Protocol of the Session on November 9, 2016

Hier könnte der Landesausschuss für den Rettungsdienst in Zukunft eine für alle Beteiligten verbindlichere Rolle einneh men. Nicht unerwähnt sollte deshalb auch bleiben, dass allein im letzten Jahr erhebliche Anstrengungen unternommen wur den, um den Rettungsdienst zu verbessern. So wurden insge samt 20 zusätzliche Rettungswagen und Notarzteinsatzfahr zeuge in den Dienst gestellt; die Vorhaltung wurde damit er heblich erhöht. Allerdings haben sich die Einsatzzahlen noch stärker erhöht als die verfügbaren Einsatzmittel.

Der Rettungsdienst übernimmt weitere Aufgaben. Beispiels weise bedeuten Überführungsfahrten in Spezialkliniken län gere Anfahrtswege. Der Ärztemangel im ländlichen Raum er höht die Zahl der Einsätze.

Deshalb ist es zweitens wichtig, die gesamte Rettungskette in den Blick zu nehmen, statt sich jetzt in einzelne Zahlen zu ver beißen. Ein bloßes „Weiter so!“ und ein linearer Ausbau der Strukturen sind aus Sicht der CDU-Fraktion nicht zielführend.

Der Rettungsdienst muss von nicht originären Aufgaben ent lastet werden. Durch das neue Berufsbild des Notfallsanitä ters können auch die Notärzte entlastet werden. Hierfür sind aber schnell die notwendigen verbindlichen Voraussetzungen für die Qualifizierung und den Einsatz der Notfallsanitäter auf den Weg zu bringen.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Es ist also die Rettungskette in ihrer Gesamtheit zu betrach ten. Deshalb wurde die Stelle zur trägerübergreifenden Qua litätssicherung im Rettungsdienst Baden-Württemberg, SQRBW, geschaffen. Diese Stelle sollte jetzt einmal ihre Arbeit machen und erste Ergebnisse zum Iststand liefern, bevor neu in die Struktur eingegriffen wird.

Daneben sehen wir uns auch mit neuen Aufgaben konfron tiert. Wir sind dem Innenminister dankbar, dass die Ausstat tung der Rettungswagen für Terrorlagen verbessert wird. Dies ist kluge Vorsorge.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der Grünen)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, in der letzten Legis laturperiode wurde das Rettungsdienstgesetz einstimmig no velliert. Dieses wichtige Thema eignet sich nicht für einen po litischen Wettstreit. Lassen Sie uns gemeinsam daran arbei ten, den Rettungsdienst und damit die Sicherheit der Men schen in unserem Land zu verbessern. Die CDU steht hierfür bereit.

(Beifall bei der CDU und den Grünen sowie Abge ordneten der SPD – Zuruf von der CDU: Bravo!)

Für die AfD-Fraktion er teile ich das Wort Frau Kollegin Martin.

Lobbyismus beenden – –

„Herr Präsident!“

(Vereinzelt Heiterkeit und Beifall)

Entschuldigung. Ich fange noch einmal an. Ich mache es aber noch einmal so wie eben.

„Lobbyismus beenden“, so sollte man eigentlich den heutigen Punkt nennen, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kol legen und Kolleginnen.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Geht doch!)

Treffender lässt sich die Situation im Ländle wohl kaum be schreiben. Denn in Baden-Württemberg ist der Rettungsdienst fest in der Hand einer etablierten Hilfsorganisation: dem Deut schen Roten Kreuz. Auf den ersten Moment klingt das doch gar nicht so verkehrt. Warum ist es dann aber einzigartig in Deutschland? Es gibt einen guten Grund, warum andere Bun desländer die Trägerschaft des Rettungswesens nicht dem Dienstleister – hier im Ländle verzerrend „Leistungsträger“ genannt – überlassen.

In Baden-Württemberg liegen über 85 % der Trägerschaft beim Deutschen Roten Kreuz. Über 85 %! Ich denke, ich muss niemandem von Ihnen hier erklären, dass das eine Monopol stellung ist.

(Zuruf von der CDU: Oh!)

