieses Mal verfahren. Morgen wird es in meinem Haus einen Termin ge ben, bei dem Vertreter aller Betroffenen dazukommen. Da re den wir genau über unseren Vorschlag, Ausnahmen zuzulas sen. Das haben wir schon längst bedacht. Das muss man uns gar nicht sagen. Da sind wir schon lange auf dem Weg.

Meine Damen und Herren, ich will die Debatte nicht endlos verlängern, aber ich will noch einmal einen grundsätzlichen Punkt ansprechen. Wer in dieser Debatte immer unter dem Gesichtspunkt „Fahrverbote“ diskutiert, hat noch nicht ver standen, was eigentlich die Stunde geschlagen hat. Wir stehen doch vor der allergrößten Herausforderung: Wie schaffen wir es, die am Verbrennungsmotor orientierte Automobilbranche in eine Branche zu transformieren, die als Dienstleister mo derne Mobilität mit entsprechenden Produkten anbietet, mit modernen Motoren, die abgasfrei sind, ob sie elektrisch be trieben sind oder mit Brennstoffzelle, mit digitalen Technolo gien oder mit welcher Technologie auch immer?

(Abg. Anton Baron AfD: Also irgendwo kommt auch der Strom her, Herr Minister, falls es Ihnen entgan gen ist! Der Strom kommt aus der Luft, oder was? Das ist doch lächerlich! Das ist doch absurd!)

Das ist die eigentliche Herausforderung, und die Politik muss alles tun, um diesen Transformationsprozess zu begleiten und da und dort auch zu beschleunigen.

(Beifall bei den Grünen)

Es gibt keine Rede des Ministerpräsidenten oder von mir, in der wir nicht genau auf diese Verantwortung, auf dieses Pro blem hinweisen. Das ist die eigentliche Herausforderung, die eigentliche Aufgabe von Verkehrspolitik. Insofern bin ich wirklich ziemlich verwundert, wie die Debatten hier immer ablaufen, dass man immer an so kleinteiligen Punkten, die gar nicht wirklich zur Sache gehören, herummacht und die gro ßen Fragen nicht wirklich bearbeitet, aber mir unterstellt, ich würde es nicht machen, nur weil man es selbst nicht sieht und nicht tut. Das ist ziemlich blind.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und der CDU – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: So ist es! – Abg. Felix Schrei ner CDU: Die SPD ist blind!)

Für die SPD-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Fraktionsvorsitzenden Stoch.

Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen und liebe Kollegen! Ich denke, in dieser Debatte wurde deutlich, dass wir hier zwei Ebenen haben, und diese zwei Ebenen sollte man auch tunlichst voneinander trennen.

Auf der einen Ebene, wenn es um die Diskussion um Fahr verbote geht, stellt sich natürlich die Frage, ob Menschen ih re Mobilität behalten können, ob Menschen, die heute z. B. mit einem Dieselfahrzeug unterwegs sind, auch zukünftig nach Stuttgart kommen können. Da brauchen wir Alternati ven. Wir haben sehr wohl über Alternativen gesprochen. Aber wenn wir über den öffentlichen Personennahverkehr sprechen, dann reicht es eben nicht, vonseiten des Landes nur die Er satzbeschaffung zu unterstützen. Dann brauchen wir eben auch Kapazitätserweiterungen, und das geht nur, wenn auch Neuanschaffungen unterstützt werden.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der AfD)

Wenn wir über kurzfristig wirksame Maßnahmen reden, dann ist die Nachrüstfrage eine ganz entscheidende. Mir ist klar: Auch technisch ist das ein hoch komplexes Unterfangen. Aber dann ist die Nachrüstfrage, weil sie einen weniger starken Ein schnitt in die Mobilität der Menschen bedeutet, die erste Fra ge, die ich stellen muss, bevor ich die große Keule, nämlich das Fahrverbot, auspacke, liebe Kolleginnen und liebe Kolle gen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der AfD)

Deswegen werden wir darauf achten, dass die Menschen in ihrer Mobilität möglichst nicht über Gebühr beeinträchtigt sind. Deswegen brauchen wir von dieser Landesregierung Lö sungen, und diese fordern wir ein.

