Protocol of the Session on November 30, 2016

(Abg. Stefan Räpple AfD: Die zweite Frage wurde noch nicht beantwortet, die Frage zur Kooperation von PHs und Gemeinschaftsschulen!)

Ach, Entschuldigung.

Entschuldigung. – Frau Ministerin.

Die gibt es.

(Heiterkeit – Abg. Stefan Räpple AfD: Gibt es für diese Kooperation einen Namen, ein Gremium oder eine Plattform?)

Wissen Sie: Wir behandeln doch die Gemeinschaftsschule nicht anders – das wäre ja auch fatal – als alle anderen Schul arten auch. Natürlich gibt es Unterstützungen und Beratun gen. Wir haben Schulämter, wir haben Regierungspräsidien, wir haben Pädagogische Hochschulen, wir haben Fortbil dungsmaßnahmen, wir haben Schulseminare. Die begleiten natürlich immer analog zum pädagogischen Konzept die je weiligen Schulen. Das gilt auch für die Gemeinschaftsschu len, wie für jede andere Schulart auch.

Herr Abg. Dr. Fulst-Blei, bitte.

Frau Ministerin, herzlichen Dank für die Klarstellung, dass die Aussage „beliebiges Sam melbecken“ nicht gefallen sei. Ich möchte in diesem Zusam menhang auch noch auf die zweite Aussage in dem Artikel hinweisen. Es ging um ein „Zurück zu den Wurzeln“.

Ist diese Aussage ebenfalls nicht gefallen? Falls sie gefallen ist: Beziehen Sie diese auf das dreigliedrige Schulsystem? Könnten Sie uns dann erläutern, welche Intention dahinter steckt? Und auch hier die Frage, ob dies mit dem grünen Ko alitionspartner abgesprochen wurde.

„Zurück zu den Wurzeln“ – das können Sie mir jetzt glauben oder nicht – habe ich ebenfalls nicht gesagt. Des wegen bin ich gerade am Überlegen. Ich kann mich jetzt aber an die Rede insgesamt erinnern. Vom Grundsatz her geht es mir immer darum, deutlich zu machen – das habe ich hier be reits eingangs gesagt –: Wir haben eine gewisse Vielfalt von Schularten, gar keine Frage. Vielleicht kann man auch sagen: Wenn wir am 1. Dezember 2016 das Schulsystem völlig neu beginnen würden, würden wir möglicherweise einen ganz an deren Weg beschreiten. Aber das tun wir nicht, und das kön nen wir nicht.

Generell gilt: Eine solche Aussage beziehe ich in meinen Re den beispielsweise gern auf die Werkrealschulen, weil wir im ländlichen Raum – Gott sei Dank – noch starke Werkreal schulstandorte, die dort von existenzieller Bedeutung sind, mit zum Teil 400 bis 500 Schülerinnen und Schülern haben. Ich habe erst kürzlich eine besucht. Auch diese haben eine Exis tenzberechtigung.

Das Thema Wurzeln spielt bei mir in den Reden keine Rolle. Daher kann ich auch keine direkte Zuordnung herstellen. Dass wir in Ruhe und Verlässlichkeit das erhalten wollen, was mo mentan vorhanden ist, und uns darauf konzentrieren wollen, was momentan für uns als Partner in den Schulsystemen vor handen ist, und die Schulen in der Weiterentwicklung beglei ten wollen, davon rede ich tatsächlich. Für uns gibt es mo mentan keinen Anlass zu einer Änderung im Rahmen der Schulstrukturen etc. Wir bleiben bei den Wurzeln, die jetzt vorhanden sind. Ich denke, wir brauchen Ruhe und Verläss lichkeit und die faire Behandlung aller Schularten.

Entschuldigen Sie, wenn ich mich da jetzt selbst interpretie ren muss. Aber diese Aussagen sind so nicht getroffen wor den. Daher kann ich mir auch nicht recht erklären, worauf sie sich beziehen.

Klar ist: Meinerseits gibt es keine Ansätze – auch nicht bei der Koalition –, die Schullandschaft jetzt grundsätzlich zu ver ändern, sprich Schularten zu fusionieren oder zu verändern. Wir haben uns auf Verlässlichkeit und die jetzt vorhandene Basis verständigt. Das arbeiten wir auch analog im Sinne von konstruktiver Begleitung ab.

