Protocol of the Session on November 9, 2016

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Alle anderen, die sich noch als gewählte Vertreter des Volkes sehen, möchte ich an dieser Stelle bitten, den Wunsch der Be völkerung zu berücksichtigen. Sie alle hatten doch inzwischen genug Gelegenheit, festzustellen, dass wir uns vernünftigen und sinnvollen Anträgen nicht entgegenstellen, sondern die se unterstützen. Gestalten Sie deshalb endlich gemeinsam mit uns verantwortungsvoll Politik nach Inhalten

(Abg. Anton Baron AfD: Pragmatisch!)

und nicht nach Ideologien.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Abg. Dr. Hein rich Fiechtner AfD: Jawohl! Bravo!)

Letztendlich ist es sowieso egal, was Sie noch tun, liebe FDP oder CDU. Es wird eines ohnehin ganz deutlich wahrgenom men: Wenn wir nicht in diesem Parlament sitzen würden, gä

be es weder den Antrag der FDP/DVP noch eine Diskussion in der Landesregierung.

(Beifall bei der AfD – Abg. Winfried Mack CDU: Das ist doch Unsinn!)

Mit anderen Worten: AfD wirkt, und das ist gut so.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Da es sich bei dieser Entscheidung nicht um irgendeine Ba nalität handelt, sondern um eine grundsätzliche Entscheidung in dem Sinn, in welche Richtung sich unsere Gesellschaft in den nächsten Jahren entwickeln wird, möchte ich eine nament liche Abstimmung über den Gesetzentwurf beantragen.

(Beifall des Abg. Stefan Räpple AfD)

Politik muss endlich wieder bedeuten, dass jeder für sich per sönlich Verantwortung für seine Entscheidungen übernimmt. Sie haben ein freies Mandat. Jeder entscheidet selbst und muss darüber gegebenenfalls auch Rechenschaft ablegen.

Ich wiederhole abschließend noch einen Satz aus dem Aus schuss: Überlegen Sie bitte alle sehr genau, was uns unsere Werte eigentlich noch wert sind.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Für die SPD-Fraktion er teile ich das Wort Herrn Abg. Binder.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Eines möchte ich zunächst entschieden zurück weisen. Die Mitglieder des Landtags von Baden-Württemberg sind ihrem Gewissen und ihrer Verantwortung, das freie Man dat auszuüben, verpflichtet, und sie gehen dieser verantwort lichen Aufgabe Tag für Tag in diesem Parlament nach.

(Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der Grü nen, der CDU und der FDP/DVP – Abg. Dr. Heinrich Fiechtner AfD: Hat irgendjemand etwas anderes ge sagt?)

Deshalb beschäftigen wir uns auch mit diesem Gesetzentwurf der AfD-Fraktion verantwortungsvoll. Die Debatte, die – Vor redner haben es erwähnt – auch am vergangenen Sonntag im öffentlich-rechtlichen Fernsehen eine erhebliche Rolle ge spielt hat, hat uns gezeigt, dass eine mit einer Burka verschlei erte Frau, die mit IS-Tiraden im Fernsehen zu sehen war – bzw. sie war eben nicht zu sehen –, in dieser Gesellschaft nicht auf Gegenliebe stößt. Auch ich lehne das Tragen einer Burka in unserer Gesellschaft entschieden ab.

(Abg. Anton Baron AfD: Wie steht die Partei dazu?)

Die Frage ist aber: Kann ich das Tragen einer Burka generell verbieten?

(Zuruf: Kann man, ja!)

Verbote sind, liebe Kolleginnen und Kollegen, immer schnell gefordert, wenn man politisch und intellektuell nicht in der Lage ist,

(Abg. Anton Baron AfD: Wer ist denn der Gesetzge ber?)

nachhaltige und langfristige Konzepte auf den Weg zu brin gen oder an solchen konstruktiv mitzuarbeiten. Denn die Ver fassung und die Grundwerte der Verfassung, auf die Sie sich beziehen, sind nicht teilbar, sondern sie gelten für jeden in die ser Gesellschaft, Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen sowie des Abg. Raimund Haser CDU)

Auch integrationspolitisch teile ich die Auffassung der Jour nalistin Canan Topcu – ich darf zitieren –:

Meines Erachtens gehören Burka und Nikab nirgendwo hin. Es ist nur so: Mit einem Verbot... werden wir die Ge sinnung derer, die Frauen unterwerfen wollen, nicht aus der Welt schaffen – und auch nicht die Seelen der Frau en heilen, die sich freiwillig unterwerfen.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Dr. Fiechtner?

