Protocol of the Session on September 30, 2020

Außerdem müssen Sie noch unseren gemeinsamen Pakt mit den Kommunen betrachten, der von der Gemeinsamen Fi nanzkommission, sprich Innenminister, Staatsministerium und Finanzministerin, nicht als Vorschuss, sondern als Zuschuss vereinbart wurde; dieser macht weitere 2,88 Milliarden € aus – noch einmal: nur für die Kommunen. Und dann gibt es noch das Paket im Umfang von 0,8 Milliarden € für Vorsorge. Denn wir alle wollen bis zur Wahl keinen weiteren Nachtrag ma chen. Wir wollen gerade keinen Wahlkampfetat machen.

(Abg. Bernd Gögel AfD: Den haben Sie ja jetzt schon! – Weitere Zurufe)

In diesen Positionen ist alles für die zukünftigen Generatio nen enthalten, und die 1,2 Milliarden € sind der einzige Punkt, mit dem wir deutlich machen: Wir wollen raus aus der Krise und das Zukunftsland Baden-Württemberg stärken. Wir wol len, dass Baden-Württemberg auch nach der Pandemie stark ist und stark bleibt. Denn das kommt den zukünftigen Gene rationen in unserem Land zugute.

(Beifall bei der CDU und den Grünen)

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Die Aussprache ist damit beendet.

Ich schlage vor, die drei Gesetzentwürfe Drucksachen 16/8857, 16/8858 und 16/8834 zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Finanzen zu überweisen. – Es erhebt sich kein Wider spruch. Dann ist es so beschlossen.

Punkt 4 unserer Tagesordnung ist damit erledigt.

Ich rufe Punkt 5 der Tagesordnung auf:

Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Errichtung eines Beteiligungsfonds des Lan des Baden-Württemberg (Beteiligungsfondsgesetz Baden- Württemberg – BetFoG) – Drucksache 16/8827

Das Wort zur Begründung erteile ich Frau Ministerin Dr. Hoff meister-Kraut.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, heute das Beteiligungsfondsgesetz Baden-Württemberg einbringen zu dürfen. In der aktuellen Coronapandemie, die eine wirtschaft liche Krise nach sich zieht, tut die Landesregierung alles Nö tige und Mögliche, um die wirtschaftlichen Härten abzufedern und um auch die mit der Krisenbewältigung einhergehenden sozialen Folgen bei den Unternehmen in unserem Land abzu mildern.

In unglaublich kurzer Zeit – ich möchte das heute auch noch einmal einordnen – hatten wir natürlich den Fokus auf die kurzfristige Liquiditätssicherung der Betriebe in Baden-Würt temberg gelegt, hatten wir passgenaue Förderprogramme auf den Weg gebracht. Jetzt haben wir eine weitere wesentliche Aufgabe vor uns, und das ist die mittel- bis langfristige Sta bilisierung unserer Wirtschaft.

Es gilt nun, die Vielfalt, die Kompetenz, diese Systemkompe tenz, die uns in Baden-Württemberg als Standort auch aus zeichnet, zu erhalten und gerade die kleinen und mittleren Be triebe in unserem Land in dieser schwierigen Zeit zu unter stützen. Das machen wir mit einer enormen Summe, mit 1 Mil liarde €. Damit wollen wir jetzt ein entsprechendes Programm auflegen und für die nötige Finanzkraft sorgen, um BadenWürttemberg wieder zurück auf den Wachstumspfad zu füh ren.

Hier geht es um Eigenkapital, um Beteiligungen oder um Mezzanine-Finanzierungen, also Geld, das wir den Betrieben zur Verfügung stellen, die durch die Coronapandemie in Schwie rigkeiten gekommen sind.

