Wer dem Gesetz im Ganzen zustimmen möchte, den bitte ich, sich zu erheben. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Dem Ge setz ist mehrheitlich zugestimmt.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Mitglie der der Regierung, bevor wir in die Mittagspause eintreten, darf ich Sie auf die Eröffnung der Ausstellung WOHIN, WO HIN hinweisen, die jetzt gleich im Foyer stattfindet. Die Künstlerin Hadmut Bittiger möchte mit ihrer Ausstellung zei gen, welche Wünsche Menschen hegen, die aus ihrem Land fliehen mussten und sich einer ungewissen Zukunft gegen übersehen. Die Künstlerin arbeitete mehrere Monate mit Flüchtlingen in einer Notunterkunft zusammen. Die Wünsche der einzelnen Personen wurden auf einem Blatt Papier fest gehalten und in japanischer Origami-Technik gefaltet. Es ent standen zahlreiche Papierkraniche. Die Tanzgruppe GAFRA NA wird dem Thema mit einer Performance Ausdruck verlei hen.
Meine Damen und Herren, ich möchte Sie an dieser Stelle aus drücklich darum bitten, meiner Einladung zu folgen und die interessante Ausstellung anzusehen. Dieses wichtige Thema verdient unsere Aufmerksamkeit. Daher lade ich Sie herzlich zu der nun stattfindenden Ausstellungseröffnung mit anschlie ßendem Stehempfang ein. Die Frau Präsidentin würde sich freuen, Sie gleich im Foyer begrüßen zu dürfen.
Schließlich gebe ich für die Mitglieder des Parlamentarischen Kontrollgremiums noch folgenden Hinweis: Die Sitzung, zu der Sie bereits schriftlich eingeladen worden sind, findet zehn Minuten nach Eintritt in die Mittagspause im Geheimraum des Landtags statt.
Wir treten damit in die Mittagspause ein, und ich schlage vor, die Sitzung nicht wie vorgesehen um 15 Uhr, sondern um 14:30 Uhr fortzusetzen.
Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Nach dem Entwurf der Verwaltungs vorschrift Kindertagespflege will die Landesregierung eine Kürzung der Mittel für die Qualifizierung von Tagespflege personen um fast 25 % vornehmen. Statt wie bisher 2,3 Mil lionen € sollen ab dem 1. Januar 2017 nur noch 1,75 Millio nen € pro Jahr zur Verfügung stehen.
Der Landesverband Kindertagespflege Baden-Württemberg e. V. befürchtet, dass bei einer Kürzung der Mittel für die Kin dertagespflege die Erhöhung der laufenden Geldleistungen für Tagespflegepersonen um mindestens 1 € pro Kind und Stun de innerhalb der nächsten zwei bis drei Jahre akut gefährdet ist. Der Grund ist, dass die Kreise die vom Land eingesparten Mittel kurzfristig selbst aufbringen müssen und so wenig Spielraum für eine Erhöhung der laufenden Geldleistungen bleibt.
Deshalb frage ich: Sieht die Landesregierung die Gefahr, dass durch eine Kürzung der Mittel den Tagespflegepersonen in Baden-Württemberg Mittel entzogen werden? Bzw. wie be absichtigt die Landesregierung bei einer Kürzung der Mittel für die Kindertagespflege den weiteren bedarfsgerechten Aus bau von Betreuungsplätzen vonseiten der Kommunen und das gesetzlich zugesicherte Wunsch- und Wahlrecht der Eltern weiterhin zu unterstützen?
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Abg. Kern, richtig ist, dass die Kindertagespfle ge neben den Kindertageseinrichtungen eine zentrale und wichtige Säule der frühkindlichen Bildung ist. Darüber sind wir uns zweifelsohne einig. Auch darüber, dass dort Qualität, Qualifizierung und Fortbildung dementsprechende Rollen spielen müssen, sind wir einer Meinung. Deshalb beantworte ich auch sehr gern Ihre Frage.
Richtig ist, dass man im Rahmen der Haushaltsplanaufstel lung seitens der Regierung schon seit längerer Zeit darüber diskutiert, dass es im Rahmen der Verwaltungsvorschrift Kin dertagespflege im Bereich der Zuweisung an die Kommunen eine Doppelförderung gibt. Das ist ein Thema, das schon seit längerer Zeit auch mit dem Finanzministerium diskutiert wird.