Nein. – In der Begründung Ihres Gesetzentwurfs schreiben Sie, dass die Werteordnung durch das Grundgesetz und die Verfassung des Landes Baden-Würt temberg begründet wird. Richtig. Bedauerlicherweise schei nen Sie den Inhalt dieses Satzes allerdings nicht wirklich ver standen zu haben. Noch in der ersten Lesung bezweifelten Sie, dass ein Eingriff in die Weltanschauungsfreiheit, in die Reli gionsfreiheit überhaupt vorhanden ist,

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner AfD: Wo sind denn Ih re konstruktiven Alternativvorschläge?)

um jetzt zu sagen: „Wir schieben in § 4 nach: Es ist ein Ein griff“, aber es dann in der Begründung, wie Kollege Lasotta zu Recht bemerkt hat, nicht ordentlich gegeneinander abzu wägen.

Das von Ihnen hier begehrte allgemeine Verbot, das unzwei felhaft ein Eingriff in Artikel 4 des Grundgesetzes ist, müss te also verfassungsrechtlich gerechtfertigt sein. Sie führen lehrbuchmäßig aus, dass es verfassungsimmanente Grenzen gibt. Sie werden diesen aber in Ihrem Gesetzentwurf keines falls gerecht.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner AfD: Sie hatten Gele genheit, etwas Besseres zu bieten!)

Somit teile ich die klare Auffassung: Das Tragen einer Burka wird grundsätzlich vom Schutzbereich der Religionsfreiheit nach Artikel 4 des Grundgesetzes erfasst. Ein Verbot der Ge sichtsverschleierung im öffentlichen Raum stellt einen Ein griff in die Religionsfreiheit dar, der sich verfassungsrechtlich nicht rechtfertigen lässt und damit die Religionsfreiheit ver letzt.

Ich bin froh, dass sich die Landesregierung in der Drucksa che 16/459 auf Seite 3 gegen ein generelles Verbot der Voll verschleierung ausgesprochen hat und auch deutlich gemacht hat, dass sie ein solches Verbot nicht plant.

(Abg. Rüdiger Klos AfD: Wir freuen uns auf die nächsten Wahlen!)

Es reicht eben nicht, dass es Sie, die Mehrheit oder mich stört, vollverschleierten Frauen begegnen zu können. Man kann nicht alles verbieten, was man ablehnt.

(Abg. Anton Baron AfD: Wir sind der Gesetzgeber! – Zuruf des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner AfD)

Das ist Gegenstand unserer Verfassung.

Besser wäre es, sich zu fragen, welchen Preis die Gesell schaft insgesamt dafür zahlt, ein solches Verbot für ihr unbehagliche Minderheiten zu erlassen – schon weil nie mand weiß, ob er nicht auch mal zu einer solchen Min derheit gehören wird.

Dieses Zitat von Professor Möllers ist aus meiner Sicht ein Kern unseres Grundrechtsverständnisses.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Guter Mann!)

Deshalb können wir einem allgemeinen Verbot der Burka nicht zustimmen, weil es gegen unser Grundgesetz verstößt. Daher werden wir auch jetzt in der zweiten Lesung diesen Ge setzentwurf ablehnen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen sowie des Abg. Manuel Hagel CDU)

Für die Fraktion der FDP/ DVP erteile ich das Wort dem Kollegen Weinmann.

Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen! Ich glaube, wir sind uns in diesem Haus einig, dass Burka und Nikab Kleidungsstücke sind, die gegen sämtliche Konventionen unseres Zusammenlebens ver stoßen und die einer erfolgreichen Integration entgegenste hen. Sie enthüllen ein inakzeptables Geschlechterbild und ste hen grundsätzlich für eine patriarchalische Gesellschaft der Unterdrückung.

Nichtsdestotrotz können und werden wir dem Gesetzentwurf der AfD nicht zustimmen, allein schon deswegen, weil er

(Zuruf von der AfD: Von der AfD ist!)