Protocol of the Session on October 14, 2020

Das sind unsere Erwartungen an eine transparente, sich auch der Schuldentilgung verpflichtende Gesetzeslage. Diese ist so leider nicht geschaffen worden. Deswegen werden wir diesem Gesetz nicht zustimmen.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Frau Ministerin Dr. Hoff meister-Kraut, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Die wirtschaftlichen Auswirkungen von Corona, die viele unserer Unternehmen in ein schweres Fahrwasser bringen, dauern an. Die Corona-In fektionszahlen steigen an. Deshalb brauchen wir, um unseren Standort Baden-Württemberg zu sichern und einen erhebli chen Schaden unseres Standorts Baden-Württemberg durch den Ausfall oder auch den Verkauf von für unser Land wich tigen Unternehmen abzuwenden, den Beteiligungsfonds.

Wir wollen im Grunde gesunde Unternehmen bei uns am Standort, die keine Möglichkeit mehr haben, sich über priva te Finanzinstitute, über Fremdkapital zu finanzieren, mit Ei genkapital oder eigenkapitalähnlichen Instrumenten unterstüt zen. Das bieten wir mit dem Beteiligungsfonds des Landes Baden-Württemberg. Mit diesem Fonds können wir den für die Wirtschaft unseres Landes bedeutenden Firmen, die kri senbedingt in eine Schieflage gekommen sind, für einen be grenzten Zeitraum mit staatlichen Rekapitalisierungsmaßnah men unter die Arme greifen.

Frau Reich-Gutjahr, Sie hatten die kleineren Unternehmen an gesprochen. Dafür haben wir gemeinsam mit dem Bund das Mezzanine-Programm auf den Weg gebracht, das im Grunde für bis zu 800 000 € eine Finanzierungsmöglichkeit darstellt. Der Beteiligungsfonds setzt hier an: ab 800 000 € und höher.

Also auch hier vollziehen wir den Anschluss an Landes- und Bundesprogramme, die schon in Kraft sind, aber natürlich auch den Anschluss an den Wirtschaftsstabilisierungsfonds des Bundes, indem wir die Unternehmen abdecken, die unter die Kriterien fallen, die der Bund definiert hat. Es sind die Grenzen maßgeblich, ab denen er auch – eben über den Be teiligungsfonds des Bundes – finanzieren will.

Vor eineinhalb Wochen haben wir den Gesetzentwurf in den Ausschüssen ausführlich diskutiert. Ich habe aber der heuti gen Diskussion entnommen, dass doch einige Punkte nach wie vor thematisiert werden. Deswegen möchte ich explizit auf diese Punkte eingehen.

Zum einen ging es um die parlamentarische Einbindung. Grundsätzlich – und in schwierigen Zeiten ganz besonders – ist eine laufende parlamentarische Kontrolle natürlich ent scheidend, auch, um auf aktuelle Entwicklungen rechtzeitig reagieren zu können. Ich habe aber ausführlich dargelegt, dass aus verfassungsrechtlichen Gründen eine direkte Mitbestim mung des Parlaments für den Einzelfall beim Beteiligungs fonds nicht möglich ist. Deshalb haben wir uns verpflichtet, dass der Landtag

(Abg. Anton Baron AfD: Der Ausschuss!)

zusätzlich zu den im Gesetz festgelegten Berichtspflichten zeitnah über die jeweils gestellten Einzelbeteiligungen infor miert wird.

(Abg. Bernd Gögel AfD: Wie bei der EU!)

Zweitens: Wir haben im vorliegenden Gesetzentwurf Erhe bungsrechte des Rechnungshofs – dazu gab es ja auch eine

ausführliche Diskussion im Ausschuss – so verankert, dass er seiner Aufgabe auch verantwortungsvoll nachkommen kann. Wie ich im Laufe der parlamentarischen Beratung klargestellt habe, greifen die Erhebungsrechte sowohl bei der Umsetzung auf Fondsebene als auch auf der Ebene der Zielunternehmen.

Wir beteiligen uns an Unternehmen, und dem stehen natürlich auch Werte gegenüber. Dieser Beteiligungsfonds ist insofern auch etwas Besonderes, als das, was er tut, eigentlich Aufga be der privaten Finanzwirtschaft wäre, nämlich die Unterneh men mit entsprechendem Kapital und Liquidität zu versorgen. Auch hier, liebe Kolleginnen und Kollegen, herrschen aber gerade besondere Zeiten, und wir haben ja ausschließlich die Unternehmen im Blick. Ich möchte nochmals ausdrücklich betonen – es wurde auch schon mehrfach gesagt –: Wir hof fen, dass möglichst wenige Betriebe den Beteiligungsfonds in Anspruch nehmen müssen. Aber wir werden mit dem Betei ligungsfonds die Unternehmen unterstützen, denen es nicht möglich ist, sich über Fremdkapital ausreichend zu finanzie ren. Das ist also die zweite Säule.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Anton Ba ron AfD: Zombie-Unternehmen!)

