Protocol of the Session on November 4, 2020

Ja, dazu kommen wir gleich noch, Herr Kollege Hofelich. – Die Lage des Grundstücks wird nach tatsächlich realen Wertverhältnissen abgebildet. Deshalb stellen wir damit die vom Bundesverfassungsgericht geforderte relationsgerechte Bewertung sicher.

(Zuruf des Abg. Emil Sänze AfD)

Wir haben zwei Stellschrauben. Die eine Stellschraube ist die Steuermesszahl, mit der der Grundstückswert multipliziert wird. Diese ist jetzt in diesem Gesetz bei 1,3 Promille festge legt. Diese Steuermesszahl kann übrigens beim nächsten Haupt feststellungszeitpunkt auch angepasst werden, so der Gesetz geber das will.

(Abg. Tobias Wald CDU: Richtig!)

Daneben gibt es den kommunalen Hebesatz. Es gibt zusätz lich, um Wohnen nicht unnötig zu verteuern,

(Abg. Rüdiger Klos AfD: Wie wäre es mal mit Ver billigen?)

einen Abschlag von 30 % auf Grundstücke, die überwiegend Wohnzwecken dienen. Dass die SPD als Partei, die sich an geblich immer für bezahlbares Wohnen starkmacht,

(Zurufe von der SPD, u. a. Abg. Peter Hofelich: Na, na, na!)

hier dagegen ist, ist schon sehr aussagekräftig, meine Damen und Herren.

(Beifall – Abg. Peter Hofelich SPD: 30 % Abschlag aus schlechtem Gewissen! – Gegenruf des Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU: Durchgesetzt!)

Es ist doch auch sehr aussagekräftig, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass diejenigen, denen die Grundsteuer zugute kommt, nämlich insbesondere der Städtetag und der Gemein detag, unser Modell unterstützen – und es auch mit erarbeitet haben.

(Zuruf des Abg. Rainer Stickelberger SPD)

Mit Ihrer Position, liebe Kolleginnen und Kollegen, stellen Sie sich gegen die Position der Kommunen in Baden-Würt temberg. Zumindest in diesem Punkt sind Sie wirklich sehr mutig.

(Beifall – Zurufe von der SPD, u. a. Abg. Peter Ho felich: Im Protokoll steht: „Tapferes Klatschen“!)

Sie haben den Gesetzentwurf ja sicher gelesen. Sie haben si cher auch gelesen, was die Anhörung ergeben hat. Vielleicht haben Sie auch gelesen, was der Mieterbund Baden-Württem berg zu dem Modell gesagt hat. Er begrüßt den vorgelegten Gesetzentwurf außerordentlich und bezeichnet diesen als ver fassungskonform, rechtssicher, bürokratiearm und transpa rent.

(Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU: Der Mieterbund!)

Der Gesetzentwurf sei innovativ, weil er neben fiskalischen auch soziale, wohnungspolitische und ökologische Aspekte berücksichtige.

(Abg. Rüdiger Klos AfD: Die werden sich noch wun dern!)

Er sei gerecht, und er sei transparent. Der Mieterbund begrüßt ausdrücklich, dass wir einen Abschlag für Wohnen in einer Höhe von 30 % vorsehen. Positiver könnte eine Rückmeldung kaum sein. Dass die SPD das nicht interessiert, lohnt, wie ich finde, der Feststellung und ist außerordentlich interessant.

Frau Ministerin, lassen Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Dr. Merz zu?

Nein, die lasse ich jetzt nicht zu. Herr Merz hat seine Position insbesondere auch im Finanzausschuss ausführlich dargestellt.

(Zuruf)

Ich habe zugehört. Wir haben auch im Ausschuss – sowohl ich als auch die Fachleute aus dem Finanzministerium –

(Abg. Rüdiger Klos AfD: Es wäre kürzer gewesen, die Frage zuzulassen!)

alle Aspekte, die aufgekommen sind, beantwortet.

(Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU: Vor allem sind die Bodenrichtwerte nicht fiktiv, sondern real!)

Die Bodenrichtwerte sind anerkannte Werte.

(Zuruf des Abg. Rüdiger Klos AfD)

Wir haben die Gutachterausschüsse schon lange vor dem heu tigen Termin zusammen mit dem zuständigen Fachressort, dem Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucher schutz, auf den Weg gebracht.

Wir haben eine Neuregelung der Gutachterausschussverord nung auf den Weg gebracht. Auch das war Thema im Finanz ausschuss, meine Damen und Herren.

(Zuruf des Abg. Emil Sänze AfD – Gegenruf des Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU: Entschuldigung! Das hat das Verfassungsgericht doch aufgehoben!)

Der Bodenrichtwert wird also von den Gutachterausschüssen vor Ort festgelegt. Dieser Wert ist allgemein anerkannt und mehrfach höchstrichterlich bestätigt. Das heißt, wir haben ei nen guten Weg gefunden, um die Anforderungen des Verfas sungsgerichts umzusetzen.

