Wir haben die Soloselbstständigen mit einbezogen und sie eben nicht in Hartz IV verwiesen. Wir haben Betriebe mit elf bis 50 Mitarbeitern unterstützt, haben also das Bundespro gramm angereichert. Gleichzeitig haben wir darauf geachtet, dass wir die Bundesgelder in Baden-Württemberg voll einset zen können.
Schnelligkeit und Hilfe waren das Ziel. Dieses Ziel wurde er reicht, und das war gut und richtig. Nur: Jetzt geht es nicht mehr um Schnelligkeit, sondern jetzt geht es darum, das Rich tige zur richtigen Zeit zu tun.
Herr Kollege, schnell möglichst viel Geld ausgeben kann je der. Aber wir müssen das Geld richtig ausgeben, und wir müs sen die richtigen Maßnahmen ins Auge fassen. Wir müssen alles im Auge behalten: die Gesundheit der Menschen, Steu ergelder, Arbeitsplätze und die Zukunft des Landes.
Entscheidend ist, dass wir verstehen, was eine Pandemie für uns und die Welt bedeutet. Daraus müssen wir die richtigen wirtschaftspolitischen Schlussfolgerungen ziehen.
Eine Pandemie löst eine Nachfragekrise aus. Aber eine Pan demie löst auch eine Angebotskrise aus, wie wir es beispiels weise im Gaststättenbereich gesehen haben. Wenn nichts oder nur unter bestimmten Auflagen angeboten werden kann, dann besteht eine Angebotskrise.
Deswegen haben wir speziell mit unseren Programmen zur Überbrückungshilfe darauf reagiert – deshalb ein Programm für Kultur, deshalb ein Programm für Gaststätten, deshalb ein Programm für den Bustourismus. Das sind spezielle Überbrü ckungshilfen. Wir wollen die Betriebe, die jetzt nichts oder nur beschränkt anbieten können, retten. Wir wollen sie auch nach der Pandemie in unserem Land haben.
Dann kommt logischerweise der nächste Schritt. Das ist das Soforthilfeprogramm II. Wir wollen für alle Branchen im Land Brücken bauen. Dazu läuft die Abstimmung mit dem Bund; sie ist komplex. Aber wir wollen die Mittel des Bun des wie beim Soforthilfeprogramm I auch bei uns optimal ein setzen und verwenden.
Nein, im Moment nicht. Ich will das Ganze vielmehr im Gesamtzusammenhang darstellen, weil die FDP/DVP ja diese Debatte beantragt hat und berech tigte Fragen gestellt hat.
Es gibt eine Überbrückungshilfe für Juni, Juli und August. Als weiterer Schritt kommt das Konjunkturprogramm hinzu. Der Bund hat jetzt ein Konjunkturprogramm aufgelegt. Es ist üb rigens auch richtig, dass der Bund beim Konjunkturprogramm vorausgeht. Das ist lehrbuchmäßig. Für die Konjunkturhilfe ist zunächst einmal der Bund zuständig, weil er über das grö ßere Finanzvolumen verfügt. Aber wir im Land wollen das Programm natürlich auch kofinanzieren. Wir wollen es opti mal für unser Land nutzen, wir wollen es speziell für unser Land ausrichten. Und das wird uns auch gelingen.
Meine Damen und Herren, welche Bereiche können und müs sen wir stabilisieren? Das ist gerade auch die Bauwirtschaft, die jetzt ein Stabilisationsanker für die Konjunktur ist. Des wegen geht es uns auch um die Finanzausstattung der Kom munen, und deswegen handeln wir in diesem Bereich. Wir tun alles, um die Binnenkonjunktur anzukurbeln und unsere Wirt schaft stabil zu halten.
Neben der Binnenkonjunktur müssen wir natürlich auch auf die weltweiten Herausforderungen achten. Das Typische für eine Pandemie ist, dass das Welthandelsvolumen sinkt und diejenigen Länder, die besonders viel exportieren, einen Ein bruch verzeichnen. Bei uns in Baden-Württemberg lag er im April bei 35 % – ein Einbruch um 35 %! Ich glaube, das ist die allergrößte Herausforderung, die wir zu bewältigen haben.
Schauen wir auf die historischen Erfahrungen. Vor dem Ers ten Weltkrieg und vor der Spanischen Grippe hatten wir eine globalisierte Welt. Die Handelsverflechtungen, die 1913/1914 bestanden, bestanden erst wieder in den Achtzigerjahren des letzten Jahrhunderts. Denn in dieser Zeit ist der Weltmarkt auseinandergebrochen. Deswegen sage ich: Wir brauchen wei terhin multilaterale Handelsabkommen und keine Deals à la Trump. Die Welt darf nicht in Handelsblöcke zerfallen. Wir dürfen Autarkie und Nationalismus nicht Vorschub leisten. Das wäre ein Auseinanderfallen der Welt, und es wäre ein Ver lust von Arbeitsplätzen und Wohlstand.
Eine Pandemie trägt immer den Keim der Abschottung in sich. Das ist logisch, weil die Leute zunächst einmal für sich sein wollen und sagen: „Es wäre doch schön, wenn wir in unseren nationalen Grenzen bleiben und die ganze Welt möglichst draußen halten könnten.“ Das ist aber eine Riesengefahr für die Weltwirtschaft, der wir nicht erliegen dürfen, sondern der wir entgegentreten müssen. Es kommt auf die Wettbewerbs fähigkeit unserer Wirtschaft an. Unsere Wirtschaft muss noch innovativer werden, damit wir optimal wieder aus der Krise rauskommen.
