Protocol of the Session on December 2, 2020

Die Kinder und Jugendlichen werden dann stark fürs Leben, wenn sie in ihren Familien Rückhalt und Annahme finden.

(Vereinzelt Beifall)

Nun weiß ich nicht, wer von Ihnen die Videos gesehen hat, die die Kinder- und Jugendreporter im Rahmen des Projekts „Starke Kinder“ selbst zum Thema gedreht haben. Wie die bislang geringe Anzahl von Klicks zeigt, waren es leider noch nicht allzu viele. Ich würde Ihnen empfehlen: Schauen Sie sich diese kurzweiligen Filmchen an. Sie geben Einblicke in die Lebenswelten junger Menschen. Alle zeigen und erzählen uns, was aus ihrer Sicht Jugendlichen Stärke verleiht, was ih nen Lebensmut gibt und was ihnen Zukunftsfreude schenkt.

Herr Abg. Burger, lassen Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Dr. Fiechtner zu?

Nein, danke. – Die Familie ist für Kinder und Jugendliche – so benennen sie es – am wichtigs ten, gefolgt von Freunden und – man höre und staune – von Vereinen.

Was heißt das für die Politik? Mit Sicherheit nicht, dass wir an unserem fundierten Schulsystem, an der Bildung oder der Berufsausbildung Abstriche machen müssen. Dass jeder Mensch in seinen Begabungen und Fähigkeiten bestmöglich gefördert werden muss, ist eine Selbstverständlichkeit. Eine gute Aus bildung ist das beste Fundament für die Zukunftschancen ei nes jeden Einzelnen.

(Beifall)

Gleichzeitig schützt nichts besser vor Armut als eine qualifi zierte Erwerbstätigkeit.

Dass Kinder und Jugendliche der Familie einen derart hohen Stellenwert einräumen, bestärkt mich in der Ablehnung sozi alistischer Ansätze. Ich frage Sie: Gelingt es, allen Kindern haargenau den gleichen Start ins Leben zu ermöglichen? Das ist längst widerlegt und ein Traum staatlicher Allmachtsherr schaft.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Na, so was!)

Aber jedes Kind hat ein Anrecht auf eine bestmögliche För derung. Das gilt auch und besonders für Kinder mit Behinde rungen.

(Beifall)

Hier ist die Politik gefragt.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Nein, da zu braucht man keine Politik!)

Ihre Aufgabe ist es nicht, den Familien die Verantwortung ab zunehmen; denn das kann sie gar nicht. Vielmehr haben wir die Aufgabe, die Familien zu befähigen, ihre Freiräume zur Entfaltung zu bringen und ihnen da, wo nötig und gewollt, Hilfen zu geben. Das geschieht immer in der Haltung, dass Familien Wertschätzung sowie Respekt und Anerkennung für ihre Leistung erfahren.

(Beifall)

In meinen regelmäßigen Gesprächen mit Jugendlichen bekom me ich immer wieder gespiegelt, dass sie sehr wohl ehrgeizig, zielorientiert, ausdauernd und leistungsbereit sind. Oftmals bringen sie in den Gesprächen zum Ausdruck, wie vielfältig das Familienbild heute ist. Gerade weil die Familien so bunt geworden sind, halten wir von der CDU es für falsch, sie in ein einziges Raster zwängen zu wollen.

Unsere familienpolitischen Maßnahmen müssen darauf aus gerichtet sein, dass sie stets die größtmögliche Wahlfreiheit für die Familien ermöglichen. Familien zu fördern, das ist kei ne Aufgabe, bei der man irgendwann ein Optimum erreicht hat. Die Familienförderung ist eine Herausforderung, der wir uns immer wieder neu stellen müssen.

(Zuruf des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktions los])

Wer glaubt, die CDU hänge noch immer dem Familienmodell der Fünfzigerjahre nach, ist selbst noch nicht im Hier und Heute angekommen.

(Beifall – Zurufe)

Im Zusammenwirken mit CDU/CSU auf Bundesebene und dem Land Baden-Württemberg wurden über 150 familienpo litische Leistungen ressortübergreifend auf den Weg gebracht. Dazu gehören z. B. das ElterngeldPlus, die Einführung der Brückenteilzeit, das Baukindergeld, die Erhöhung des Kin dergelds, das Starke-Familien-Gesetz, das Schulstarterpaket und der Unterhaltsvorschuss für Alleinerziehende, eine wich tige Maßnahme.

Auch die Stärkung von Verbänden, die in der Beratung und Betreuung tätig sind und Familien bei den Themen Menschen

feindlichkeit und Rechtsradikalismus oder „Sexualisierte Ge walt“ Hilfen geben, ist wichtig.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Das ist ein Thema für die Grünen! – Unruhe)

An dieser Stelle halte ich fest: Sexueller Missbrauch an Kin dern ist bereits im Ansatz abscheulich und hart zu bestrafen. Dazu braucht es eine Verbesserung der Verfolgung und eine Stärkung der Justiz. Die „Stiftung Kinderland Baden-Würt temberg“ war bereits vor 15 Jahren eine Idee der CDU und initiiert mit 34 Programmen und über 900 Projekten hervor ragende Arbeit.

