Protocol of the Session on December 2, 2020

Zugegeben, von der Verteilung von Obst aus EU-Agrarüber schüssen und von den Maßnahmen des Einübens sicheren Radfahrens profitieren natürlich auch Kinder aus armen Fa milien. Aber wo ist jetzt bitte der versprochene Aufschlag? Den können wir hier leider nicht erkennen.

Da haben doch die letzten Initiativen von Bundesministerin Franziska Giffey etwa aus dem Starke-Familien-Gesetz, die zum Teil nur gegen Widerstand aus Baden-Württemberg um gesetzt werden konnten, deutlich mehr für ärmere Kinder und ihre Familien gebracht. Die darin enthaltene Reform beim Kinderzuschlag und noch mehr beim Unterhaltsvorschuss hat die Situation der einkommensschwachen Familien auch in Ba den-Württemberg ganz erheblich verbessert.

(Unruhe)

Ja, die Einführung einer Kindergrundsicherung durch den Bund wäre ein wichtiger Schritt, und wir Sozialdemokraten

haben dazu auch ein Konzept. Im breiten Bündnis auch mit den Sozialverbänden sind wir hier auf der richtigen Linie.

Was die Kindergrundsicherung angeht, hat Minister Lucha z. B. die Kosten für Unterkunft und Heizung nicht in die Kin dergrundsicherung hineinnehmen wollen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das gehört aber dort mit hinein. Deswegen fra gen wir uns wirklich, welchen Sinn das sonst macht.

(Beifall)

Zum Schluss würde mich natürlich noch eines interessieren, Herr Minister Lucha: Was sagt eigentlich Ihr Koalitionspart ner zur Kindergrundsicherung? Ist Ihre Forderung nach einer Kindergrundsicherung eine singuläre Forderung des Sozial ministers bzw. der grünen Seite in der Koalition, oder trägt die CDU ein wirkliches Konzept für eine Kindergrundsiche rung mit? Ist die baden-württembergische Landesregierung bereit, auch aufseiten der CDU-regierten Bundesländer für diese Kindergrundsicherung zu werben? Sie wissen, dass es im Bund nicht an der SPD scheitert. Bei der Kindergrundsi cherung brauchen wir keine Schaumschlägerei, sondern kon krete Schritte, um im Bund weiterzukommen.

(Beifall)

Kollege Poreski, wenn es um den Schutz vor sexueller Ge walt oder überhaupt von gewaltbedrohten Kindern geht, wis sen Sie uns immer an Ihrer Seite. Ich habe mich aber schon gewundert; denn ich habe im Sozialausschuss und auch im Rahmen der Haushaltsberatungen mehrere Anträge zur Finan zierung dieses Schutzes gestellt. Diese haben Sie damals alle abgelehnt. Da muss ich mich dann schon sehr wundern. Aber gut, wenn Sie in diese Richtung gehen.

(Zuruf)

Noch einmal: Ein ganz wichtiger Fakt ist überhaupt nicht be sprochen worden. Das ist nämlich das, was im Titel der Ak tuellen Debatte steht: „Starke Kinder – chancenreich.“ Dazu gehört auch die Bildung, und dazu wird in der zweiten Run de mein Kollege Daniel Born ein paar Worte sagen.

Danke schön.

(Beifall)

Für die AfD-Fraktion erteile ich Frau Abg. Wolle das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! „Starke Kinder – chancenreich. Baden-Württemberg macht sich für Kinder und Jugendliche stark“: Eigentlich müsste ich bei diesem Titel zum Thema Wirtschaft sprechen. Denn die Zukunft der Kinder in unserem Land hängt auch unmittelbar vom Wohlstand hier in BadenWürttemberg ab.

(Beifall)

Unser Wohlstand wird nicht erst seit Corona durch die Poli tik der Landesregierung nachhaltig gefährdet. Es ist schon mehr als seltsam: Sie reden über die Zukunftschancen der Kin der in unserem Land. Dabei sind Sie durch Ihre Politik doch mitverantwortlich, dass die wirtschaftliche Basis der Zukunfts chancen für die Kinder geradezu wegbricht.

(Zuruf)

Ohne Kinder gibt es keine Zukunft. Doch wie sieht die Zu kunft der Kinder tatsächlich aus? In unserer Gesellschaft dreht sich alles nur noch um jeden Einzelnen. Kinder spielen eine Nebenrolle. Kaum geboren, schon in der Kita, weil Mama eben arbeiten muss: Und zwar nicht nur, weil Frauen in unse rer Gesellschaft weisgemacht wird, dass sie ohne Berufstätig keit nicht emanzipiert seien und von den Männern unterdrückt würden. Nein, vor allem deshalb, weil Familien ohne Mamas Arbeit schlicht das Geld zur Versorgung der Familie selbst fehlt.

Wohnraum für Familien ist Mangelware. Aufgrund der Null zinspolitik der EU sind Wohnungen für viele Familien nicht mehr bezahlbar. Die ständig steigenden Steuern und Abgaben lassen zudem immer weniger Netto vom Brutto übrig. Eltern rackern tagsüber im Beruf, holen abends ihre Kinder müde aus der Kita ab, und dennoch reicht das Geld vorn und hinten nicht.

