Herr Abg. Dr. Fiechtner, ers tens ist Ihre Redezeit zu Ende. Zweitens erteile ich hiermit den zweiten Ordnungsruf, und Sie wissen, was dann kommt. – Ihre Redezeit ist beendet. Nehmen Sie bitte wieder Platz.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die wichtigste Maßnahme für ein Konjunkturprogramm wäre die Rückkehr zur Normalität, nicht die neue Normalität, die Sie hier verbreiten. Diese neue Nor malität ist nur die anhaltende Kultivierung eines Wahns. Das ist ein wesentliches Hindernis und wesentlich mit verantwort lich dafür, dass die Wirtschaft nicht anspringen wird.
Natürlich haben wir ein gesundheitliches Restrisiko, wenn wir zur alten Normalität, zur wirklichen Normalität zurückkeh ren. Aber wenn Sie hier eine Politik machen wollen ohne ir gendein Risiko, dann sind Sie fehl am Platz. Gute Politik hat auch immer ein gewisses Restrisiko. Das müssen wir mittra gen, und das gilt auch für die Situation heute.
Meine Damen und Herren, was hier gemacht wird, ist nicht Politik. Da werden Milliarden, ja Billionen verteilt, die man gar nicht hat. Es ist Traumtänzerei, es ist ein Vabanquespiel, was hier gemacht wird. Politische Hasardeure sind das, mei ne Damen und Herren. Denn ich muss doch wenigstens an satzweise eine Gegenfinanzierung liefern. Wo ist diese denn? Da muss man eben auch gewichten: Was ist wichtiger, das oder das? Das sind zum Teil sehr heikle Fragen. Klar, wenn man ideologisch so festgelegt ist wie Sie, dann geht es z. B. um die Frage: Wie wichtig ist uns Migration? Ist es uns wich tig, dass wir weiterhin Milliarden ausgeben für Migranten – was individuell etwas bringt, aber für das Gesamtproblem überhaupt nichts? Es ist eben nicht wichtig.
Daher geht es jetzt darum, nicht die Welt zu retten, sondern Deutschland zu retten. Eine ganz konkrete Maßnahme dafür ist, dass wir die Menschen zurückführen, die nicht hierher ge hören. Das ist ein Gedanke, der jetzt auf das Tapet muss. Das können wir nicht weiter tabuisieren. Wir können nicht einfach davon ausgehen, dass die Migration wie gehabt weitergeht und das sozusagen die Konstante ist. Meine Damen und Her ren, das ist es nicht. So werden Sie hier keine Politik machen. So ist es politische Traumtänzerei. Sie wollen die Welt retten. So werden Sie aber nicht die Welt retten, sondern Deutsch land ruinieren und die Welt auch nicht besser machen. Das ist das Ergebnis Ihrer Politik.
klarstellen. Der Herr Ministerpräsident und der stellvertreten de Ministerpräsident nehmen derzeit wichtige Termine für Ba den-Württemberg wahr. Herr Kretschmann ist in Berlin bei einer Präsenzsitzung der Ministerpräsidentenkonferenz, und Herr Strobl ist bei der Innenministerkonferenz. Das sind Ter mine, in denen die Stimme Baden-Württembergs zählt und bei denen die beiden Chefs auch persönlich anwesend sein müssen. Ihr Fehlen in der heutigen Plenarsitzung ist in keiner Weise eine Missachtung des Parlaments. Das wollte ich klar stellen, bevor ich in die Diskussion eintrete.
Wenn wir uns das Infektionsgeschehen nicht nur bei uns im Land, sondern weltweit anschauen, dann – das gehört leider zur Wahrheit auch dazu – ist in Sachen Corona noch keine Entwarnung angesagt. Wir sind in Baden-Württemberg und in Deutschland auf einem guten Weg, können uns aber nicht in Sicherheit wiegen. Eine zweite Welle ist möglich. Das zei gen aktuelle Vorgänge in Peking, in China, das zeigen aber auch lokale Ausbrüche in Göttingen, in Berlin und anderswo. Deshalb müssen wir weiterhin achtsam bleiben.
Gleichzeitig dürfen wir aber natürlich angesichts der gesund heitlichen Risiken auch nicht erstarren. Selbstmord aus Angst vor dem Tod ist keine gute Idee. Denn gerade wenn wir auf die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie schauen, dann gibt es alles andere als Entwarnung.