Wir haben im Hinblick auf die Doppelförderung im Rahmen der Zuweisung der Mittel an die Kommunen den Haushalts ansatz von 2,3 Millionen € pro Jahr – das haben Sie richtig dargestellt – im Regierungsentwurf für das Haushaltsjahr 2017
tatsächlich um 550 000 € gekürzt. Wie gesagt: Die Begrün dung ist, dass wir bei den Zuweisungen an die Kommunen hier Förderungen für die gleiche Leistung vornehmen. Wir ha ben im Rahmen der Haushaltskonsolidierung – unter dem An satz, den Haushalt strukturell zu bewerten – diesen Planan satz reduziert. Dabei handelt es sich um eine Diskussion, die wir dann bei den Haushaltsplanberatungen im Landtag, dem das Recht der Entscheidung über den Haushalt obliegt, füh ren werden. In dieser Hinsicht ist die von Ihnen gestellte Fra ge richtig.
Frau Ministerin, in der Tat begründet die Landesregierung die Kürzung mit einer angeb lichen Doppelfinanzierung. Aber der Tatbestand einer Dop pelfinanzierung wäre durch eine Kürzung um 550 000 € nicht beseitigt. Wie kommt die festgesetzte Summe von 550 000 € zustande? Ist die Kürzung der Mittel für die Kindertagespfle ge nicht vielmehr in der schlichten Umsetzung einer Einspar auflage begründet?
Nein. Es handelt sich um eine Berechnung dessen, was der Rechnungshof bereits im Jahr 2006 angemahnt hatte – in der Bewertung des kommunalen Kostenanteils, in der Zu weisung. Danach ist dies als Doppelförderung zu bewerten. Das ist keine gegriffene Zahl, sondern basiert auf einer Be rechnung, die auch vom Finanzministerium und vom Rech nungshof so belegt worden ist.
Über Zahlen lässt sich immer streiten. Wir können auch dar über streiten, ob es insgesamt Sinn macht. Aber es handelt sich um eine qualifizierte Summe, die sich wegen der Doppelför derung, bezogen auf diese Leistung, ergeben hat.
Frau Ministerin, ich möchte das Argument der Doppelfinanzierung aufgreifen und Sie fra gen, ob Sie mir nicht recht geben, dass man nach dem Ver weis auf die Förderung der Kindertagespflege zwischen der Qualifizierung und der Betreuung der Kinder unter drei Jah ren unterscheiden muss. Sie wissen auch, dass in der Tages pflege die Kinder über drei Jahren und die Schulkinder eben falls eine Rolle spielen. Wie kommen Sie dazu, das Ganze als Doppelfinanzierung zu bewerten?
Man hat eine Definition für Kinder bis zu drei Jah ren und für Drei- bis Sechsjährige vorgenommen, und es kommt nach § 29 c FAG in diesem Zusammenhang zu einer teilweisen Doppelförderung. Somit ergibt sich auch der Be trag, auf den sich Herr Dr. Kern gerade bezogen hat.
Frau Ministerin, für die CDU-Frak tion ist die Kindertagespflege ein ganz hervorragendes Ange bot, vor allem für die individuelle Betreuung von Kindern. Fa milien haben mittlerweile einen Rechtsanspruch auf Kinder betreuung. Was für den einen ein Recht ist, ist für den ande ren aber auch eine Pflicht. Daher ist die Kindertagespflege für die Kommunen ein Segen, da sie kommunale Einrichtungen schlicht entlastet.
Wichtig ist für uns aber der pädagogische Aspekt. Vorteile er geben sich zum einen in zeitlicher Hinsicht durch die indivi duelle Betreuung und zum anderen durch die individuelle Be ziehung zum Kind. Wie bewerten Sie die Wahlfreiheit der El tern zwischen Kindertageseinrichtungen und Kindertagespfle ge? Wie bewerten Sie vor allem die Qualität und den Umfang der Kindertagespflege?
