Protocol of the Session on April 29, 2020

Vielen Dank.

(Beifall – Das Redepult wird desinfiziert.)

Meine Damen und Herren, während das Redepult gereinigt wird, desinfiziert wird –

(Zuruf: Aber gründlich!)

das wird es grundsätzlich –, möchte ich doch eine Bemerkung machen. Es wird immer wieder behauptet, und zwar auch schon heute Morgen, das Parlament hätte Sitzungen abgesagt. Ich möchte richtigstellen: Vom Präsidium wurden die zwei re gulär vorgesehenen Plenarsitzungen abgesagt – ja –, aber wir haben dafür eine Sondersitzung des Plenums einberufen. In dieser Sondersitzung des Plenums haben wir viele Themen vorgezogen, die für die regulären Sitzungen geplant waren. Wir haben vereinbart, dass kein Thema hinten herunterfällt.

Ich möchte noch einmal betonen, dass die Ausschüsse in die ser Zeit viele Sondersitzungen hatten – mehr, als im regulä ren Sitzungsplan vorgesehen. Dafür danke ich allen Aus schussvorsitzenden und Ihnen allen, dass Sie mitgemacht ha ben. Das Parlament war zu jeder Zeit

(Zurufe)

arbeits- und handlungsfähig und wird es auch in Zukunft sein. – Vielen Dank.

(Beifall – Zuruf: Das steht Ihnen nicht zu!)

Das haben Sie nicht zu entscheiden, was mir als Parlaments präsidentin zusteht und was mir nicht zusteht.

(Zuruf des Abg. Emil Sänze AfD)

Als Parlamentspräsidentin steht es – – Sie sind jetzt ruhig, Herr Abg. Sänze. Sie haben jetzt nicht das Wort.

Mir ist es wichtig: Das Parlament war und ist arbeits- und handlungsfähig. Vielen Dank.

Jetzt erteile ich das Wort für die Fraktion GRÜNE Herrn Frak tionsvorsitzenden Schwarz.

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Die Regierungserklärung des Minis terpräsidenten hat es noch mal deutlich gemacht: Wir befin den uns in einer ernsten Lage. Aber Baden-Württemberg ist ein starkes Land. Deswegen bin ich zuversichtlich: Wir wer den diese schwere Krise auch gemeinsam meistern.

(Beifall)

Besonnen, beherzt und entschlossen handeln – das ist unsere Leitlinie in dieser Krise. Besonnen – das heißt, auf die Wis senschaft zu hören und nicht vorschnell zu handeln. Jetzt müs sen alle Optionen genau abgewogen werden, alle Maßnahmen immer wieder sorgfältig überprüft werden. Klar ist aber auch: Es wäre fatal, dem Ruf nach schnellen Lockerungen nachzu geben.

Gleichzeitig geht es darum, beherzt zu handeln, physisch Di stanz zu halten, aber im Herzen zusammenzustehen und ent schlossen das umzusetzen, was als richtig erkannt wurde. Das entschlossene Umsetzen gilt nicht nur für diese Krise; auch beim Klimaschutz, auch beim Artenschutz ist konsequentes Handeln notwendig. Darauf haben Sie, Herr Ministerpräsi dent, zu Recht hingewiesen.

(Beifall)

Es heißt gemeinhin, die Krise sei die Stunde der Exekutive. Das stimmt maximal zur Hälfte. Denn die ergriffenen Maß nahmen wirken, weil sie auch von uns Parlamentariern und von einem großen Teil der Bevölkerung mitgetragen werden. Dafür möchte ich ganz herzlich allen Menschen in BadenWürttemberg danken. Denn nur, wenn wir alle mitmachen, können wir gemeinsam diese Krise bewältigen.

(Beifall)

Zugleich hat sich in dieser Krise unsere Demokratie als hand lungsfähig erwiesen. Entschlossenes Handeln war möglich, weil sich die Parteien des demokratischen Verfassungsbogens hier im Kern einig sind. Es gibt zwar in der einen oder ande ren Sachfrage unterschiedliche Auffassungen. Die einen be tonen stärker die Bürgerrechte, die anderen stellen medizini sche Notwendigkeiten in den Vordergrund. Aus diesen unter schiedlichen Schwerpunktsetzungen entwickelt sich das de mokratische Gespräch über den besten Weg aus der Krise. Ein solcher Diskurs ist nicht nur legitim, sondern er ist wichtig, weil er dazu beiträgt, einzelne Maßnahmen immer wieder auf den Prüfstand zu stellen.

Es geht hier um freiheitseinschränkende Maßnahmen. Des wegen wägen wir jeden Schritt genau ab. Der Streit über den besten Weg ist nur deswegen fruchtbar, weil im Kern alle Par teien des demokratischen Verfassungsbogens bei allen Unter schieden hinsichtlich der Bewertung einzelner Maßnahmen hier zusammenstehen. Lassen Sie uns an dieser grundsätzli chen Einigkeit festhalten, dass die ergriffenen Maßnahmen insgesamt notwendig sind. So kann Baden-Württemberg die Krise meistern.

(Beifall)

Ich muss jetzt leider an dieser Stelle auf meinen Vorredner eingehen, der für die AfD gesprochen hat, eine Partei, die al les andere als einen klaren Kurs in dieser Krise fährt.