Deshalb müssen wir Vergleichbares machen, was wir in den Neunzigerjahren hier beispielsweise unter Erwin Teufel ge macht haben. Wir hatten in Baden-Württemberg eine massi ve Strukturkrise, aber wir haben auf Forschung und Entwick lung, auf Existenzgründungen, auf Ausbildung und Bildung gesetzt. Deswegen haben wir es geschafft, dieses Land wie der optimal aufzustellen. Und darum geht es auch heute.
Wir müssen auf technologische Cluster, auf Querschnittstech nologien wie Digitalisierung, Quantencomputing, Batterie speichertechnologien, Fotonik, Biotechnologie und Medizin technik setzen.
Dann auch noch ein Wort zum Thema Automobil. Wir sehen im Moment, dass jede Woche Hunderte, Tausende von Ar beitsplätzen in Baden-Württemberg wegfallen. Sie fallen des wegen weg, weil das Thema Verbrennungsmotor im Raum steht. Deswegen stellt sich die Frage, was wir da tun. Ich wün sche mir schon, dass das Land Baden-Württemberg aktiv wird und dass wir das tun, was Volkmar Denner, der Vorstandsvor sitzende von Bosch, sagt. Herr Kollege Sckerl, wenn man Volkmar Denner zitiert, muss man, glaube ich, noch nicht in Ihr Lobbyregister eingetragen werden.
Er sagt, dies gilt umso mehr, als schon heute mindestens die Hälfte der Fahrzeuge von 2030 auf unseren Straßen fährt. Die haben einen Verbrennungsmotor, und die CO2-Einsparziele können wir überhaupt nur erreichen, wenn wir auf syntheti sche Kraftstoffe setzen. Ich glaube, da haben wir gemeinsam noch einiges zu tun.
Es kommt darauf an, dass wir einen langen Atem haben und Weitblick bewahren. Nur so können wir die Krise meistern. Nur so können wir neues Ver trauen in eine gute Zukunft unseres Landes schaffen.
Sehr geehrte Frau Präsiden tin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zum wiederholten Mal und wahrscheinlich auch nicht zum letzten Mal sprechen wir heute gemeinsam über die Auswirkungen der Coronapande mie auf die Wirtschaft in Deutschland und im Speziellen auf die in Baden-Württemberg. Das liegt natürlich daran, dass die Auswirkungen auf die verschiedenen Branchen unterschied lich sind, dass sie insgesamt aber auch immens sind. Wir ha ben Umsatzrückgänge zu verzeichnen, wie wir sie nicht ein mal zu Zeiten der Finanzkrise erlebt haben. Diese stellen vie le Betriebe und Selbstständige im Land vor existenzbedrohen de Probleme.
Die Bundesregierung rechnet für dieses Jahr mit einem Rück gang des Bruttoinlandsprodukts um mehr als 6 %. BadenWürttemberg wird davon stärker betroffen sein – das wurde eben schon ausgeführt –, weil unser Land Exportweltmeister ist. Wenn die Bundesregierung mit Exportrückgängen um 11 % rechnet, muss ich hier nicht sagen, was das für BadenWürttemberg bedeutet. Deutschland insgesamt steht vor einer Rezession, und diese wird in Baden-Württemberg mit seiner wirklich beeindruckenden Wirtschaftsleistung in normalen Zeiten in Relation noch stärker zu spüren sein als in anderen Bundesländern.
Wir diskutieren aber heute auch über die coronabedingten Auswirkungen auf die baden-württembergische Wirtschaft, weil das Krisenmanagement der grün-schwarzen Landesre gierung bisher insgesamt als unkoordiniert, wenig verlässlich, zuweilen sogar als chaotisch bezeichnet werden muss.
Damit meine ich nicht das Verordnungschaos – ich glaube, da sind wir uns einig –, sondern auch die Art und Weise, wie die Landesregierung Unterstützungsprogramme ankündigt, dann aber wochen- oder monatelang einfach nichts passiert und sich die grün-schwarze Koalition im Vorwahlgetöse zuweilen selbst blockiert.
Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut wird in der gestrigen Ausgabe des „Schwäbischen Tagblatts“ wie folgt zi tiert: Es sei
Herr Kretschmann, das „wohlverdient“ war, würde ich sagen, ein vergiftetes Lob, aber das Zitat steht sinnbildlich für den Zustand dieser Landesregierung. Wie Regierungsmitglieder meinen können, dass ein derartiger Umgang auf der Regie rungsbank geeignet sein könnte, Vertrauen in die Entschei dungen der eigenen Landesregierung in dieser für das Land schwierigen Situation zu vermitteln, erschließt sich nicht nur mir nicht.
Gerade in der jetzigen Situation sind Unternehmen und auch Beschäftigte im Land darauf angewiesen, dass politische Ent scheidungsträger verlässliche Rahmenbedingungen schaffen, ihre Zusagen einhalten und kollegial zum Wohle des Landes an einem Strang ziehen. Die grün-schwarze Regierung lässt dies leider allzu oft vermissen.
Ich erinnere einmal an die hektische Diskussion um die An rechnung von Privatvermögen bei den Soforthilfen; wir erin nern uns gern an die Regelung mit der 800-m2-Flächenbegren zung in den Geschäften, die dann von der Verwaltungsge richtsbarkeit für nichtig erklärt wurde, und an Verordnungen, die in letzter Minute erlassen wurden, sodass den betroffenen Betrieben keine Zeit blieb, die Vorgaben zeitnah und rechts konform umzusetzen.
Durch solche und weitere Irrungen und Wirrungen seitens der grün-schwarzen Landesregierung wurden viele Unternehmen in einer ohnehin schon extrem nervenaufreibenden und exis tenziell beunruhigenden Situation zusätzlich verunsichert.