Der Friede der Welt kann nicht gewahrt werden ohne schöpferische Anstrengungen, die der Größe der Bedro hung entsprechen.
Dieser Satz aus der Schuman-Erklärung vom 9. Mai 1950 ist wenige Tage vor dem Europatag aktueller denn je.
Als überzeugte Europäer leisten wir von der SPD-Fraktion gern unseren Beitrag dazu, dass Europa die aktuellen und künftigen Herausforderungen bewältigt. Ohne einen gemein samen Konsens, ohne rechtliche Rahmenbedingungen geht es dabei nicht, wenn die Europäische Union – und damit Euro pa – eine gute Zukunft haben möchte. Diese Zukunft lässt sich nur gemeinsam mit Verantwortung und Solidarität gestalten. Die heutige Debatte zeigt sehr deutlich, wer das verstanden hat.
Sehr geehrte Frau Präsiden tin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Unter dem Titel dieser Debatte, die sich ja auf Verordnungen bezieht, habe ich mir eigentlich etwas anderes vorgestellt. Aber ehrlicherweise muss ich auch sagen: Ich habe nichts anderes erwartet. Denn das, was wir hier vom Kollegen Sänze und von der AfD-Fraktion gehört haben, war mal wieder ein Auftritt, in dem hetzerische Behauptungen aufgestellt wurden, die nicht der Wahrheit ent sprechen. Hier wurden Äußerungen getätigt, die keinerlei Konstruktivität beinhalteten, und zudem war davon auch noch einiges grundsätzlich falsch. Darauf gehe ich jetzt gleich noch ein.
Sie haben davon gesprochen, man würde der Europäischen Union bzw. der Europäischen Kommission diktatorische Voll machten bei der Klimaneutralität einräumen. Lieber Herr Sän ze, unter diktatorischen Vollmachten stelle ich mir etwas an deres vor. Vor allem ist das ja auch völlig von der Hand zu weisen.
Der Green Deal, wie er uns bisher vorgelegt wurde, ist ein Rahmenprogramm, eine Rahmenrichtlinie für das Erreichen der Klimaneutralität. Über die Details muss man ja noch spre chen, und diese Details muss man auch ausgestalten. Sie hin gegen malen hier schon irgendwelche Teufel und Gespenster an die Wand, die gar nicht kommen können, weil es noch gar keine Diskussionen über die Maßnahmen gab.
Natürlich gibt es verschiedene Ideen. Dazu haben Sie ja einen Flyer veröffentlicht und mit – – Jedenfalls ist ein Fraktionslo go von Ihnen drauf. Den Flyer haben Sie in Baden-Württem berg großflächig verteilt. Vielleicht wurde er ja wieder einmal aus der Schweiz finanziert. Das kann durchaus sein. Aber in diesem Flyer stellen Sie Behauptungen auf, was alles Schlim mes kommen kann. Und für nichts davon gibt es irgendeine Grundlage, in der so etwas stehen könnte.
Der einzige Vorschlag, den Sie in Ihrem Flyer – in diesem Pamphlet – machen, ist, dass man statt eines Green Deals ei ne Politik der Vernunft und der Innovation brauche. Vernunft und Innovation finde ich gut. Aber durch Ihre Argumentation gegen die Europäische Union und die europäische Idee allge mein wirken Sie dem gerade entgegen. Ich denke dabei z. B. an das Austauschprogramm ERASMUS und viele andere Maß nahmen, über die wir uns innerhalb Europas austauschen und ebendiese Kenntnisse, diese Erfahrungen nutzen, um uns wei terzuentwickeln und innovativ zu sein. Das ist das, was wir in Europa brauchen. Konstruktive Vorschläge lassen Sie grund sätzlich vermissen. Aber das ist ja nichts Neues.
Kommen wir einmal zu dem eigentlichen Thema der Debat te zurück. Sie haben zwar den Green Deal angesprochen, aber eigentlich geht es ja um das Thema Verordnungen. Sie sugge rieren mit dem Titel der Debatte, Baden-Württemberg hätte grundsätzlich ein Problem damit, dass es die EU gibt; die Un ternehmen in Baden-Württemberg und in Deutschland wür den quasi darunter leiden, dass es eine EU gibt. Das ist ja das, was der Titel der Debatte suggeriert. Da muss man doch ein mal ganz klar sagen: Baden-Württemberg profitiert von der EU, und dies in erheblichem Umfang.
Ich rede da nicht nur von dem Geld, das über Förderprogram me nach Baden-Württemberg fließt. Ich rede z. B. auch über den Schutz von Namensrechten. In Baden-Württemberg gibt es über zwei Dutzend Namensrechte – z. B. „Schwäbische Maultaschen“, „Schwarzwälder Forelle“,
„Tettnanger Hopfen“ –, die von der EU geschützt werden und deshalb nicht ohne Weiteres kopiert werden dürfen. Das ist auch ein extrem wichtiges Thema, denn dahinter stehen Un ternehmen,
die eben nicht unter dem leiden – im Gegenteil –, was die EU macht, was sie betreibt und was sie unterstützt.
