Das ist auch die Aufgabe, die wir hier haben: Wir informie ren uns darüber, was aus Europa kommt, und ziehen unsere Schlüsse daraus. Wenn einem das nicht passt, kann man im mer noch auf die nationalen Vertreter in der EU zugehen und kann mit diesen konstruktiv an einer Verbesserung der geplan ten Maßnahmen arbeiten. So funktioniert üblicherweise Poli tik. So funktioniert Parlamentarismus, so funktioniert Demo kratie. Aber dass die AfD das nicht versteht, ist ja kein Wun der.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich bin glühender Europäer und deswegen gegen die EU. Wenn Sie, Herr Fink, das nicht ver stehen, dann lesen Sie mein Hauptwerk.
Hören Sie hin! – Das heißt nicht umsonst „Christlich-euro päische Leitkultur“. Christlich-europäische Leitkultur!
Meine Damen und Herren, zwei Zahlen: Vorgestern hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass 2,5 Billionen € – 2,5 Billionen €! – an den nationalen Haushalten vorbei durch die Ramschkäufe der EZB verbraucht worden sind. 2,5 Billi onen €, das bedeutet für Deutschland 750 Milliarden €. Mit 30 % sind wir dabei – vorbei am Bundestag, vorbei an den Länderparlamenten.
Zweite Zahl: Im Zusammenhang mit Corona beansprucht die EU-Kommission insgesamt 2 Billionen € – 2,0 Billionen €! Das sind für Deutschland 600 Milliarden €.
Rechnen Sie bitte die beiden Zahlen zusammen: 750 plus 600 macht zusammen 1 350. Das sind 1,350 Billionen €.
Wir haben schon 2 Billionen € Staatsschulden; dann sind es zusammen 3,350 Billionen €, was wir als weitere Schulden last für die Zukunft aufbauen.
Meine Damen und Herren, wenn wir das Geld hätten, wäre es ja noch schön. Aber es ist reines Schuldengeld. Deshalb ist diese Politik verantwortungslos.
Verantwortungslos dagegen ist es, wenn man jetzt die deut sche Wirtschaft in dem italienisch-französischen Konkurs ver ramscht, dadurch zwei Jahre gewinnt und in zwei Jahren die gesamte europäische Wirtschaft inklusive der deutschen Wirt schaft untergeht.
Dann haben wir in der Tat, wie Herr Walter gesagt hat, nicht den Wohlstand, sondern dann haben wir den Untergang, den deutschen Untergang, und das ist dann ein europäischer Un tergang.
Meine Damen und Herren, das ist eine Politik, die nicht nur deutschlandfeindlich, sondern auch extrem europafeindlich ist. Die können und werden wir nicht unterstützen.
Frau Prä sidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das hätten wir uns auch nicht vorstellen können, dass in der Europawoche und mit Blick auf den Europatag die Initiative zu einer europapo litischen Debatte tatsächlich von der AfD ausgeht. Insoweit muss ich Ihnen direkt dankbar sein. Denn es ist ja gute Tradi tion in diesem Haus, dass wir die Europawoche nutzen, Eu ropa auch zum Thema einer parlamentarischen Debatte zu ma chen.
Wenn hier immer wieder gesagt wird, wir würden im Land tag überhaupt keine Diskussionen über Europa führen, dann höre ich das meist von denjenigen, die offensichtlich davon ausgehen, dass eine Diskussion nur dann als geführt gilt, wenn am Ende das herauskommt, wovon man selbst überzeugt ist.
Doch so funktionieren politische Debatten nicht. Wir werden in dieser Frage unterschiedlicher Meinung sein und, wie ich vermute, auch unterschiedlicher Meinung bleiben. Aber es ge hört immer auch dazu, in der Lage, in der wir sind, Europa positiv zu besetzen – bei allem, was wir an Europa auch aus setzen mögen.
Ich habe heute Morgen veranlasst, dass wir diese Masken, die se Europa-Mund-und-Nasen-Masken, hier verteilen. Wenn wir uns schon veranlasst sehen, uns mit solchen Masken fort zubewegen, dann wollen wir wenigstens auch diese Möglich keit nutzen, Europa nicht nur in aller Munde, sondern auch vor aller Munde zu bringen.
Meine Damen und Herren, diese Europawoche geht unter ganz anderen Vorzeichen an den Start. Normalerweise wür den wir uns auf dem Schlossplatz zu europapolitischen Akti vitäten treffen. Das ist in diesem Jahr nicht möglich.
Deshalb haben wir uns entschieden, diese Europawoche auch virtuell zum Thema zu machen, den Menschen in diesem Land die Chance zu geben, sich auf einer virtuellen Plattform zu und über Europa zu äußern. Schauen Sie auf unsere Home page zur Europawoche. Dort finden Sie Beiträge von zahlrei chen Akteuren, von Städten und Gemeinden, von Schülerin nen und Schülern, von der Europa-Union, von der Europäi schen Kommission und vielen mehr.
Es ist auch das Zeichen, dass uns Europa nicht nur an Son nentagen am Herzen liegt, sondern auch und vor allem in tief gehenden Krisen. Gerade jetzt braucht Europa unsere Solida rität.