Gibt es weitere Fragen zum Thema? – Frau Kollegin Boser, bitte.

Frau Ministerin, gibt es denn Planungen, wie mit der WissGem-Studie umgegangen wer

den soll, die im Rahmen der begleitenden Evaluierung der Ge meinschaftsschulen durchgeführt wurde? Gibt es gemeinsa me Gespräche mit den Gemeinschaftsschulen, wie man die Ergebnisse der WissGem-Studie auch zur Qualitätsentwick lung mit einbeziehen kann?

Ja, die WissGem-Studie, die vor knapp vier Jahren durchgeführt wurde, wird einbezogen. Ich glaube, dass sich seitdem auch einiges verändert hat, etwa der Umgang mit der Form, mit der unglaublichen Heterogenität und der Vielfalt von Niveaustufen, die unterrichtet werden. Das heißt, das pä dagogische Konzept war neu, und darauf musste man sich ein stellen.

Wir führen regelmäßige Austausche im Bereich der Lehrer fortbildung mit den Gemeinschaftsschulen durch. Dort reagie ren wir auf den Handlungsbedarf, der im Sinne der Belastung der Lehrerinnen und Lehrer aufgrund der Zusammensetzung der Schülerschaft besteht, und auch auf die Herausforderung, die dieses pädagogische Konzept mit sich bringt. Auch die ho he Arbeitsbelastung der Lehrer, die in der WissGem-Studie beklagt wird, die das pädagogische Konzept natürlich auch mit sich bringt, nehmen wir ernst.

Wir haben deshalb einen niedrigeren Klassenteiler in der GMS als in den anderen Schularten. Das war ein Punkt, auf den man reagiert hat. Wir stellen allerdings inzwischen in der Reakti on fest – ich war erst kürzlich auf einem Treffen der Rekto rinnen und Rektoren der Gemeinschaftsschulen auf der Com burg –, dass der Umgang mit der Heterogenität als wesentlich besser und leichter empfunden wird und man die Handrei chungen weiterentwickelt hat. Aber wir arbeiten kontinuier lich weiter daran. Wir nehmen es ernst, weil bei diesem be sonderen pädagogischen Konzept zum Teil besondere Beglei tung durch uns erforderlich ist. Das ist das, was ich mit „kon struktiv und fair“ meine. Da stehen wir in einem regelmäßi gen Austausch.

Eine weitere Frage, Kol lege Hagel, bitte.

Herr Präsident! Frau Ministerin, mit dem Wegfall der verbindlichen Grundschulempfehlung kam es zu grundlegenden Veränderungen im Verhalten beim Übergang auf weiterführende Schularten. Dies führte zu ei nem Anwachsen an Heterogenität in den verschiedenen wei terführenden Schularten wie Haupt- und Werkrealschule so wie auch Gymnasium. Gerade das Gymnasium als die belieb teste Schulart bei uns im Land ist von noch mehr Schülerin nen und Schülern für die Fortsetzung ihrer Schullaufbahn ge wählt worden. Dabei spielt die gewissenhafte Erstellung der Empfehlung durch die Grundschullehrerinnen und -lehrer oft nur eine untergeordnete Rolle. Daher frage ich die Ministe rin: Wie haben sich die Vergleichszahlen für Haupt- und Werk realschulen sowie für Realschulen und Gymnasien entwickelt?

Jetzt muss ich nachfragen: Sie meinen, wie wir zu der Erkenntnis kommen, welche Beschulung erfolgt?

(Abg. Manuel Hagel CDU: Genau!)

Das erfolgt statistisch, indem man in der Regel – das hat man auch relativ konsequent gemacht – abfragt – das ist zum jet

zigen Zeitpunkt noch eine freiwillige Rückmeldung, die wir bekommen; wir ändern jetzt erst die Grundschulempfehlung dahin gehend, dass es eine Vorlagepflicht bei den weiterfüh renden Schulen gibt; die Abfrage erfolgt jedoch noch im frei willigen Sinn –, um einschätzen zu können, welche Erfahrun gen man mit einer veränderten Grundschulempfehlung hat – Stichwort „sehr starker Elternwille“. Die Zahlen sind da also durchaus valide.