Hierfür wären vielleicht auch einige Zahlen hilfreich. Wie ha ben sich die Zahl der Kinder in den Kindertagespflegeeinrich tungen und die Zahl der Pflegepersonen entwickelt? Können Sie auch sagen, wie viele Jahre im Schnitt eine Tagespflege person aktiv ist? Was mich auch persönlich interessieren wür de – wir reden hier immer politisch korrekt von Pflegeperso nen –: Können Sie uns auch sagen, wie viele Tagesväter ak tiv sind?
Ihre letzte Frage hinsichtlich der männlichen Ta gespfleger kann ich Ihnen im Detail nicht beantworten. Die Größenordnung liegt zwischen 100 und 150 Beteiligten.
Zu den Zahlen insgesamt: Zum Stichtag 1. März 2016 waren rund 6 620 aktive Tagespflegepersonen im Dienst. Daran kön nen Sie sehen, dass die Zahl der männlichen Beteiligten in diesem Bereich insgesamt verschwindend gering ist. Die Zahl der Kinder, die betreut wurden, lag bei rund 21 000. Diese Zahl ist etwas zurückgegangen, weist aber eine relativ hohe Stabilität auf.
Als Ergänzung zu den öffentlichen und den privaten Einrich tungen im Bereich der Kitas und den anderen Möglichkeiten der Kinderbetreuung handelt es sich bei der Kindertagespfle ge um eine zentrale und wichtige Alternative, die Eltern gern wählen – nicht müssen, aber können. Deshalb ist die Wahl freiheit in jeder Hinsicht, auch von der Qualität her, absolut zu begrüßen.
Sehr geehrte Frau Ministerin, wir ha ben Ihren Koalitionsvertrag sehr aufmerksam gelesen. Darin steht auch, dass Sie einen besonderen Schwerpunkt auf die kontinuierliche Qualitätsentwicklung im Bereich der Kinder tagespflege legen wollen.
Darum verlangen Ihre Ausführungen, die Sie gemacht haben, die Nachfrage, ob Sie einen Vertrag zulasten Dritter geschlos sen haben. Sie wissen, dass nach dem SGB VIII die Kommu nen die zuständigen Leistungsträger für die Kindertagesbe treuung sind. Wenn Sie über Kürzungen im Staatshaushalts plan sprechen und diese auch vereinbaren, stellen wir uns in der SPD-Fraktion die Frage, ob diese Kürzungen ein Thema bei der Tagung der Gemeinsamen Finanzkommission waren,
Die andere Frage, die ich Ihnen gern stellen möchte, auch als Mitglied des Bildungsausschusses, ist, welche Position Sie gegenüber der Kritik der Vorsitzenden des Landesverbands Kindertagespflege Baden-Württemberg, Frau Metke, einneh men. Sie hatte gesagt, weniger Mittel bedeuteten weniger Qualifizierungsangebote sowie weniger Tagesmütter und -vä ter; dies bedeute also eine geringere Zahl von Betreuungsplät zen – und das vor dem Hintergrund, dass wir diese Betreu ungsplätze in Baden-Württemberg dringend brauchen.
Vielen Dank. Zu den grundsätzlichen Verhandlun gen zwischen Land und Kommunen: Ob das Thema eine Rol le gespielt hat, weiß ich schlichtweg nicht. – Es hat offenbar keine Rolle gespielt, Frau Kollegin Splett?
(Staatssekretärin Dr. Gisela Splett: Ich könnte gern etwas dazu sagen! Es hat keine Rolle gespielt!)
Gut. Es hat offensichtlich keine Rolle gespielt. Ich war al lerdings nicht dabei, deshalb vielen Dank für die Rückmel dung.
Zunächst einmal ist das natürlich auch eine gemeinsame Auf gabe mit den Kommunen. Die Jugendämter kommen dieser Aufgabe auch nach; deshalb geht das Geld ja über den Aus gleich auch an die Kommunen. Wir haben in Baden-Württem berg Jugendämter, die über das hinaus zahlen, was sie zahlen müssen. Das heißt, das Bekenntnis der Kommunen zu dieser Art von Kinderbetreuung ist da, und wir gehen auch für die Zukunft davon aus, dass dies so bleiben wird.
Dass eine Stärkung des gesamten Bereichs der Kindertages pflege wünschenswert wäre, dem will ich gar nicht widerspre chen. Dies ist aber unter Haushaltsgesichtspunkten – das ist die gemeinsame Erkenntnis – zum jetzigen Stand nicht mög lich.