Oder wenn jemand antritt, um die Verfassung abzuschaffen, dann sagen wir nicht: „Das ist von der Meinungsfreiheit ge deckt“, sondern hier, genau an dieser Stelle, wird die Demo kratie wehrhaft.
Deshalb sage ich in aller Deutlichkeit: Wenn ein Herr Erdo gan antritt, um in seinem Land die Demokratie abzuschaffen, wenn er die Pressefreiheit mit Füßen tritt, wenn er die Todes strafe wieder einführen möchte, dann muss dies doch ausrei chen, um zu sagen: Nein, das weisen wir zurück. Hier ist der Punkt erreicht, wo er eben keinen Anspruch mehr hat, in un serem Land die Meinungsfreiheit für sich in Anspruch zu neh men.
Klar ist, dass die Bundesregierung dies untersagen kann. Es gibt ein eindeutiges Urteil des Oberverwaltungsgerichts Müns ter. Nur fehlt offensichtlich der Mut der Politik, dieses Urteil umzusetzen. Man baut auf mutige Kommunalpolitiker, lobt diese, aber der Mut der Regierenden fehlt.
Ich erwarte, dass die Landesregierung sich nicht wegduckt, sondern sehr deutlich nach Berlin kommuniziert: Wir unter stützen das nicht. Wir erwarten von dieser Bundesregierung eine klare Ansage in Richtung der türkischen Regierung: Nein, wir wollen Herrn Erdogan und seine Minister nicht, um hier für die Abschaffung der Demokratie zu werben.
Wo, Herr Kollege Stoch, ist in dieser Debatte eigentlich der Messias Schulz? Von dem habe ich in dieser Angelegenheit überhaupt noch nichts gehört.
(Vereinzelt Heiterkeit – Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Nein, der Messias Lindner! – Weite re Zurufe)
Der ist so beschäftigt, die Agenda 2010 rückabzuwickeln, dass ihm zur Europapolitik nichts mehr einfällt.
(Beifall bei der FDP/DVP sowie Abgeordneten der CDU und der AfD – Vereinzelt Heiterkeit – Zuruf von der SPD)
Villa Reitzenstein: tote Hose; Innenministerium: tote Hose. Der Einzige in diesem Land mit Mumm in den Knochen ist der Bürgermeister von Gaggenau.
(Heiterkeit – Beifall bei der FDP/DVP und der AfD – Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Und wo ist der Herr Lindner in der Aufzählung? – Weitere Zu rufe)
Wenn Herr Erdogan unser Land mit der Nazidiktatur gleich setzt, dann ist das Volksverhetzung. Das dulden wir nicht in diesem Land, das dulden wir auch nicht von ausländischen Potentaten. Deshalb muss die Bundesregierung klipp und klar sagen: Dieser Potentat ist in Deutschland unerwünscht, und zwar dauerhaft.
(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Da ist der Liberalismus in die Hose gegangen! – Heiterkeit – Unruhe – Glocke des Präsidenten)
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kolle gen! Zunächst einmal möchte ich sagen, dass die Stadt Gag genau eine verantwortungsvolle, eine besonnene, eine richti ge Entscheidung getroffen hat. Ich finde, es ist gar nicht von Übel, dass es offensichtlich stilbildend für die ganze Repub lik, für ganz Deutschland ist, dass hier die richtigen Maßstä be angelegt worden sind.
Die Stadt Gaggenau hat sich auch intensiv mit dem Innenmi nisterium Baden-Württemberg beraten. Wir lassen keine Kom mune allein.
Wer sich an uns wendet, bekommt selbstverständlich den Rat und die Unterstützung, die wir bieten können.
Das ist ja auch das, was wir in der CDU und hoffentlich hier im ganzen Haus sehen. Wir setzen auf die Kommunalen. Es ist doch schön und richtig, dass wir in Baden-Württemberg tüchtige Bürgermeister haben. Wir haben im Übrigen Gewal tenteilung und einen Rechtsstaat. Für lokale Genehmigungen nach Versammlungsrecht ist nicht die Bundesregierung zu ständig, auch nicht die Landesregierung, sondern zuständig
(Beifall bei den Grünen und der CDU sowie Abge ordneten der SPD – Zuruf der Abg. Beate Böhlen GRÜNE)
Ämter betreffen, verwaltungsgerichtlich überprüfbar sind. Es wäre also den türkischen Freunden völlig unbenommen ge wesen, den Verwaltungsrechtsweg gegen diese Entscheidung zu begehen. Das haben sie nicht getan. Warum sie das nicht getan haben, darüber kann man Vermutungen anstellen. Aber bei uns funktioniert der Rechtsstaat, und wir dürfen schon sa gen, dass wir uns wünschen würden, dass es solche rechts staatlichen Möglichkeiten überall gäbe, beispielsweise auch für Deniz Yücel und die vielen Hundert Journalisten in der Türkei.
Meine Damen und Herren, wir lassen uns unseren Rechtsstaat nicht schlechtreden, weder von Ankara noch von der AfD.
(Beifall bei den Grünen, der CDU, der SPD und der FDP/DVP – Abg. Dr. Heinrich Fiechtner AfD: Tote Hose, genau!)
Die dritte Bemerkung: Deutschland ist eine Demokratie. Bei uns gibt es Meinungsfreiheit, Pressefreiheit und Versamm lungsfreiheit. Allerdings gibt es auch einige Spielregeln. Die se Spielregeln, meine Damen und Herren, gelten für alle, und ich glaube, das ist auch etwas, was unseren Staat ausmacht: dass ohne Ansehen der Person und der Herkunft für alle die gleichen Spielregeln gelten. Wenn man beispielsweise eine Briefmarkensammlung zur Ausstellung anmeldet, und es stellt sich wenige Tage vor dem Termin der Briefmarkenausstellung heraus, dass damit eigentlich ein internationales Rockkonzert, ein Heavy-Metal-Konzert, in dieser Halle geplant ist,
dann wird man vermutlich ein Problem bekommen. Es hatte ja schon ein System, dass man bei uns Hallen für Zwecke an gemietet hat, die gar nicht dem wahren Zweck entsprochen haben. Auch deswegen war die Entscheidung der Stadt Gag genau eine richtige, da hiervon das Signal ausging:
Es gelten für alle die gleichen Spielregeln, und wir lassen uns nicht auf der Nase herumtanzen, und zwar von niemandem.