Im Landeskabinett haben wir dazu vor gut einer Woche ein Gesetz für einen Beteiligungsfonds des Landes beschlossen, über den wir im Parlament ja auch schon mehrfach diskutiert haben. Ich freue mich, dass wir ihn heute beraten können. Das Gesetz ist die Grundlage dafür, dass wir Unternehmen in die ser Krise mit Eigenkapital unterstützen, wenn ihnen ihre ei gene Kraft ausgeht und sie an Grenzen kommen, sich zu fi nanzieren. Es ist also ein ganz starkes Stabilitätssignal, das wir hier in einer so unsicheren Zeit senden, ein wichtiges und notwendiges Zeichen für unseren Mittelstand.

Was will das Gesetz bewirken? Der Gesetzentwurf sieht die Errichtung des Beteiligungsfonds in Form eines Sonderver mögens vor. Ziel des Beteiligungsfonds ist es, langfristige volkswirtschaftliche und soziale Folgen der Coronapandemie durch zielgerichtete und zeitlich begrenzte Maßnahmen zur Stabilisierung von Unternehmen der Realwirtschaft abzuwen den. Dazu zählen Stützungsmaßnahmen ab einer Mindesthö he von 800 000 € zur Stärkung der Eigenkapitalbasis von Un ternehmen. Wir und der Bund haben über die Soforthilfe über Kreditprogramme – die Sofortkredite, die Unternehmerkredi te – Fremdkapital zu besonders günstigen und für die Unter nehmen in dieser schwierigen Zeit hilfreichen Konditionen zur Verfügung gestellt. Aber hier kommen die Unternehmen eben auch an ihre Grenzen. Deswegen gibt es Eigenkapital, um kleine und mittlere Unternehmen mit Bedeutung für die Wirtschaft in unserem Land, für die technologische Souverä nität unseres Landes, unseres Standorts, für die Versorgungs sicherheit, aber auch für die kritische Infrastruktur oder den Arbeitsmarkt zu unterstützen.

In Ausnahmefällen – diese Option haben wir uns offengelas sen – können wir auch größere Unternehmen mit besonderer Bedeutung für die baden-württembergische Wirtschaft unter stützen.

Uns ist bewusst: Eine Unterstützungsmaßnahme, insbesonde re in dieser Höhe, ist keine Selbstverständlichkeit. Der Betrag von 1 Milliarde € ist mit einer klaren Verantwortung verbun den. Die Verantwortung für uns besteht darin, dieses Geld im Interesse unserer Steuerzahler zielgenau und sorgfältig einzu setzen.

Damit ist klar: Die Leistungen aus dem Beteiligungsfonds sind kein Geschenk und werden natürlich nicht ohne marktgerech te Gegenleistung erfolgen. Die angedachten Stabilisierungs maßnahmen sind vielmehr als Ultima Ratio gedacht. Das be deutet, dass Unternehmen sie nur erhalten, wenn keine ander weitigen Finanzierungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Die Notwendigkeit ist vor allem dann gegeben, wenn ein Un ternehmen nicht in der Lage ist, sich die für die Sicherstellung der Liquidität und des Fortbestands des Unternehmens erfor derlichen Mittel am Markt zu beschaffen.

Zudem sind eine Reihe weiterer Punkte zu beachten, die zei gen, dass wir, das Land, die Mittel auch nicht leichtfertig ver geben werden. Zunächst müssen die Finanzierungsschwierig keiten durch die Coronapandemie hervorgerufen worden sein. Wir werden in diesem Zusammenhang kritisch prüfen, ob die Schwierigkeiten des antragstellenden Unternehmens tatsäch lich auf die Coronapandemie zurückzuführen sind oder ob sie vielmehr struktureller Natur sind. Das heißt auch, dass der Be teiligungsfonds nicht für Unternehmen infrage kommen wird, die vor dem 31. Dezember 2019 bereits in Schwierigkeiten gewesen sind. In Anlehnung an alle anderen Maßnahmen, die wir jetzt auf den Weg gebracht haben, werden wir diese Vor aussetzung ganz klar definieren.