Die Weltbank sagt, seit dem Jahr 1870 waren noch nie so vie le Länder gleichzeitig von einer Rezession betroffen. Die Weltwirtschaft wird – Stand heute – um bis zu 5 bis 6 % schrumpfen, wobei in vielen Schwellen- und Entwicklungs ländern die wirtschaftlichen Folgen ja erst ansatzweise sicht bar werden.
Beim Welthandelsvolumen operiert die WTO mit verschiede nen Szenarien. Das Worst-Case-Szenario geht von einem Mi nus im Jahr 2020 von 32 % aus. Das ist in jedem Fall drama tisch, erst recht für die exportorientierte deutsche Wirtschaft und vor allem für Baden-Württemberg, das Exportland Num mer 1. Das ist dramatisch, gerade auch für unsere industriel len Kernbranchen, die Automobil- und – das kommt mir in der Debatte viel zu kurz – auch die Zulieferindustrie, die ei ne Exportquote von im Schnitt bis zu 73 % aufweisen.
Wir müssen also aufpassen, dass der Lockdown nicht zu ei nem wirtschaftlichen Lock-in wird, dass negative Erwartun gen sich nicht gegenseitig verstärken und wir so in eine Ab wärtsspirale geraten. Gerade deswegen ist es richtig und wich tig, dass der Bund und auch das Land Rettungsschirme, Ret tungsringe auf den Weg gebracht haben und noch auf den Weg bringen. Deshalb brauchen wir auch konjunkturpolitische Maßnahmen, um die Abwärtsspirale zu durchbrechen und wirtschaftlich wieder auf die Beine zu kommen.
Die Bundesregierung hat jetzt ein ambitioniertes Paket ge schnürt. Ich kann das nur unterstreichen: Es wird internatio nal anerkannt, gelobt von vielen Seiten. Dieses Paket wird jetzt schrittweise auf den Weg gebracht und umgesetzt. Ich kann nur sagen: Das ist richtig so, und das ist auch gut für Ba den-Württemberg.
Es ist ein Paket, das mit einem sehr breiten und differenzier ten Ansatz auf binnenwirtschaftliche Erholungs- und Wachs tumskräfte setzt.
Wenn jemand sagt, dies würde nur ein Strohfeuer bewirken, dann kann ich darauf nur erwidern: Ja. Und wenn! Wir brau chen ein Strohfeuer. Wir brauchen es dringend – jetzt, sofort. Wir brauchen einen Nachfrageschub, damit unsere Wirtschaft wieder anspringt, damit die Erholung eintritt. Wir brauchen eine solche Initialzündung.
Dieses Paket mit 57 Maßnahmen, das als Kompromiss zustan de gekommen ist, ist natürlich differenziert zu betrachten. Man kann sicherlich den einen oder anderen Bereich zu Recht – es wurde heute angesprochen – kritisch sehen.
Ich möchte mit den Strompreisen anfangen. Anstelle der zö gerlichen Rückführung der EEG-Umlage hätten wir uns eine mutige Absenkung der Stromsteuer bis auf das europäische Mindestmaß gewünscht. Das hätte zu einer nachhaltigen Ent lastung von Bürgern und Unternehmen geführt und auch stär kere Anreize in Richtung strom- und wasserstoffbasierter Technologien gesetzt.
Auch zu dem Kernstück des Konjunkturpakets, nämlich der temporären Mehrwertsteuersenkung, können durchaus kriti sche Anmerkungen gemacht werden. Ja, es ist ein Aufwand für die Unternehmen und auch für die Verwaltungen, diese Umstellung nur für wenige Monate vorzunehmen. Das ist ganz bestimmt ein Wermutstropfen. Aber hier kann jetzt – da rüber wird schon diskutiert – nachgesteuert werden. Über die eine oder andere Vereinfachung wird auf Bundesebene bereits gesprochen.
Später. – Es geht jetzt um einen deutlich zweistelligen Milliardenbetrag an Einnahmen, auf den die öffentliche Hand bis zum Jahreswechsel verzichtet. Das heißt, die Mehrwertsteuersenkung – Herr Rülke, Sie hat ten von anderen Anreizen gesprochen – wird einen signifikan ten Nachfrageeffekt haben.
