Protocol of the Session on May 6, 2020

Herr Abg. Dr. Reinhart, lassen Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Dr. Schweickert zu?

Am Ende meiner Rede gern.

Wenn Sie dann noch Redezeit haben.

Aber wir brauchen im nächsten Schritt auch aktive wirtschaftspolitische Impulse, um das Wachstum sowohl auf der Nachfrage- als auch auf der Angebotsseite wieder anzukurbeln.

Wir hatten gestern in der Fraktion Herrn Professor Lars Feld, den Chef des Sachverständigenrats, zu Gast. Er hat uns auch hier intensiv dargelegt: Wir müssen den Aufbruch nach der Krise nutzen, um auch als Standort besser, schneller, agiler, wettbewerbsfähiger, dynamischer, innovativer zu werden. Da rum muss es gehen. Das heißt, wir brauchen Investitionen in Technologie, in Forschung, in Innovation, in die Digitalisie rung, in moderne Infrastruktur. Deshalb wäre natürlich eine Haushaltssperre, über die wir vorhin diskutiert haben, kont raproduktiv.

(Beifall)

Es muss um Investitionen gehen. Da müssen wir Vorausset zungen schaffen.

(Beifall)

Deshalb müssen wir auch ein neues Zukunftsinvestitionspro gramm schaffen, darüber sprechen. Ich begrüße die Diskussion um Konjunkturprogramme sowohl des Landes wie des Bun des. Einen Einbruch bei den öffentlichen Aufträgen darf es ge rade jetzt nicht geben, sonst droht nämlich die nächste Kri senwelle, eventuell gar im Bau oder im Handwerk. Das müs sen wir vermeiden.

Wir brauchen eine Entlastung auch in der Bürokratie, bei Vor gaben, bei regulatorischen Bremsen – die müssen wir lösen. Dafür kann auch das Land viel tun. Dazu gehören auch Im pulse bei den Steuern. Dazu gehört übrigens auch die Abschaf fung des Solidaritätszuschlags, und zwar sofort und für alle, in toto

(Beifall – Zurufe, u. a.: Aha!)

ja, natürlich –, weil gerade Personenunternehmen und Selbst ständige davon besonders betroffen sind.

Der Bundesfinanzminister hat jetzt außerdem Maßnahmen zur Verlustverrechnung vorgeschlagen; diese müssen wir auswei ten. Die 4,5 Milliarden €, die Minister Scholz zugestanden hat, können nur ein erster Schritt sein; da muss noch mehr kommen. Wir brauchen auch eine Unternehmensteuerreform, wie die Mittelstandsstrategie von Bundeswirtschaftsminister

Altmaier sie darstellt. Er macht da einen wichtigen und auch einen guten Job zusammen mit dem Bundesfinanzminister.

(Abg. Andreas Stoch SPD: Das habe ich bisher von niemandem gehört! – Gegenruf des Abg. Winfried Mack CDU: Das muss Sie doch freuen! – Gegenruf des Abg. Andreas Stoch SPD: Beim Wirtschaftsmi nister spricht man von einem Totalausfall!)

Wir brauchen natürlich auch das Gespräch über Kaufanreize. Aber wenn wir über Kaufanreize sprechen, auch über Kauf prämien für Autos – dazu kann man ordnungspolitisch natür lich geteilter Meinung sein; gestern fand ja ein Gipfel statt –, will ich schon sagen: Wichtig ist, dass wir hier alle in den Blick nehmen – neben der E-Mobilität und der Brennstoffzel le auch Plug-in oder 6d-Diesel. Ich teile nicht die Meinung – das gestatte man mir – z. B. des Kollegen Özdemir, der ges tern von „Betrug“ gesprochen hat, wenn man über Plug-inHybride spricht. Ich glaube, das ist die falsche Diskussion.

(Zuruf)

Wir müssen die Autoindustrie in diesem Land sehr, sehr ernst nehmen. Deshalb ist es, wie ich glaube, auch wichtig, dass der Ministerpräsident die Grüne Jugend aufklärt, worum es wirk lich geht.

