Protocol of the Session on June 25, 2020

Wenn man hier nicht weiß, was förderunschädlich ist und was nicht, hat man keine Möglichkeit, das Programm jetzt zu star ten. Die Ministerin erklärt per Pressemitteilung, sie gehe da von aus, dass man die Hilfen in der nächsten Woche beantra gen kann. Der Europaminister hat im Europaausschuss gesagt: Wenn alles gut läuft, Ende des Monats. „Wenn alles gut läuft“ – wir sind mal gespannt, wie das läuft.

Meine Damen und Herren, diese Lücke ist faktisch da – nach dem Sie davon reden: „Wir haben das beschlossen, und man kann das ja rückwirkend beantragen.“ Ich weiß nicht, ob man das rückwirkend mit in die Insolvenzmasse einbringen kann. Wenn in dieser Zeit, in diesen 66 Tagen und den Tagen, die jetzt noch kommen, Unternehmen schließen, dann ist diese Pleite auf dem Rücken der Unternehmen erfolgt, weil Sie sich im Kabinett nicht einigen konnten, weil Sie sich in der Koa lition nicht einigen konnten und weil Sie nicht stringent vor angekommen sind, meine Damen und Herren.

(Beifall – Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU: Das ist ein Negativdenker! – Gegenruf des Abg. Dr. Hans- Ulrich Rülke FDP/DVP: Besser ein Negativdenker als ein Negativhandler! – Weitere Zurufe)

Frau Abg. Lindlohr, nun haben Sie das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Ein spannendes Thema haben wir heute hier auf dem Programm. Die Unternehmen und die Be schäftigten in unserem Land brauchen verlässliche Unterstüt zung in der Coronakrise, und das leistet diese Koalition. Wir schützen Arbeitsplätze und unternehmerische Infrastruktur. Für meine Fraktion und, denke ich, für die ganze Koalition ist klar: Wir stellen uns den Insolvenzen von Unternehmen ent gegen. Wir lassen niemanden allein.

(Beifall)

Emotionen sind wichtig in der Politik, aber sie sind eben noch keine Lösung. Wir handeln, wir haben schnell gehandelt – das hat auch Kollege Schweickert ausgeführt – bei der Soforthil fe I. Baden-Württemberg hat als eines der ersten Länder das Programm aufgelegt.

Aber um auch das noch zu sagen: Wir haben hier auch schon über Konjunkturprogramme gesprochen. Soforthilfen sind wichtig. Bund und Länder zusammen geben sehr viel Geld dafür aus. Aber dies reicht nicht. Wir müssen alles dafür tun, dass die Innovationskraft der Unternehmen in unserem Land

in der Krise und trotz sinkender Erträge erhalten bleibt. Und diese stärken wir.

Darum haben wir hier sehr gute Dinge vorzuweisen – Bund und Land Hand in Hand. Ich spreche nur von den Steuerer leichterungen beim Verlustrücktrag, durch die degressive Ab schreibung und durch die verbesserte steuerliche Forschungs förderung. Das sind gute Entscheidungen der GroKo in Ber lin, müssen wir sagen. Es sind alles Gemeinschaftsteuern. Für uns ist klar: Die Innovationskraft der Unternehmen in unse rem Land steht im Mittelpunkt. Wir stärken sie, und gern fi nanzieren wir diese Dinge mit. Auch dafür steht Baden-Würt temberg.

(Beifall – Zurufe)

In der Coronakrise handeln wir als verantwortliche Politike rinnen und Politiker, damit möglichst wenige Menschen in ge sundheitliche Gefahr kommen. Wir konnten aktuell viele Ein schränkungen lockern, weil die Bürgerinnen und Bürger so umsichtig gehandelt haben und weil z. B. die Gesundheitsäm ter in den Kreisen vor Ort und das Gesundheitsministerium eine ganz hervorragende Arbeit geleistet haben. Ganz vielen Dank dafür.

(Beifall)

Die Coronakrise ist noch nicht vorbei. Das zeigen z. B. die vielen, vielen Infektionen in den Schlachthöfen, die wir der zeit zu verzeichnen haben. Sie kennen das Beispiel Tönnies in NRW. Mindestens 1 550 Menschen haben sich im Schlacht betrieb Tönnies infiziert. Klar ist: Das ist nicht von heute auf morgen passiert. Da haben die Behörden vor Ort recht spät re agiert.