Ich möchte deutlich machen: Gerade aus Sicht Baden-Würt tembergs ist es falsch, dass die Einigung auf eine Innovations
prämie für Pkws, auch für umweltfreundliche, moderne Ver brenner, nicht möglich war. Man kann über eine solche Maß nahme – vor allem, wenn man über die Fehler der Industrie in der Vergangenheit spricht – zu Recht streiten. Aber der dra matische Nachfrageeinbruch von ca. 70 % in der gesamten Branche trifft nicht nur die OEMs, er trifft die vielen Zuliefer betriebe, er trifft den Maschinen- und Anlagenbau, er trifft die chemische Industrie, viele Dienstleister, auch das Handwerk, viele Betriebe gerade in Baden-Württemberg. Diese Branche – das ist unbestritten – ist massiv unter Druck. Am Ende trifft es nicht diejenigen, die die Fehler gemacht haben, sondern es trifft Hunderttausende Beschäftigte und deren Familien in der gesamten Wertschöpfungskette. Darauf haben auch führende Gewerkschafter und Betriebsräte hingewiesen.
Ich fürchte, diejenigen, die meinen, das sei nur ein Spezial problem der großen Autoländer Bayern, Baden-Württemberg und Niedersachsen, irren. Die Automobilindustrie ist die Leit branche nicht nur in Baden-Württemberg, in Deutschland, sondern auch in Europa. Deshalb ist es sehr wohl ein Problem für ganz Deutschland, wenn seine Schlüsselindustrie in Schwie rigkeiten gerät.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, jetzt möchte ich aber die erfreulichen Elemente des Konjunkturpakets des Bundes herausstellen.
Zum einen schätze ich die steuerlichen Maßnahmen, aufs Ganze gesehen, als sehr zielführend ein. Sie sind branchenof fen, sie sind für alle Betriebsgrößen offen. Insbesondere die degressive AfA und der erweiterte Verlustrücktrag werden so wohl die Investitionsfähigkeit als auch die Investitionsbereit schaft der Unternehmen stärken. Denn wir erleben derzeit ja nicht nur einen Konsumrückgang, sondern auch einen Rück gang von Investitionen. Die Nachfrage nach Investitionsgü tern ist ebenfalls massiv eingebrochen. Ich nenne nur eine Zahl: Der Maschinen- und Anlagenbau in Baden-Württem berg geht – im Schnitt, über das ganze Jahr gesehen – von ei nem Rückgang um 30 % aus.
Der einmalige Bonus für Familien mit Kindern wurde im ei nen oder anderen Kommentar als Geste und nicht als konjunk tureller Beitrag gewertet. Ich meine, Gesten in diesen Zeiten – an die richtigen Personen, an die richtigen Zielgruppen ge richtet – machen Sinn, sind wichtig. Denn Psychologie spielt eine große Rolle. Und wir sehen bei Familien mit Kindern zweifellos, dass sie Unterstützung benötigen und dieses wich tige Signal bei der richtigen Zielgruppe gesetzt wurde.
Sehr positiv aus meiner Sicht ist auch die in die Zukunft ge richtete strukturpolitische Agenda, die das Konjunkturpaket bewusst gesetzt hat, die gerade auch uns in Baden-Württem berg die Möglichkeit verschafft, über landespolitische Maß nahmen hinaus stärkere Akzente zu setzen – bei Investitionen in Klimatechnologien, in die Ladeinfrastruktur, aber auch in die wichtigen Zukunftsbereiche Batteriezellenfertigung, Was serstoffstrategie, 5G-Netz und Einstieg in die Quantentechno logie.
Wir müssen schauen, dass wir eigene Projekte mit entspre chenden Kofinanzierungen entwickeln, um an den Bundes- und den EU-Programmen maximal partizipieren zu können.
Ich sehe darin eine große Chance für unser Land, weil wir in den letzten Jahren schon eine sehr gute Ausgangssituation ge schaffen haben.
Ich möchte jetzt noch eine Reihe weiterer positiver Aspekte des Konjunkturpakets benennen, z. B. den deutlich erhöhten Fördersatz der steuerlichen Forschungszulage. Hier sehe ich gerade für die innovationsstarke Wirtschaft in Baden-Würt temberg einen großen Schub hinsichtlich der Innovationskraft. Das wird den Unternehmen in unserem Land in besonderer Weise zugutekommen.
Ein ganz wichtiger Punkt ist auch das im Konjunkturpaket enthaltene Programm für die Überbrückungshilfen, also die Soforthilfe II mit einem Volumen von bis zu 25 Milliarden €. Herr Dr. Rülke, für Sie zur Information: Die Überbrückungs hilfe wird zeitnah auf den Weg gebracht.