Zum Thema Verordnungen muss man ja auch einmal sagen: Verordnungen, die von der EU kommen, werden immer viel gescholten. Das ist zum Teil auch berechtigt, was den Inhalt und den Regelungsgehalt betrifft. Aber man muss sich auch einmal vor Augen führen, dass es für beinahe jede Verord nung, die von der EU kommt, eine deutsche Verordnung, ein deutsches Pendant geben könnte, wenn es die EU nicht gäbe.
Wir rufen uns einmal in Erinnerung, dass auch über rein deut sche, über nationale Verordnungen genug geschimpft wird. Vor allem gibt es auch den Begriff „Goldplating“, der be schreibt, dass eine EU-Richtlinie in Deutschland hundertpro zentig oder hundertfünfzigprozentig umgesetzt wird, womit noch mal eins draufgesetzt wird.
Das heißt, das Übel ist eigentlich nicht bei der EU zu suchen, sondern manchmal auch an anderer Stelle, bzw. man muss ge nau aufpassen, was man hier kritisiert.
Man muss sich auch einmal in Erinnerung rufen, dass es bes ser ist, nur eine Verordnung für ganz Europa zu haben anstatt 27 unterschiedliche in der Europäischen Union.
Es wundert mich, dass Sie, die Sie sich manchmal als Wirt schaftspartei gerieren, das nicht verstehen wollen. Das ist ge rade für eine exportorientierte Wirtschaft wichtig. Wie schon dargestellt wurde, gehen über die Hälfte der Exporte aus Ba den-Württemberg ins europäische Ausland, ins EU-Ausland. Sie verstehen nicht, dass da gemeinsame Richtlinien und ge meinsame Regeln wichtig sind, damit es eben nicht 27 ver schiedene Produktvarianten geben muss, sondern nur eine ein zige. Das ist eben ein ganz zentraler Bestandteil. Das sind al lein schon die wirtschaftlichen Aspekte, die wir durch die Eu ropäische Union haben. Die Vorteile, die wir dadurch haben, sind ja nicht zu bestreiten.
Kollege Fink hat die Medizinprodukte-Verordnung angespro chen. Das hätte ich jetzt nicht unbedingt getan, denn das ist nicht gerade das Paradebeispiel. Das liegt aber vor allem da ran, dass es dabei an personeller Hinterlegung fehlt, weshalb die Prüfzeiten viel zu lang sind, was gerade für die Medizin technikunternehmen, die ja in unserem Land sehr stark ver treten sind, zum Teil nachteilig ist. Das möchte ich nur einge worfen haben.
Insgesamt bleibt nur noch einmal festzuhalten: Die AfD hat heute nichts, aber auch gar nichts beigetragen, hat keine ein zige Idee eingebracht, wie sie irgendetwas verbessern will. Sie haben nicht einmal gesagt, was Sie besser machen wol
len. Sie haben nur irgendwie draufgehauen. Sie haben nichts erzählt. Damit ist diese Debatte für mich eigentlich weitest gehend beendet, denn es gibt im Prinzip nichts, was Sie ge sagt haben.
Herr Karrais, jeder – auch aus mei ner Fraktion – freut sich über einen Dialog oder auch einmal über eine Diskussion zu den Themen, die Sie da beschrieben haben, auch über die EU-Verordnungen. Aber es wird ja gar keine Debatte geführt.
Oder glauben Sie – das ist jetzt meine Frage –, dass ein EUAusschuss hier im Landtag wirklich eine Diskussion zulässt oder diese Art von tiefer gehenden Diskursen? Dass er dies schon rein zeitlich zulässt? Eigentlich wäre das, wenn man verantwortungsvolle Politik gestalten möchte, vonnöten.
Herr Räpple, Sie sind neu erdings ja auch im Europaausschuss vertreten – ich auch. Ich weiß nicht, wo Sie bei der letzten Sitzung und auch bei den Sitzungen zuvor waren. Wir diskutieren dort durchaus.
Sie haben dort Ihre Bedenken vorgetragen. Wir haben unsere Position vorgetragen. Ich nenne das eine Diskussion und ei ne Debatte.
Ich verstehe nicht, was Sie da jetzt bezwecken wollen. Das muss man bei dieser Gelegenheit einmal sagen.
Das bringt mich zu einem anderen Punkt, den Herr Sänze er wähnt hat. Er hat hier fälschlicherweise behauptet, wir wür den heute Nachmittag irgendetwas beschließen, wenn wir hier über das Thema „Green Deal“ und entsprechende Drucksa chen entscheiden. Dabei geht es aber nur um eine Kenntnis nahme
und nicht darum, einer Vorlage zuzustimmen oder etwas ab zulehnen. Es geht vielmehr darum, dass wir informiert sind.
Das ist auch die Aufgabe, die wir hier haben: Wir informie ren uns darüber, was aus Europa kommt, und ziehen unsere Schlüsse daraus. Wenn einem das nicht passt, kann man im mer noch auf die nationalen Vertreter in der EU zugehen und kann mit diesen konstruktiv an einer Verbesserung der geplan ten Maßnahmen arbeiten. So funktioniert üblicherweise Poli tik. So funktioniert Parlamentarismus, so funktioniert Demo kratie. Aber dass die AfD das nicht versteht, ist ja kein Wun der.