Protocol of the Session on December 1, 2016

Jetzt warten Sie doch gemeinsam mit uns ab, was die Exper ten sagen werden, und lassen Sie uns die Möglichkeit, den größten Unsinn noch zu korrigieren.

Danke schön.

(Beifall bei der FDP/DVP sowie Abgeordneten der CDU und der AfD – Abg. Reinhold Gall SPD: Ich bin gespannt, ob Sie dann noch zu Ihren Aussagen ste hen!)

Für die Landesregierung erteile ich Herrn Minister Strobl das Wort.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kolle gen! Die erste Bitte, die ich äußern möchte, ist, dass wir – ich glaube, unsere Polizistinnen und Polizisten wären dafür dank bar – auf das Schlagen von Schlachten vergangener Tage ver zichten. Dass wir uns in gewissen Zeitabständen Polizeistruk turen anschauen, ist richtig und normal. Wir machen das im Augenblick auch, und wir machen das vor allem behutsam. Wir machen es sorgfältig, wir machen es mit Empathie, und wir machen es ohne jede Ideologie.

(Beifall der Abg. Petra Häffner GRÜNE)

In diesem Zusammenhang ist es auch richtig gewesen, dass wir entschieden haben, dass es zu einer vorläufigen Ausset zung und einer tiefer gehenden Prüfung von acht bereits im Haushalt etatisierten Baumaßnahmen kommt. Das ist ein rich tiger und wichtiger Schritt. Das gehört zur Sorgfalt, das ge hört zur Behutsamkeit.

Wir machen es im Übrigen in einer Geschwindigkeit, bei der wir die Polizei nicht länger mit sich selbst beschäftigen, als es unbedingt notwendig ist, und wir beteiligen an diesem Pro zess polizeiliche Expertise, insbesondere die polizeiliche Ba sis, in einer bisher nicht da gewesenen Art.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der CDU)

Wir stehen vor großen Herausforderungen für die polizeiliche Arbeit. Deswegen geht es darum, dass wir eine bürgernahe Polizei schaffen und die Rahmenbedingungen für die Polizei so anlegen, dass sie eine optimale Arbeit machen kann. Ja, wir wollen, dass die beste Polizei in dieser Republik eine maxi male, eine optimale Sicherheit für die Bürgerinnen und Bür ger in Baden-Württemberg liefern kann. Ich denke, darin sind wir uns in diesem Haus alle einig.

(Beifall bei der CDU sowie Abgeordneten der Grü nen und der AfD)

Ich möchte noch einmal betonen: Die im Koalitionsvertrag zwischen den Grünen und der CDU vereinbarte Evaluierung, die ich, Frau Kollegin Häffner – – Das ist im Übrigen keine Erfindung aus dem Polizeiapparat heraus, sondern der Name EvaPol – Evaluierung Polizeireform – stammt von mir.

(Oh-Rufe von der SPD – Weitere Zurufe)

Wenn Sie also Beschwerden wegen dieser Abkürzung haben, bitte ich, sie an mich zu richten.

Wir führen die Evaluierung vor allem ideologiefrei durch – mit einer einzigen Ausnahme. Es gibt eine klare Vorgabe. Die se lautet: Das Ziel der Evaluierung ist nicht, zurück in das Jahr 2011 zu gehen.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Da sind wir uns einig!)

Wir sagen aber auch nicht: Alles, was zwischen 2011 und 2016 gemacht worden ist, ist absolut unveränderlich und darf gar nicht mehr angeguckt werden.

Das sind die zwei Vorgaben. Ich glaube, wir haben auch eine Gruppe zusammengestellt, die wirklich über jeden Verdacht, dass die Evaluierung nicht objektiv und frei von politischen Vorgaben erfolgt, erhaben ist.

Ein Drittes möchte ich sagen. Es ist das Ziel dieser Evaluie rung, dass wir nicht erneut eine große Unruhe in die Polizei hineinbringen. Vielmehr soll sich die Polizei schon jetzt und immer und schnellstmöglich zu hundert Prozent auf das kon zentrieren können, was sie am besten kann und was Polizis tinnen und Polizisten auch gern tun mögen, nämlich Strafta ten aufzuklären oder, besser noch, Straftaten zu verhindern, für Verkehrssicherheit zu sorgen, für Sicherheit und Ordnung in unserem Land zu sorgen.

Auch deswegen ist es mir ein großes Anliegen, dass wir die Evaluation der Polizeistrukturreform zügig angehen. Wir wol len keine Rolle rückwärts. Die Ergebnisse dieser Arbeit sol len bereits im Frühjahr, Ende März 2017, vorliegen. Das ist ein ambitioniertes Ziel.

