lautet: „Gesetz über den Erlass infektionsschützender Maß nahmen“. – Sie stimmen der Überschrift zu.
Wer dem Gesetz im Ganzen zustimmt, den bitte ich, sich zu erheben. – Danke schön. Gegenprobe! – Danke. Enthaltun gen? – Damit ist dem Gesetz mehrheitlich zugestimmt.
Wir treten in die Mittagspause bis 14:30 Uhr ein. Um 14:30 Uhr geht es dann mit Tagesordnungspunkt 4 – Regierungsbe fragung – weiter. Bis dahin unterbreche ich die Sitzung.
Wir fangen an. Ich würde sa gen – ich muss aufpassen –, die entscheidenden Personen sind da. Sagen wir es einmal so.
Frau Präsidentin, liebe anwesende Kollegen von SPD, Grünen und FDP/DVP, mei ne Damen und Herren! Es duftet ja noch nicht nach geröste ten Mandeln und Zimt, die Indikatoren für Volksfeste und Weihnachtsmärkte wären, aber das heutige Thema hat eine Vor geschichte.
Seit Beginn der Coronakrise sind Veranstaltungen wie Feste und Märkte untersagt. Für die meisten Schausteller und Markt kaufleute bedeutet das, dass sie seit dem Weihnachtsmarkt 2019 keine Einnahmen haben, und aktuell gilt natürlich auch, dass nicht klar ist, inwieweit in diesem Jahr Weihnachtsmärk te überhaupt stattfinden können.
Ich möchte ganz klar sagen – das ist keine Kritik an den Shut down-Maßnahmen; es geht uns nicht darum, zu kritisieren –: Die Landesregierung hat Maßnahmen ergriffen, im Wesentli chen Soforthilfen, Überbrückungshilfen. Diese Gelder sind geflossen. Aber während andere Branchen allmählich wieder hochfahren, ist die Branche der Schausteller ein saisonales Geschäft mit hohen Kapitalkosten. Ein Riesenrad kostet Geld, es muss abgeschrieben werden. Wenn man keine Einnahmen hat, wird es schwierig.
Deswegen fragen wir: Wie sehen denn die Perspektiven für diese Branche aus? Morgen findet eine große Demo der Schau steller auf dem Cannstatter Wasen und auch hier statt. Es gibt Bundesländer mit Konzepten wie mobile Freizeitparks oder Karusselltage, mit besonderen Desinfektionsanforderungen, aber diesbezüglich gibt es von Baden-Württemberg noch kei ne Rückmeldung.
Wir haben uns an das Wirtschaftsministerium gewandt und zur Antwort bekommen, die Landesregierung strebe an,
... auch in Baden-Württemberg die notwendigen Voraus setzungen und rechtlichen Klarstellungen für die Einrich tung und Durchführung von besonderen Veranstaltungs formen für Schausteller und Marktkaufleute unter Beach tung besonderer Hygiene- und Abstandsregelungen zu treffen.
Wir dürfen nicht vergessen, dass Volksfeste nicht nur ein öko nomischer Faktor sind. Sie und ihre Schausteller sind auch ein Kulturgut. Die kulturelle Bedeutung sollten wir nicht vernach lässigen und auch die wirtschaftlichen Gesichtspunkte nicht vergessen.
5 000 Schaustellerbetriebe in Deutschland, 32 000 Beschäf tigte; knapp 10 000 Volksfeste und 3 000 Weihnachtsmärkte werden von Schaustellern bedient, ein Großteil davon in Ba
Wie ist der Stand innerhalb der Landesregierung zu den von den Schaustellern und Marktkaufleuten entwickelten soge nannten alternativen Veranstaltungsformaten? Wie sieht die zeitliche Schiene aus? Wie sind die inhaltlichen Kriterien aus gestaltet, anhand derer diese Konzepte geprüft werden? Wie sind gegebenenfalls die Auflagen ausgestaltet, unter denen sol che Veranstaltungen genehmigt werden?
Es ist uns bekannt, dass normale Großveranstaltungen bis En de Oktober nicht möglich sind. Somit werden auch Volksfes te nicht möglich sein. Aber wir müssen uns überlegen – jetzt müssen die Stadtverwaltungen entscheiden –: Genehmigen wir einen Weihnachtsmarkt? Diese Entscheidung muss im Au gust getroffen werden. Wenn Sie Veranstaltungen verkleinern wollen, müssen Sie jetzt die Entscheidung treffen, wer ausge laden wird. Da kann man nicht bis zum Oktober warten, lie be Vertreter der Landesregierung.
Wir können damit rechnen, dass die Zahl der Erkrankten zu rückgeht. Wenn sich die Situation anders entwickelt, muss man anders reagieren. Noch einmal: Das will ich gar nicht au ßer Frage stellen. Wir können jetzt aber nicht bis Oktober zu warten und erst dann in die Planung gehen. Das ist deutlich zu spät. Die Kunsthandwerke müssen jetzt produzieren, die Marktkaufleute müssen wissen, welche Stadt sie anfahren können, auf welchen Weihnachtsmarkt sie gehen können. Hier sind Fragen offen, und wir freuen uns auf die Antworten der Landesregierung.
Während das Redepult desin fiziert wird, gebe ich den Hinweis: Ich bitte Sie, sich in die Anwesenheitsliste einzutragen.
Genau. – Wir haben das geändert. Ab sofort – das galt aber schon in der letzten Woche – sollten und müssen wir uns ein tragen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Schweickert, die Fra gen, die Sie gestellt haben, machen deutlich, wie schwer die Coronakrise unserer Wirtschaft zusetzt; in bestimmten Bran chen ist das in ganz besonderer Weise der Fall.
