Vor diesem Hintergrund beunruhigt es ein bisschen, dass sich die Träger, die Krankenkassen, Unfallversicherer und Ret tungsdienste darauf geeinigt haben, dass 350 Plätze jährlich für Notfallsanitäter zur Verfügung stehen sollen. Das ist prak tisch eine Deckelung. Diese Deckelung kann einen in der jet zigen Personalsituation nicht glücklich stimmen.
Ich möchte eines noch einmal sagen: Wir respektieren in vol lem Umfang die Riesenleistung, die große Leistung des Deut schen Roten Kreuzes, aber wir sagen an irgendeinem Punkt auch: Wir brauchen auf Sicht auch einmal andere Zahlen und Verhältnisse in diesem Bereich,
sonst ist es, meine Damen und Herren, unabweisbar, dass die Frage gestellt wird, ob man nicht andere Hilfsorganisationen, die sich ebenfalls anbieten, wie die Malteser, stärker einbe ziehen sollte oder eben auch private Rettungsdienstunterneh men in diesen Bereichen in stärkerem Umfang berücksichti gen sollte, wenn die Zahlen nicht besser werden.
Meine Damen und Herren, Innenminister Strobl leugnet den Handlungsbedarf im Rettungswesen nicht insgesamt; man hat aber umgekehrt – das muss man auch sagen – nicht den Ein druck, dass da jetzt viel passieren würde.
Konkret passiert Folgendes: Das Innenministerium will die für die Rettungsdienstplanung zuständigen Bereichsausschüs se in den Stadt- und Landkreisen auffordern, die jeweilige Si tuation zu analysieren, weitere notwendige Schritte einzulei ten, dann will man auf Landesebene im zuständigen Landes ausschuss für den Rettungsdienst diese Fragestellung eben falls beleuchten. Wann es Ergebnisse geben wird – –
Ja, das ist das Stichwort. Man denkt automatisch daran: Wenn du nicht mehr weiterweißt, gründe einen Arbeitskreis.
Das hat nicht irgendjemand gesagt, sondern das hat bekannt lich der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft südwestdeut scher Notärzte, Eduard Kehrberger, gesagt. Er hat gesagt:
Diese Selbstverwaltung funktioniert nicht.... Der Ret tungsdienst muss kommunalisiert werden – so wie in al len anderen Bundesländern.
Wir gehen nicht so weit, diese Äußerung jetzt und hier zu un terschreiben. Wir sind auch einverstanden, wenn das Innen ministerium sagt: „Wir stellen derzeit keine Überlegungen an, die Selbstverwaltung abzuschaffen.“ Liberale lieben Selbst verwaltung. Wir Liberalen lieben natürlich Selbstverwaltung auch in diesem Bereich.
Aber auch da gilt – ja, genau –: Es muss halt funktionieren, und wenn es nicht funktioniert, dann werden sich solche Sys temfragen unweigerlich stellen müssen.
Auf diese Fragen, die ich jetzt noch einmal aufgeworfen ha be, auf diese Situation erwarten wir überzeugende Antworten der Landesregierung, die dafür zum Handeln berufen und da zu auch in der Lage ist. Mit den bisherigen Ergebnissen sind wir nicht zufrieden. Wir, die Opposition, können letztlich nur – um ein dem Thema nahes Bild zu gebrauchen – den Finger in offene Wunden legen. Aber die Landesregierung ist hier aufgefordert, bei diesem Thema einmal in einem anderen Tempo ein Stück weit vorwärtszumarschieren. Das sind wir den Menschen in unserem schönen Bundesland schuldig.
Für die Fraktion GRÜNE erteile ich das Wort Frau Kollegin Andrea Schwarz zu ihrer ersten Rede im Plenum.