Am 6. Oktober hat sich der Lenkungsausschuss konstituiert. Ich finde, es ist eine ideale Symbiose von internem und exter nem Sachverstand – polizeilichen Experten, kommunalen Ver antwortungsträgern –, der dort vertreten ist, und selbstver ständlich sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch den Hauptpersonalrat der Polizei mit vertreten.

(Vereinzelt Beifall bei den Grünen und der CDU)

Wir haben Teilprojektgruppen eingerichtet und – das ist mir persönlich sehr wichtig – beteiligen bei einer schlanken Pro jektstruktur die polizeiliche Basis sowie die Berufsvertretun gen in breitem Maß.

Eine Beteiligung der polizeilichen Basis wird durch vielfälti ge Aktivitäten, die wir entwickelt haben, gewährleistet. Wenn ich es finde, würde ich Ihnen auch einmal ganz aktuell sagen – Stand heute Morgen, 8:30 Uhr –, wie das läuft.

Frau Kollegin Häffner hat das Projekt „Sag’s Eva“ benannt, bei dem jeder Mitarbeiterin und jedem Mitarbeiter die Mög lichkeit gegeben ist, Anregungen und Ideen zu äußern sowie Eingaben zu machen. Wir haben bisher 817 solcher Anregun gen und Eingaben erhalten. Wir bewerben das Projekt aber noch einige Zeit weiter.

Die Onlinebefragung „Eva fragt“ ist am Montag dieser Wo che gestartet – am Montag! Von den etwa 32 000 angeschrie benen Kolleginnen und Kollegen der Polizei Baden-Württem berg haben bis heute, 8:30 Uhr, genau 5 957 Personen an der Umfrage teilgenommen.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Donnerwetter!)

Das ergibt eine Resonanz von rund 6 000 Personen, die sich innerhalb weniger Tage gemeldet und eine Idee benannt ha ben. Ich habe gehört, dass es sich dabei um sehr viel Konst ruktives handelt. Ich möchte Ihnen sagen: Wir werden uns das sehr genau ansehen. Es wird alles angeguckt, es wird alles ernst genommen, und wir werden weiter alles dafür tun, dass möglichst viele Kolleginnen und Kollegen der Polizei ihre Ideen in diesen Prozess einbringen. Eine größere Basisbetei ligung geht an und für sich gar nicht. Es ist stilbildend, was die grün-schwarze Regierung bei diesem Evaluierungsprozess hier unternimmt.

(Beifall bei den Grünen und der CDU – Abg. Rein hold Gall SPD: Den Prozess gab es übrigens bei der Reform auch! – Gegenruf des Abg. Thomas Blenke CDU: Wie bitte?)

Es wäre schön, wenn das auch stilbildend – – Ich antworte jetzt auf den Zwischenruf des Kollegen Gall nicht,

(Abg. Reinhold Gall SPD: Ich hoffe, Sie haben ihn richtig verstanden!)

weil ich mich an das halten möchte, was ich eingangs gesagt habe, dass wir einfach die Schlachten der Vergangenheit, Herr Kollege Gall,

(Abg. Reinhold Gall SPD: Ich habe nur darauf hin gewiesen, dass wir da auch die Mitarbeiter beteiligt haben! – Glocke des Präsidenten)

nicht mehr führen wollen. Es ist Ihnen ganz unbenommen, über die Mitarbeiterbeteiligung, die wir jetzt über „Eva fragt“, „Sag’s Eva“ und anderes mehr machen, durchaus auch einmal ein positives Wort zu verlieren.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Mache ich ausdrücklich!)

Die Evaluation ist kein Selbstzweck. Es geht um Verbesse rungsvorschläge für die Polizeiarbeit, und wir schauen uns al les ganz genau an. Wir schauen uns insbesondere auch an: Welche Auswirkungen hat das für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Polizei? Dann entscheiden wir in aller Ruhe über die endgültige Umsetzung.

Hinsichtlich der im Rahmen der Polizeistrukturreform umzu setzenden Baumaßnahmen möchte ich Ihnen mitteilen, dass folgende acht bereits im Haushalt etatisierten reformbeding ten Baumaßnahmen haushalterisch freigegeben werden: in Aalen, Ludwigsburg, Mannheim, Offenburg und Tuttlingen jeweils der Bau des Führungs- und Lagezentrums beim Poli zeipräsidium, in Karlsruhe der erste Bauabschnitt des Präsi diumssitzes, in Ravensburg der Neubau des Polizeireviers so wie in Rottweil der Bau der Kriminalpolizeidirektion.