(Beifall)

Eine Aufgabe, der wir uns jetzt stellen müssen, ist, die Leis tungen für Familien besser zu verzahnen, sodass ihr Wir kungsgrad gesteigert wird. Weil gerade junge Familien in den ersten Jahren großen finanziellen Belastungen ausgesetzt sind, wollen wir das Landeserziehungsgeld wieder einführen. – Ei ne Bemerkung dazu sei erlaubt: Bei den Koalitionsverhand lungen 2016 waren die Grünen dagegen. – Außerdem machen wir von der CDU uns für das Familiengeld Baden-Württem berg stark.

Auch die Erhöhung der Kinderfreibeträge war eine wichtige Entscheidung. Wir wollen den Familien nicht erst das Geld wegnehmen, um damit dann etwas zu tun, von dem wir glau ben, dass es für sie das Richtige ist. Das Geld muss da blei ben, wo es hingehört,

(Abg. Dr. Christina Baum AfD: Genau!)

nämlich bei den Eltern, die es oft neben der Kindererziehung erwirtschaftet haben.

(Beifall)

Die CDU ist eine Wirtschaftspartei. Das hat nichts mit Klien telpolitik zu tun. Wer Gesellschaft gestalten will, braucht Mit tel zur Umsetzung. Wer Kindern eine Zukunft geben will, muss zuallererst dafür sorgen, dass die Eltern ein Erwerbsein kommen haben.

(Beifall)

Darum geben wir derzeit Coronahilfen, die Arbeitsplätze si chern helfen. Genauso wie andere wirtschaftspolitische Maß nahmen helfen sie den Familien, wirken sie positiv auf die Fa milien in unserem Land.

(Zuruf)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir gehen mit großen Schrit ten auf Weihnachten zu, Weihnachten als Fest der Familie. Ich fordere Sie auf, dass wir gemeinsam nicht nur an Weihnach ten Familien und Kinder ins Zentrum unserer Wahrnehmung stellen, sondern dies im politischen Handeln das ganze Jahr über tun.

In diesem Sinn sage ich herzlichen Dank für die Aufmerksam keit.

(Beifall)

Vielen Dank. – Für die SPDFraktion erteile ich das Wort Frau Abg. Wölfle.

Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen und Kollegen! Ja, es ist wichtig, über dieses bedeutende Thema zu sprechen. Denn es geht um die Kinder in unserem Land, um die Jugendlichen und damit natürlich auch um un sere Zukunft.

Für uns Sozialdemokraten ist die Zukunft von Kindern und Jugendlichen immer ein Thema. So hat sich die SPD in den letzten Jahren z. B. sehr deutlich zur Bekämpfung von Kin derarmut geäußert. In unserem SPD-Konzept gibt es dabei zwei wichtige Säulen. Die eine Säule ist die Existenz grund sichernde Geldleistung in Form der Kindergrundsicherung, und die andere wichtige Säule ist die Infrastruktur,

(Zuruf)

die Bildung und Teilhabe für alle sichert.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Geld kann das nicht ausgleichen!)

Dazu habe ich von den Vertretern der Regierungsfraktionen kein einziges Wort gehört.

(Beifall)

Wir haben in den vergangenen Legislaturperioden und in die ser Legislaturperiode ein ganzes Feuerwerk von Maßnahmen zur Infrastruktur im Bildungsbereich abgeschossen und diese in der letzten Legislaturperiode auch umgesetzt. Davon ist die jetzige, grün-schwarze Landesregierung meilenweit entfernt.

In diesem Frühjahr hat die Landesregierung eine Strategie zur Verbesserung von Chancen für armutsgefährdete Kinder in Baden-Württemberg vorgelegt. Schauen wir doch einmal dort hinein. Da handelt es sich im Wesentlichen nur um eine Auf listung bereits bestehender Programme, etwa zur Umsetzung des Europäischen Sozialfonds, zur Förderung des Netzwerks Teilzeitausbildung oder zur – von Sozialminister Lucha ge kürzten – Förderung der Schulsozialarbeit.

Auch die Förderung der Präventionsnetzwerke gegen Kinder armut wurde nicht von Minister Lucha, sondern bereits von Ministerin Altpeter eingeführt. Damit die anderen Ministeri en ebenfalls eingebunden sind, wurden von dort aus bereits bestehende Programme in diese Strategie aufgenommen, z. B. das EU-Programm für Obst, Gemüse und Milch in den Schu len und die RadSTRATEGIE Baden-Württemberg.

Zugegeben, von der Verteilung von Obst aus EU-Agrarüber schüssen und von den Maßnahmen des Einübens sicheren Radfahrens profitieren natürlich auch Kinder aus armen Fa milien. Aber wo ist jetzt bitte der versprochene Aufschlag? Den können wir hier leider nicht erkennen.