Wir verzichten ganz bewusst auf die streitanfällige und schwie rige Bewertung von Gebäuden. Das führt zu deutlich weniger Bürokratie; das habe ich ausführlich dargestellt.

Übrigens bereitet die Pauschalierung bei der Bewertung der Gebäude dem Bundesmodell auch verfassungsrechtlich Schwie rigkeiten. Es gibt genug Experten, die gesagt haben, dass Pau schalierungen schwierig sind. Macht man die Pauschalierun gen nicht, wird es jedoch noch komplizierter. Deshalb, meine Damen und Herren, haben wir, meine ich, einen sehr guten Weg gefunden.

Jetzt ist immer wieder das Thema „Ein- und Zweifamilien häuser“ – auch Herr Merz hat das angeführt; Kollege Hofe lich hat es im Ausschuss ebenfalls angesprochen – aufgekom men. Darauf will ich gern noch einmal eingehen.

Es gab immer wieder Modellberechnungen. Eben ist wieder gesagt worden – ich glaube, es war Kollege Hofelich –, die Berechnungen – wer auch immer diese gemacht hat – würden eine Versechsfachung der Belastungen bei Ein- und Zweifa milienhäusern ergeben.

(Zurufe von der SPD, u. a. Abg. Peter Hofelich: Bis zu einer Versechsfachung!)

Ich weiß nicht, wie Sie das berechnet haben, aber wahrschein lich sind Sie genauso vorgegangen wie alle anderen vor Ihnen auch; Sie haben nämlich den jetzigen kommunalen Hebesatz zugrunde gelegt. Damit haben Sie jedoch einen wesentlichen Punkt unseres Gesetzentwurfs unterschlagen, nämlich dass vor dem Inkrafttreten die kommunalen Hebesätze angepasst werden. Das ist ganz klar.

(Abg. Dr. Heiner Merz [fraktionslos]: Nach oben oder nach unten? – Gegenruf des Abg. Dr. Wolfgang Rein hart CDU: Kommunale Finanzhoheit! – Zuruf des Abg. Emil Sänze AfD)

Sobald feststeht, welche Ergebnisse die steuerliche Bewer tung erbracht hat, können die Kommunen abschätzen, welche Auswirkungen dies hat. Wir haben von den kommunalen Lan desverbänden die Aussage, dass das Ziel die Aufkommens neutralität ist.

Was heißt Aufkommensneutralität? Das heißt, für BadenWürttemberg soll es bei 1,8 Milliarden € an Einnahmen aus der Grundsteuer bleiben. Über die Höhe des jeweiligen He besatzes kann aber jeweils nur auf kommunaler Ebene ent schieden werden. Das Aufkommen einer Gemeinde an der Grundsteuer sollte also nach der Reform nicht höher sein als vor der Reform; der Hebesatz sollte also so angepasst werden, dass das als Ergebnis herauskommt.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: „Niemand hat die Absicht“!)

Wenn wir jetzt sagen, dass dies das Ergebnis sein soll, dann muss man ja auch immer bedenken – wir haben sozusagen ei nen Kuchen –: Wenn die einen weniger zahlen sollen, dann heißt das, dass andere mehr belastet werden.

(Zurufe: Genau!)

Wenn der Kuchen gleich groß bleibt und Sie sagen, bestimm te Betroffene sollten weniger belastet werden, dann müssten

Sie schon auch sagen, wer denn dann mehr belastet werden soll. Das haben Sie alle nicht getan, meine Damen und Her ren, und deshalb ist das wirklich ein schwaches Argument.

(Vereinzelt Beifall – Abg. Peter Hofelich SPD: Das ist Rabulistik!)

Tatsache ist auch, dass die Gebäude, die auf Grundstücken stehen – ich habe es beim letzten Mal bereits ausgeführt –, sehr unterschiedlich sein können. Es kann ein kleines, unsa niertes Haus aus den Sechzigerjahren sein, ein hippes Archi tektenhaus, ein Reihenmittelhaus oder eine Villa mit einem parkähnlichen Garten; es kann auch ein hoch energieeffizien ter Neubau sein. Da ist eben das Problem: Wie soll man die se Unterschiedlichkeit der Gebäude bewerten? Deshalb ist der Weg, den wir hier gehen, meines Erachtens der absolut rich tige, meine Damen und Herren.

Frau Ministerin, lassen Sie ei ne Zwischenfrage des Herrn Abg. Dr. Merz zu?

Nein, die lasse ich jetzt nicht zu. – Rechenbeispiele mit einzelnen Einfamili enhäusern sind daher unseriös, weil sie ja in der Regel mit dem jetzigen Hebesatz berechnet worden sind.

Lassen Sie mich zu den Berichterstattungen vom vergange nen Wochenende kommen. Der Bund der Steuerzahler hat kri tisiert, unser Modell wäre nicht verfassungskonform. Diese Kritik hat der Bund der Steuerzahler bereits bei der Anhörung eingebracht. Wenn Sie die dazugehörige Drucksache anschau en, sehen Sie, dass wir uns intensiv und ausführlich mit die ser Kritik beschäftigt haben.