In Baden-Württemberg haben das Gesundheitsamt und das Ministerium z. B. beim Corona-Ausbruch in einem Schlacht hof in der Nähe von Pforzheim sehr schnell reagiert – auch streng reagiert – und für die Region und die Menschen dort Schlimmeres verhindert. Dass die Bundesregierung jetzt in der Fleischbranche Werkverträge verbieten will, ist genau richtig. Das unterstützen wir, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall)

Wir brauchen auch den Arbeitsschutz. Wir brauchen Schwer punktkontrollen in den Schlachthofbetrieben bei uns im Land. Das steht für uns außer Frage.

Die Einschränkungen, die jetzt in den Kreisen Gütersloh und Warendorf wirken, führen natürlich zu einem wirtschaftlichen Schaden. Das ist schlimm.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP/DVP, ich fin de, in der Krise und auch sonst muss die Politik unbedingt ein lernendes System sein. Sie können gern heute hier erklären: „Ja, mehr Arbeitsschutz“, „Ja, Verbot von Werkverträgen in der Fleischindustrie“ und „Ja, vorbildlicher Gesundheitsschutz,“ – den Baden-Württemberg im Gegensatz zum schwarz-gel ben NRW praktiziert – „da sind wir dabei.“

Wir in Baden-Württemberg stärken den Gesundheitsschutz in der Coronakrise. Wir stärken den Arbeitsschutz und die Rech te der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. So wenden wir in der Coronakrise auch wirtschaftlichen Schaden, wie wir ihn jetzt woanders sehen müssen, von unseren Landkreisen ab.

(Beifall – Zurufe)

Frau Abg. Lindlohr, las sen Sie eine Zwischenfrage von Frau Abg. Reich-Gutjahr zu?

Nein. – Wir haben schnell gehandelt. Der Kollege Schweickert hat es schon ausgeführt. Die Corona-Soforthilfen I sind raus. An über 240 000 Unter nehmen und Soloselbstständige sind 2,2 Milliarden € von Bund und Land rausgegangen, um Insolvenzen zu verhindern, um die Unternehmen zu stärken.

Die Vorarbeit für die Soforthilfen I aus Baden-Württemberg war gut, Frau Ministerin. Es war auf die gute Vorarbeit für die Soforthilfen I zurückzuführen, dass wir früh am Start sein konnten und dann mit dem Bund zusammen die Soforthilfen auf den Weg bringen konnten. Das war kompatibel. Die Un ternehmen in unserem Land hatten ein Verfahren aus einer Hand. Das war eine große Leistung des Wirtschaftsministeri ums, Frau Ministerin, und aller Beteiligten. Das wollen wir auch wieder für die Soforthilfen II und das Gastronomiepro gramm erreichen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall)

Wir haben bundesweit Maßstäbe gesetzt. Wir haben aner kannt, dass auch Soloselbstständige einen Unternehmerlohn brauchen. Wir können weiterhin nicht verstehen, warum der Bund hier auf Hartz IV setzt. Wir haben ein Beispiel gesetzt. Für meine Fraktion und, ich denke, für die ganze Koalition ist klar: Das brauchen wir auch für die Überbrückungshilfen, für die Aufstockung hier im Land. Ein Unternehmerlohn für So loselbstständige muss weiterhin erhalten bleiben. Dafür kämp fen wir.

(Beifall – Zuruf: Richtig!)

Bayern hat Ende April nachgezogen. Wir bräuchten aber viel mehr Länder, die diesem Beispiel folgen. Das ist meine Über zeugung.

Im Kabinett – der Kollege hat es zitiert – wurden jetzt die Sta bilisierungshilfen für Hotels und Gaststätten, die Förderung der mittelständischen Busunternehmen und die finanzielle Un terstützung für Kunst und Kultur beschlossen. Die weiteren Ergänzungen zu den Überbrückungshilfen des Bundes, die Soforthilfen II, werden wir ganz bald beschließen.

Viele Branchen sind von der Coronakrise besonders stark be troffen. Klar ist: Kneipen, Restaurants, Hotels mussten früh schließen, sie mussten lange schließen, und sie haben große, große Probleme, wieder an frühere Umsätze und Erträge he ranzukommen. Sie haben einen sehr großen Liquiditätsbedarf. Darum ist es richtig, dass wir uns ganz besonders um diese Unternehmen kümmern, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall)

Klar ist: Das Gastronomieprogramm muss mit den Hilfen des Bundes kompatibel sein; sonst hat niemand etwas davon. Den Betrieben in unserem Land sollen keine Bundesgelder verlo ren gehen.