Zudem muss durch die Stabilisierungsmaßnahme eine klare, eigenständige Perspektive zur Fortführung des Unternehmens nach Überwindung der Coronapandemie bestehen. Es darf al so kein ungedeckter Finanzbedarf laut mittelfristiger Planung vorliegen. Auch hier ergänzen wir Kredite und Zuschüsse. Um Kapitalhilfen zu erhalten, müssen die Unternehmen gut ge führt werden. Unser Gesetzentwurf spricht hier von einer so liden und umsichtigen Geschäftspolitik. Das heißt, die begüns tigten Unternehmen sollen insbesondere zur Stabilisierung von Produktionsketten und zur Sicherung von Arbeitsplätzen in Baden-Württemberg beitragen, was durch Auflagen abge sichert werden kann.

Im Rahmen einer Rechtsverordnung, die derzeit erarbeitet wird, werden zusätzliche Anforderungen festgelegt: angefan gen bei Zweckbestimmungen für die aufgenommenen Mittel über die Vergütung der Unternehmensorgane, über die Aus schüttung von Dividenden bis hin zu branchenspezifischen bzw. Restrukturierungsauflagen. Für die Entscheidung über die Stabilisierungsmaßnahmen ist grundsätzlich eine gemein same Zuständigkeit des Wirtschafts- und des Finanzministe riums vorgesehen.

Die Landesregierung wird selbstverständlich auch dafür Sor ge tragen, dass die Rechte des Landtags in Bezug auf die Sta bilisierungsmaßnahmen gewahrt werden. Hierzu werden wir uns mit den zuständigen Ausschüssen abstimmen, wie die be

reits im Gesetz vorgesehene informatorische Einbindung kon kret erfolgen kann.

Insgesamt sind der Aufbau und die Struktur des vorliegenden Gesetzes eng an den Wirtschaftsstabilisierungsfonds des Bun des angelehnt, und es enthält als reiner Rettungsfonds bzw. Rettungsanker keine spezifischen struktur-, innovations- oder beschäftigungspolitischen Elemente.

Unter den vorgegebenen EU- und bundesrechtlichen Voraus setzungen wollen wir den durch die Krise in Schwierigkeiten geratenen baden-württembergischen Unternehmen eine gesi cherte und zuverlässige Rückkehr zu den Finanzmärkten er möglichen. Der Beteiligungsfonds als Instrument der Eigen kapitalfinanzierung soll dabei die bestehenden kreditbasier ten Finanzierungsangebote von Bund und Land ergänzen. Ich bin überzeugt, dass er das richtige Instrument ist, um techni sches Know-how und Arbeitsplätze bei uns in Baden-Würt temberg zu sichern.

Mit dem Fonds schaffen wir die Möglichkeiten, in Not gera tene Unternehmen nachhaltig zu unterstützen, insbesondere Unternehmen mittlerer Größe, die vom Wirtschaftsstabilisie rungsfonds des Bundes nicht profitieren können. Der Wirt schaftsstabilisierungsfonds des Bundes setzt bei Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern an. Wir haben die Betriebe mit 250 und weniger Mitarbeitern im Blick.

Angesichts der mittelfristigen Folgen der Coronakrise wird es aktuell immer wahrscheinlicher, dass die Unternehmen zur Absicherung ihres Überlebens diesen staatlichen Rettungsan ker ergreifen müssen. Dies wird allerdings nur dann gelingen, wenn Sie uns mit Ihrer Zustimmung zu dem Gesetz eine Per spektive geben, und darum bitte ich Sie.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Meine sehr geehrten Da men und Herren, das Präsidium hat die Redezeit für die Aus sprache auf fünf Minuten je Fraktion festgelegt.

Zuerst spricht Frau Abg. Lindlohr für die Fraktion GRÜNE.