Auch wenn wir – Herr Schweickert, Sie haben es angespro chen – unter Mithilfe aller Bürgerinnen und Bürger die Zahl der Neuinfektionen im Moment Gott sei Dank unter Kontrol le haben, ist es für eine Entwarnung leider – ich glaube, das bedauern wir alle sehr – noch zu früh.
Ich freue mich über die positiven Meldungen aus der Pharma branche, wo mit Hochdruck an einem Impfstoff gearbeitet wird und sich im Moment ein Weg aufzeigt, der aussichtsreich erscheint, den wir dringend begehen sollten und den wir, das Land, auch unterstützen. Bevor wir auch vonseiten des Lan des keine größere Sicherheit für die Bevölkerung gewährleis ten können, sind wir nach wie vor gezwungen, im Sinne des Gesundheits- und des Infektionsschutzes gewisse Einschrän kungen durchzuführen und diese auch als Rahmenbedingun gen zu setzen, wohl wissend, dass die wirtschaftliche Lage angespannt ist, gerade im Schaustellergewerbe.
In der Tat fanden die letzten großen Märkte im letzten Jahr statt. Die Frühlingsfeste mussten zum Großteil schon abge sagt werden, gerade auch die großen Feste, beispielsweise das Stuttgarter Frühlingsfest.
Die Liquiditätssituation der Schausteller war dadurch am An fang des Jahres natürlich angespannt und hat sich durch den Ausfall der Märkte gerade in diesen Bereichen, in dieser Bran che massiv verschärft. Die Schausteller und die Marktkauf leute müssen faktisch schon seit vielen Monaten ihren Ge schäftsbetrieb komplett einstellen – ausgenommen die Märk te, die für die Grundversorgung Verantwortung tragen; Wo chenmärkte dürfen ja stattfinden. Das heißt, sie haben keine Einnahmen.
Zu den Weihnachtsmärkten: Viele Entscheidungen müssen in der Tat jetzt zeitnah getroffen werden. Diese Entscheidungen werden derzeit diskutiert. Im Moment gibt es zwischen der Bundesregierung und den Ländern eine klare Abstimmung, dass bis Ende Oktober Großveranstaltungen – bei uns in Ba den-Württemberg mit mehr als 500 Teilnehmerinnen und Teil nehmern – nicht stattfinden dürfen. Deshalb reicht natürlich auch diese Entscheidung weit ins Jahr hinein – in den Zeit raum der für die Schausteller ebenfalls sehr wichtigen Säule der Weihnachtsmärkte.
Ich muss ehrlich sagen: Mich persönlich macht das in beson derer Weise betroffen, weil die Schausteller im Land überwie gend Familienbetriebe sind, die über Generationen hinweg ge wachsen sind und mit großem Engagement, mit Leidenschaft ihrem Beruf – man kann wirklich sagen: ihrer Berufung – nachgehen. Da hilft es natürlich wenig, wenn wir gut zureden und zum Durchhalten aufrufen. Deswegen brauchen die Schau steller in unserem Land auch eine gezielte Unterstützung.
Wie kann diese gezielte Unterstützung aussehen? Zum einen brauchen sie finanzielle Unterstützung, und zum anderen möch ten sie – das ist ja der Wunsch, den sie hegen und der durch die Coronapandemie, die eben nicht gerecht ist, durchkreuzt wird – wieder eine Öffnungsperspektive bekommen: Wann können welche Märkte wieder stattfinden?
Das Schaustellergewerbe – das müssen wir uns immer wieder in Erinnerung rufen – ist auch ein wichtiger Wirtschaftsfak tor für unser Land. Die Schausteller tragen zu einem reichhal tigen kulturellen und gemeinschaftlichen Leben bei, aber ihr Gewerbe ist eben auch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Wenn die Strukturen, die sich dort über Jahrzehnte entwickelt ha ben, zerbrechen, stellt sich die Frage: Ist es überhaupt mög lich, diese dann wieder aufzubauen? Oder: Wie lange würde das dauern?
Deshalb müssen wir gezielt, müssen wir effizient unterstüt zen. Wir haben dies im ersten Schritt über die Soforthilfe ge tan. Ca. 240 000 Unternehmen wurden unterstützt – auch die Schausteller. Gelder in Höhe von 2,24 Milliarden € haben wir im Rahmen der Soforthilfe ausbezahlt, um erste Liquiditäts engpässe zu heilen. Die Überbrückungshilfe des Bundes, ein Fixkostenzuschuss je nach Höhe des Umsatzeinbruchs – in diese Kategorie fallen die Schausteller ja bedauerlicherweise –, soll die Verluste kompensieren. Wir, das Land, haben die Soforthilfe ergänzt und werden auch die Überbrückungshilfe um den fiktiven Unternehmerlohn von bis zu 1 180 € ergänzen.
Es gibt aber gerade für das Schaustellergewerbe im Rahmen der Überbrückungshilfe eine Förderlücke. Es gibt eine Decke lung auf maximal 9 000 € für kleine Betriebe mit bis zu fünf Mitarbeitern – in Anlehnung an die Soforthilfe – und auf ma ximal 15 000 € für größere Betriebe mit sechs bis zehn Mit arbeitern. Da sehen wir ein großes Defizit. Denn die Schau steller sind in der besonderen Situation, dass sie in der Regel wenig Personal, aber hohe Fixkosten haben. Vor allem sind ihre Fahrgeräte – viele von uns kennen sie gut – über Fremd kapital finanziert.
Zumindest ich kenne sie und weiß, was es bedeutet, Achter bahn oder „Wilde Maus“ oder andere Geräte zu fahren. Ich habe drei Kinder; die sind davon begeistert. – Diese Geräte sind eben sehr kostspielig.