Eine weitere Frage, Kol lege Kleinböck, bitte.

Frau Ministerin, es steht auch Ihre Aussage im Raum, dass Gemeinschaftsschulen mit „nach weislichem Erfolg“ nicht geschlossen werden. Wenn Sie das so gesagt haben, dann können Sie mir sicher auch erklären, wie Sie diesen Erfolg messen, wie Sie das für die Zukunft vor haben. Vor allem frage ich: Wie muss ich mir das vorstellen? Was passiert denn mit Gemeinschaftsschulen, die dann die sen Kriterien, die Sie uns jetzt gleich erläutern werden, nicht genügen?

Diesen Halbsatz kann ich Ihnen tatsächlich erklä ren, weil er die Antwort auf eine Frage war. Diese Frage lau tete, ob ich glaube, dass Gemeinschaftsschulen auch künftig in Baden-Württemberg ihre Existenzberechtigung hätten. Das war eine Frage aus dem Publikum.

Ich habe gesagt: Ja, denn darüber entscheidet der Erfolg – nämlich dann, wenn Eltern die Gemeinschaftsschule wählen. Das war übrigens auch immer das Argument – Sie können es nachlesen –, das ich schon als Schulbürgermeisterin in Stutt gart angeführt habe. Voraussetzung ist, dass eine Schulge meinde einen Antrag auf Gemeinschaftsschule auf der Basis eines pädagogischen Konzepts entwickelt hat und sagt: „Wir wollen dies“, dass der Schulträger auf diesen Antrag hin sagt: „Jawohl, das machen wir“, und dass die Eltern diese Schulart schätzen und dort ihre Kinder hinschicken. Ebendas tun sie bei 299 Schulen nach heutigem Stand offensichtlich mit gro ßer Zufriedenheit; sonst würden sie das ja nicht machen. Das ist genau darauf bezogen. Die Antwort ist jetzt etwas verkürzt. Aber klar ist: In dem Moment, in dem Eltern eine Schulart wählen – wir sehen derzeit leider in Teilen eine andere Ent wicklung bei den Haupt- und Werkrealschulen –, ist das auch eine erfolgreiche Schulart. Über den Erfolg einer Schulart wird ein Stück weit auch mit den Füßen abgestimmt.

So erklärt sich die Antwort. Es geht nicht um Erfolg im Sin ne von Notenabschlüssen etc., sondern es war darauf bezo gen, dass sich eine Akzeptanz zeigt – die sich aus meiner Sicht aus der Tatsache ableiten lässt, auf welche Schule die Eltern ihr Kind schicken. Die Schulform muss Eltern überzeugen, sonst schicken sie ihr Kind nicht dorthin. Eltern sind da – das verstehe ich auch – ziemlich rigoros. – Darauf bezieht sich die Aussage.

Ich sehe zu dem ersten Thema „Abwertung der Gemeinschaftsschulen“ keine weite re – – Doch, es gibt eine weitere Wortmeldung. – Bitte, Herr Kollege Born.

Frau Ministerin, wenn wir über den nachweislichen Erfolg von Gemeinschaftsschulen reden und Sie nun dankenswerterweise richtiggestellt haben, wie Ihre

Aussage zu verstehen war, beschäftigt uns natürlich, was das Kultusministerium konkret unternimmt, um dem Starterjahr gang der Gemeinschaftsschulen reibungslose Prüfungen, Ab schlüsse und Übergänge zu ermöglichen, damit der Erfolg, den wir an den ersten Zugängen zur Gemeinschaftsschule ja sehen, sich auch weiter statuiert.

Das ist tatsächlich eine gute Frage. Wir werden im nächsten Jahr die ersten Abschlussjahrgänge – neunte Klas sen – an Gemeinschaftsschulen haben, und wir müssen uns überlegen – da sind wir momentan in der Bearbeitung –, wie wir dann die Übergänge schaffen, beispielsweise auf allge meinbildende Schulen oder auf berufliche Gymnasien. Das wird momentan bearbeitet, sodass wir da einen fairen, trans parenten und auch realistischen Übergang schaffen können – ausgenommen einmal die Standorte, an denen es eine gymna siale Oberstufe gibt. Das wird bei uns momentan gerade be arbeitet; es wird Anfang nächsten Jahres vorliegen.