Diese haushalterische Freigabe ist notwendig gewesen, damit die Maßnahmen im Staatshaushaltsplan 2017 abgesichert wer den können und wir hier nicht mit jahrelangen Verzögerun gen oder jahrelangen Unklarheiten zu rechnen haben.

Ich habe an die Evaluierungsgruppe EvaPol die Bitte geäu ßert, sich in den ersten Runden insbesondere mit den Baumaß nahmen zu beschäftigten und diese zu prüfen. Die Baumaß nahmen sollen dann sukzessive endgültig freigegeben wer den, wenn dem mit Blick auf die Evaluierungsergebnisse

nichts entgegensteht. Allerdings muss jeder endgültigen Baufreigabe ein positives Ergebnis der Evaluierungsgruppe vor ausgehen.

Die nächste Sitzung des Lenkungsausschusses von EvaPol ist für den 19. Dezember vorgesehen. Bei dieser Sitzung wird es erste Bewertungen und Empfehlungen diesbezüglich geben. Ich bin zuversichtlich, dass auf deren Basis – im Vorgriff auf das im Frühjahr 2017 vorliegende Evaluierungsergebnis – ers te konkrete Entscheidungen für Baumaßnahmen getroffen werden können.

Noch einmal abschließend: Wir werden alles dafür tun, dass die Evaluierungsgruppe EvaPol nur von Sachgesichtspunkten geleitete Ergebnisse erarbeitet. Wir werden alles dafür tun, dass in der Polizei keine große Unruhe entsteht. Wir gestalten einen maximalen Prozess, wie Expertisen von außen und von innen in diesen Prozess einbezogen werden können – insbe sondere die Expertise der über 30 000 Beschäftigten bei der baden-württembergischen Polizei. Und letztlich geht es um nichts anderes als darum, dass wir die Arbeitsbedingungen für unsere Polizistinnen und Polizisten, die einen verdammt schweren Job machen, die vor großen Herausforderungen ste hen, optimal gestalten und ihnen optimale Rahmenbedingun gen geben, sodass die kleine, aber erstklassige Polizei in Ba den-Württemberg, die beste Polizei dieser Republik, ihre Ar beit erfolgsorientiert machen kann und eine optimale Sicher heit für die Bürgerinnen und Bürger in Baden-Württemberg auch in Zukunft gewährleisten kann.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und der CDU)

Für die SPD-Fraktion er teile ich in der zweiten Runde noch einmal dem Kollegen Bin der das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister Strobl, wir haben eines gemein sam, nämlich, dass wir beide keine alten Schlachten schlagen müssen. Sie waren hier zuvor nicht für die Innenpolitik zu ständig, und auch ich war in der vergangenen Legislaturperi ode nicht für die Innenpolitik zuständig. Ich habe mit den Grü nen aber auch eines gemeinsam: Wir waren gemeinsam für die Polizeireform und haben diese auch beschlossen.

Weil ich keine alten Schlachten schlagen will, habe ich, auch für mich persönlich, gesagt, dass wir uns gegen eine Evalua tion nicht wehren. Dass man die Mitarbeiter befragt, ist eben falls keine ganz neue Geschichte in der Polizei, was das Inte ressenbekundungsverfahren sowohl während der Reform als auch bei der Entstehung der Reform angeht. Insofern können wir auch sagen, dass es richtig ist, wie Sie evaluieren.

Aber Sie haben am Schluss gesagt, Sie wollen im Dezember bereits überlegen, erste Baumaßnahmen freizugeben. Sie ha ben auch gesagt, dass die Evaluierungsgruppe EvaPol – ich glaube, der Name ist entstanden, um zu vermeiden, die gan ze Zeit das Wort „Evaluierung“ gebrauchen zu müssen – dann entscheidet, einzelne Baumaßnahmen fortzuführen. Da frage ich mich aber: Wie passt das jetzt mit der Tatsache zusammen, dass Sie, obwohl Sie jetzt mit einer Umfrage unter den Poli zeibeamtinnen und Polizeibeamten beginnen – dies haben vie le auch schon genutzt – und diese Umfrage noch gar nicht ab

geschlossen ist, die Gesamtreform also auch noch nicht eva luiert ist, bereits erste Baumaßnahmen freigeben? Das eine passt mit dem anderen nicht ganz zusammen.

(Minister Thomas Strobl: Das Verfahren ist doch dann abgeschlossen!)

Wenn Sie wirklich bis Mitte Dezember 8 000 Rückmeldun gen – es werden ja hoffentlich noch mehr – auswerten wollen und dabei zu dem Schluss kommen wollen, dass einzelne Bau maßnahmen doch nicht gebaut werden – oder dass sie eben gebaut werden –, dann wäre das fast schon rekordverdächtig.