Die zweite wichtige Komponente, die zweite Ebene ist die Frage der Auswirkungen auf Arbeitsplätze und auf die Indus trie in Baden-Württemberg. Sie glauben doch nicht, dass der Besuch des Ministerpräsidenten, der am Montag stattgefun den hat, von langer Hand geplant war.

(Abg. Anton Baron AfD: Eine politische Inszenie rung!)

Das sind Rettungsmaßnahmen, nachdem die Autoindustrie in zwischen höchst alarmiert ist und diese Landesregierung eben

einen Irrweg beschritten hat, liebe Kolleginnen und liebe Kol legen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der AfD)

Deswegen, glaube ich, ist es gerade wichtig, dass wir z. B. mit dem Gesamtbetriebsratsvorsitzenden von Daimler-Benz ge sprochen haben. Michael Brecht hat klar gesagt: Wir brauchen diesen Transformationsprozess. Wir brauchen die Zeit, um diesen Transformationsprozess auch nicht gegen die Beschäf tigten zu vollziehen. Da hilft eben nur Zeit, die den Übergang vom Verbrennungsmotor zu anderen Antriebskonzepten er möglicht. Da können wir aber auch keine Ansagen der Grü nen gebrauchen, die sagen: „Ab 2030 keine Verbrennungsmo toren“, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der AfD)

Nun erteile ich das Wort Herrn Abg. Haußmann für die FDP/DVP-Fraktion.

Also dass ein Verkehrs minister des Landes Baden-Württemberg sich hier hinstellt und von „Altdiesel“ spricht,

(Abg. Andreas Stoch SPD: „Alte Stinker“, hat er ge sagt!)

die jetzt verboten werden, die noch Baujahr 2015 sind, das ist, denke ich, schon ein starkes Stück.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner AfD: Das spricht für ihn!)

Das zeigt die Arroganz dieser Politik.

(Beifall bei der FDP/DVP sowie Abgeordneten der AfD und der SPD – Abg. Dr. Heinrich Fiechtner AfD: Absolut!)

Wir haben zahlreiche Vorschläge gemacht. Einer davon ist das Thema, das auch die FDP/DVP-Gemeinderatsgruppe in Stutt gart angesprochen hat: viele Maßnahmen am Neckartor, wo wir die einzige Messstelle haben, bei der der Feinstaubgrenz wert noch überschritten wird. Alle Vorschläge für Maßnah men sind abgelehnt worden. Die Maßnahmen, die jetzt um gesetzt wurden, wurden von der FDP, auch von der FDP/DVPLandtagsfraktion, schon vor längerer Zeit vorgeschlagen.

Deswegen ist es eben nicht richtig, wenn Sie, lieber Herr Ver kehrsminister Hermann, sagen, wir hätten keine Vorschläge gebracht. Wir haben darüber vielfach, auch im Ausschuss, dis kutiert. Sie haben unsere Vorschläge immer blockiert.

Ich halte es für ein starkes Stück, Fahrverbote zu erlassen, oh ne eine Folgenabschätzung vorzunehmen. Sie laden die Ver bände jetzt ein, haben aber am 7. März im Nahverkehrsmaga zin erklärt, dass es für Busse, die noch Euro 5 haben und noch nicht abgeschrieben sind, keine Ausnahmen gibt. Was ist denn das für ein Stil, öffentlich zu erklären, es gebe keine Ausnah men, dann zu merken, was für Auswirkungen es gibt – der Mi nisterpräsident lenkt ein –, und dann die Verbände einzula den? Wenn das die Verkehrspolitik in Baden-Württemberg ist, dann gute Nacht Baden-Württemberg.