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Wir Grünen und diese Koalition tre ten dafür ein, dass unser Land und die Unternehmen in unse rem Land erfolgreich die Coronakrise meistern. Mit dem Lan desbeteiligungsfonds, den die Ministerin gerade vorgestellt hat, stärken wir nun den mittelständischen Unternehmen in unserem Land den Rücken. Wir senden mit dem Landesbetei ligungsfonds und diesem Gesetz ein klares Vertrauenssignal an die Unternehmen und die Arbeitnehmerinnen und Arbeit nehmer.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die wirtschaftliche Lage ist schwierig. Tatsächlich war ja auch schon vor der Coronakri se die weltweite Konjunktur auf der Kippe, was Baden-Würt temberg als exportorientierten Wirtschaftsstandort besonders betrifft. Die Globalisierung, die Transformationsprozesse der

Dekarbonisierung und Digitalisierung wirken nun zeitgleich mit der Coronakrise und werden hierdurch beschleunigt.

Wir haben es heute schon gehört – ganz aktuell –: Die Arbeits losigkeit bei uns ist erstmals wieder leicht gesunken. Klar ist auch, dass wir hier in einer europäischen Vernetzung sind. Auch wenn die Pandemieentwicklung bei uns recht positiv ist, sind wir natürlich auch von den Folgen gerade bei unse ren europäischen Nachbarländern betroffen.

Wir richten jetzt einen Beteiligungsfonds mit einem recht gro ßen Volumen für unseren Landeshaushalt in Höhe von 1 Mil liarde € ein. Er richtet sich an die mittelständische Wirtschaft und damit an das Rückgrat unseres Standorts, an die Innova tionskraft, die in diesen Unternehmen steckt. Wir schließen dadurch die Lücke zum Wirtschaftsstabilisierungsfonds des Bundes. Denn klar ist: Unternehmensrettung, der Staat als letzter Anker, das kann nicht nur für große Unternehmen gel ten. Wir stärken hier dem Mittelstand den Rücken, meine Kol leginnen und Kollegen.

Es ist klar: Die Krise zehrt Eigenkapital bei den Unternehmen auf. Auch an Fremdkapital zu kommen wird schwieriger.

(Zuruf des Abg. Rüdiger Klos AfD)

Der Beteiligungsfonds kann die Rekapitalisierung der Unter nehmen sichern und soll damit die Signalwirkung haben, dass wichtige Unternehmen gestützt werden und dass die Liefer ketten bei uns, die so wichtig für unser Gesamtökosystem als erfolgreicher Wirtschaftsstandort sind, nicht zusammenbre chen.

Vorhin hat der Kollege Fischer in der Haushaltsdebatte so in der Art hineingerufen: „Coronakrise, das ist doch alles nur we gen Ihrer schlimmen Maßnahmen!“ – die Wirtschaftskrise sei also von der Politik oder der Mehrheit hier einfach verursacht.

(Abg. Anton Baron AfD: Ja!)

Das ist falsch.

(Abg. Anton Baron AfD: Nein!)

Wir haben gemeinsam die Naturkatastrophe festgestellt.

Um es noch einmal zu sagen: Zum einen ist die ganz große Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger hochzufrieden mit den gemeinsam getroffenen Maßnahmen von Bund und Ländern und hält sie für angemessen. In der letzten forsa-Umfrage ha ben 84 % der Bürgerinnen und Bürger die Maßnahmen für an gemessen oder für nicht weitgehend genug gehalten. Wenn die FDP mit den übrigen Prozentanteilen zufrieden ist und sie nur noch mit diesen Bürgern kommuniziert, dann ist es um ih re Mehrheitsfähigkeit nicht so gut bestellt.

(Abg. Claus Paal CDU: Fünf reichen ja!)

Um es noch einmal zu sagen – wir haben es heute schon ge hört –: In Marseille und der Region sind Restaurants und Bars zu, Paris steht kurz davor. Spanien geht es schlecht. Italien wiederum hat jetzt ein besseres Pandemiemanagement, als es das schon hatte. Es ist klar: Wer die Wirtschaft unterstützen will, braucht ein gutes Management dieser Pandemie. Wir

können stolz sein, wie Bund und Länder das in Deutschland gemeinsam machen.

(Beifall bei den Grünen und der CDU)