Es ist mir wichtig, an dieser Stelle auch nochmals an die his torische Dimension des Europatags zu erinnern. Vor 70 Jah
ren, am 9. Mai 1950, veröffentlichte der französische Außen minister Robert Schuman seinen Plan, der zum Grundstein der Europäischen Union wurde. Sein Bündnis für einen ge meinsamen Markt für Kohle und Stahl war geradezu visionär, lagen doch fünf Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg weite Tei le Europas noch in Trümmern.
Schumans damalige Idee: neue europäische Zusammenarbeit anstatt alter Konfrontation. Es war seine feste Überzeugung – und dies nach den unverzeihlichen Taten auf deutscher Sei te –, dass die große Bewährungsprobe, weite Teile Mitteleu ropas aufzuwirtschaften, nur gemeinsam funktionieren konn te.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, heute stellt die Coronapan demie uns und unsere europäischen Partner abermals vor ei ne solche Bewährungsprobe. Es ist die größte seit dem Zwei ten Weltkrieg. Die Coronakrise ist zweifellos ein Stresstest für die Europäische Union. Wir müssen alles dafür tun, dass sie nicht durch fadenscheinige Debatten auch zu einer Europa krise wird.
Natürlich ist eine solche Zeit vermeintlich ein gefundenes Fressen für Verschwörungstheoretiker und Europafeinde. Aber wir sind auf einem guten Weg, und das nicht nur wegen Eu ropa, aber eben auch. Darum bin ich fast schon dankbar, dass wir heute diese Debatte haben, um eine Diskussion auszulö sen und eben auch aufzuklären in einer Zeit, in der die unter schiedlichsten Theorien im Wettlauf miteinander sind.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Pandemie hat die Euro päische Union und ihre Mitgliedsstaaten sowie uns alle rela tiv unvorbereitet getroffen. Wenn Sie mir in den vergangenen Jahren während der Debatten hier im Hohen Haus Ihre ge schätzte Aufmerksamkeit geschenkt haben, dann – so meine ich, behaupten zu dürfen – haben Sie mitbekommen, dass ich immer wieder auch auf Versäumnisse der Europäischen Union oder Überregulierungen aus Brüssel, wenn auch differenziert, aufmerksam gemacht habe.
Das gehört auch dazu: Die Europäische Union kann nur bes ser werden, wenn sie Kritik aus den Mitgliedsstaaten annimmt und nicht einfach abtut. Es muss sich allerdings um eine kon struktive Kritik handeln, die Europa nicht als Ganzes infrage stellt, sondern die Europa besser machen will.
Gerade in den vergangenen Tagen hatte ich den Eindruck, dass es Brüssels entschiedener Wille ist, in einem gemeinsamen Kraftakt die Coronapandemie zu überwinden. Die EU-Insti tutionen haben nach einer gewissen Anlaufphase in meinen Augen vielfach passgenau auf die Krise reagiert.
Die europaweite Zusammenarbeit und Koordinierung funkti oniert, und zwar in einer der schwersten Stunden unserer Ge schichte, bei der Beschaffung von Schutzausrüstungen, bei der Forschung nach Medikamenten und einem Impfstoff, bei der Vernetzung von Universitäten, Forschungseinrichtungen und Unternehmen, um die besten Köpfe zusammenzuziehen, um gemeinsam Lösungen zu finden.
Wichtig war auch der Einsatz der Kommission für die Auf rechterhaltung des Binnenmarkts trotz weitreichender Ein
schränkungen. Beispielhaft ist die sogenannte „grüne Spur“, die an den Grenzen für den Güterverkehr eingerichtet wurde, um trotz Kontrollen die Versorgung mit Waren des täglichen Bedarfs zu sichern und Lieferketten nicht abreißen zu lassen.
Die Coronapandemie zeigt, wie wichtig eine funktionierende Verwaltung ist, und zwar auf allen Ebenen. Vielleicht ist es eine dankenswerte Erfahrung, die wir in dieser Krise machen dürfen, dass sich die Menschen des Werts einer funktionieren den Verwaltung – über die sie sonst, in guten Zeiten, so gern schimpfen und die sie kritisieren – wieder bewusst werden, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Gerade in Krisenzeiten schaffen Gesetze, Verordnungen und Richtlinien einen stabilen rechtlichen Rahmen, mit dem sie der Ausnahmesituation beikommen. Noch viel wichtiger aber ist die Flexibilität, die Exekutivorgane dabei an den Tag legen. Einverstanden – darüber kann man diskutieren –: Es hat eini ge Zeit gebraucht, bis das Brüsseler Schiff mit ausreichend Wind in den Segeln in See gestochen ist. Dann aber hat sich die Europäische Union an vielen Stellen entscheidend bewegt. Es ist heute schon angesprochen worden: Durch die Verschie bung der Medizinprodukte-Verordnung ist es gelungen, den Herstellern bei der Bekämpfung der Pandemie die nötige Luft zu verschaffen. Das war wichtig; gerade in der jetzigen Zeit müssen wir den Unternehmern diesen zusätzlichen Aufwand abnehmen, um ihnen damit die Chance zu geben, sich den ei gentlichen Herausforderungen in der Krise widmen zu kön nen. – Ein Akt europäischer Entschlossenheit und ein Beitrag, um unsere Gesundheitssysteme in der Stunde der Not zu un terstützen.
Auch die Regelungen des EU-Beihilferechts wurden deutlich gelockert, um Zuschüsse und Kredite für Unternehmen zu er leichtern und schwerwiegenden Störungen des Wirtschaftsle bens entgegenzutreten.