(Abg. Dr. Christina Baum AfD: Das stimmt ja gar nicht!)

Vielleicht müssen wir uns aber, liebe Kolleginnen und Kolle gen, daran gewöhnen, dass diese Partei wirr und widersprüch lich auftritt. Man kann es auf den Punkt bringen: Die AfD ist für höchstmögliche Infektionszahlen. Das hat Ihre Rede deut lich gemacht. Sie wollen höchstmögliche Infektionszahlen! Sie und die AfD gefährden die Gesundheit der Menschen im Land. Das werden wir nicht zulassen, Herr Gögel – auf gar keinen Fall!

(Beifall – Zurufe)

Man kann es belegen. Ihre Fraktion im Bundestag hat gefor dert, sämtliche Schutzmaßnahmen aufzuheben. Sie verbrei ten abstruse Verschwörungstheorien, und Sie bringen schrä ge Vergleiche. Ihre Rechtsauffassung, die Sie hier vorgetra gen haben, ist in keiner Weise zutreffend. Da gilt doch der Satz aus dem ersten Semester: Ein Blick ins Gesetz erleichtert die Rechtsfindung.

(Zuruf der Abg. Carola Wolle AfD)

Vielleicht lassen Sie sich mal Artikel 11 Absatz 2 des Grund gesetzes vorlesen, dann würden Sie solche Reden hier be stimmt nicht halten.

(Beifall)

Man kann die Geschichte fortführen. Welche Fraktion war es denn, die im März hier das 5-Milliarden-€-Rettungsprogramm von der Tagesordnung nehmen wollte? Es war die AfD-Frak tion. Sie wollten verhindern, dass der Landtag zu einer wei teren Sitzung zusammenkommt.

(Zuruf der Abg. Carola Wolle AfD)

Jetzt fordern Sie, die Mehrwertsteuer abzusenken, gleichzei tig wollen Sie eine Haushaltssperre. Das passt doch alles nicht zusammen. Das ist auch keine Meinungsvielfalt, das ist schlich ter Populismus – ein wirres Bild.

(Zuruf der Abg. Carola Wolle AfD)

Sie bleiben hochgradig unseriös. Sie von der AfD haben sich wieder einmal disqualifiziert.

(Beifall – Zuruf von der AfD)

Aber zurück zur Sache. Die Coronakrise ist noch lange nicht überstanden. Ich bin froh, dass Baden-Württemberg gemein sam mit Bayern, gemeinsam mit anderen Bundesländern, ge meinsam mit der Bundeskanzlerin auf ein vorsichtiges Vorge hen drängt. Diese Einigkeit über Parteigrenzen hinweg ist richtig. Denn das Virus lässt sich nicht von forschen Rufen nach Lockerungen beeindrucken.

(Abg. Daniel Rottmann AfD hält ein Schild hoch. – Zuruf)

Herr Abg. Schwarz, warten Sie bitte. – Herr Abg. Rottmann, würden Sie das Schild bitte he runternehmen? Im Plenarsaal sind nonverbale Meinungsäu ßerungen nicht zulässig. Nehmen Sie es bitte herunter.

(Zuruf des Abg. Daniel Rottmann AfD)

Nehmen Sie es bitte ohne Debatte herunter. Danke.

(Zuruf: Da steht auch etwas auf dem T-Shirt!)

Denn, liebe Kolleginnen und Kollegen, mit einem Virus lässt sich nicht verhandeln. Das Virus fordert uns alle heraus – gesundheitlich, gesell schaftlich und wirtschaftlich.

Unser Gesundheitssystem ist gut aufgestellt. Ich möchte Ih nen, Herr Minister Lucha, ausdrücklich meinen Respekt, mei ne Anerkennung und mein Dankeschön für die geleistete Ar beit zum Ausdruck bringen. Sie haben weiteres Schutzmate rial besorgt. Sie haben die Kapazitäten im Gesundheitswesen erhöht. Es gibt mehr Intensivbetten im Land. Unter Ihrer Füh rung werden zusammen mit den Stadt- und Landkreisen Be helfskrankenhäuser eingerichtet. Ich finde, das ist das richti ge Vorgehen. An Sie und Ihr Team, Herr Minister, ein ganz großes Dankeschön für die geleistete Arbeit.

(Beifall)

Dass wir hier gut aufgestellt sind, wird an den Zahlen deut lich. Fast zwei Drittel der Infizierten sind wieder genesen. Das ist eine gute Nachricht. Dafür sage ich all denjenigen, die im Gesundheitswesen tätig sind, laut und deutlich: Vielen Dank für Ihr Engagement, vielen Dank für Ihren Einsatz!

(Beifall)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will aber nicht nur Dan ke sagen. Ich rege an, dass wir auch in diesem Haus nochmals grundlegend über den Zusammenhang zwischen systemrele vanten Leistungen und ihrer Bezahlung nachdenken. Es kann nicht sein, dass die Menschen, die andere pflegen, Räume des infizieren, nicht auskömmlich bezahlt werden. Hier gibt es nach der Coronakrise Handlungsbedarf, und diese Debatte sollten wir dann gemeinsam führen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall)