Protocol of the Session on May 20, 2020

(Abg. Gerhard Kleinböck SPD: Und den brauchen wir!)

Den brauchen wir auch. Das habe ich ja gesagt. – Das wäre viel zu kurz gesprungen.

Das Land kümmert sich aus guten Gründen – obwohl formal nicht zwingend zuständig – sehr wohl nicht nur um die Quan tität, sondern auch um die Qualität der Kinderbetreuung. Des wegen gibt es den pädagogisch bahnbrechenden Orientie rungsplan, deswegen gibt es zwei Pakte mit den Kommunen zur Betreuung von Kindern unter drei Jahren und nun auch zu wichtigen Qualitätsfragen wie Leitungszeit und Sprachförde rung.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Richtig!)

Deswegen beschränkt sich das Land nicht auf das schulische Lernen, sondern fördert auch sehr gezielt die Schulsozialar beit.

(Beifall)

Für uns ist deswegen klar, was Krisenmanagement in dieser besonderen Lage bedeutet: Wir brauchen die Verständigung über Handreichungen und Konzepte und über einen Weg, wie aus Positivbeispielen – die gibt es! – landesweit handlungs leitende Standards werden. So ist zu klären, dass und wie mit allen Kindern Kontakt gehalten wird – über soziale Medien, über Telefon oder auch über reale Begegnungen.

Dabei helfen kann z. B. die preisgekrönte Regenbogen-App, mit der Kinder von drei bis elf Jahren intensiv mit ihren päd agogischen und sozialarbeiterischen Fachkräften kommuni zieren können. Alleinerziehende brauchen uneingeschränkt den Zugang zur erweiterten Notbetreuung und zum reduzier ten Regelbetrieb. Dies darf kein Hürdenlauf mehr sein.

Ebenso selbstverständlich muss sein, dass die Expertise der Lehrerinnen und Lehrer, der Erzieherinnen und Erzieher zählt. Sie wissen genau, welche Kinder und Familien einen beson deren Bedarf haben.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: So ist es!)

Mit den kommunalen Landesverbänden ist zu klären, wie Kin der an das kostenlose Kita- und Schulessen kommen – nicht nur im institutionellen, sondern auch im häuslichen Umfeld.

Die bisherigen Erfahrungen mit der Coronakrise erfordern auch eine Analyse des Handlungsbedarfs im Kinderschutz. Seine Umsetzung ist eine weisungsfreie Pflichtaufgabe der Stadt- und Landkreise, aber auch er braucht einen Qualitäts rahmen. Die grüne Landtagsfraktion wird die aktuellen Erfah rungen gemeinsam mit den kommunalen Landesverbänden und unabhängigen Expertinnen und Experten auswerten. Wir werden die Befunde mit den Empfehlungen der Kinderschutz kommission der Landesregierung und unseren Fachanhörungs ergebnissen abgleichen. Denn wir brauchen mehr denn je lan desweit verlässliche Kinderschutzstandards.

(Beifall)

Die gezielten Lockerungen des öffentlichen Lebens müssen auch die Angebote der offenen Jugendarbeit, der Jugendbil dungsarbeit und der Jugendsozialarbeit umfassen. Dabei ist zeitnah zu klären, wie etwa Jugendfreizeiten und Zeltlager in verantwortlicher Weise gestaltet werden können. Das Sozial ministerium ist hier mit allen Akteuren im guten Gespräch.

Gutes Lernen wird auch künftig teilweise digital erfolgen. Wir brauchen deswegen verbindliche Vorgaben und Absprachen, wie Kinder in den kommenden Monaten durch ihre Lehrerin nen und Lehrer zu Hause qualifiziert unterrichtet werden. Lernpakete sind kein Unterricht. Es ist schön, dass die Schü lerinnen und Schüler jetzt wieder für wenige Stunden in die Schule kommen dürfen. Aber den Rest des Unterrichts kön nen wir nicht weiterhin den Eltern, der Kreativität einzelner Lehrkräfte und dem Zufall überlassen.

(Beifall)

Deshalb ist es wichtig und richtig, dass sich die Koalition ges tern auf 65 Millionen € zusätzlich für die Bereitstellung digi taler Endgeräte verständigt hat. Das ist, glaube ich, bundes weit einmalig. Ich sage ganz flapsig: Wenn in Italien jedes Kind jeden Tag mehrere Stunden am Laptop unterrichtet wer den kann, dann können wir das auch.

(Beifall)

Weiterhin notwendige Einschränkungen für den Betrieb von Kitas und Schulen müssen gut begründet werden. Nach allem, was wir wissen, ist das Risiko von Kindern und für Kinder durch Corona relativ gering – es ist aber nicht null. Die Kin derstudie des Landes, die uns Ende dieser Woche vorgestellt werden soll, wird uns eine weitere Orientierungshilfe geben. Entsprechend kann der Öffnungsprozess der Kitas angepasst werden: dialogisch abgestimmt und fachlich so gestaltet, dass wir den Bedürfnissen von Kindern und Familien und ebenso dem Gesundheitsschutz der Beschäftigten gerecht werden. Auch hier braucht es eine koordinierende Hand des Landes.