Herr Präsident, werte Kol leginnen und Kollegen! Den Kollegen und Kolleginnen der FDP/DVP-Fraktion möchte ich für ihre Anfrage danken,
zeigt sie doch, wie wichtig und richtig es war, dass die Vor gängerregierung eine unabhängige Stelle zur trägerübergrei fenden Qualitätssicherung im Rettungsdienst Baden-Würt temberg eingesetzt hat. Dies, Herr Kollege Goll, widerspricht auch der Aussage, man sei an konkreten Zahlen gar nicht in teressiert. Denn wir sind uns sicher alle einig: Voraussetzung für einen qualitativ hochwertigen Rettungsdienst ist eine Ana lyse des Bestehenden,
eine Analyse, die auf vorher definierten Qualitätsindikatoren basiert. Nur so können wir klar erkennen, auf welchem Stand sich unser Rettungswesen befindet, wo es krankt, wo Schwach stellen bestehen, wo und wie nachgebessert werden muss. Deshalb ist es wichtig, dass der Aufbau des gesamten Daten modells bald abgeschlossen ist, sodass dann eine tatsächliche Auswertung der 34 Rettungsdienstbereiche erfolgen kann.
Eine Behandlung des Themas hier im Plenum zeigt uns auch die Wichtigkeit des Rettungswesens und führt uns auch ne benbei ganz deutlich vor Augen, mit welchem Engagement, mit welcher Energie und – ich bin sogar so vermessen, zu sa gen – mit welchem Herzblut die Retter und Retterinnen tag täglich im Einsatz sind. Das verdient unser aller Respekt, zu mal gerade bei uns in Baden-Württemberg auch noch sehr vie le Ehrenamtliche im Einsatz sind.
Baden-Württemberg ist das Land des Ehrenamts, und das zeigt sich auch am Engagement im Rettungswesen.
Insgesamt können wir festhalten, dass der Rettungsdienst in Baden-Württemberg bedarfsgerecht aufgestellt ist. Aber selbstverständlich müssen weitere notwendige Verbesserun gen vorgenommen werden.
Die seit Kurzem für 2015 vorliegenden Daten und Erkennt nisse der SQR müssen nun mit den Verantwortlichen der je weiligen Dienste ausgewertet und bearbeitet werden, um da raus die notwendigen Vorkehrungen zu treffen, um die Ver besserungen herbeizuführen. Da rate ich nicht zu Hektik, son dern zu Besonnenheit. Übereilter Aktionismus bringt weder den Rettungsdiensten noch den betroffenen Menschen etwas.
Die sorgfältige Interpretation und Auswertung muss Vorrang haben. Wir werden die noch bestehenden Probleme identifi zieren, um dann entschlossen, aber zügig den Empfehlungen zu folgen und diese umzusetzen.
Einen großen Schritt in die richtige Richtung haben wir be reits mit der Novellierung des Rettungsdienstgesetzes ge macht. Wir haben dort festgeschrieben, den Fokus nicht nur auf die Hilfsfristen zu legen, sondern die gesamte Rettungs kette – vom Anruf bis zur Übergabe im Krankenhaus – zu be achten.
Natürlich ist es gut, wenn der Notarzt, die Notärztin innerhalb kurzer Zeit am Einsatzort ist, weil dies in der Regel auch da zu führt, dass der Transport des Patienten, der Patientin ins Krankenhaus schnell erfolgen kann. Jedoch dürfen wir hier Indikator und Ziel nicht verwechseln. Ziel ist es, den betrof fenen Menschen schnellstmöglich aus der Gefahrensituation zu holen. Das schnelle Eintreffen des Notarztes ist daher nur e i n wichtiger Aspekt in der Rettungskette.
Uns ist ein sehr gut ausgestatteter Rettungsdienst ein großes Anliegen. Das können wir ganz klar am Beispiel der Berg wacht festmachen. Das Innenministerium hat auf Veranlas sung der Regierungsfraktionen bei der Bergwacht schnell und unbürokratisch auf ihre schlechte Ausstattung reagiert. Dort war das Problem leicht zu erkennen. Denn es fehlten drei Orts verbänden die notwendigen Einsatzfahrzeuge. Dort wurde
auch schnell gehandelt. Die Gelder für die Beschaffung der notwendigen Fahrzeuge werden bereitgestellt, sodass die Ret tungseinsätze bald wieder gefahren werden können. Die da für erforderlichen 400 000 € sind meines Erachtens sehr, sehr gut investiert.
