Protocol of the Session on March 8, 2017

(Abg. Martin Rivoir SPD: Einer Meinung!)

dass wir etwas verändern müssen und dass das schneller ge hen muss als bisher. Das ist unser Anliegen, und das müssen wir auch bewirken.

Wir haben es gehört – vom Kollegen Schreiner; auch andere haben es gesagt –: Wenn wir seitens der Politik nicht handeln, werden wir eine Gerichtsverhandlung nach der anderen ver lieren. Dann werden Richter entscheiden, ob oder wo Auto gefahren wird oder nicht. Und da sage ich: Da ist es unsere

Pflicht, mit einem klugen Konzept zu handeln. Hier hätte ich mir eigentlich einmal ein bisschen mehr Unterstützung für kluge Konzepte und für Maßnahmen des Umsteigens ge wünscht.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Wenn Sie mal mit etwas Klugem kommen würden! – Abg. Mar tin Rivoir SPD: Aber nicht auf dem Rücken der klei nen Leute!)

Ja, das hätte ich mir gewünscht. Stattdessen nur polemische Schimpferei.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Binder SPD?

Ich bin gespannt.

Herzlichen Dank, dass Sie die Zwischenfrage zulassen und damit zeigen, dass Sie die Hoff nung nicht aufgeben, dass wir uns natürlich an den Fakten ori entieren, Herr Minister.

Wozu Sie bisher gar nichts sagten, ist die Kontrollfrage. Sie können Gesetze verabschieden, Sie können Vergleiche schlie ßen, Sie können Regelungen erlassen, aber wenn deren Ein haltung nicht kontrolliert wird, dann haben sie eben keinen Sinn und dann wird Ihnen das Gleiche passieren wie bei dem Feinstaubalarm, der keine Wirkung hatte, weil der freiwillige Verzicht lediglich zu der von Ihnen zitierten Reduzierung um 8 % geführt hat.

Deshalb die Frage: Wie soll kontrolliert werden und auf wel cher Grundlage? Durch wen soll kontrolliert werden? An wel chen Stellen in Stuttgart und in welchen Kontrollabständen soll kontrolliert werden? Wer unterstützt wen, die Stadt, das Land? Sind zusätzliche Stellen notwendig?

(Glocke des Präsidenten)

Wie viel kostet die Kontrolle...

Herr Abg. Binder, es geht um eine Zwischenfrage, nicht um eine Fragestunde.

... dieser begrenzten Zahl von Fahrzeugen, die Sie mit diesem Fahrverbot belegen wollen?

Vielen Dank für die Fragen. – Da muss man jetzt unterscheiden. Wir setzen uns dafür ein, dass es endlich eine blaue Plakette gibt. Wir ha ben immer gesagt: Wir wollen die blaue Plakette, um den Stickoxidausstoß einzuschränken und damit die Flotte moder nisiert wird, weil die alten Diesel das Problem sind, während es die neuen Diesel nicht sind. Diese Plakette wollen wir et wa 2020 einführen, wobei wir davon ausgehen, dass dann ca. 80 % aller Fahrzeuge sie bekommen. Dann ist die Kontrolle relativ einfach; denn dann muss man nur auf die Scheibe schauen. Wenn man eine blaue Plakette sieht, weiß man: Das Fahrzeug ist zugelassen.

(Abg. Sascha Binder SPD: Ich habe nach der Grund lage dafür gefragt!)

Das ist sozusagen das eine Konzept. Das war unser Konzept bis vor einem halben Jahr, und damals gab es nur dieses Kon zept. Inzwischen gibt es aber erstens den Vergleich und zwei tens die neuen Daten von 2017. Ehrlich gesagt, ich hätte nicht gedacht, dass wir schon im Februar feststellen müssen, dass wir die Grenzwerte Ende des Jahres nicht werden einhalten können. Es ist doch Fakt, dass wir mit den bisherigen 32 Über schreitungstagen von 35 im ganzen Jahr zulässigen Über schreitungstagen das Ziel mit den jetzigen Werten nicht errei chen können. Doch wir müssen dem Gericht zum 1. Januar 2018 – das ist der Kernpunkt des Vergleichs – mindestens ei ne rechtskräftige Maßnahme vorlegen, mit der wir belegen können, dass wir im Bereich der Neckarstraße etwa 20 % we niger Verkehr haben. Das ist der Vergleich, und dazu müssen wir einen Vorschlag machen.

Deswegen haben wir den Bund gebeten: Wir brauchen dafür eine blaue Plakette, um in diesem Bereich eine Luftreinhalte zone einrichten zu können. Der Bund hat bisher nicht gelie fert. Ich habe heute wieder einen Brief und ein Interview von Herrn Dobrindt gelesen. Er sagt: „Die Kommunen können doch handeln; sie können doch Verkehrsschilder aufstellen. Ich habe ihnen gesagt, wie es geht: Sie brauchen nur die Stra ßen zu sperren.“ Wir sagen: Einzelne Straßen zu sperren bringt nichts, wir brauchen für den Kern der Stadt, in der die Belas tung hoch ist, ein Luftreinhaltenetz.

Jetzt ist die Situation: Dies ist tatsächlich schwierig in der Durchsetzung. Wenn man keine blaue Plakette hat, muss man erstens per Augenschein die alten Diesel herausholen. Ich glaube, jeder Polizist kann einen zehn Jahre alten Diesel von einem zwei Jahre alten Diesel unterscheiden.

(Lebhafte Zurufe von der SPD, u. a. Abg. Martin Ri voir: Es geht um Autos, die keine zwei Jahre alt sind! – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: „Zwei Jah re alt!“ – Unruhe)

Langsam, langsam! Er kann einen zehn Jahre alten Diesel von einem „jungen“ Diesel unterscheiden.