Reden wir also ganz konkret über Hygieneregeln wie Hände waschen, Mundschutz für die Fachkräfte, über Abstandsre geln wie für die Kinderübergabe außerhalb der Kita, über das vermehrte Spielen draußen, über die Nutzung weiterer wenig genutzter Räumlichkeiten, über realistische Einsatzkonzepte für die Risikogruppe beim Personal und vor allem über flä chendeckende und systematische Testungen. Das ist nicht nur in Pflegeheimen, sondern auch in Kitas möglich und nötig,

(Beifall)

damit spätestens nach den Sommerferien wieder alle Kinder, die einen Anspruch darauf haben, ihre Kita besuchen können. Dies fordert auch die Initiative zur Gründung eines Landes elternbeirats für die Kindertagesbetreuung – und ich sage: zu Recht.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir brauchen kreative, an gepasste Lösungen und klare Perspektiven, und diese finden wir, hier wie überall, gemeinsam mit den Betroffenen.

Herzlichen Dank.

(Beifall)

Für die CDU-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Abg. Röhm.

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Mit der heutigen Debatte scheint die SPD von der krachenden Niederlage ablenken zu wollen, die sie vor dem Verfassungsgerichtshof Baden-Württemberg die sen Montag eingefahren hat.

(Beifall – Zurufe, u. a. Abg. Andreas Stoch SPD: Es gibt schlechte Verlierer, und es gibt schlechte Sieger!)

Das Volksbegehren, das Sie, werte Kollegen Stoch und Bin der, als Vertrauensleute vertreten haben, wurde von den Rich tern aufgrund des Verstoßes gegen die Landesverfassung für unzulässig befunden.

(Abg. Andreas Stoch SPD: Wir versuchen wenigstens etwas!)

Der Gesetzentwurf enthalte Unklarheiten und Widersprüche. Die Unbestimmtheit der Formulierungen führe dazu, dass die Auswirkungen der Gesetzesänderung, insbesondere die finan ziellen Folgen, völlig unklar blieben. Für Juristen denkwür dig, bildungspolitisch mangelhaft, kann ich nur dazu sagen.

(Beifall)

In früheren Debatten haben wir die SPD mehrfach darauf hin gewiesen, worauf es eigentlich ankommt. Es geht um Quali tät von Bildung und Betreuung, nicht um Gebührenfreiheit nach dem Gießkannenprinzip.

(Zuruf des Abg. Daniel Born SPD)

Haben Sie daraus etwas gelernt? Ich sage Nein. Sie gehen so gar weiter. „Wir werden nicht mit unserem Ziel Ruhe geben.“ So werden Sie, Herr Kollege Stoch, in den Printmedien zitiert. Damit halten Sie am Grundsatz fest, mit ungedeckten Schecks zu werben. Dass ausgerechnet Sie, Kollege Stoch, nach die ser juristischen Ohrfeige vom Montag keine 48 Stunden spä ter der Landesregierung heute unklares Handeln vorwerfen, ist mehr als bemerkenswert – zwar zulässig, aber unbegrün det.

(Vereinzelt Beifall – Vereinzelt Lachen – Abg. An dreas Stoch SPD: Haben Sie eigentlich irgendwann mit den Eltern gesprochen?)

Dieses Fazit passt nicht nur zu Ihrem gescheiterten Gesetz entwurf, sondern auch zum Titel der heutigen Aktuellen De batte, die Sie beantragt haben.

(Zuruf des Abg. Reinhold Gall SPD)

Sie, lieber Herr Stoch, saßen bildungspolitische Probleme aus. Sie haben sie Ihrer Amtsnachfolgerin überlassen.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Oh, liebe Leute!)

Ich sage nur: Lehrerabbaupfad, ignorierte Pensionierungswel le und damit in Kauf genommener zukünftiger Unterrichts ausfall.

(Beifall – Zurufe der Abg. Andreas Stoch und Rein hold Gall SPD)

Die CDU-Landtagsfraktion setzt bei der frühkindlichen Bil dung auf Betreuung und Qualität.

(Unruhe)

Meine Damen und Herren, Herr Abg. Röhm hat das Wort.

Lassen Sie ihn ruhig re den. Ich kenne die Argumente. Er soll ruhig weiterreden.

(Heiterkeit)

Die Ergebnisse der Studie „IQB-Bildungstrend 2016“ und der IGLU-Studie verdeutlichen,

(Abg. Reinhold Gall SPD: Von welcher Betreuung reden Sie eigentlich?)

dass eine frühe Konzentration auf die Grundkompetenzen Le sen, Schreiben und Rechnen notwendig ist. Mit dem „Pakt für gute Bildung und Betreuung“ setzen wir genau hier an. Eine qualitativ hochwertige Förderung – Sprachkompetenz, mathe matische Vorläuferfähigkeiten, Motorik, sozial-emotionale Verhaltensweisen – ist das Fundament für einen erfolgreichen Übergang in die Grundschule.

Die Ziele sind mit den kommunalen Landesverbänden im „Pakt für gute Bildung und Betreuung“ abgestimmt und knüp fen nahtlos an das Qualitätskonzept für das Schulsystem an.