Im ersten Schritt kurzfristige Liquidität, im zweiten Schritt langfristig Mittel, die eigenkapitalähnlichen Charakter haben. Und da kann ich Ihnen auch sagen: Die Priorität wird immer auf eigenkapitalähnlichen Instrumenten liegen, bevor wir dann tatsächlich in eine Beteiligung gehen.

Fakt ist: In großen Teilen haben wir die Regelungen des Bun des zu seinem Wirtschaftsstabilisierungsfonds und auch die Vorgaben aus der Bundesrahmenregelung übernommen. Wa rum haben wir das gemacht? Weil all diese Maßnahmen der Notifizierung bei der Europäischen Union bedürfen – ein auf wendiger Prozess – und weil wir natürlich die Möglichkeit nutzen wollen, sozusagen in dem Boot der Notifizierung des Bundes mitzufahren. Sprich: All das, was wir gleich machen wie der Bund, ist mit der Notifizierung der Bundesrahmenre gelung mit genehmigt. Hier sparen wir wertvolle Zeit. Das ist sinnvoll; denn es nützt uns nichts, wenn wir differenziertere und davon abweichende gesetzliche Regelungen haben, die erst bei den Kommissionsdienststellen auf beihilferechtliche Kompatibilität überprüft werden müssen.

In der Debatte wurde auch die Frage gestellt: Warum erst jetzt? Ich möchte hier noch mal feststellen: Baden-Württem berg ist das zweite Bundesland nach Bayern, das jetzt einen Beteiligungsfonds ergänzend zum Wirtschaftsstabilisierungs fonds des Bundes auf den Weg bringt. Wir sind also schnell, und wir setzen auch schnell um.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Andreas Schwarz GRÜNE – Abg. Winfried Mack CDU: Gut!)

Denn wir wissen um die Schwierigkeiten, denen sich unsere Unternehmen ausgesetzt sehen, und vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen mit den steigenden Infektionszah len werden diese auch wieder ansteigen.

Ein weiterer Diskussionspunkt war die Frage der Tarifentloh nung. Ich möchte klarstellen, dass der Beteiligungsfonds nicht das richtige Instrument ist, um Fragen der Tarifentlohnung und Eckpunkte für eine Transformationsstrategie zu klären.

Selbstverständlich ist es auch mir ein wichtiges Anliegen, so zialstaatliche und beschäftigungspolitische Belange zu be rücksichtigen, wenn es um die Entscheidung geht, ob sich der Beteiligungsfonds des Landes an einem privaten Unterneh men beteiligen soll oder nicht. Doch auf die Aussage, nur Un ternehmen, die sich diesen besonderen Grundsätzen verschrie ben haben oder eine besondere Vorbildfunktion wahrnehmen, seien förderwürdig, entgegne ich Ihnen: Jedes Unternehmen, das Arbeitsplätze schafft und vorhält, ist förderungswürdig, und das im besten Sinn aller Beschäftigten in Baden-Würt temberg.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen – Zuruf von der CDU: Bravo!)

Wir dürfen also eines nicht tun: Wir dürfen es nicht dazu kom men lassen, dass Unternehmen durch Auflagen daran gehin dert werden, die Möglichkeiten des Fonds zu nutzen.

Frau Ministerin, lassen Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Dr. Schweickert zu?

Frau Ministerin, vie len Dank für das Zulassen der Zwischenfrage. – Sie haben im mer wieder ausgeführt, dass Unternehmen in den Genuss des Beteiligungsfonds kommen sollen, die durch die Coronakri se in Mitleidenschaft gezogen worden sind, und nicht – ich sage mal so – kranke Unternehmen, die vorher schon ein Pro blem hatten. Wie wollen Sie denn das sicherstellen, wenn doch die aktuellen Zahlen zeigen, dass die meisten strukturellen Probleme, gerade im verarbeitenden Gewerbe, schon Anfang 2019 begonnen haben? Wir haben natürlich in Hotellerie und Gastronomie einige Betriebe, die tatsächlich nur durch die Co ronakrise in Mitleidenschaft gezogen worden sind. Aber für viele andere Betriebe trifft dies nicht zu. Wie wird denn da das Abgrenzungskriterium getroffen, um zu unterscheiden, ob es sich um ein bislang gesundes Unternehmen handelt, das durch Corona in Mitleidenschaft gezogen worden ist, oder eines, das schon vorher Probleme hatte?