Wir brauchen e i n Zugangsverfahren. Das soll nun richti gerweise über die Steuerberater laufen. Das war von vornhe rein im Gastronomieprogramm des Landes vorgeschlagen. Der Bund will dies für die Überbrückungshilfen nun auch ma

chen. Der Bund programmiert gerade eine Plattform dafür, und da müssen wir dabei sein.

(Zuruf)

Wir wollen nicht, dass die Betriebe in unserem Land wie der Ochse vor dem Berg stehen, vor einem Programmdurchein ander stehen. Darum setzen wir darauf, dass sich das Landes wirtschaftsministerium zügig mit dem Bundeswirtschaftsmi nisterium darüber verständigt. Ich bin zuversichtlich, dass wir das erreichen können, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall)

Wir wissen, es gibt noch mehr Betroffene, kleinere Branchen, in denen es weiterhin Schließungen gibt; ich nenne nur die Schausteller. Deswegen ist es richtig, dass wir durch eine er gänzende Unterstützung aus Baden-Württemberg zu den Bun deshilfen erreichen können, dass Unternehmen, die besonders starke Umsatzeinbrüche haben, auch besonders stark geför dert werden. Wir stehen auch zu den kleineren Branchen, die ganz stark betroffen sind. Wir werden diese Ergänzungen zu den Überbrückungshilfen des Bundes sehr bald auf den Weg bringen, sodass die Unternehmen in der Hotel- und Gastrono miebranche in unserem Land und alle anderen betroffenen Branchen Hilfen aus einer Hand bekommen und weiter über leben können.

Herzlichen Dank.

(Beifall)

Nun spricht Herr Kollege Mack für die CDU.

Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen und Kollegen! Mutmaßlich stehen wir noch relativ am Anfang der Coronapandemie. Gesundheitsschutz und Bevöl kerungsschutz sind da für uns zentral. Es ist ein sehr gefähr liches Virus. Es sind mehrere Infektionswellen rund um die Welt möglich. Deswegen müssen wir auf der Hut sein. Wir haben gelernt, immer besser mit diesem Virus und mit dieser Pandemie umzugehen. Wir brauchen ein atmendes System, um diese Pandemie bewältigen zu können.

Bestmöglicher Bevölkerungsschutz und konsequente, zielge richtete Maßnahmen gegen das Virus sind entscheidend, sind die beste Wirtschaftspolitik, weil dadurch das Vertrauen in un serer Gesellschaft gestärkt wird. Das haben wir in den vergan genen Monaten gesehen, und das wird auch in den nächsten Monaten so sein. Deshalb ist das unser erster Schwerpunkt.

(Beifall)

Deutschland gilt in seiner Reaktion auf die Pandemie als Vor bild. Auch die wirtschaftspolitische Reaktion war vorbildlich. Das war nur möglich, weil wir, die Union, in der Vergangen heit vor allem immer auf die haushaltspolitischen Notwendig keiten hingewiesen und eine seriöse Haushaltspolitik gemacht haben, auch weil wir gespart haben und dadurch über Rück lagen verfügen. Deswegen können wir jetzt handeln, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Da gilt der Spruch von Claus Paal: Die Pandemie beendet nicht die soziale Marktwirtschaft. Wir brauchen jetzt einen

Dreiklang aus Soforthilfen, Konjunkturanreizen und Zukunfts investitionen. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP/ DVP, diesen Dreiklang will ich Ihnen heute erläutern.

(Beifall – Zurufe, u. a. Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU: Nachhilfe in der Marktwirtschaft!)

Erstens: Unser Soforthilfeprogramm I hat gehalten, was es versprochen hat. Wir haben gehandelt. Von heute auf morgen standen Menschen ohne Einkommen, ohne Einnahmen da. Da ging es um Hilfe, und zwar um sofortige Hilfe. Wir haben un bürokratisch geholfen. Selbst in Bayern, Frau Wirtschaftsmi nisterin, sagt man heute, das Verfahren in Baden-Württem berg über die Kammern war das beste Verfahren, das man sich überhaupt vorstellen kann. Deswegen herzlichen Dank allen, die daran mitgewirkt haben.

(Beifall)

Wir haben die Soloselbstständigen mit einbezogen und sie eben nicht in Hartz IV verwiesen. Wir haben Betriebe mit elf bis 50 Mitarbeitern unterstützt, haben also das Bundespro gramm angereichert. Gleichzeitig haben wir darauf geachtet, dass wir die Bundesgelder in Baden-Württemberg voll einset zen können.