(Heiterkeit und Beifall)

Wir waren immer für Technologieoffenheit. Wir wissen auch, dass wir noch lange auf den Verbrenner angewiesen sein wer den. Ziel ist es, verehrte Kolleginnen und Kollegen, dass wir unsere Schlüsselindustrie auf den Beinen halten, möglichst viele Jobs sichern und nicht mit dem Coronahebel politische Ideologievorgaben durchsetzen.

Dazu gehören jetzt natürlich Hilfen für die Gastronomie, für die angesprochenen Messen, Caterer und vieles mehr, für al le Branchen. Wir brauchen auch dieses Programm II, das sich anschließen muss an das, was wir bisher haben.

(Vereinzelt Beifall – Abg. Anton Baron AfD: Kon kretes Datum!)

Es geht darum, nach der Krise nicht eine Wunschwirtschaft vom Reißbrett hochzuziehen – das wird nicht funktionieren.

(Zuruf)

Wir wollen eine starke soziale Marktwirtschaft mit sicheren Arbeitsplätzen, Wohlstand für alle, Innovation durch Wettbe werb, Freiheit in Verantwortung. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, darauf kommt es an. Dafür stehen wir, und so wer den wir den Weg aus der Krise erfolgreich gehen können.

(Beifall)

Für die Fraktion GRÜNE erteile ich Herrn Fraktionsvorsitzenden Schwarz das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Das Ziel der grünen Landtagsfrakti on ist ganz klar: Wir wollen den Wirtschaftsstandort BadenWürttemberg gut durch diese Krise bringen.

Nach der ersten Phase der Soforthilfe brauchen wir nun wei tere Maßnahmen, um die Wirtschaft wieder in Gang zu brin gen. Darum geht es heute; denn in Baden-Württemberg ist doch eines klar: Wir werden niemanden im Stich lassen.

(Beifall – Zuruf: Bravo!)

Wichtige Eckpunkte, wie wir der Wirtschaft eine Perspektive bieten können, hat der Ministerpräsident in der vergangenen Woche in der Regierungserklärung vorgestellt. Ich möchte drei Phasen unterscheiden: erstens die Phase des Schutz schirms im ersten Moment der Krise, zweitens die Überbrü ckungsphase, in der wir uns jetzt befinden, und drittens das Wiederingangbringen der Wirtschaft, also die Phase der Kon junktur-, Innovations- und Investitionsimpulse.

Als eines der ersten Bundesländer hat Baden-Württemberg ei nen Härtefallfonds mit Direktzahlungen aufgelegt; der Emp fängerkreis reicht von den Soloselbstständigen bis zu kleinen und mittleren Unternehmen. Darüber hinaus haben wir steu erliche Erleichterungen beschlossen. So konnten wir eine Wel le von Insolvenzen verhindern. Das war und ist gut für die Wirtschaft in unserem Land, sowohl für den Buchladen um die Ecke als auch für den Maschinen- und Anlagenbau. Da mit haben wir klar zum Ausdruck gebracht: Wir lassen nie manden im Stich. Ich bin der Landesregierung, der Finanzmi nisterin und der Wirtschaftsministerin sehr dankbar, dass wir diese Maßnahmen sehr schnell aufgelegt haben.

(Beifall)

Wir sind jetzt in der zweiten Phase der Soforthilfe. Allmäh lich läuft das öffentliche Leben wieder stärker an, immer un ter dem Vorbehalt des Gesundheitsschutzes. Die Maßnahmen der Soforthilfe müssen in dieser Überbrückungsphase ange passt werden. Was wir jetzt brauchen, sind passgenaue Instru mente für die einzelnen Branchen. Das reicht von den Künst lerinnen und Künstlern, die eben nicht auftreten können, bis hin zum Messebau, den Schaustellern, der Gastronomie, dem Tourismus, dem Busverkehr mit der Ausflugstouristik und den Veranstaltungen.