Wen wundert es da, dass sich immer mehr Paare gegen Kin der entscheiden? Vor allem dann, wenn der gleichaltrige Nach bar sich mit dem Zweithund finanziell besserstellt als man selbst mit dem Erstkind? Wen wundert es, dass immer mehr Ehen zerbrechen, dass immer mehr Alleinerziehende – hier sind es vor allem Frauen – an der Doppelbelastung von Beruf und Kindererziehung verzweifeln?

20 % der Familien in Baden-Württemberg leben in Armut. Unser Land liegt da noch weit über dem Durchschnitt. Wie ist eine Kinderarmut zu bewerten? Experten des Europäischen Armutsnetzwerks warnen schon länger: Armut verzehnfacht das Risiko, zu erkranken.

Meine Damen und Herren, ein reiches Land, das Kinderarmut zulässt, ist nicht reich, sondern armselig.

(Beifall)

Die Kinder in unserem Land wünschen sich mehr Zeit mit Va ter und Mutter und ihren Geschwistern. Eine wesentliche Vo raussetzung für eine gesunde psychische Entwicklung kleiner Kinder ist die sichere Bindung an eine verlässliche Bezugs person. Sie bildet letztendlich die Grundlage, dass die Kinder später bindungs- und damit auch beziehungsfähig sind. Wie ist demnach eine Kindheit zu bewerten, die weitgehend von den Eltern getrennt stattfindet und von einer Fremdbetreuung in die nächste stolpert? Der stets steigende Bedarf an Schul psychologen gibt eine deutliche Antwort darauf. Doch anstatt den Ursachen dieser Fehlentwicklungen auf den Grund zu ge hen, finanziert der Staat den Missstand weiter, anstatt ihn zu beseitigen. Kindergeld, Kinderfreibeträge und jetzt die Kin dergrundsicherung, das sind Reparaturversuche an einem ge scheiterten System. Sie kosten viel Geld, bringen den Fami lien aber, wie man sieht, gar nichts.

Die staatliche Unterstützung der Familien ist bei näherer Be trachtung nicht uneigennützig – vor allem, wenn dabei die Verantwortung für die Erziehung der Kinder schleichend in die Hand des Staates übergeht.

(Beifall)

Schon jetzt dominieren Kita und Kindergarten die Erziehung vieler Kinder. In der Vergangenheit ist dies nur in sozialisti

schen Staaten wie z. B. der ehemaligen DDR zu beobachten gewesen.

(Vereinzelt Lachen)

Vor diesem Hintergrund ist das Vorhaben, Kinderrechte in das Grundgesetz einzutragen, eindeutig abzulehnen.

(Beifall – Zuruf: Jawohl!)

Die im Grundgesetz verbrieften Rechte gelten für alle – für Kinder und Erwachsene, von der Wiege bis zu Bahre.

(Beifall – Abg. Dr. Christina Baum AfD: Auch für Männer!)

Um Kinder vor dem Übergriff des Staates zu schützen, wur den im Grundgesetz damals bewusst die Elternrechte einge tragen. Deshalb Vorsicht! Durch die Aufnahme von Kinder rechten könnte der Staat unter dem Vorwand der Hilfe für ver nachlässigte Kinder die Elternrechte systematisch aushebeln.

(Abg. Thomas Poreski GRÜNE: So ein Quatsch! – Weitere Zurufe – Unruhe)

Bei genügend flexibler Definition des Kindeswohls könnte die Erziehung im staatlichen Sinn sogar erzwungen werden.

(Zurufe)

Herr Poreski, der Staat versagt schon jetzt. Der Staat hat al le Mittel, um Kinder, für die es notwendig ist, zu schützen. Aber er versagt.

(Zurufe)

Wir erleben dieser Tage drastisch, wie wenig unsere Grund rechte noch wert sind, wenn sie der Exekutive für einen schein bar guten Zweck im Wege stehen, meine Damen und Herren. Die „Große Transformation“ der Gesellschaft braucht strom linienförmige Menschen. Die entstehen nicht durch erziehe rische Vielfalt, sondern durch strenge, normierende Einfalt.

(Vereinzelt Beifall – Zuruf: Ja, „Einfalt“!)

Hier begegnen wir auch dem alten Traum der Linken

(Abg. Dr. Christina Baum AfD: Ja!)

von der Erschaffung des Neuen Menschen.

(Beifall – Zurufe)

Wie weit die Transformation vom eigenständigen Denken der Jugendlichen hin zum gesinnungsethischen Kindersoldaten bereits fortgeschritten ist, meine Damen und Herren, lässt sich beispielsweise am Phänomen „Fridays for Future“ sehen.

(Zurufe, u. a.: Keine Ahnung!)

Staatliche Erziehung von der Wiege an wird langfristig genau die Haltungsroboter hervorbringen, welche der „gron-rüten“ Traumwelt keinerlei Widerstand mehr entgegensetzen kön nen.

(Vereinzelt Beifall)