Wie will die Regierung jemals wirkliche Fehlentwicklung feststellen, wenn alles durch den sogenannten Leistungsträ ger auf der einen Seite und die Kostenträger wie der AOK auf der anderen Seite selbst gesteuert wird?

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Wie wollen wir eine sinnvolle Kostenstruktur erreichen, wenn wir keinen direkten Einblick erhalten und dieser sogar Land tagsabgeordneten von den örtlichen Rettungsdienstbereichs ausschüssen verweigert wird? Warum gibt es diese Sonder stellung in Baden-Württemberg?

Wenn man einmal genauer hinschaut, erkennt man schnell die Machenschaften im Hintergrund.

(Oh-Rufe von der CDU)

Das Deutsche Rote Kreuz hat sich seine Strukturen in der Po litik längst aufgebaut.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner AfD: Vetterleswirt schaft!)

Darum verwundert es auch nicht, dass die Lobbyisten des Deutschen Roten Kreuzes erst vor wenigen Tagen zu Besuch im Landtag bei der SPD und der CDU waren.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Mit denen reden wir regelmäßig seit vielen Jahren, Frau Kollegin! Das ist eine Selbstverständlichkeit! Wir reden mit allen anderen auch! – Weitere Zurufe – Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Auch wenn ich Herrn Klenk als Vizepräsident sehr zu schät zen weiß und mir seine wertschätzende und humorvolle Art gefällt,

(Oh-Rufe)

muss man trotzdem sein Handeln in der Vergangenheit infra ge stellen. Ein Hundertprozentjob beim Roten Kreuz und das Vollzeitmandat im Parlament

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Nein!)

stellen für mich nicht nur im zeitlichen Hinblick einen Inter essenkonflikt dar,

(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Aha! Zuerst loben und dann absägen! – Abg. Nicole Razavi CDU: Er ist ein guter Mann! Er schafft das! – Weitere Zurufe)

zumal er nicht der einzige CDUler ist: Guido Wolf war Kreis chef beim DRK.

(Zuruf von der AfD: Ein Skandal! – Abg. Nicole Ra zavi CDU: Ehrenamtlich!)

Auch andere CDUler, SPDler und FDPler blicken auf eine Karriere beim Deutschen Roten Kreuz zurück.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Ein bisschen Ehrenamt würde euch auch nicht schaden! – Heiterkeit und Bei fall bei der SPD – Abg. Nicole Razavi CDU: Das ist eine Frage der Leistungsfähigkeit!)

Gleiches gilt für Herrn Hillebrand, der lange Zeit im Sozial ministerium als Staatssekretär und zugleich beim DRK Reut lingen als Kreisvorsitzender tätig war.

(Zuruf: Ehrenamt!)

Nicht umsonst hat die „Stuttgarter Zeitung“ vor fast genau ei nem Jahr getitelt: „CDU-Dominanz in DRK-Führung“.

(Abg. Nicole Razavi CDU: Was sagt denn da Herr Hofelich? Das kann ja gar nicht sein!)

Das DRK kontrolliert sich selbst, und genau das dürfen wir nicht dulden.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Zuruf der Abg. Beate Böhlen GRÜNE)

Wer von Ihnen noch nicht verstanden hat, worum es hier in Baden-Württemberg wirklich geht, dem sollte eines klar sein: Im Katastrophenfall hat das Land keinen direkten Zugriff auf Rettungsmaßnahmen. Viele der Kreisleitstellen werden vom örtlichen Roten Kreuz betrieben. Selbst die örtlichen Feuer wehren haben nur vereinzelt Zugriff auf Leitstellenstrukturen.

(Abg. Siegfried Lorek CDU: Stimmt nicht!)

Wie kann das sein, dass wir eine so wichtige Aufgabe aus der öffentlichen Hand geben?

Liebe Kollegen, wir brauchen auch keine 37 Leitstellen. Es reichen deutlich weniger Leitstellen. Die eingesparten Kos

ten kann man dann wiederum in sinnvollere Ausrüstung und mehr Personal zur Rettung investieren.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Die kennt sich aus! – Weitere Zurufe – Unruhe – Glocke des Präsidenten)