Ich kann Ihnen hier aber eine Zusage geben. Uns ist es wich tig, mir ist es wichtig, dass dort so, wie für die anderen Schul arten auch, die Anschlüsse ermöglicht werden – ob das der Hauptschulabschluss oder später der Realschulabschluss ist –, die wir brauchen, um die Stärke, die wir im Schulsystem haben, nämlich eine Durchlässigkeit und ein Weiterführen an verschiedene Abschlüsse heran, zu verstetigen. Uns ist es wichtig, dass dies für die Gemeinschaftsschule genauso gilt wie für alle anderen Schularten auch.

Jetzt sehe ich in der Tat keine weiteren Wortmeldungen zu dem ersten Thema.

Damit kommen wir zum zweiten Thema, angemeldet von der Fraktion der CDU:

R e a l s c h u l e n

Das Wort für die Fragestellerin darf ich der Kollegin Felder erteilen.

Frau Ministerin, die Realschulen haben nach dem Wegfall der verbindlichen Grundschulemp fehlung die heterogenste Schülerschaft. Jeder vierte Realschü ler hat eine Grundschulempfehlung für die Hauptschule, je der fünfte Realschüler hat eine Grundschulempfehlung für das Gymnasium.

Mit dem Konzept „Stärkung der Realschule“ geben wir die richtige Antwort auf diese massive Heterogenität. Künftig können Realschulen nämlich flexibel und bedarfsgerecht auf die jeweilige Schülerschaft vor Ort reagieren. Dazu stehen ih nen zwei grundsätzlich unterschiedliche Wege zur Verfügung: zum einen der binnendifferenzierte Unterricht, in welchem ei ne begabungsgerechte Förderung im Klassenverbund in der heterogenen Schülerschaft erfolgt, und zum anderen die Auf teilung nach leistungshomogenen Klassen oder Gruppen, die nach unterschiedlichen Leistungsstärken gebildet werden.

Den bisher in § 7 des Schulgesetzes verankerten Vorrang der individuellen Förderung in binnendifferenzierter Form erset zen wir durch ein flexibles Konzept, das sowohl die binnen differenzierte Form als auch die äußere Leistungsdifferenzie rung gleichberechtigt zulässt. Diese Änderung ermöglicht

künftig eine gezielte Vorbereitung auf den Hauptschulab schluss und den Realschulabschluss.

Dazu frage ich Sie, Frau Kultusministerin: Was bringt das neue Realschulkonzept für unsere Schulen?

Für die Beantwortung darf ich Frau Ministerin Dr. Eisenmann das Wort erteilen.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Felder, wir haben gerade beim vorigen Thema über die Gemeinschaftsschule mit ihrer Heterogenität in der Schülerschaft diskutiert. Ähnliches gilt auch für die Realschu len. Generell muss man natürlich sagen, dass sich eine heuti ge Schülerschaft völlig von der unterscheidet, die man noch vor zehn, vor 15 oder gar vor 20 Jahren hatte.

Deshalb: Das neue Realschulkonzept hat das Ziel – ich bin überzeugt davon, dass wir es damit auch erreichen –, die äu ßere Leistungsdifferenzierung wesentlich differenzierter um zusetzen. Die Realschulen können künftig separate Gruppen oder Klassen bilden, um gezielt Schülerinnen und Schüler zu unterstützen und fördernd tätig zu werden – dort, wo es not wendig ist – und damit ganz zentral auf eine zunehmende He terogenität und auf veränderte Leistungsstände innerhalb ei ner Klasse reagieren zu können.

Um dies zu entwickeln und die Schulen konkret dabei zu stär ken, dies umsetzen zu können, reagieren wir ja mit zusätzli chen Poolstunden, die wir in die Realschulen geben wollen. Ich denke, dass das genau die richtige Antwort auf die zuneh menden Herausforderungen ist, die auch an einer Realschule existieren.

Die Realschulen sind ein ganz bewährter und zentraler Bau stein unseres Bildungssystems – auch im Hinblick auf den Wirtschaftsstandort, Stichwort „Hinführung zur dualen Aus bildung“. Deshalb ist es, glaube ich, auch richtig, dass wir hier ertüchtigend tätig werden, damit sie ihrer wichtigen und gu ten Aufgabe künftig noch besser nachkommen können.