Vielen Dank, Herr Schweickert. – Wir haben ja in § 10 des Gesetzentwurfs die Bedingungen für die Stabilisierungsmaßnahmen klar definiert. Dort heißt es in Absatz 1:

Das Land gewährt die Stabilisierungsmaßnahmen des Be teiligungsfonds nur, wenn

1. das Unternehmen nicht bereits zum 31. Dezember 2019 „in Schwierigkeiten“ im Sinne von Artikel 2 Nummer 18 der Verordnung (EU) Nr....

ich könnte das noch weiter ausführen; es ist also entspre chend definiert –

2. für das Unternehmen eine klare eigenständige Fortfüh rungsperspektive nach Beendigung der Covid-19-Pande mie besteht,

3. dem Unternehmen eine anderweitige Finanzierungs möglichkeit nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung steht und

4. das Unternehmen die Gewähr für eine solide und um sichtige Geschäftspolitik bietet.

Hier spielt die Beschäftigung auch eine ganz wichtige Rolle.

Das ist wirklich entscheidend. Denn wir haben hier klare Kri terien gesetzt, welche Betriebe anspruchsberechtigt sind und welche nicht.

Herr Weirauch, Ihre Argumentation bezüglich der Berücksich tigung der Arbeitnehmerbelange möchte ich klar zurückwei sen. Uns geht es darum, Arbeitsplätze in Baden-Württemberg zu sichern. Unabhängig davon spielt die Berücksichtigung der Arbeitgeberbelange eine wichtige Rolle im Gesetzgebungs vorhaben.

(Abg. Dr. Boris Weirauch SPD: Meinen Sie die Ar beitgeber- oder die Arbeitnehmerbelange? – Abg. Da niel Born SPD: Was meinen Sie denn jetzt, Arbeitge ber oder Arbeitnehmer?)

Es geht um die Arbeitnehmer. Es geht um Arbeitsplätze in Baden-Württemberg. Es geht darum, dass wir Beschäftigung hier sichern. Es geht darum, dass wir Wertschöpfung am Standort sichern, dass wir unseren Standort über diese Krise hinaus attraktiv halten, dass die Unternehmen Arbeitsplätze erhalten können. Das ist das ureigene Ziel des Beteiligungs fonds.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der CDU)

Dementsprechend bezieht das Gesetz auch die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt mit ein. Das Land gewährt Stabilisie rungsmaßnahmen des Beteiligungsfonds nur, wenn das Un ternehmen die Gewähr für eine solide und umsichtige Ge schäftspolitik bietet. Ich habe gerade schon aus dem Gesetz entwurf zitiert.

In der Bundesrahmenregelung ist – auch das noch einmal zur Information – außerdem explizit vorgesehen, dass begünstig te Unternehmen Auflagen zur Beschäftigungssicherung erhal ten sollen; das steht übrigens auch im Temporary Framework der Europäischen Union.

(Abg. Daniel Born SPD: Zum Glück gibt es den Bund!)

Wir beziehen uns auf die Bundesrahmenregelungen und auf das Temporary Framework. Das greift alles ineinander. Ich habe das mehrfach deutlich gemacht.

Im Rahmen der Beratungen in den Ausschüssen haben wir entsprechend vereinbart – ich denke, Sie erinnern sich daran –, dass in der begleitenden Rechtsverordnung geregelt wird, dass das Land auf die dauerhafte Sicherung der Arbeitsplätze hinwirkt und eventuelle Restrukturierungsmaßnahmen unter Einbindung der Betriebsparteien vollzieht. Auch das haben wir entsprechend diskutiert und zugesichert.

Ich möchte noch kurz auf den Änderungsantrag der SPD-Frak tion, Drucksache 16/9032-3, eingehen. Herr Weirauch, Sie ha

ben sich zu § 10 Absatz 2 Satz 1 bezüglich der Rechtsverord nung geäußert. Ich möchte Ihre Behauptung zurückweisen. Ich möchte noch einmal deutlich machen: Eine Rechtsverord nung, die nähere Bestimmungen über die von den Unterneh men zu erfüllenden Anforderungen enthält, wird es in jedem Fall geben müssen, um die Operationalisierbarkeit der im Ge setz genannten Bedingungen zu ermöglichen.

Das heißt, die in § 10 ff. genannten Aspekte werden in jedem Fall berücksichtigt. Die gewählte Formulierung orientiert sich an Artikel 80 Absatz 1 Satz 1 des Grundgesetzes und stellt ei ne gängige Formulierung dar, wenn noch eine Rechtsverord nung erlassen werden soll.