Genauso werden wir verfahren, wenn die detaillierte Auswer tung der trägerübergreifenden Qualitätssicherung vorliegt. Ei ne Trennung der Krankentransporte von der Notfallrettung, die Ausbildungssituation, hinsichtlich der untersucht wird, ob die Kapazitäten der bisherigen Ausbildungsstätten ausreichen, oder die Frage, ob auch private Einrichtungen Fördergelder bekommen sollen, das alles muss man prüfen.
Sicher ist: Wir werden uns für eine ausreichende Transparenz wie für eine Auflistung der ausgefallenen Schichten einsetzen. Ausgefallene Schichten müssen verbindlich und zeitnah zen tral gemeldet werden, um auch hier die Bereiche zu identifi zieren, in denen ein sofortiges Eingreifen erforderlich ist, um die Sicherheit der notfallmedizinischen Versorgung der Be völkerung nicht zu gefährden.
Der Rettungsdienst in Baden-Württemberg muss so aufgestellt werden, dass er ein Garant für schnelle Notfallmedizin und Hilfe bei den Bürgerinnen und Bürgern ist, wenn diese in Ge fahr sind. Dies – darauf können Sie sich verlassen – werden wir umsetzen.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Rettungswesen insge samt ist eine wichtige Aufgabe. Das wissen nicht nur wir Ab geordneten, sondern das wissen auch die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes, sei es als Betroffener oder als Ange höriger eines Notfallpatienten, sei es als Mitglied einer der zahlreichen Hilfsorganisationen, namentlich ASB, DRK, Jo hanniter, Malteser, DLRG, Bergwacht, Feuerwehren und THW. Die Angehörigen dieser Hilfsorganisationen haben des halb parteiübergreifend unsere Unterstützung verdient.
Das Rettungsdienstgesetz wurde im letzten Jahr durch den Landtag einstimmig novelliert – damals trotz Vorwahlkampf zeit unter Verzicht auf den Versuch, billige politische Punkte zu machen. Als aktiver Feuerwehrmann hoffe ich, dass bei diesem wichtigen Thema auch in dieser Legislaturperiode nicht der politische Diskurs zwischen Regierung und Oppo sition im Mittelpunkt steht.
Ich möchte zwei Punkte hervorheben. Erstens die Hilfsfris ten. Wir haben mit der doppelten Hilfsfrist sehr ehrgeizige Vorgaben für das Rettungswesen in unserem Land. Aber wir sind alle gut beraten, hieran keine Abstriche zu machen, im Gegenteil. Die Mütter und Väter des Gesetzes hatten eigent lich eine zehnminütige Hilfsfrist vorgesehen. Die heutige Re gel von 15 Minuten sollte die Ausnahme sein.
Die Selbstverwaltung im Rettungswesen, das Zusammenspiel zwischen Kostenträgern und Leistungsträgern funktioniert in der Regel. Nur sollten wir die Hilfsorganisationen bei der Er füllung der Aufgaben nicht alleinlassen, sondern ihnen bei der Bewältigung der schwierigen Aufgaben zur Seite stehen.
Hier könnte der Landesausschuss für den Rettungsdienst in Zukunft eine für alle Beteiligten verbindlichere Rolle einneh men. Nicht unerwähnt sollte deshalb auch bleiben, dass allein im letzten Jahr erhebliche Anstrengungen unternommen wur den, um den Rettungsdienst zu verbessern. So wurden insge samt 20 zusätzliche Rettungswagen und Notarzteinsatzfahr zeuge in den Dienst gestellt; die Vorhaltung wurde damit er heblich erhöht. Allerdings haben sich die Einsatzzahlen noch stärker erhöht als die verfügbaren Einsatzmittel.