Ich bin der festen Überzeugung: Diese von den Folgen der Krise besonders betroffenen Branchen müssen wir gezielt un terstützen. Wir, das Land, gehen hier voran. Wir nehmen Geld in die Hand. Der Ministerpräsident hat in der vergangenen Woche ein Hilfsprogramm in dreistelliger Millionenhöhe an gekündigt. Das zeigt: Wir kümmern uns aktiv um die Wirt schaft in unserem Land. Das ist das richtige Vorgehen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall)

Ich möchte das an einem Beispiel auf den Punkt bringen, näm lich am Beispiel Nahverkehr und Busunternehmen. Busunter nehmen spielen gerade im ländlichen Raum eine tragende Rol le für den öffentlichen Nahverkehr. Aber diesen Unternehmen sind jetzt die Einnahmen aus der Schülerbeförderung und aus den touristischen Fahrten weggebrochen. Da muss etwas ge tan werden. Denn eine nachhaltige, eine moderne Mobilität im ländlichen Raum sowie leistungsfähige Busunternehmen sind auch nach der Krise wichtig. Deswegen begrüße ich, dass die Regierung hier an einem passgenauen Rettungsschirm ar

beitet. Das ist das richtige Vorgehen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall)

Wichtig ist meiner Fraktion, dass wir die Arbeitsplätze in der Gastronomie und im Tourismus erhalten, dass wir den Betrie ben eine Perspektive bieten.

(Zuruf: 11. Mai, Herr Schwarz!)

Hier erscheint ein stufenweises Vorgehen sinnvoll. Wenn sich die Zahlen weiterhin so positiv entwickeln, kann ich mir gut vorstellen, dass wir die Gastronomie vor Pfingsten wieder öff nen können.

(Zuruf: Was?)

Dann können wir sowohl die Außengastronomie als auch die Speisegastronomie vor Pfingsten wieder öffnen. Das ist, glau be ich, eine sehr wichtige Perspektive für die Betriebe.

Klar ist: In dieser schwierigen Situation müssen wir der Gas tronomie unter die Arme greifen. Uns geht es um eine geziel te Unterstützung, z. B. passgenaue Investitionszuschüsse für notwendige Umbauten, Hilfen für notwendige Anschaffungen in den Betrieben, Unterstützung der Gastwirte bei den Infek tionsschutzmaßnahmen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch hier gilt: Wir lassen niemanden im Stich. Dort, wo es notwendig ist, werden wir gezielt helfen und unterstützen. Das ist wichtig.

(Beifall – Zuruf: Die brauchen Einnahmen, Herr Schwarz!)

Herr Abg. Schwarz, lassen Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Dr. Schweickert und des Herrn Abg. Karrais zu?

Ich lasse die Fragen gleich zu.

Zunächst will ich Ihnen ein paar Informationen zu den ande ren Branchen geben. Denn, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir müssen darüber reden, ob wir branchenunabhängige Ins trumente zum Einsatz kommen lassen. Branchenunabhängi ge Instrumente haben den Vorteil, dass dann niemand durch das eng gespannte Netz der Förderprogramme fällt. Branchen offene Förderprogramme haben den großen Vorteil, dass wir alle berücksichtigen können.

Beispielsweise geht es darum, Unternehmen bei ihrer Liqui dität unter die Arme zu greifen. Auch nach dem Auslaufen der Hilfsprogramme wird das notwendig sein, damit niemand in Insolvenz gehen muss. Ein Instrument dafür können Tilgungs zuschüsse sein. Das mindert die finanzielle Belastung, die durch die Rückzahlung der Kredite entsteht, und öffnet den Unternehmen weitere finanzielle Spielräume.

So bauen wir schnell und unbürokratisch eine Brücke in die Zeit nach der Krise. Das gibt den Unternehmen eine Perspek tive, und das sichert Arbeitsplätze in unserem Land.