(Abg. Martin Rivoir SPD: Ja!)

Wenn er Zweifel hat, muss er ein Fahrzeug stichprobenhaft herausholen und muss sich die Fahrzeugpapiere zeigen las sen.

(Zurufe von der SPD, u. a. Abg. Reinhold Gall: Groß artig! Toll!)

Das ist eine hoch bürokratische, blöde Lösung, die wir immer kritisiert haben. Bis jetzt warten wir immer noch darauf, dass der Bund hierauf endlich eine sinnvolle Antwort gibt, statt uns zu sagen: „Dann holt doch die Fahrzeuge heraus, und die Po lizei prüft die Papiere; die können es überprüfen.“

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Und was machen wir jetzt?)

Sie haben völlig recht: Das ist ungeschickt und bürokratisch. Aber wir haben keine Handlungsalternative. Die Alternative ist doch lediglich, dass ich in Stuttgart am Neckartor Schilder aufstellen lasse, auf denen steht: „Keine Durchfahrt für Die sel.“ Das ist doch die dumme Alternative; und diese Alterna

tive wollen wir gerade nicht, weil wir glauben, dass man an gemessen, verhältnismäßig und zielgenau handeln muss. Aber es ist unter den gegebenen Bedingungen in der Tat schwierig, so zu handeln.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Dr. Balzer AfD?

(Zurufe: Da rechts steht er! – Heiterkeit)

Bitte, Herr Abg. Dr. Balzer.

Herr Minister, danke, dass Sie die Zwischenfrage gestatten. Wenn ich richtig zugehört habe, sind 48 % des Feinstaubs in Stuttgart durch den Verkehr ver ursacht, 7 % durch Dieselfahrzeuge. Und jetzt wollen Sie aus gerechnet dort mit einem Fahrverbot ansetzen. Wäre es nicht viel logischer – Sie wollen doch die Mobilität und die Frei heit der Bürger erhalten –, an die 52 % zu gehen, also an den anderen Teil der Feinstaubquellen? Welche Ideen und Vor schläge haben Sie hier?

(Abg. Alexander Salomon GRÜNE: Keine!)

Vielen Dank für die Frage. Dies gibt mir noch einmal Gelegenheit, das immer wieder zitierte Argument, nur 7 % des Feinstaubs kämen aus Diesel-Auspuffrohren und es sei daher nicht ersichtlich, wo überhaupt das Problem liege, zu entkräften. Das Problem be steht darin, dass es nicht allein um Feinstaub geht, sondern auch um Stickoxide.

(Zuruf von der AfD: Aha! Also doch!)

Inzwischen geht es sogar mehr um die Stickoxide.

(Lachen bei Abgeordneten der AfD)

Das haben Sie noch nicht begriffen.

(Abg. Daniel Renkonen GRÜNE: Keine Argumente da drüben! – Weitere Zurufe – Unruhe)

Noch einmal zu den Zahlen – diese Zahlen können Sie übri gens auch gern auf unserer Homepage nachlesen –: Der Ver kehr trägt mit einem Anteil von 51 % zur Feinstaubbelastung bei, und zwar lokal sowie als Hintergrundbelastung. Hierzu zählen Abgase, Abriebe von Bremsen, Abriebe von Reifen – im Lokalbereich wie im Hintergrund. Die anderen Quellen sind vergleichsweise kleiner; dazu zählen u. a. auch Indust rieanlagen – dies eher wenig –, dazu zählen Kleinfeuerungs anlagen. Dies haben wir jetzt geregelt, und zwar durch eine Verordnung, wonach an Schadstoffalarmtagen Kaminöfen nicht mehr befeuert werden dürfen. Auch diese Maßnahmen sind wir also angegangen. Die Baumaschinen habe ich schon erwähnt.

Bei Stickoxiden sieht es etwas anders aus. Hier stammen 77 % aus dem Verkehrssektor, davon 57 % lokal und 43 % aus dem Hintergrundbereich. Auch dort macht der Verkehr wieder ei nen großen Anteil aus. Auf unserer Homepage können Sie dies

mit Grafiken unterlegt schon seit Monaten nachlesen. Sie kön nen sich dort endlich einmal kundig machen,

(Zuruf: Das wäre ja Arbeit!)

dann müssen Sie auch nicht immer wieder falsche Sachen be haupten. Denn dort werden Sie klar darüber aufgeklärt, was alles dazugehört und was eigentlich die Probleme sind. Zu glauben, man könnte irgendwie eine andere Ursache finden, nur weil man selbst weiter Auto fahren will, hilft nicht wei ter.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU – Abg. Anton Baron AfD: Wo kommen diese ganzen Zahlen her?)

Meine Damen und Herren, ein immer wiederkehrendes Argu ment ist, dass gesagt wird: „Das ist aber schlimm; ich habe vor zwei Jahren einen Diesel nach Euro-5-Norm gekauft und habe gedacht, dieser wäre der beste, und jetzt wird er verbo ten.“ Richtig ist, dass sogar noch im letzten Jahr Euro-5-Die sel verkauft wurden. Richtig ist auch, dass die meisten Händ ler nicht darauf hingewiesen haben, dass dies eine ablaufen de Norm ist und dass es vielleicht Probleme geben könnte. Verbraucher sind darüber nicht aufgeklärt worden. Das halte ich eigentlich für ziemlich schäbig. Man hat sozusagen schnell abverkauft. Vielleicht hat der eine oder andere Verbraucher da auch ein Schnäppchen gemacht.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Das ist ja ein merkwürdi ges Argument! Soll man die Autos verschrotten, oder was? – Weitere Zurufe – Unruhe)